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Samstag, 12. März 2011
Wenig unterhaltsam. In eigener Sache
Was ist bloß aus diesem schönen Blog geworden? - Als halbakademisches Unterhaltungsmedium gedacht, ist es jetzt so bitternst geworden.
Die Lust am feuilletonistischen Schreiben (wenn mans kann), vergeht einem angesichts der Zähigkeit von Auseinandersetzungen, in der einem wenig anderes denn verbissene Polemik entgegenschlägt.
Ich, einer der "Hexenjäger" in der Causa Jüdisches Museum der Stadt Wien würde mich lieber weiter im Schreiben von Texten üben, die vom Hundersten ins Tausendste kommen und dabei locker bleiben.
Der Neid frißt mich (ein wenig), wenn ich einer hohen Schule des Feuilletons, im Blog "Der Umblätterer", in den Archiven stöbere und brillante Texte lese oder einfach nur höheren Blödsinn, wie diesen Prachtsatz: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, Segantini sei Kunst für Russen, die sich in St. Moritz das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."
Also das Segantini-Museum in St. Moritz kenne ich nicht, aber ich weiß, daß dort Boris Becker geheiratet hat (aber nicht wen) und dass es ursprünglich für nur drei Gemälde Segantinis bestimmt war, in Form einer kleinen Kapelle (deswegen vielleicht die Beckerhochzeit) aus Bruchstein (Heimat! Alpen!).
Ehe ich wirklich dem Gedanken folge, warum Werner Spiehs sich an der "Kunst-Reha" (c) des "Alpenvangogh" (noch einmal Copyright "Umblätterer) beteiligt, frage ich mich schon, ob sich der Satz nicht relativ universal auf gewisse Museen anwenden ließe, z. B. auf Heimatmuseen im Einzugsbereich russisch-oligarchischer Skitouristen. Kitzbühl, denke ich mir, mit seinen Walde-Bildern (der Alpenleonardo), den Skibindungen und Abfahrtspistenfotos käme vielleicht ganz gut weg mit einem Satz wie: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, das Museum in Kitzbühel sei eins für Russen, die sich beim Skifahren das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."
Das wäre aber gemein. Und nur leidlich lustig, weil abgekupfert.
Vielleicht hört das ja irgendwann wieder auf mit der Diskussion um das Jüdische Museum (obwohl: wie soll das eigentlich (je) aufhören...?) und dann könnte ich wieder ungehemmter höheren Blödsinn treiben. Denn nicht nur diese Museumsdiskussion ist ernst, das Museum überhaupt. Oder haben Sie im Museum schon mal gelacht! Aber hallo! Und worüber?
Die Lust am feuilletonistischen Schreiben (wenn mans kann), vergeht einem angesichts der Zähigkeit von Auseinandersetzungen, in der einem wenig anderes denn verbissene Polemik entgegenschlägt.
Ich, einer der "Hexenjäger" in der Causa Jüdisches Museum der Stadt Wien würde mich lieber weiter im Schreiben von Texten üben, die vom Hundersten ins Tausendste kommen und dabei locker bleiben.
Der Neid frißt mich (ein wenig), wenn ich einer hohen Schule des Feuilletons, im Blog "Der Umblätterer", in den Archiven stöbere und brillante Texte lese oder einfach nur höheren Blödsinn, wie diesen Prachtsatz: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, Segantini sei Kunst für Russen, die sich in St. Moritz das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."
Heimatmuseen sind etwas für Sultane mit Töchtern Kostüm |
Ehe ich wirklich dem Gedanken folge, warum Werner Spiehs sich an der "Kunst-Reha" (c) des "Alpenvangogh" (noch einmal Copyright "Umblätterer) beteiligt, frage ich mich schon, ob sich der Satz nicht relativ universal auf gewisse Museen anwenden ließe, z. B. auf Heimatmuseen im Einzugsbereich russisch-oligarchischer Skitouristen. Kitzbühl, denke ich mir, mit seinen Walde-Bildern (der Alpenleonardo), den Skibindungen und Abfahrtspistenfotos käme vielleicht ganz gut weg mit einem Satz wie: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, das Museum in Kitzbühel sei eins für Russen, die sich beim Skifahren das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."
Das wäre aber gemein. Und nur leidlich lustig, weil abgekupfert.
Vielleicht hört das ja irgendwann wieder auf mit der Diskussion um das Jüdische Museum (obwohl: wie soll das eigentlich (je) aufhören...?) und dann könnte ich wieder ungehemmter höheren Blödsinn treiben. Denn nicht nur diese Museumsdiskussion ist ernst, das Museum überhaupt. Oder haben Sie im Museum schon mal gelacht! Aber hallo! Und worüber?
Gute Schreiber, wusste schon der Feuilleton-Forscher Haacke (den gabs wirklich), haben immer "Unterhaltung und Gründlichkeit (...) zu vereinigen gewußt", haben jene "Mischung von Wissenschaft und Belletristik, vergänglichem Stoff von aktuellem Anreiz und unvergänglichen Themen aufgeboten", welche das Feuilleton bekanntlich erst zu dem macht, was es ist.
Das ist mir diesmal - Russen hin, ernste Museen her - wieder nicht gelungen, sorry...
Donnerstag, 10. März 2011
Peter Menasse - Es kotzt mich an
Peter Menasse - "Es kotzt mich an" (1)
18.2.: Es finden sich immer mehr Intellektuelle, die besser als einfache Glaserer wissen, wie man Glas behandelt. Merke: Wer das Wort führt, weiß über alles besser Bescheid als das Volk. Ach kotzen mich diese Besserwisser an.
8.3.: Es ist ganz einfach: der Glasermeister weiss, dass man die glasplatten nicht entfernen kann. Ich verwende für Glasermeister das Synonym "Volk" Museumsdirektoren wissen es besser als der Glasermeister. Sie wissen eben einfach alles besser. S...ie haben das authentische Bescheidwissen Qua Studium mit dem Löffel gegessen. Da kann sich der Glaserer brausen gehen.
Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue.(2)
8.3.: @Bernhard: Deine Lebenserfahrung kann wohl Nr begrenzt als Maßstab genommen werden. Einem Glasexperten, der vor Ort Platten, die verklebt sind nicht voneinander lösen kann, ist mir glaubwürdiger als Leute, die vollkommen ahnungslos sind, u...m was es geht. Unterstützt wird diese Ansicht durch das inzwischen eingeholte Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen.
Beleidigt bin ich gar nicht, aber fassungslos darüber, dass Leute, die sich mit der Geschichte der großen Menschenhatz befassen, daraus für sich selbst null gelernt haben.
8.3.: Peter Menasse
@bea: Nein, nein, nein: Die Glaser haben die Stahltraversen geöffnet und einen Klebestoff gefunden, von dem sie nichts wissen konnten. Die Montagefirma von seinerzeit hat ein Isoliermittel implementiert, dass offensichtlich nach 15 Jahren ...zu einem Klebstoff geworden ist. Das konnte niemand vorher sehen (verborgen) und wissen.
Nein, nein, nein: Die Entscheidung umzubauen war so dringend, wir nur irgend möglich. Die 30 Jahre alte Klimaanlage war förmlich verrottet, sodass die Kunstgegenstände in akuter Gefahr waren. Termperatur und Feuchtigkeit der Luft waren nicht mehr beherrschbar. Es gab da überraschenderweise in den letzten Jahren nie einen Aufschrei aus dem Inneren.
Man kann aber nicht zusperren und sanieren, dann ein Jahr später wieder zusperren und eine neue Dauerausstellung machen. Dafür hat die öffentliche Hand - wie ich denke, zu Recht - keine Budgetmittel.
Nein, nein, nein: Nirgends steht was von antisemitisch. Ich rate dir schon, genauer zu lesen, bevor du mir so etwas unterstellst.
Die Beschäftigung mit jüdischem Schicksal sollte halt nur dazu führen, dass man sich im Heute anders verhält, wenn einer mit einer Petition daherkommt und dich auffordert zu unterschreiben. Man kann ja auch vorher recherchieren und nicht in einen kollektiven Machtrausch verfallen.
Nein, nein, nein: Ich gestehe keinem Judaisten, Historiker, oder anderen Wissenschaftler, wenn er nicht Chemiker ist, zu, mehr über Glasisolierung und die beschädigungslose Entfernung von verklebten Sicherheitsgläsern zu wissen, als die dafür ausgebildeten ExpertInnen.
Nein, nein, nein: Es gab keinen Streit mit der Kuratorin. Sie wusste, dass die Hologramme entfernt werden würden. Sie hat einseitig eine Menschenjagd ausgerufen. Zum Streiten gehören zwei. WIr haben uns mäßigend verhalten und erleben, wie jene, die das Feuer entzündet haben, ständig Öl nachgießen. Es ist einfach grauslich, dabei bleibe ich.
10.3.:
@alle: Den Vergleich "Meine Ehre heißt Treue" für die Aktion der MuseumsdirektorInnen ziehe ich hiermit mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Er ist nicht angemessen. Sorry für meine überschäumenden Gefühle. Die Hetzjagd der letzten Wochen war nicht ohne, rechtfertigt aber den Satz nicht.
(1) Alle Zitate zu finden auf: http://www.facebook.com/peter.menasse?sk=wall
(Stand 10.3.2011 16:40). Nachtrag 12.3.2011: Peter Menasse hat diesen Teil seines Facebooks inzwischen gelöscht. Seine Äußerungen sind aber von öffentlichem Belang und sind auch in einem öffentlichen Medium publiziert worden, daher bleiben sie auch hier gleichsam archiviert.
(2) „Meine Ehre heißt Treue“ war der Wahlspruch der Schutzstaffel (SS). Seit 1932 wurde der Wahlspruch in die Koppelschlösser der Allgemeinen SS und ihrer Nebenverbände (SS-Verfügungstruppe, SS-Totenkopfverbände und später aus diesen bewaffneten SS-Verbänden entstandenen Waffen-SS) geprägt. Der SS-Wahlspruch oder Abwandlungen davon sind in einigen Ländern strafbar, in Deutschland durch das Strafgesetzbuch (§ 86 a, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), in Österreich durch das Verbotsgesetz von 1947. Quelle: Wikipedia
Peter Menasse ist Prokurist des Jüdischen Museum der Stadt Wien
18.2.: Es finden sich immer mehr Intellektuelle, die besser als einfache Glaserer wissen, wie man Glas behandelt. Merke: Wer das Wort führt, weiß über alles besser Bescheid als das Volk. Ach kotzen mich diese Besserwisser an.
8.3.: Es ist ganz einfach: der Glasermeister weiss, dass man die glasplatten nicht entfernen kann. Ich verwende für Glasermeister das Synonym "Volk" Museumsdirektoren wissen es besser als der Glasermeister. Sie wissen eben einfach alles besser. S...ie haben das authentische Bescheidwissen Qua Studium mit dem Löffel gegessen. Da kann sich der Glaserer brausen gehen.
Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue.(2)
8.3.: @Bernhard: Deine Lebenserfahrung kann wohl Nr begrenzt als Maßstab genommen werden. Einem Glasexperten, der vor Ort Platten, die verklebt sind nicht voneinander lösen kann, ist mir glaubwürdiger als Leute, die vollkommen ahnungslos sind, u...m was es geht. Unterstützt wird diese Ansicht durch das inzwischen eingeholte Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen.
Beleidigt bin ich gar nicht, aber fassungslos darüber, dass Leute, die sich mit der Geschichte der großen Menschenhatz befassen, daraus für sich selbst null gelernt haben.
8.3.: Peter Menasse
@bea: Nein, nein, nein: Die Glaser haben die Stahltraversen geöffnet und einen Klebestoff gefunden, von dem sie nichts wissen konnten. Die Montagefirma von seinerzeit hat ein Isoliermittel implementiert, dass offensichtlich nach 15 Jahren ...zu einem Klebstoff geworden ist. Das konnte niemand vorher sehen (verborgen) und wissen.
Nein, nein, nein: Die Entscheidung umzubauen war so dringend, wir nur irgend möglich. Die 30 Jahre alte Klimaanlage war förmlich verrottet, sodass die Kunstgegenstände in akuter Gefahr waren. Termperatur und Feuchtigkeit der Luft waren nicht mehr beherrschbar. Es gab da überraschenderweise in den letzten Jahren nie einen Aufschrei aus dem Inneren.
Man kann aber nicht zusperren und sanieren, dann ein Jahr später wieder zusperren und eine neue Dauerausstellung machen. Dafür hat die öffentliche Hand - wie ich denke, zu Recht - keine Budgetmittel.
Nein, nein, nein: Nirgends steht was von antisemitisch. Ich rate dir schon, genauer zu lesen, bevor du mir so etwas unterstellst.
Die Beschäftigung mit jüdischem Schicksal sollte halt nur dazu führen, dass man sich im Heute anders verhält, wenn einer mit einer Petition daherkommt und dich auffordert zu unterschreiben. Man kann ja auch vorher recherchieren und nicht in einen kollektiven Machtrausch verfallen.
Nein, nein, nein: Ich gestehe keinem Judaisten, Historiker, oder anderen Wissenschaftler, wenn er nicht Chemiker ist, zu, mehr über Glasisolierung und die beschädigungslose Entfernung von verklebten Sicherheitsgläsern zu wissen, als die dafür ausgebildeten ExpertInnen.
Nein, nein, nein: Es gab keinen Streit mit der Kuratorin. Sie wusste, dass die Hologramme entfernt werden würden. Sie hat einseitig eine Menschenjagd ausgerufen. Zum Streiten gehören zwei. WIr haben uns mäßigend verhalten und erleben, wie jene, die das Feuer entzündet haben, ständig Öl nachgießen. Es ist einfach grauslich, dabei bleibe ich.
10.3.:
@alle: Den Vergleich "Meine Ehre heißt Treue" für die Aktion der MuseumsdirektorInnen ziehe ich hiermit mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Er ist nicht angemessen. Sorry für meine überschäumenden Gefühle. Die Hetzjagd der letzten Wochen war nicht ohne, rechtfertigt aber den Satz nicht.
(1) Alle Zitate zu finden auf: http://www.facebook.com/peter.menasse?sk=wall
(Stand 10.3.2011 16:40). Nachtrag 12.3.2011: Peter Menasse hat diesen Teil seines Facebooks inzwischen gelöscht. Seine Äußerungen sind aber von öffentlichem Belang und sind auch in einem öffentlichen Medium publiziert worden, daher bleiben sie auch hier gleichsam archiviert.
(2) „Meine Ehre heißt Treue“ war der Wahlspruch der Schutzstaffel (SS). Seit 1932 wurde der Wahlspruch in die Koppelschlösser der Allgemeinen SS und ihrer Nebenverbände (SS-Verfügungstruppe, SS-Totenkopfverbände und später aus diesen bewaffneten SS-Verbänden entstandenen Waffen-SS) geprägt. Der SS-Wahlspruch oder Abwandlungen davon sind in einigen Ländern strafbar, in Deutschland durch das Strafgesetzbuch (§ 86 a, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), in Österreich durch das Verbotsgesetz von 1947. Quelle: Wikipedia
Peter Menasse ist Prokurist des Jüdischen Museum der Stadt Wien
Dienstag, 8. März 2011
Montag, 7. März 2011
Der zutiefst verkannte Peter Noever
Die Diskussion, die mit dem freiwilligen Rücktritt von Peter Nover ausgebrochen ist, ist bizarr. Peter Noever war schon weit über dem Pensionsalter, mehrfach verlängerterr Museumsleiter, er hatte unanzweifelhafte Verdienste - keiner hat zu seiner Zeit die günstige Budgetsituation ("Museumsmilliarde") so schnell und so umfassend genutzt -, aber er steht nun auch im Verdacht der unsauberen Geschäftstätigkeit.
Das könnte man eigentlich auseinanderhalten, geduldig warten, ob und was die Untersuchungen ergeben einerseits und andrerseits differenziert die ambivalente Bilanz einer langen Amtszeit ziehen. Stattdessen gibt es ans Lächerliche grenzende Entschuldungsinitiativen und Huldigungsadressen, öffentliche Bekundungen identifikatorischer Solidarität, in denen Noevers Persönlichkeit zum Inbegriff der antibürgerlichen Subversivität konvertiert wird (Herbert Lachmeyer in DIE PRESSE vom 4.3.), aber k e i n e differenzierte Auseinandersetzung mit Verdiensten und Schwächen der Direktion Noever.
Keine? Doch, eine gibt es. Eben tröpfelt ein Mail in mein Postfach mit dem Link zu den Causeries du lundi / artmagazine (habe ich hier schon öfter zitiert, weil ich diese Kolumne sehr verdienstvoll finde), wo Vitus Weh angenehm differenziert u n d parteilich über den sonderbatren Abschiedsrummel um Noever schreibt. "Museen müssen rotieren" (7.3.)
Das könnte man eigentlich auseinanderhalten, geduldig warten, ob und was die Untersuchungen ergeben einerseits und andrerseits differenziert die ambivalente Bilanz einer langen Amtszeit ziehen. Stattdessen gibt es ans Lächerliche grenzende Entschuldungsinitiativen und Huldigungsadressen, öffentliche Bekundungen identifikatorischer Solidarität, in denen Noevers Persönlichkeit zum Inbegriff der antibürgerlichen Subversivität konvertiert wird (Herbert Lachmeyer in DIE PRESSE vom 4.3.), aber k e i n e differenzierte Auseinandersetzung mit Verdiensten und Schwächen der Direktion Noever.
Keine? Doch, eine gibt es. Eben tröpfelt ein Mail in mein Postfach mit dem Link zu den Causeries du lundi / artmagazine (habe ich hier schon öfter zitiert, weil ich diese Kolumne sehr verdienstvoll finde), wo Vitus Weh angenehm differenziert u n d parteilich über den sonderbatren Abschiedsrummel um Noever schreibt. "Museen müssen rotieren" (7.3.)
Sonntag, 6. März 2011
Erneuerung durch Zerstörung? Eine Zusammenfassung der Vorgänge um den Abbruch der Hologramme des Jüdischen Museum der Stadt Wien
Zusammenfassung der Vorgänge um den Abbruch der Hologramme des Jüdischen Museum der Stadt Wien
1
Die öffentliche Diskussion um den Abbruch des im ersten Stock gelegen Teils der Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien beginnt Anfang Februar. Drei Freunde hatten mir fast gleichzeitig Fotografien von den zerstörten Hologrammen zugeschickt, Bilder eines – buchstäblich – Scherbenhaufens. Obwohl ich lange mit dem Abbau der Dauerausstellung gerechnet hatte, weil die Äußerungen von Frau Spera dazu unmissverständlich waren (siehe Post vom 29.3.2010) und auch Freunde aus dem Museum davon ausgingen, schockierten mich diese Bilder. Schockierend war nicht die Tatsache des Abbaus, schockierend war die symptomatische Qualität der Fotografien. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß man keinen Weg hätte finden können, zu mindestens Teile der Installation zu bergen und aufzubewahren.
Ich stellte also am 2.2.2011 die Bilder mit einem Kommentar und unter dem Titel „Erneuerung durch Zerstörung? Das Jüdische Museum der Stadt Wien vernichtet sein wichtigstes Medium, die Dauerausstellung“ in meinen Blog.
Anders als es mir vor allem die von der bald einsetzenden Kritik Betroffenen unterstellten, begann damit noch nicht was sie „Hexenjagd“ nennen würden (Peter Menasse im Mail vom 15.2.2011 an mich, übrigens nachdem ich ihn eingeladen hatte, jederzeit meinen Blog für die Darstellung seiner Sicht der Dinge zu nutzen und ihm zu diesem Zweck einen Account für die freie und unbegrenzte Nutzung des Blogs zugeschickt hatte). Da bedurfte es erst der Berichterstattung in den Medien, die ihrerseits das Interesse auf den Blog zurücklenkten.
Ab diesem Zeitpunkt, als die ‚Entdeckung‘ des Blogs als Umschlagplatz für Informationen (am 4.2. und ab dem 7. Und 8. Februar ganz massiv) und Diskussionen, meldeten sich mehr und mehr Personen kritisch zu den Vorgängen.
2
Ich hatte mich für das Jüdische Museum der Stadt Wien bereits in der Phase vor seiner definitiven Gründungen interessiert und kannte es von Anfang an. Ich schätze die Dauerausstellung ebenso wie die von den verschieden Kuratoren gemachten Ausstellungen. Genauer gesagt, ich lernte diese Arbeit nach und nach immer besser kennen und schätzen, weil manche der Ausstellungen meine Vorstellungen vom Museum forderten und veränderten. Besuche mit Freunden, Kollegen, Seminaren während meiner Lehrtätigkeit, mit Gästen wie Irit Rogoff und zahllose Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus und selbstverständlich mit Felicitas Heimann Jelinek, schärften mein Wissen über die besonderen Aufgaben, Herausforderungen, an denen ein Jüdisches Museum sich abzuarbeiten hatte. Geschärft wurde die Beschäftigung mit den geschichtstheoretischen und museologischen Herausforderungen dieses Museumstyp durch die Beschäftigung mit dem Jüdischen Museum Hohenems, das sich zur selben Zeit zu einem ebenfalls bedeutsamen, weit überregional ausstrahlenden Museum entwickelte und das glücklicherweise immer noch ist.
Vor dem Hintergrund dieser aus langer Beschäftigung mit dem Wiener Museum gewachsenen Wertschätzung fand ich die Bestellung von Daniel Spera zur Leiterin des Museums, wie viele andere auch, befremdlich und unverständlich. Jemanden der in öffentlicher Verantwortung treuhänderisch eine Bildungsinstitution leitet, nach Kompetenz, Verantwortung oder Plänen und Konzepten zu fragen, ist weder „Intrige“ noch „Kampagnisierung“ (Zitate aus Thomas Trenklers Artikel im (Online)Standard vom 10.2.2011 (hier)) und auch kein „Abreagieren primitiver Gefühle“, wie Peter Menasse in dem erwähnten Mail an mich und „den Menschen auf dem Blog unterstellt“. Es ist schwierig, in einem medialen Umfeld zu argumentieren, das von Personalisierung lebt und von der ‚Skandalisierung’ von Personen. Man kann aber deswegen ja nicht einfach darauf verzichten, die Frage nach der fachlichen Kompetenz zu stellen.
Aber die politische Entscheidung war nun einmal gegen zweifellos hervorragend qualifizierte Bewerber gefallen und für die ORF-Journalistin Danielle Spera. Deshalb hatte ich schon eher resigniert am 8.12.2009 über die Berufung berichtet: Jüdisches Museum der Stadt Wien - Ein Opfer populistischer Kulturpolitik? (hier) < >und am< > 29.3.2010 eher nur noch melancholisch über das Verschwinden einer Dauerausstellung nachgedacht, die ich so sehr schätzte. (Die Dauerausstellung des Jüdischen Museums Wien wird verschwinden - hier).
Die Fragen, die ich (mir) damals gestellt habe, sind noch immer nicht beantwortet: „Bei allem Respekt für die Ziele und Vorstellungen von Frau Spera, ihre museologischen Ideen sind dünn und konventionell und fallen weit hinter das Konzept der noch existierenden Dauerausstellung zurück. Selbstverständlich ist es legitim, eine Dauerausstellung zu erneuern. Aber dann muß es ein überzeugendes neues Konzept geben. Nur wenn es besser ist als das alte, ist die Erneuerung vernünftig.“
Im Mai des Vorjahres machte ich einige Collagen aus Fotos der Hologramminstallation, ein kleiner persönlicher Abschied von der Dauerausstellung (Das wahre Bild der Vergangenheit – erstaunlicherweise ist das inzwischen einer der meistabgerufenen Posts - hier) und dann ging ich noch einmal ins Museum und machte möglichst viele Fotos, um für mich zu dokumentieren, was wahrscheinlich bald verschwinden würde. Diese Fotos findet man als begleitenden Bildkommentar zum Aufsatz den Sabine Offe und ich vor vielen Jahren geschrieben haben, und den ich ungekürzt in den Blog aufgenommen habe, um klar zu machen, worum es so vielen Kritikern der Vorgänge am Jüdischen Museum geht, worin die einzigartige Qualität der Dauerausstellung und der Hologramm-Installation lag. (Entgleitende Bilder, Post vom 7.2.2011 – hier).
3
Als die Bilder im Blog und dann in den Medien veröffentlicht waren und der erste, außerordentlich verdienstvolle Bericht von Duygu Özkan (Jüdisches Museum zerstört Exponate. 7.2.2011 in DIE PRESSE – hier) erschienen war, melden sich viele Kuratoren, Museumsleiter und Wissenschaftler zu Wort, die genau jene sachliche Debatte zu führen begannen, die bis heute von den Medien kaum aufgegriffen wurde (stattdessen klebt man am vorgeblichen Klebstoff der Hologramme) oder deren Existenz bestritten wird („‘Ich hoffe, dass nun alle Beteiligten wieder von der emotionalen Diskussionsebene zu einer konstruktiven und auf die Zukunft des Jüdischen Museums Wien ausgerichteten Arbeit zurückkehren können‘, so Wien Holding-Geschäftsführer Komm.-Rat. Peter Hanke“). Presseaussendung der Wien Holding, siehe Post vom 2.3.2011 - hier).
Am 3.2. reagierte Martha Keil (hier), am 4.2. >Sabine Offe (Erneuerung durch Zerstörung? "Bedenkenlosigkeit gegenüber ästhetischer, gesellschaftspolitischer und ethischer Verantwortung..." (hier), Heidemarie Uhl und Dirk Rupnow. („Die Bilder erschrecken mich…“. (hier)
Sabine Offe und ich> unseren einige Jahre alten Aufsatz zur Dauerausstellung des Jüdischen Museums im Blog, als eine weitere Grundlage der sachlichen Diskussion („Entgleitende Bilder. Über die Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien“ - hier)
Hanna Holtschneider reagierte auf die Meldungen von der Zerstörung der Hologramme am 8.2. mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Geschichtsvergessenheit“ (hier) und meldete sich dann noch einmal mit einer am 15.2.2011 geposteten englischen Zusammenfassung, Recent events at the Jewish >Museum Vienna – a summary“ (hier).
>Am 10.2. - „Sprachlos“ - und 16.2.2011 schrieb Heidrun Zettelbauer, im zweiten Post aus Anlaß der „Repliken der Museumsleitung des JMW auf die Kritik einer museologisch-wissenschaftlichen Museums-Öffentlichkeit“ (hier).
Am 14.2. erschien „>Wertigkeiten und Fertigkeiten. Die Museologin Roswitha Muttenthaler zur Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums“ (hier).
Und am >16.2. konnte Gerald Lamprecht (zuerst in ORF.at) nur noch einen „Nachruf auf die Hologramme des JMW“ schreiben.
Zwei Tage später folgte eine sehr ausführliche englischsprachige Auseinandersetzung von Ruth Eilen Gruber „Vienna - controversy over destroyed Holograms during renovations“, die in: jewish-heritage-travel am Donnerstag 17. Februar 2011 erschien war (hier).
Den Versuch, die Vorgänge im Jüdischen Museum in den weiteren Zusammenhang der Museumsdiskussionen und –politik in Wien zu stellen, hat bisher, wenn ich es richtig sehe, nur die Wiener Zeitung gemacht. Brigitte Borchhardt-Birbaumer: Wenig Gesprächskultur im Museum. In der heimischen Museumslandschaft liegt trotz neuen Leitern einiges im Argen – ein kritischer Streifzug.
Gleichzeitig bildete sich ein loses Netzwerk von Wissenschaftlern, Kuratoren, Museologen, Leitern namhafter Museen und Wissenschaftseinrichtungen, die sich schließlich in einem gemeinsamen Brief an das Museum und die Öffentlichkeit wandten. Der Brief brachte noch einmal das Museum verstärkt in die Medien und machte endgültig klar, daß sich das Museum nicht nur mit dem Abbruch der Hologramme Gegner geschaffen hatte, sondern auch mit einer defensiven Kommunikationspolitik, in der die Bedeutung der Hologramme massiv herabgestuft und deren Zerstörung fast ausschließlich als technischer Sachzwang behandelt wurde. Das beschädigte aber erneut die ohnehin schon angegriffene Position der Direktorin, die doch ihre Berufung an das Museum mit ihrer aus ihrem früheren Beruf erworbenen Kommunikationskompetenz gerechtfertigt hatte.
„Nein, sie habe bisher keine Ausstellung kuratiert, sagt Spera. (...) Und die museologische Qualifikation? ‚Ich habe mich nicht nur im Rahmen meiner Konversion intensiv mit dem Judentum beschäftigt.’ Gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Frauen besuche sie jede Woche eine Lerneinheit des Oberrabbiners. Museen sind für sie in erster Linie Kommunikationsmedien. ‚Und Kommunikation ist meine Stärke.’“ (Danielle Spera im Interview mit Matthias Dusini in der Stadtzeitung FALTER vom 14.7.2010 (hier).
Was in der Kritik am Vorgehen des Museums sichtbar wurde, war also einerseits die hohe Wertschätzung des ‚früheren’ Museums und andrerseits die harsche Kritik an der neuen Leitung, ein Vertrauensverlust, der schließlich auch die beiden materiellen und ideellen Träger des Museums, die Wien Holding (während der Kulturstadtrat, für die Subvention des Museums zuständig, nach seit Wochen so gut wie sprachlos ist) und die Israelitische Kultusgemeinde auf den Plan rief und zu einer Vorstandssitzung führte.
Mir ist kein vergleichbarer Fall erinnerlich, wo aus dem Kreis einander eng verbundener Institutionen und Personen derart ungeschminkt Kritik an der Leitungskompetenz einer einzelnen Person geübt wurde.
4
Hier nun der Brief der Museumsleiter, Kuratoren und Experten zu den Vorgängen am Jüdischen Museum der Stadt Wien (Stand der Unterschriften < >9. Februar 2011, 13 Uhr). Ich füge ich hier noch einmal alle Namen der Erstunterzeichner an, und zwar deshalb, weil diese internationale Reaktion in den medialen Reaktionen oft bagatellisiert wurde.
Fritz Backhaus, Programmdirektor, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Monika Berthold-Hilpert, Jüdisches Museum Franken - Inka Bertz, Jüdisches Museum Berlin - Daniel Dratwa, Conservateur, Musée Juif de Belgique - Daniela Eisenstein, Direktorin, Jüdisches Museum Franken - Jutta Fleckenstein, Jüdisches Museum München - Michal Friedlander, Jüdisches Museum Berlin - Ulrike Heikaus, Jüdisches Museum München - Anne-Hélène Hoog, Musée d’art et d’histoire du Judaisme, Paris - Cilly Kugelmann, Programmdirektorin, Jüdisches Museum Berlin - Dr. Hanno Loewy, Direktor, Jüdisches Museum Hohenems - Dr. Tobias G. Natter, Direktor, Vorarlberger Landesmuseum - Bernhard Purin, Direktor, Jüdisches Museum München - Mag. Johannes Reiss, Direktor, Österreichisches Museum Eisenstadt - Dr. Benigna Schönhagen, Direktorin, Jüdisches Kulturmuseum Augsburg - Dr. Emile Schrijver, Leiter der Bibliotheca Rosenthaliana, Universiteit van Amsterdam - Christiane Twiehaus, Jüdisches Museum Franken - Dr. Johannes Wachten, Oberkustos, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Dr. Mirjam Wenzel, Jüdisches Museum Berlin - Prof. Dr. Johannes Heil, Leiter der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg - Dr. Martha Keil, Direktorin, Institut für jüdische Geschichte Österreichs - Univ. Prof. Dr. Gerhard Langer, stellvertretender Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien - Univ. Prof. Dr. Albert Lichtblau, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte - Dr. Sabine Offe, Institut für Religionswissenschaft, Universität Bremen - Dr. Dirk Rupnow, Leiter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck - Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
Der Brief endete mit einem Gesprächsangebot an Danielle Spera, die dieses mit Auflagen annahm, die wiederum den Betroffenen unakzeptabel erschien. Sie reagierten daher mit diesem Schreiben (auf das dann meines Wissens keine weitere Reaktion der Direktion erfolgte.)
Für die Reaktion der Medien auf diese Internationalisierung und Verbreiterung der Kritik am Vorgehen hier, hier und noch hier und hier nur einige Reaktionen für viele.
Unter den österreichischen Medienreaktionen ragte die von Marianne Enigl im profil durch eigene Recherche heraus:
Die Aufsichtsratssitzung brachte keine klare Beurteilung der Situation und keine Information darüber, was sich der Aufsichtsrat zur weiteren Entwicklung vorstellte. Das lag offensichtlich an der unterschiedlichen Beurteilung durch die beiden im Aufsichtsrat vertreten Interessensgruppen, zwischen der Wien Holding und der Israelitischen Kultusgemeinde. Während die Wienholding (der ‚Wirtschaftsbetrieb’ der Stadt, an deren Spitze Renate Brauner steht, Vizebürgermeisterin und Finanz- und Wirtschaftsstadtrat, die als diejenige gilt, die Danielle Spera zur Museumsleiterin ‚gemacht’ hat; die Wien Holding betreibt vier Museen, das Haus der Musik, das Jüdisches Museum Wien, das Kunst Haus Wien sowie das Mozarthaus Vienna, nicht aber das älteste und wichtigste, das Wien Museum) sich vor die Leitung stellte und ihr das redliche Bemühen um einen Erhalt der Hologramme zuerkannte, ließ die Kultusgemeinde mit einer Reihe von ‚Erwartungen’ – oder soll man sagen – ‚auflagen’ – aufhorchen.
Die Aufsichtsratssitzung im Spiegel des ORF Radio Mittagsjournal vom 23.02.2011 und > dem der Tageszeitung DIE PRESSE, sowie im Wortlaut einer öffentlichen Erklärung der IKG.
5
Eine Fußnote zur Entwicklung ist ein persönlich an Danielle Spera gerichtetes Mail. Darin äußert sich Wilfried Seipel, ehemaliger Generaldirektor des Kunsthistorischen Museum, empört über die Kritik am Museum und an Frau Spera, die er meint gegen ungerechtfertigte Angriffe in Schutz nehmen zu müssen. Seipel spricht aber nicht bloß als aufgeregter Bürger, sondern als Präsident von ICOM Österreich, einem Verein, der sich, genau wie die andere Museums-Organisation, der Österreichische Museumsbund, so gut wie nie zu drängenden öffentlichen Museumsfragen äußert – wobei wir beiden Organisationen zugute halten wollen, daß dies ausschließlich aus diplomatischer Rücksicht so gehandhabt wird und die noble öffentliche Absenz die Voraussetzung dafür ist, die Lösung der dringendsten Museumsprobleme umso gedeihlicher in den verschwiegenen ministeriellen Amtsstuben einer Lösung zuführen zu können.
Der Brief wäre weiter nicht der Rede wert, wenn er nicht, schon so abgefasst wie ein zur Veröffentlichung bestimmter Text, in Umlauf gebracht und dann vom Jüdischen Museum, ähnlich einem Pressetext, in einer Ausstellung in der Dependance am Judenplatz an die Besucher ausgeteilt worden wäre. Diese Ausstellung zeigte ein Beispiel aus einer Serie verkleinerter ‚Arbeitskopien’ der zerstörten Hologramme, die seinerzeit im Produktionsprozess entstanden waren. Den Titel der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" (sie war nur wenige Tage, vom16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 zu sehen) und die Ausstellung selbst empfanden viele Kritiker als Verhöhnung ihres Bemühens um sachliche Diskussion.
Hier die “Medieninformation” des Museums, die in der Ausstellung zusammen mit dem Brief von Wilfried Seipel verteilt wurde.
6
(Post vom 21.2.2011) Um zu verstehen, warum seit nahezu einem Monat die Frage im Mittelpunkt steht, ob der zerstörungsfrei Abbau der Hologramme und ihre Konservierung nun technisch möglich gewesen seien oder nicht, muß man sich ansehen, daß und wie die Direktion des Museums von Anfang an diese Frage zum Zentrum ihrer Rechtfertigung machte. Etwa in dem Sinn: Man habe stets sorgsam und um Erhaltung bemüht gehandelt, alle Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft, sei aber – gestützt auf Gutachten und den Rat von einschlägigen Firmen – des Schlechteren belehrt worden. Man könne die Hologramme nicht ohne deren Zerstörung abbauen. Am 9.2.2011 wird die Bedeutung der Hologramme bestritten: "’Das waren keine Exponate’". Danielle Spera antwortet auf die Kritik an der Zerstörung der Hologramme. Die schon erwähnte „Medieninformation“ (Post vom 21.2.2011) des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist eine sehr ausführliche Darstellung, aus der ich zitieren möchte, weil sich die Frage nach der Glaubhaftigkeit der Rechtfertigung der Museumsleitung im Licht der jüngsten Äußerung zweier in die Produktion der Hologramme involvierten Firmen wieder und schärfer als bisher bestellt.
So heißt es in der Erklärung: „Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile. ">Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.
Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).
Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor." (Die Firma Briza wird später bestreiten, je ein Gutachten verfasst zu haben. Siehe unten) Und weiter: „In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.
Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht< > durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.“ (Nach der Aufsichtsratssitzung gibt die IKG u.a. bekannt, daß die für das Konzept der Dauerausstellung seinerzeit verantwortliche Chefkuratorin über den bevorstehenden Abbau nicht informiert wurde)". (…)
„Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.“ (Eine der an der Produktion der Hologramme beteiligte Firma, bestreitet, daß Hologramme ein solches ‚Ablaufdatum’ hätten und schätzt den Zustand der Hologramme auf Grund eigenen Augenscheins relativ kurz vor ihrem Abbruch als intakt ein.)
„Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt. (Es wird nicht mitgeteilt, daß die Firma, die seinerzeit den Aufbau gemacht hat, ein Anbot zum Abbau gelegt hatte, das nicht berücksichtigt wurde und es wird nicht mitgeteilt, daß ausgerechnet diese Firma nicht konsultiert wurde).
>„Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.“ (Dem wird später die genannte Firma, die die Hologramme aufgebaut hat widersprechen: die Konstruktion sah die Abbaubarkeit vor).
„Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.“ Das ist ein Satz der also (s.o.) von falschen Voraussetzungen ausgeht aber offenbar noch eine zweite Funktion haben soll. Nämlich die, zu unterstellen, daß auch die ‚Urheber’ dieses Ausstellungsteils in den Hologrammen nichts anderes gesehen haben, als das sie auch die Leitung sieht, als ‚Instrumente’ oder ‚Technologie’, also als etwas was ‚heute überholt’ gut und gerne mit moderneren Medien gemacht werden könnte, also die Hologramme ersetzbar und entbehrlich macht.“
Merkwürdig und eher peinlich ist der Satz, weil er jedem, der etwas von Museumsarbeit weiß, zeigt, daß er unbedarft von einer Grundstruktur des Ausstellens spricht: so gut wie alles, egal wie man es nennt, kann im Museum zum Träger von Bedeutungen werden. Daraus läßt sich keine ‚Diskriminierung’ der Hologramme ableiten.
Der Standard (Post vom 12.2.) gab die Position der Museumsleitung wieder >(Angriff als Verteidigung. Und noch einmal: die Leitung des Jüdischen Museums erklärt uns, daß alle im Unrecht sind). >So heißt es dort: „Erst später, im Zuge der Abbauarbeiten, habe sich herausgestellt, dass die raumhohen Sicherheitsglasscheiben mit den Hologrammfolien aufgrund der massiven Verankerung im Boden unrettbar seien.“ (Sowohl ein Mitarbeiter am Aufbau der Hologramme und die Glasfirma Briza werden später bestätigen, daß die Hologramme samt ihrer Verankerung bereits aus dem Boden gelöst gewesen seine; das scheint nicht das Problem gewesen zu sein, sondern, daß die sehr schweren und großen Teile – ob tatsächlich oder angeblich, das ist umstritten – nicht weiter zerlegbar und damit nicht abtransportierbar waren). „Danielle Spera und Prokurist Peter Menasse betonen, dass es sich nicht, wie die Kritiker behaupten, um "Kunstwerke" gehandelt habe: Die Hologramme von Porträts und Objekten wurden 1996 für die Dauerausstellung angefertigt - im Auftrag der Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und des Architekten Martin Kohlbauer (er ist der Mann von Gabriele Kohlbauer-Fritz, einer Kuratorin des Museums). Auch die Neuaufstellung hätten Heimann-Jelinek und Kohlbauer betreuen sollen. ‚Bei den Gesprächen waren die Hologramme und die Demontage nie Thema’, sagt Spera. Sie ist menschlich enttäuscht. Heimann-Jelinek und Kohlbauer werden nun, nach den Vorfällen, nur mehr den zweiten Stock gestalten. Dadurch komme es, so Menasse, zu weiteren Verzögerungen beim Umbau.“
Wenn aber inzwischen festgestellt wurde (in der erwähnten Erklärung der IKG), daß Felicitas Heimann-Jelinek über den Abbruch der Hologramme nicht informiert wurde, wie konnte sie dann die Leiterin des Museums ‚menschlich enttäuschen’, indem sie ihr bevorstehende Schwierigkeiten beim Abbruch ‚verschwieg’? Und wie kommt dann Frau Direktor Spera dazu – kann man den Satzteil anders verstehen – ihre Chefkuratorin (und den Architekten) mit dem Entzug der Planung für den ersten Stock zu entziehen und sie für die Verzögerung beim Umbau verantwortlich machen?
Eine Woche später modifiziert die Museumsleitung ihre Rechtfertigung. Peter Menasse, der Geschäftsführer, nicht Frau Direktor Spera, lässt erstmals Bedauern erkennen. Das Jüdische Museum der Stadt Wien äußert sich zu den Vorgängen - erstmals auch mit Bedauern >(Post vom 18.2.2001). Auch das 'Um-Bautagebuch' auf der Webseite des Jüdischen Museums, das während der Sanierung geführt werden sollte, wird seit etwa 14 Tagen nicht mehr geführt.
Seither, so nehme ich es wahr, gibt es keine signifikanten öffentlichen Äußerungen der Museumsleitungen mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit scheint seit der genannten Aufsichtsratssitzung vorübergehend die Wien Holding an sich gezogen zu haben.
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Mit „Es nervt“ meldete sich erstmals ein am Aufbau der Hologramme beteiligter Mitarbeiter (Post vom 11.2) >und bestritt, daß die Hologramme nicht abbaubar gewesen sein sollen. Völlig unbeindruckt von seiner Information, daß man die Hologramme selbstverständlich samt ihrer Verankerung im Boden hätte herauslösen können, blieb die weitere Debatte. Trotz der Bestätigung durch die am Abbau beteiligte Glasfirma Briza, daß die Hologramme bereits vom Boden gelöst waren. Allerdings konnte man sie nicht weiter zerlegen, weil der Kleber nicht lösbar war.
Mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund bestreitet auch der Besitzer einer Hologramm-Firma, die an der Produktion der Hologramme des Jüdischen Museums beteiligt war und der insofern auch über die Konstruktion informiert ist, die Unmöglichkeit der Demontage. Post vom 23.2.2011, < >"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?
Heinz Haring, Verantwortlich für die Montage der Hologramme, Eigentümer der Fritsch Stiassny Glastechnik, gestattete nun die Veröffentlichung eines Mails an Direktor Spera, die plötzlich viele ihrer Äußerungen in neuem Licht erscheinen ließen. Er stellt unmissverständlich klar, daß die Firma ein Anbot zum Abbau gelegt habe, daß ihm aber am 25.1.2011 mitgeteilt worden wäre, daß sich sein Anbot erledigt hätte. Vier Tage nachdem der Abbruch der Hologramme erfolgt ist.
Die Konstruktion sei bereits mit der Auflage gewählt worden, daß sie einmal wieder abgebaut werden könne, ein Klebemittel sei nicht verwendet worden. (Post vom 2.3.2011) Die sachkundige und klare Darstellung von Herrn Haring, die mir nach zwei Telefonaten, die er freundlicherweise mit mir führte, absolut glaubwürdig erscheint, erschüttert die Darstellung von Frau Direktor Spera in zwei zentralen Punkten: 1.) Die Hologramme waren so konstruiert, daß man sie wieder abbauen konnte und sie müssen auch zum Zeitpunkt ihrer Zerstörung abbaubar gewesen sein 2.) Seine Firma, die, die am besten mit der Konstruktion der Hologramm-Halterung vertraut war wurde weder ausreichend konsultiert, noch trotz Anbots mit dem Abbau beauftragt.
Es gab eben genau das nicht, was die Wien Holding meinte, als sie Frau Spera bescheinigte „gewissenhaft alle Abbau-Varianten geprüft“ zu haben.
Die Wien Holding muß von dem zirkulierenden Mail von Herrn Haring gewußt und seine Brisanz richtig eingeschätzt haben, denn noch bevor dessen Brief irgendwo veröffentlicht wurde, berichtete sie in einer Presseaussendung von einem ‚entlastenden’, der Darstellung Herrn Harings widersprechendem (bis dahin unbekannten, also offenbar sehr kurzfristig eingeholten) Gutachten vom 28.2. (Blog vom 2.3.).
Man muß sich schon die Mühe machen, den Zeitablauf im Auge zu behalten, um die Brisanz des ganzen Vorgangs über den eklatanten Widerspruch zwischen der Information der Firma und den Informationen der Museumsleitung begreifen zu können. >Am 12. Februar gibt Frau Spera bekannt, daß sie im Juni 2011 das wegen der Sanierung geschlossene Haus wieder für Besucher öffnen wolle. Aufgrund ihres Anbots soll es zu einer Besichtigung durch die Firma Stiassny kommen, aber die angebotenen Termine, wahlweise 20. oder 21. 1., kann die Firma wegen ihrer Verpflichtungen nicht wahrnehmen. (s. Artikel von Thomas Trenkler vom 2.3.2011 in Der Standard online). Am 21. schreibt das Museum an die Firma, daß es für eine erbetene Verschiebung knapp werde.
Der 21. ist aber der Tag des Abbruchs der Hologramme...
1
Die öffentliche Diskussion um den Abbruch des im ersten Stock gelegen Teils der Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien beginnt Anfang Februar. Drei Freunde hatten mir fast gleichzeitig Fotografien von den zerstörten Hologrammen zugeschickt, Bilder eines – buchstäblich – Scherbenhaufens. Obwohl ich lange mit dem Abbau der Dauerausstellung gerechnet hatte, weil die Äußerungen von Frau Spera dazu unmissverständlich waren (siehe Post vom 29.3.2010) und auch Freunde aus dem Museum davon ausgingen, schockierten mich diese Bilder. Schockierend war nicht die Tatsache des Abbaus, schockierend war die symptomatische Qualität der Fotografien. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß man keinen Weg hätte finden können, zu mindestens Teile der Installation zu bergen und aufzubewahren.
Ich stellte also am 2.2.2011 die Bilder mit einem Kommentar und unter dem Titel „Erneuerung durch Zerstörung? Das Jüdische Museum der Stadt Wien vernichtet sein wichtigstes Medium, die Dauerausstellung“ in meinen Blog.
Anders als es mir vor allem die von der bald einsetzenden Kritik Betroffenen unterstellten, begann damit noch nicht was sie „Hexenjagd“ nennen würden (Peter Menasse im Mail vom 15.2.2011 an mich, übrigens nachdem ich ihn eingeladen hatte, jederzeit meinen Blog für die Darstellung seiner Sicht der Dinge zu nutzen und ihm zu diesem Zweck einen Account für die freie und unbegrenzte Nutzung des Blogs zugeschickt hatte). Da bedurfte es erst der Berichterstattung in den Medien, die ihrerseits das Interesse auf den Blog zurücklenkten.
Ab diesem Zeitpunkt, als die ‚Entdeckung‘ des Blogs als Umschlagplatz für Informationen (am 4.2. und ab dem 7. Und 8. Februar ganz massiv) und Diskussionen, meldeten sich mehr und mehr Personen kritisch zu den Vorgängen.
2
Ich hatte mich für das Jüdische Museum der Stadt Wien bereits in der Phase vor seiner definitiven Gründungen interessiert und kannte es von Anfang an. Ich schätze die Dauerausstellung ebenso wie die von den verschieden Kuratoren gemachten Ausstellungen. Genauer gesagt, ich lernte diese Arbeit nach und nach immer besser kennen und schätzen, weil manche der Ausstellungen meine Vorstellungen vom Museum forderten und veränderten. Besuche mit Freunden, Kollegen, Seminaren während meiner Lehrtätigkeit, mit Gästen wie Irit Rogoff und zahllose Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus und selbstverständlich mit Felicitas Heimann Jelinek, schärften mein Wissen über die besonderen Aufgaben, Herausforderungen, an denen ein Jüdisches Museum sich abzuarbeiten hatte. Geschärft wurde die Beschäftigung mit den geschichtstheoretischen und museologischen Herausforderungen dieses Museumstyp durch die Beschäftigung mit dem Jüdischen Museum Hohenems, das sich zur selben Zeit zu einem ebenfalls bedeutsamen, weit überregional ausstrahlenden Museum entwickelte und das glücklicherweise immer noch ist.
Vor dem Hintergrund dieser aus langer Beschäftigung mit dem Wiener Museum gewachsenen Wertschätzung fand ich die Bestellung von Daniel Spera zur Leiterin des Museums, wie viele andere auch, befremdlich und unverständlich. Jemanden der in öffentlicher Verantwortung treuhänderisch eine Bildungsinstitution leitet, nach Kompetenz, Verantwortung oder Plänen und Konzepten zu fragen, ist weder „Intrige“ noch „Kampagnisierung“ (Zitate aus Thomas Trenklers Artikel im (Online)Standard vom 10.2.2011 (hier)) und auch kein „Abreagieren primitiver Gefühle“, wie Peter Menasse in dem erwähnten Mail an mich und „den Menschen auf dem Blog unterstellt“. Es ist schwierig, in einem medialen Umfeld zu argumentieren, das von Personalisierung lebt und von der ‚Skandalisierung’ von Personen. Man kann aber deswegen ja nicht einfach darauf verzichten, die Frage nach der fachlichen Kompetenz zu stellen.
Aber die politische Entscheidung war nun einmal gegen zweifellos hervorragend qualifizierte Bewerber gefallen und für die ORF-Journalistin Danielle Spera. Deshalb hatte ich schon eher resigniert am 8.12.2009 über die Berufung berichtet: Jüdisches Museum der Stadt Wien - Ein Opfer populistischer Kulturpolitik? (hier) < >und am< > 29.3.2010 eher nur noch melancholisch über das Verschwinden einer Dauerausstellung nachgedacht, die ich so sehr schätzte. (Die Dauerausstellung des Jüdischen Museums Wien wird verschwinden - hier).
Die Fragen, die ich (mir) damals gestellt habe, sind noch immer nicht beantwortet: „Bei allem Respekt für die Ziele und Vorstellungen von Frau Spera, ihre museologischen Ideen sind dünn und konventionell und fallen weit hinter das Konzept der noch existierenden Dauerausstellung zurück. Selbstverständlich ist es legitim, eine Dauerausstellung zu erneuern. Aber dann muß es ein überzeugendes neues Konzept geben. Nur wenn es besser ist als das alte, ist die Erneuerung vernünftig.“
Im Mai des Vorjahres machte ich einige Collagen aus Fotos der Hologramminstallation, ein kleiner persönlicher Abschied von der Dauerausstellung (Das wahre Bild der Vergangenheit – erstaunlicherweise ist das inzwischen einer der meistabgerufenen Posts - hier) und dann ging ich noch einmal ins Museum und machte möglichst viele Fotos, um für mich zu dokumentieren, was wahrscheinlich bald verschwinden würde. Diese Fotos findet man als begleitenden Bildkommentar zum Aufsatz den Sabine Offe und ich vor vielen Jahren geschrieben haben, und den ich ungekürzt in den Blog aufgenommen habe, um klar zu machen, worum es so vielen Kritikern der Vorgänge am Jüdischen Museum geht, worin die einzigartige Qualität der Dauerausstellung und der Hologramm-Installation lag. (Entgleitende Bilder, Post vom 7.2.2011 – hier).
3
Als die Bilder im Blog und dann in den Medien veröffentlicht waren und der erste, außerordentlich verdienstvolle Bericht von Duygu Özkan (Jüdisches Museum zerstört Exponate. 7.2.2011 in DIE PRESSE – hier) erschienen war, melden sich viele Kuratoren, Museumsleiter und Wissenschaftler zu Wort, die genau jene sachliche Debatte zu führen begannen, die bis heute von den Medien kaum aufgegriffen wurde (stattdessen klebt man am vorgeblichen Klebstoff der Hologramme) oder deren Existenz bestritten wird („‘Ich hoffe, dass nun alle Beteiligten wieder von der emotionalen Diskussionsebene zu einer konstruktiven und auf die Zukunft des Jüdischen Museums Wien ausgerichteten Arbeit zurückkehren können‘, so Wien Holding-Geschäftsführer Komm.-Rat. Peter Hanke“). Presseaussendung der Wien Holding, siehe Post vom 2.3.2011 - hier).
Am 3.2. reagierte Martha Keil (hier), am 4.2. >Sabine Offe (Erneuerung durch Zerstörung? "Bedenkenlosigkeit gegenüber ästhetischer, gesellschaftspolitischer und ethischer Verantwortung..." (hier), Heidemarie Uhl und Dirk Rupnow. („Die Bilder erschrecken mich…“. (hier)
Sabine Offe und ich> unseren einige Jahre alten Aufsatz zur Dauerausstellung des Jüdischen Museums im Blog, als eine weitere Grundlage der sachlichen Diskussion („Entgleitende Bilder. Über die Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien“ - hier)
Hanna Holtschneider reagierte auf die Meldungen von der Zerstörung der Hologramme am 8.2. mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Geschichtsvergessenheit“ (hier) und meldete sich dann noch einmal mit einer am 15.2.2011 geposteten englischen Zusammenfassung, Recent events at the Jewish >Museum Vienna – a summary“ (hier).
>Am 10.2. - „Sprachlos“ - und 16.2.2011 schrieb Heidrun Zettelbauer, im zweiten Post aus Anlaß der „Repliken der Museumsleitung des JMW auf die Kritik einer museologisch-wissenschaftlichen Museums-Öffentlichkeit“ (hier).
Am 14.2. erschien „>Wertigkeiten und Fertigkeiten. Die Museologin Roswitha Muttenthaler zur Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums“ (hier).
Und am >16.2. konnte Gerald Lamprecht (zuerst in ORF.at) nur noch einen „Nachruf auf die Hologramme des JMW“ schreiben.
Zwei Tage später folgte eine sehr ausführliche englischsprachige Auseinandersetzung von Ruth Eilen Gruber „Vienna - controversy over destroyed Holograms during renovations“, die in: jewish-heritage-travel am Donnerstag 17. Februar 2011 erschien war (hier).
Den Versuch, die Vorgänge im Jüdischen Museum in den weiteren Zusammenhang der Museumsdiskussionen und –politik in Wien zu stellen, hat bisher, wenn ich es richtig sehe, nur die Wiener Zeitung gemacht. Brigitte Borchhardt-Birbaumer: Wenig Gesprächskultur im Museum. In der heimischen Museumslandschaft liegt trotz neuen Leitern einiges im Argen – ein kritischer Streifzug.
Gleichzeitig bildete sich ein loses Netzwerk von Wissenschaftlern, Kuratoren, Museologen, Leitern namhafter Museen und Wissenschaftseinrichtungen, die sich schließlich in einem gemeinsamen Brief an das Museum und die Öffentlichkeit wandten. Der Brief brachte noch einmal das Museum verstärkt in die Medien und machte endgültig klar, daß sich das Museum nicht nur mit dem Abbruch der Hologramme Gegner geschaffen hatte, sondern auch mit einer defensiven Kommunikationspolitik, in der die Bedeutung der Hologramme massiv herabgestuft und deren Zerstörung fast ausschließlich als technischer Sachzwang behandelt wurde. Das beschädigte aber erneut die ohnehin schon angegriffene Position der Direktorin, die doch ihre Berufung an das Museum mit ihrer aus ihrem früheren Beruf erworbenen Kommunikationskompetenz gerechtfertigt hatte.
„Nein, sie habe bisher keine Ausstellung kuratiert, sagt Spera. (...) Und die museologische Qualifikation? ‚Ich habe mich nicht nur im Rahmen meiner Konversion intensiv mit dem Judentum beschäftigt.’ Gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Frauen besuche sie jede Woche eine Lerneinheit des Oberrabbiners. Museen sind für sie in erster Linie Kommunikationsmedien. ‚Und Kommunikation ist meine Stärke.’“ (Danielle Spera im Interview mit Matthias Dusini in der Stadtzeitung FALTER vom 14.7.2010 (hier).
Was in der Kritik am Vorgehen des Museums sichtbar wurde, war also einerseits die hohe Wertschätzung des ‚früheren’ Museums und andrerseits die harsche Kritik an der neuen Leitung, ein Vertrauensverlust, der schließlich auch die beiden materiellen und ideellen Träger des Museums, die Wien Holding (während der Kulturstadtrat, für die Subvention des Museums zuständig, nach seit Wochen so gut wie sprachlos ist) und die Israelitische Kultusgemeinde auf den Plan rief und zu einer Vorstandssitzung führte.
Mir ist kein vergleichbarer Fall erinnerlich, wo aus dem Kreis einander eng verbundener Institutionen und Personen derart ungeschminkt Kritik an der Leitungskompetenz einer einzelnen Person geübt wurde.
4
Hier nun der Brief der Museumsleiter, Kuratoren und Experten zu den Vorgängen am Jüdischen Museum der Stadt Wien (Stand der Unterschriften < >9. Februar 2011, 13 Uhr). Ich füge ich hier noch einmal alle Namen der Erstunterzeichner an, und zwar deshalb, weil diese internationale Reaktion in den medialen Reaktionen oft bagatellisiert wurde.
Fritz Backhaus, Programmdirektor, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Monika Berthold-Hilpert, Jüdisches Museum Franken - Inka Bertz, Jüdisches Museum Berlin - Daniel Dratwa, Conservateur, Musée Juif de Belgique - Daniela Eisenstein, Direktorin, Jüdisches Museum Franken - Jutta Fleckenstein, Jüdisches Museum München - Michal Friedlander, Jüdisches Museum Berlin - Ulrike Heikaus, Jüdisches Museum München - Anne-Hélène Hoog, Musée d’art et d’histoire du Judaisme, Paris - Cilly Kugelmann, Programmdirektorin, Jüdisches Museum Berlin - Dr. Hanno Loewy, Direktor, Jüdisches Museum Hohenems - Dr. Tobias G. Natter, Direktor, Vorarlberger Landesmuseum - Bernhard Purin, Direktor, Jüdisches Museum München - Mag. Johannes Reiss, Direktor, Österreichisches Museum Eisenstadt - Dr. Benigna Schönhagen, Direktorin, Jüdisches Kulturmuseum Augsburg - Dr. Emile Schrijver, Leiter der Bibliotheca Rosenthaliana, Universiteit van Amsterdam - Christiane Twiehaus, Jüdisches Museum Franken - Dr. Johannes Wachten, Oberkustos, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Dr. Mirjam Wenzel, Jüdisches Museum Berlin - Prof. Dr. Johannes Heil, Leiter der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg - Dr. Martha Keil, Direktorin, Institut für jüdische Geschichte Österreichs - Univ. Prof. Dr. Gerhard Langer, stellvertretender Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien - Univ. Prof. Dr. Albert Lichtblau, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte - Dr. Sabine Offe, Institut für Religionswissenschaft, Universität Bremen - Dr. Dirk Rupnow, Leiter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck - Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
Der Brief endete mit einem Gesprächsangebot an Danielle Spera, die dieses mit Auflagen annahm, die wiederum den Betroffenen unakzeptabel erschien. Sie reagierten daher mit diesem Schreiben (auf das dann meines Wissens keine weitere Reaktion der Direktion erfolgte.)
Für die Reaktion der Medien auf diese Internationalisierung und Verbreiterung der Kritik am Vorgehen hier, hier und noch hier und hier nur einige Reaktionen für viele.
Unter den österreichischen Medienreaktionen ragte die von Marianne Enigl im profil durch eigene Recherche heraus:
Die Aufsichtsratssitzung brachte keine klare Beurteilung der Situation und keine Information darüber, was sich der Aufsichtsrat zur weiteren Entwicklung vorstellte. Das lag offensichtlich an der unterschiedlichen Beurteilung durch die beiden im Aufsichtsrat vertreten Interessensgruppen, zwischen der Wien Holding und der Israelitischen Kultusgemeinde. Während die Wienholding (der ‚Wirtschaftsbetrieb’ der Stadt, an deren Spitze Renate Brauner steht, Vizebürgermeisterin und Finanz- und Wirtschaftsstadtrat, die als diejenige gilt, die Danielle Spera zur Museumsleiterin ‚gemacht’ hat; die Wien Holding betreibt vier Museen, das Haus der Musik, das Jüdisches Museum Wien, das Kunst Haus Wien sowie das Mozarthaus Vienna, nicht aber das älteste und wichtigste, das Wien Museum) sich vor die Leitung stellte und ihr das redliche Bemühen um einen Erhalt der Hologramme zuerkannte, ließ die Kultusgemeinde mit einer Reihe von ‚Erwartungen’ – oder soll man sagen – ‚auflagen’ – aufhorchen.
Die Aufsichtsratssitzung im Spiegel des ORF Radio Mittagsjournal vom 23.02.2011 und > dem der Tageszeitung DIE PRESSE, sowie im Wortlaut einer öffentlichen Erklärung der IKG.
5
Eine Fußnote zur Entwicklung ist ein persönlich an Danielle Spera gerichtetes Mail. Darin äußert sich Wilfried Seipel, ehemaliger Generaldirektor des Kunsthistorischen Museum, empört über die Kritik am Museum und an Frau Spera, die er meint gegen ungerechtfertigte Angriffe in Schutz nehmen zu müssen. Seipel spricht aber nicht bloß als aufgeregter Bürger, sondern als Präsident von ICOM Österreich, einem Verein, der sich, genau wie die andere Museums-Organisation, der Österreichische Museumsbund, so gut wie nie zu drängenden öffentlichen Museumsfragen äußert – wobei wir beiden Organisationen zugute halten wollen, daß dies ausschließlich aus diplomatischer Rücksicht so gehandhabt wird und die noble öffentliche Absenz die Voraussetzung dafür ist, die Lösung der dringendsten Museumsprobleme umso gedeihlicher in den verschwiegenen ministeriellen Amtsstuben einer Lösung zuführen zu können.
Der Brief wäre weiter nicht der Rede wert, wenn er nicht, schon so abgefasst wie ein zur Veröffentlichung bestimmter Text, in Umlauf gebracht und dann vom Jüdischen Museum, ähnlich einem Pressetext, in einer Ausstellung in der Dependance am Judenplatz an die Besucher ausgeteilt worden wäre. Diese Ausstellung zeigte ein Beispiel aus einer Serie verkleinerter ‚Arbeitskopien’ der zerstörten Hologramme, die seinerzeit im Produktionsprozess entstanden waren. Den Titel der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" (sie war nur wenige Tage, vom16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 zu sehen) und die Ausstellung selbst empfanden viele Kritiker als Verhöhnung ihres Bemühens um sachliche Diskussion.
Hier die “Medieninformation” des Museums, die in der Ausstellung zusammen mit dem Brief von Wilfried Seipel verteilt wurde.
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(Post vom 21.2.2011) Um zu verstehen, warum seit nahezu einem Monat die Frage im Mittelpunkt steht, ob der zerstörungsfrei Abbau der Hologramme und ihre Konservierung nun technisch möglich gewesen seien oder nicht, muß man sich ansehen, daß und wie die Direktion des Museums von Anfang an diese Frage zum Zentrum ihrer Rechtfertigung machte. Etwa in dem Sinn: Man habe stets sorgsam und um Erhaltung bemüht gehandelt, alle Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft, sei aber – gestützt auf Gutachten und den Rat von einschlägigen Firmen – des Schlechteren belehrt worden. Man könne die Hologramme nicht ohne deren Zerstörung abbauen. Am 9.2.2011 wird die Bedeutung der Hologramme bestritten: "’Das waren keine Exponate’". Danielle Spera antwortet auf die Kritik an der Zerstörung der Hologramme. Die schon erwähnte „Medieninformation“ (Post vom 21.2.2011) des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist eine sehr ausführliche Darstellung, aus der ich zitieren möchte, weil sich die Frage nach der Glaubhaftigkeit der Rechtfertigung der Museumsleitung im Licht der jüngsten Äußerung zweier in die Produktion der Hologramme involvierten Firmen wieder und schärfer als bisher bestellt.
So heißt es in der Erklärung: „Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile. ">Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.
Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).
Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor." (Die Firma Briza wird später bestreiten, je ein Gutachten verfasst zu haben. Siehe unten) Und weiter: „In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.
Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht< > durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.“ (Nach der Aufsichtsratssitzung gibt die IKG u.a. bekannt, daß die für das Konzept der Dauerausstellung seinerzeit verantwortliche Chefkuratorin über den bevorstehenden Abbau nicht informiert wurde)". (…)
„Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.“ (Eine der an der Produktion der Hologramme beteiligte Firma, bestreitet, daß Hologramme ein solches ‚Ablaufdatum’ hätten und schätzt den Zustand der Hologramme auf Grund eigenen Augenscheins relativ kurz vor ihrem Abbruch als intakt ein.)
„Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt. (Es wird nicht mitgeteilt, daß die Firma, die seinerzeit den Aufbau gemacht hat, ein Anbot zum Abbau gelegt hatte, das nicht berücksichtigt wurde und es wird nicht mitgeteilt, daß ausgerechnet diese Firma nicht konsultiert wurde).
>„Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.“ (Dem wird später die genannte Firma, die die Hologramme aufgebaut hat widersprechen: die Konstruktion sah die Abbaubarkeit vor).
„Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.“ Das ist ein Satz der also (s.o.) von falschen Voraussetzungen ausgeht aber offenbar noch eine zweite Funktion haben soll. Nämlich die, zu unterstellen, daß auch die ‚Urheber’ dieses Ausstellungsteils in den Hologrammen nichts anderes gesehen haben, als das sie auch die Leitung sieht, als ‚Instrumente’ oder ‚Technologie’, also als etwas was ‚heute überholt’ gut und gerne mit moderneren Medien gemacht werden könnte, also die Hologramme ersetzbar und entbehrlich macht.“
Merkwürdig und eher peinlich ist der Satz, weil er jedem, der etwas von Museumsarbeit weiß, zeigt, daß er unbedarft von einer Grundstruktur des Ausstellens spricht: so gut wie alles, egal wie man es nennt, kann im Museum zum Träger von Bedeutungen werden. Daraus läßt sich keine ‚Diskriminierung’ der Hologramme ableiten.
Der Standard (Post vom 12.2.) gab die Position der Museumsleitung wieder >(Angriff als Verteidigung. Und noch einmal: die Leitung des Jüdischen Museums erklärt uns, daß alle im Unrecht sind). >So heißt es dort: „Erst später, im Zuge der Abbauarbeiten, habe sich herausgestellt, dass die raumhohen Sicherheitsglasscheiben mit den Hologrammfolien aufgrund der massiven Verankerung im Boden unrettbar seien.“ (Sowohl ein Mitarbeiter am Aufbau der Hologramme und die Glasfirma Briza werden später bestätigen, daß die Hologramme samt ihrer Verankerung bereits aus dem Boden gelöst gewesen seine; das scheint nicht das Problem gewesen zu sein, sondern, daß die sehr schweren und großen Teile – ob tatsächlich oder angeblich, das ist umstritten – nicht weiter zerlegbar und damit nicht abtransportierbar waren). „Danielle Spera und Prokurist Peter Menasse betonen, dass es sich nicht, wie die Kritiker behaupten, um "Kunstwerke" gehandelt habe: Die Hologramme von Porträts und Objekten wurden 1996 für die Dauerausstellung angefertigt - im Auftrag der Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und des Architekten Martin Kohlbauer (er ist der Mann von Gabriele Kohlbauer-Fritz, einer Kuratorin des Museums). Auch die Neuaufstellung hätten Heimann-Jelinek und Kohlbauer betreuen sollen. ‚Bei den Gesprächen waren die Hologramme und die Demontage nie Thema’, sagt Spera. Sie ist menschlich enttäuscht. Heimann-Jelinek und Kohlbauer werden nun, nach den Vorfällen, nur mehr den zweiten Stock gestalten. Dadurch komme es, so Menasse, zu weiteren Verzögerungen beim Umbau.“
Wenn aber inzwischen festgestellt wurde (in der erwähnten Erklärung der IKG), daß Felicitas Heimann-Jelinek über den Abbruch der Hologramme nicht informiert wurde, wie konnte sie dann die Leiterin des Museums ‚menschlich enttäuschen’, indem sie ihr bevorstehende Schwierigkeiten beim Abbruch ‚verschwieg’? Und wie kommt dann Frau Direktor Spera dazu – kann man den Satzteil anders verstehen – ihre Chefkuratorin (und den Architekten) mit dem Entzug der Planung für den ersten Stock zu entziehen und sie für die Verzögerung beim Umbau verantwortlich machen?
Eine Woche später modifiziert die Museumsleitung ihre Rechtfertigung. Peter Menasse, der Geschäftsführer, nicht Frau Direktor Spera, lässt erstmals Bedauern erkennen. Das Jüdische Museum der Stadt Wien äußert sich zu den Vorgängen - erstmals auch mit Bedauern >(Post vom 18.2.2001). Auch das 'Um-Bautagebuch' auf der Webseite des Jüdischen Museums, das während der Sanierung geführt werden sollte, wird seit etwa 14 Tagen nicht mehr geführt.
Seither, so nehme ich es wahr, gibt es keine signifikanten öffentlichen Äußerungen der Museumsleitungen mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit scheint seit der genannten Aufsichtsratssitzung vorübergehend die Wien Holding an sich gezogen zu haben.
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Mit „Es nervt“ meldete sich erstmals ein am Aufbau der Hologramme beteiligter Mitarbeiter (Post vom 11.2) >und bestritt, daß die Hologramme nicht abbaubar gewesen sein sollen. Völlig unbeindruckt von seiner Information, daß man die Hologramme selbstverständlich samt ihrer Verankerung im Boden hätte herauslösen können, blieb die weitere Debatte. Trotz der Bestätigung durch die am Abbau beteiligte Glasfirma Briza, daß die Hologramme bereits vom Boden gelöst waren. Allerdings konnte man sie nicht weiter zerlegen, weil der Kleber nicht lösbar war.
Mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund bestreitet auch der Besitzer einer Hologramm-Firma, die an der Produktion der Hologramme des Jüdischen Museums beteiligt war und der insofern auch über die Konstruktion informiert ist, die Unmöglichkeit der Demontage. Post vom 23.2.2011, < >"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?
Heinz Haring, Verantwortlich für die Montage der Hologramme, Eigentümer der Fritsch Stiassny Glastechnik, gestattete nun die Veröffentlichung eines Mails an Direktor Spera, die plötzlich viele ihrer Äußerungen in neuem Licht erscheinen ließen. Er stellt unmissverständlich klar, daß die Firma ein Anbot zum Abbau gelegt habe, daß ihm aber am 25.1.2011 mitgeteilt worden wäre, daß sich sein Anbot erledigt hätte. Vier Tage nachdem der Abbruch der Hologramme erfolgt ist.
Die Konstruktion sei bereits mit der Auflage gewählt worden, daß sie einmal wieder abgebaut werden könne, ein Klebemittel sei nicht verwendet worden. (Post vom 2.3.2011) Die sachkundige und klare Darstellung von Herrn Haring, die mir nach zwei Telefonaten, die er freundlicherweise mit mir führte, absolut glaubwürdig erscheint, erschüttert die Darstellung von Frau Direktor Spera in zwei zentralen Punkten: 1.) Die Hologramme waren so konstruiert, daß man sie wieder abbauen konnte und sie müssen auch zum Zeitpunkt ihrer Zerstörung abbaubar gewesen sein 2.) Seine Firma, die, die am besten mit der Konstruktion der Hologramm-Halterung vertraut war wurde weder ausreichend konsultiert, noch trotz Anbots mit dem Abbau beauftragt.
Es gab eben genau das nicht, was die Wien Holding meinte, als sie Frau Spera bescheinigte „gewissenhaft alle Abbau-Varianten geprüft“ zu haben.
Die Wien Holding muß von dem zirkulierenden Mail von Herrn Haring gewußt und seine Brisanz richtig eingeschätzt haben, denn noch bevor dessen Brief irgendwo veröffentlicht wurde, berichtete sie in einer Presseaussendung von einem ‚entlastenden’, der Darstellung Herrn Harings widersprechendem (bis dahin unbekannten, also offenbar sehr kurzfristig eingeholten) Gutachten vom 28.2. (Blog vom 2.3.).
Man muß sich schon die Mühe machen, den Zeitablauf im Auge zu behalten, um die Brisanz des ganzen Vorgangs über den eklatanten Widerspruch zwischen der Information der Firma und den Informationen der Museumsleitung begreifen zu können. >Am 12. Februar gibt Frau Spera bekannt, daß sie im Juni 2011 das wegen der Sanierung geschlossene Haus wieder für Besucher öffnen wolle. Aufgrund ihres Anbots soll es zu einer Besichtigung durch die Firma Stiassny kommen, aber die angebotenen Termine, wahlweise 20. oder 21. 1., kann die Firma wegen ihrer Verpflichtungen nicht wahrnehmen. (s. Artikel von Thomas Trenkler vom 2.3.2011 in Der Standard online). Am 21. schreibt das Museum an die Firma, daß es für eine erbetene Verschiebung knapp werde.
Der 21. ist aber der Tag des Abbruchs der Hologramme...
Samstag, 5. März 2011
Märchen
Carlos Slim Helù gilt als der reichste Mann der Welt. His grey pinstripe suit may be made by Brioni, the fine Italian tailors, but his watch is a very ordinary-looking plain dial with a leather strap. Er lebt in Mexico. Sein Geld scheint er mit Finanzspekulationen gemacht zu haben. Mit 17 war er Millionär. So ging es über die Jahre munter weiter. Eine einzelne Transaktion - eine Milliarde. Heute umfasst Slims Firmenimperium so ziemlich alles was man zum täglichen Leben braucht. Anläßlich der Privatisierung des staatlichen Telekommunikations-Konzerns war er der Nutznießer und erwarb den auf 10 bis 12 Milliarden Dollar Wert geschätzten Konzern um 1,8 Milliarden. Slim Helù ist Sohn libanesischer Einwanderer. “When I was little I went to the Aztec pyramids with my parents. And I remember feeling such admiration, being so impressed. And proud of the Mexicans who had made them.” Dann hat ihn seine Frau in die Welt der Kunst eingeführt. Sie haben eine Auktion besucht und wie es so kommt: Eigentlich wollten sie nur Möbel ersteigern zum Einrichten ihres Hauses, am Ende gingen sie mit einem flämischen Gemälde aus dem 16. Jahrhundert nach Hause. Das wurden dann so um die 66.000 Kunstwerke. Und für die schenkt Herr Carlos Slim Helù ein von seinem Schwiegersohn entworfenes und nach seiner Frau benanntes Museum. Museo Soumaya.
Man vermutet, daß bei der Privatisierung von Telmex Korruption im Spiel war. Wikipedia: Telmex ist für Globalisierungskritiker das Paradebeispiel einer gescheiterten, zu einem Monopol führenden Privatisierung. Telmex ist heute das bei weitem größte private Unternehmen Mexikos und dominiert die Mexikanische Börse, deren Vizepräsident Slim eine Zeit lang war.
Slim Helu gründet eine Stiftung zur Wiederbelebung der Altstadt von Mexico City, deren Vorsitzender er ist. Er kündigt den Kauf hunderttausender Billigcomputer, die an Schüler verschenkt werden sollen, an.
In the lobby of his headquarters, housed in an unassuming building in the city’s upmarket business district, is a bronze of Michelangelo’s Pietà, while the walls are covered with Van Goghs, Renoirs and El Grecos. Das Museum wird in Mexico City stehen.
In the lobby of his headquarters, housed in an unassuming building in the city’s upmarket business district, is a bronze of Michelangelo’s Pietà, while the walls are covered with Van Goghs, Renoirs and El Grecos. Das Museum wird in Mexico City stehen.
When you buy a collection, you have to exhibit it ... You have to share it. When I started buying art, in Mexico the museums didn’t have many European works... So that was when I began to buy European art.
Man wird das Museum ohne Eintrittsgeld zu bezahlen besichtigen dürfen. Noch aber genießt der Hausherr sein Recht, auch mal mitten in der Nacht durch die Gänge des mit griechischen Marmorfußböden ausgekleideten Gebäudes zu streifen.
Alle deutschsprachigen Zitate aus Spiegel online, alle englischsprachigen aus The Telegraph
Donnerstag, 3. März 2011
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