Samstag, 12. März 2011

Wenig unterhaltsam. In eigener Sache

Was ist bloß aus diesem schönen Blog geworden? - Als halbakademisches Unterhaltungsmedium gedacht, ist es jetzt so bitternst geworden.

Die Lust am feuilletonistischen Schreiben (wenn mans kann), vergeht einem angesichts der Zähigkeit von Auseinandersetzungen, in der einem wenig anderes denn verbissene Polemik entgegenschlägt.

Ich, einer der "Hexenjäger" in der Causa Jüdisches Museum der Stadt Wien würde mich lieber weiter im Schreiben von Texten üben, die vom Hundersten ins Tausendste kommen und dabei locker bleiben.
 

Der Neid frißt mich (ein wenig), wenn ich einer hohen Schule des Feuilletons, im Blog "Der Umblätterer", in den Archiven stöbere und brillante Texte lese oder einfach nur höheren Blödsinn, wie diesen Prachtsatz: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, Segantini sei Kunst für Russen, die sich in St. Moritz das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."

Heimatmuseen sind etwas für Sultane mit Töchtern Kostüm
Also das Segantini-Museum in St. Moritz kenne ich nicht, aber ich weiß, daß dort Boris Becker geheiratet hat (aber nicht wen) und dass es ursprünglich für nur drei Gemälde Segantinis bestimmt war, in Form einer kleinen Kapelle (deswegen vielleicht die Beckerhochzeit) aus Bruchstein (Heimat! Alpen!).

Ehe ich wirklich dem Gedanken folge, warum Werner Spiehs sich an der "Kunst-Reha" (c) des "Alpenvangogh" (noch einmal Copyright "Umblätterer) beteiligt, frage ich mich schon, ob sich der Satz nicht relativ universal auf gewisse Museen anwenden ließe, z. B. auf Heimatmuseen im Einzugsbereich russisch-oligarchischer Skitouristen. Kitzbühl, denke ich mir, mit seinen Walde-Bildern (der Alpenleonardo), den Skibindungen und Abfahrtspistenfotos käme vielleicht ganz gut weg mit einem Satz wie: "Ganz böse Kommentatoren behaupteten, das Museum in Kitzbühel sei eins für Russen, die sich beim Skifahren das Bein gebrochen haben und deswegen nicht auf die Piste können."

Das wäre aber gemein. Und nur leidlich lustig, weil abgekupfert. 
Vielleicht hört das ja irgendwann wieder auf mit der Diskussion um das Jüdische Museum (obwohl: wie soll das eigentlich (je) aufhören...?) und dann könnte ich wieder ungehemmter höheren Blödsinn treiben. Denn nicht nur diese Museumsdiskussion ist ernst, das Museum überhaupt. Oder haben Sie im Museum schon mal gelacht! Aber hallo! Und worüber?

Gute Schreiber, wusste schon der Feuilleton-Forscher Haacke (den gabs wirklich), haben immer "Unterhaltung und Gründlichkeit (...) zu vereinigen gewußt", haben jene "Mischung von Wissenschaft und Belletristik, vergänglichem Stoff von aktuellem Anreiz und unvergänglichen Themen aufgeboten", welche das Feuilleton bekanntlich erst zu dem macht, was es ist.

Das ist mir diesmal - Russen hin, ernste Museen her - wieder nicht gelungen, sorry...

7 Kommentare:

  1. Ich versteh schon die Aussage des Beitrags - und fühle gewissermaßen mit.

    Was die Sache mit den Feuilletons betrifft: Ich bin gar nicht so sicher, ob es so erstrebenswert ist, im Blog (gute oder exzellente) Feuilletons zu schreiben. Denn das, was der Forscher Haacke (den ich nicht kenn) da schreibt, trifft doch in Wahrheit gar nicht auf die Feuilletons zu, die zumeist eben genau jene Qualitäten vermissen lassen, die er als conditio sine qua non des guten Feuilletons bezeichnet. Meist sind sie flapsig, verantwortungsos oberflächlich, einseitig, egozentrisch, gar nicht gründlich usw., meist mag ich Feuilletons eben (deshalb) weniger oder nicht. Zumindest jene in den traditionellen Medien und jene, die wirklich gut sind, sind eben eigentlich und genau genommen keine Feuilletons.
    Sowohl der Umblätterer als auch dieses Blog möcht ich deutlich höher einordnen als auf der Feuilleton-Ebene! Und "dieses Blog" schreibe ich jetzt sehr bewusst und zitiere genauso bewusst den zuletzt online gegangen "Hexenjagd"-Beitrag, der ganz großes Kino ist! Und das praktisch fast ohne ein kommentierendes Wort.

    Aber vielleicht ist das alles ja auch nur eine Frage der Definition der literarischen Gattungen ;)

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  2. Na gut, wenigstens ein Leser versteht mich. Und entlastet mich. Nicht nach den Feuilleton-Sternen greifen; ich finde es aber schon interessant, eine Form des Schreibens zu finden, für dieses seltsame Format. Abgesehen mal davon, daß man es ja sehr vielfältig nutzen kann (ich forciere Bilder und würde gerne mehr mit Bildern machen, aber technisch ist ein Blog (dieser) ziemlich doof und bietet nahezu null Gestaltungsfreiheit. Und auf Spenden von hoher literarischer Qualiät, wie die vom Mann dem zum Kotzen ist, möchte ich auch nicht nur angewiesen sein.

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  3. Na bitte, geht ja, sogar im Kommentar ;)
    im Ernst: Obiger Eintrag von mir hat auch den Hintergrund, dass ich mich bei praktisch jedem Blogeintrag (beim privaten zugegeben mehr als beim dienstlichen, aber selbst bei dem) frage, ob er nicht allzu feuilletonistisch ist.

    Und wenn das Blog nicht einer eindeutigen Kategorie zugeordnet ist, also etwa "Wissenschaftsblog" oder "Fotoblog" etc., dann stellt sich in der Tat die Frage der (subjektiv) idealen Nutzung (quasi: welcher literarischen Gattung fröne ich in meinem Blog?). Und richtig, das hat dann bei der Umsetzung immer auch mit der Blogsoftware zu tun. Ich kann sie mir (technisch) selbst aufsetzen und entsprechend (um)gestalten und erweitern, bin da daher flexibler, aber das Dilemma kenn ich nur zu gut! Ein Fotoblog hätt ich auch immer wieder gerne, bin aber ein so lausiger Fotograf, dass ich doch lieber die Fotos in leidlich gute Texte zu hüllen versuche ;)

    Was ich zu oben noch anmerken wollte: Ja, im Museum darf auch gelacht werden, wenn mir auch derzeit nicht wirklich danach zumute ist...

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  4. Oh, oh, oh, feuilletonistische Blumen, merci vielmals! Und @Johannes: Deine Diagnose stimmt irgendwie, ich würde sie trotzdem ein bisschen abwandeln und behaupten, dass das heutige Feuilleton irgendwo zwischen großer Literatur und unverantwortbarem Wahnsinn angesiedelt ist, was sich nicht ausschließen muss, so zumindest unsere nun schon ein paar Jahre alte und immer noch valide Arbeitsthese. Die Chance feuilletonistischer, literarischer etc. Blogs sehe ich in der Anlasslosigkeit, die sich große Medien nicht leisten können und wollen, da hagelt es ja nur so Jubiläumsartikel usw. Ich selber lese gern Kritiken zu fünf Jahre alten Büchern oder Rezensionen über Ausstellungen, die längst vorbei sind, hehe.

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  5. Mhm. Interessant. Würden die Herren "Paco" und "Johannes" Ihre Anonymität insofern ein bisserl lüften, als sie mal verraten, welchen Blog sie selber betreiben oder wo man Feuilletonistisches (inklusive Metatheorie) von deroselbst lesen kann. Anlasslosigkeit ist mal eine sehr schöne Anregung, die andere, über weit Zurückliegendes Schreiben. Habe mir schon überlegt, ob ich das machen soll und ob das jemanden interessiert, genau, über uralte Ausstellungen was zu schreiben. Man kommt ja aus dem Staunen ned heraus, wie so Blog-Texte 'ankommen'. Für diesen ziemlich unfrisierten Teil habe ich mir eigentlich keinerlei Reaktionen erwartet. Und jetzt ist einer der meistgelesenen der Woche und hat ein paar anregende Kommentare gebracht. Danke an die anonymen Feuilleton-Gegner / Schreiber / Nachdenker!

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  6. Gottfried, ähm, klick doch einfach mal auf unsere Namen. ;-)

    Sincerely yours,
    Paco/Umblätterer

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  7. Mein Gott, die Welt ist klein. Schon landet man im Burgenland oder auf dem Zwiebelplatz: "Dieser billige Stadtführer mit dem sehr unzuverlässigen Stadtplan, schon wieder ziehen wir durch Vieux Lille und suchen ergebnislos den Zwiebelplatz." So endet der Tag, den ich ergebnislos und frierend eineinhalb Stunden auf dem Heiligen Berg der Tiroler zugebracht habe, noch mit einem lieto fine! Bene! Und zwar molto!

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