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Sonntag, 13. Mai 2018

Ein museumsgeschichtliches Déjà-vu

Eine Kunst- und Wunderkammer in der Sicht des 19.Jahrhunderts - Carl Spitzweg: Ein Gelehrter der Naturwissenschaften. Etwa 1875-80



Dienstag, 8. November 2016

Pferd und Reiter (Figurinen 52)

Figurine Gustav Adols auf seinem Kriegspferd Streiff, mit dem er in der Schlacht bei Lützen umkam. Leibrüstkammer Stockholm. Das Pferd, das 1632 starb wurde präpariert und gilt als älteste Taxidermie eines Pferdes.

Mittwoch, 16. Juli 2014

Das Musée de la Chasse et de la Nature


Versuch, sich in Paris zu verirren. Geht zunächst gar nicht. Das Hotel, von dem ich aufbreche, liegt in einer Gegend, in der ich schon öfters gewohnt habe. Die Matrix der Vertrauten Straßen sitzt fest in meinem Kopf und steuert mich. Die riesigen Friseurläden, die Perückengeschäfte, die Straße, mit den wunderbaren Obet- und Gemüseläden, das kenne ich schon alles. Außerdem gibt es viele Orientierungstafeln, Hinweisschilder, Stadtpläne an den Metrostationen. In den inneren Bezirken von Paris geht niemand so schnell verloren. Aber irgendwann habe ich's geschafft, mitten im vierten Arrondissement, die Orientierung ist weg. 
Und plötzlich stehe ich vor einem der typischen Stadtpaläste, dessen winziges aus der Mauer ragende "Zunftzeichen" mich ahnen läßt, daß ich vor einem Museum stehe, das ich schon länger auf der Wunschliste führe: das Musée de la Chasse et de la Nature. 


Im Ausstellungsgeschoss soll ich mich zwischen Eisbär (linke Tür) und Wildschwein (rechte Tür) entscheiden. Ein Aufseher scheucht mich zum Wildschwein. Das hat in nicht naturgerechter Natur ganz gut überlebt, artig verharrt es im kargen Biotop, das aus Parkettboden und barockem Jagdbild besteht.
Das Museum ist mir sofort symphatisch. Hier ein kleiner Kunstschrank, dessen Fächer und Läden kleine Kostbarkeiten aber auch Informationen ver- und entbergen, dort ein Kunstobjekt zwischen Naturdingen, oder umgekehrt, Luster, 'naturnah' designt, eine gefaltet Überwachungskamera, die sich wie ein Vogel auf einem aus der Wand ragenden Zweig festkrallt, ein riesiger Hirsch vor einem Gobellin, zwei große Sofas, die grade eine ganze Jugendgruppe aufnehmen. 


Auf allem, worauf man nicht sitzen soll, liegen seltene getrocknete Früchte oder Samen, auf einem Schränkchen steht eine Reliquienschrein mit Vogelnestern, zur Linken öffnet sich ein Kabinett, nicht größer als ein Schrank, mit Vitrinen voller seltsamer Gerätschaften: Instrumente zur Nachahmung von Vogelstimmen. Ein grauer Wolf schleicht um die Ecke. Aus einem dunklen Raum blickt mich ein Baummensch an, zwei, drei Räume weiter steht ein verrostetes und verbeultes Kleinst-Auto, das von Baumstämmen und Zweigen durchwuchert wird. Ein waffenstarrender Raum, einer für Trophäen. Einer mit Porzellan, Geschirr, Fotografien mit Affen, denen man das gepflegte Tafeln und Speisen beibringen will, Präparate von Affen, Affen als Möbeldekor.


Man könnte denken - was für ein Sammelsurium! Was für ein Durcheinander! Aber der präzise argumentierende Text erläutert die Schwierigkeit, eine klare Grenze zwischen Affen und Menschen zu ziehen, also auch zwischen "uns" und der Natur. Jeder der Räume hat einen solchen thematischen Kern und unter ein solches Fragenniveau geht es kaum. Was so schaustellerisch unbekümmert scheint, ist ein offenes Spiel mit unserem Verständnis von Natur. Hier regiert nicht das Regelwerk der Taxonomie oder ein ökologisches Environment das Ausstellen, sondern ein subtil, witzig und intelligentes Changieren zwischen Kunst, Präparat, Möbel, Architektur, Werkzeug, Bild, Gerät.

Man bewegt sich im Ambiente einer voll ausgestatteten großbürgerlichen Stadtvilla. Vor dieser Folie erscheint alles wie eine Kunst- und Wunderkammer, in die kleine Kunst- und Wunderkammern eingeschachtelt wurden in denen man wiederum Kunst- und Wunderschränke findet.
Um mich etwas zu besinnen, suche ich mir eine Sitzgelegenheit, die nicht mit einem kleinen Objekt "gesperrt" ist und steuere auf einen barocken Lehnstuhl zu. Aber der ist auch schon besetzt - von einem zusammengekringelt schlafenden Fuchs.



Schon lange träume ich von einem Naturmuseum, das darauf verzichtet, einen unhinterfragten und essentialistischen Naturbegriff vorauszusetzen, das nicht so tut, als wäre hier alles Natur, die gleichwohl mit enormen gestalterischem und praparatorischen Geschick, also äußerst künstlich, fingiert wird. Das nicht alles in eine kunstvolle Ordnung bringt.
Hier ist es, dieses andere Naturmuseum!
Es ist ein privates Museum, aus einer Privatsammlung entstanden, einer Sammlung, in der alles Platz hatte, was irgendwie mit Natur zu tun hatte. Eiserne Hundehalsbänder, Jagdwaffen, Suppenschüsseln in Form von Wildschweinköpfen, Tische mit geschnitzten Affen als Dekor, Porzellanfiguren und und und. 



Das wäre freilich nicht viel mehr als eine Antiquitätensammlung. Doch die thematische Fokussierung zentriert die Ausstellung von Raum zu Raum, und die Themen sind, wie gesagt, anspruchsvoll. So geht es z.B. um die Projektion menschlicher Verhaltensweisen und Gefühle auf Tiere. Eine Frage, die mir als Gelegenheitskonsument einer Sendung des Österreichiscen Rundfunks "Aus dem Reich der Natur" sofort einleuchtet. Die Anthropomorphisierung, die sich dort durch alle Sendungen zieht, bildet die fragwürdige Grundlage einer sehr seltsamen Naturwissenschaft und -beobachtung. Im Musée de la Chasse et de la Nature werden solche Fragen auch (in vorbildlich knapp und verständlich abgefassten Texten) sogar historisch entwickelt. Und visuell erweitert, wenn man beim Lesen des Textes etwa vor einem Gemälde steht, wo sich eine Hunde-"Mutter" um ihre "Kinder kümmert".


Erst beim Verlassen des Museums habe ich entdeckt, daß das Museum den Besucher mit zehn Regeln empfängt, die man beim Besuch zu seinem Vorteil beherzigen sollte. Die sind in einen sehr witzigen und wunderbar gestalteten Zeichentrickfilm verpackt, wo einem unter anderem die verschieden Informationsmöglichkeiten gezeigt werden, aber auch, ganz zum Schluss des Filmchens, daß es hier nicht nur um Wissen und Information, ästhetisches Vegnügen und Unterhalten-Werden geht, sondern auch ums - Träumen und Weiterträumen nach dem Besuch...
Ganz große Empfehlung! 



Samstag, 23. Februar 2013

Das namenlose Glück der Schatzbildung im 21. Jahrhundert


Es widerstrebt mir, die Feierlichkeit, den Stolz, den Patriotismus, den Hype usw., den die Eröffnung der Kunstkammer dank einer unglaublichen Marketinganstrengung (hier) auslöst, auch nur im geringsten zu stören. Ich überlasse das Feld der ZEIT, die nicht nur Joachim Riedl die ehrfurchtsvoll raunende Feder überlässt (hier), sondern auch ihre Titelseite den "Schätzen der Habsburger" weiht sowie Mathhias Dusini, der im FALTER ebenfalls sich seiner Ergriffenheit weitgehend überläßt (hier).