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Samstag, 6. Mai 2023

Das Metropolitan-Museum als Modehaus

Johanna Adorján von der Süddeutschen Zeitung kommt fassungslos aus einer Karl-Lagerfeld-Ausstellung des Metropolitan-Museum in New York nach Hause: "Wenn sich hier jemand ganz ohne Vorkenntnisse hineinverirren würde, was würde der jetzt wohl über diesen Karl Lagerfeld denken? Dass er eine Vorliebe für Schwarz hatte und für Weiß. Dass er keine erkennbare Handschrift hatte, sondern sich anpassen konnte wie ein Chamäleon. Dass er sehr fleißig war. Dass er Freundin las. Wenn man dazu noch die Horrorbilder von der Met-Spendengala im Kopf hat, wo erwachsene Menschen mit Katzenschnauzen-Prothese in Kameras diesem Karl Lagerfeld zu Ehren "Miau" sagten, und man darüber hinaus auch noch gelesen hat, dass Jared Leto ihn bald in einem Biopic spielen wird und Daniel Brühl in einer Disney-Serie, dann spürt man zum ersten Mal so richtig, dass Karl Lagerfeld nicht mehr lebt. Jetzt machen alle mit ihm, was sie wollen." (Quelle: Perlentaucher, 6.5.2023)

Karl Lagerfeld: A line of beauty. Webseite: https://www.metmuseum.org/exhibitions/a-line-of-beauty/selected-images


Hans Hollein mit Ehefrau Nina Hollein auf der die Ausstellung begleitenden Met-Gala



Donnerstag, 16. Februar 2023

Diskussion im Architekturzentrum Wien zur Ausstellung Hot Questions – Cold Storage

Diskussionsveranstaltung

Das Buch zur neuen Schausammlung Hot Questions – Cold Storage

Mi 22.02.2023, 19:00-21:00

Das AzW begreift sich als Change Maker und hat mit der neuen Schausammlung einen Ort geschaffen, an dem brennende Fragen entlang von Sammlungsobjekten verhandelt werden. Jetzt auch in Buchform.

Das Buch zur Schausammlung wirft einen multiperspektivischen und transnationalen Blick auf 150 Jahre österreichische Architekturgeschichte. Im Gespräch mit namhaften Kritiker*innen, Architekt*innen und Museolog*innen diskutieren wir unterschiedliche Ansätze der Sichtbarmachung von Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Gemeinsam stellen wir die Frage nach der Bedeutung von musealen Sammlungen und deren Bezug zu aktuellen Themen wie Klimakrise, Verteilungsgerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, Identität und Erinnerung.

Ablauf

19:00 Begrüßung: Elke Krasny, Professorin für Kunst und Bildung, Akademie der bildenden Künste Wien

Einführung: Angelika Fitz und Monika Platzer, Az W Herausgeberinnen

Podiumsdiskussion mit:

Angelika Fitz, Direktorin Az W

Gottfried Fliedl, Museologe

Alexander Hagner, Ulrike Schartner (gaupenraub +/-) 

Christian Kühn, Architekturstiftung Österreich, Publizist 

Monika Platzer, Sammlungsleitung und Kuratorin, AzW

Moderation: Elke Krasny


Architekturzentrum Wien

1070 Wien

Museumsplatz 1

Samstag, 4. Februar 2023

Roswitha Muttenthaler zu Methode und Praxis der Ausstellungskritik

Roswitha Muttenthaler,. Lange Jahre Kuratorin am Technischen Museum Wien, hat sich intensiv mit Ausstellungskritik beschäftigt.

Nun gibt es zwei Texte von ihr, einen zur theoretischen Grundlegung und einen, wo sie ihre Analysemethode an einem Beispiel vorstellt - dem Themenbereich "Migration" der früheren Dauerausstellung des Schweizer Landesmuseum Zürich

Semantische Ausstellungsanalyse des Themenbereichs „Migration“ im Schweizer Landesmuseum Zürich 2016

https://museumdenken.webflow.io/post/aussetllungsanalyse-des-themenbereichs-migration-im-schweizer-landesmuseum-zurich-2016-vor

Methode und Zweck von Ausstellungsanalyse und Zweck

https://museumdenken.webflow.io/post/methode-und-zweck-von-ausstellungsanalyse-und-kritik

Roswitha Muttenthaler wird auch Referentin und Moderatorin der kommenden Veranstaltung von museumdenken sein, die in Stuttgart vom 17. bis 19.März 2023 zum Thema Ausstellungsanalyse stattfinden wird. Hier das Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung:

https://museumdenken.webflow.io/aktuelles 

Das Publikum ist nicht blöd. Die Kampagne gegen die Ausstellung "100 Missverständnisse" im Jüdischen Museum der Stadt Wien

Die Ausstellung "100 Missverständnisse über und unter Juden" des Jüdischen Museum der Stadt Wien hat heftige Diskussionen ausgelöst und polemische Kommentare in Medien und von Prominenten.

Da ich die Ausstellung nicht gesehen habe, kann ich und will ich mich zu ihr nicht äußern. 

Sondern mit einer Beobachtung begnügen, die ermutigend ist. Die - eher wohlwollende - Berichterstattung in der Tageszeitung Der Standard wird von vielen Postings begleitet. An ihnen zeigt sich, wie viele Zustimmung die Ausstellung erfährt und auch die, z.T. völlig unqualifiziert persönlich attackierte Museumsleiterin, Barbara Staudinger.

Es zeigt sich, daß es ein Museumspublikum gibt, das eine durch ihre Methode nicht einfach rezipierbare Ausstellung gerade deswegen schätzt und der Reflexivität der Schau und der Komplexität des Themas nicht nur gewachsen, sondern auch gewogen ist.


Hier die Links zu dreien der Artikel des Standard:

David N. Myers: Umstrittene Schau im Jüdischen Museum: Wenn nicht hier in Wien, wo dann? Die Ausstellung "100 Missverständnisse über und unter Juden" sieht kontroversen Themen direkt in die Augen. 

https://www.derstandard.at/story/2000142956910/umstrittene-schau-im-juedischen-museum-wenn-nicht-hier-in-wien

Ronald Pohl: "100 MISSVERSTÄNDNISSE". Streit ums Jüdische Museum: Ein Bettvorleger namens Adolf Hitler. An der aktuellen Themenausstellung im Jüdischen Museum Wien scheiden sich die Geister: Hat es Sinn, Klischees satirisch zu überhöhen?

https://www.derstandard.at/story/2000142951758/100-missverstaendnisse-ein-bettvorleger-namens-adolf-hitler

Barbara Staudinger im Interview mit Stephan Hilpold: Direktorin des Jüdischen Museums Wien: "Skandal wurde vorbereitet". Barbara Staudinger löste mit ihrer ersten Ausstellung eine Kontroverse über Erinnerungskultur und jüdische Identität aus. https://www.derstandard.at/story/2000143121154/direktorin-juedisches-museum-wien-skandal-wurde-vorbereitet

Mittwoch, 18. Mai 2022

Museumsanalyse - Ausstellungskritik. Einladung zur Veranstaltung

 


Museumsanalyse - Ausstellungskritik

Programm 

Freitag, 3. Juni 2022

Ort: Volkskundemuseum, Wien

17:30 Hanno Loewy (Jüdisches Museum Hohenems), Matthias Beitl (Volkskundemuseum, Wien)

Begrüßung

17:45 – 18:30 Roswitha Muttenthaler: Was kann und soll Ausstellungsanalyse und -kritik?

 

kurze Pause

 

19:00 Was will man von Ausstellungen als gesellschaftlicher Diskursform? Warum werden Ausstellungen nicht in ihrer einzigartigen Medialität wahrgenommen?

 

Diskussionsrunde mit Stefan Weiss, (Der Standard). Barbara Staudinger, (design. Direktorin Jüdisches Museum der Stadt Wien). Nora Sternfeld, (Professorin für Kunstpädagogik an der HFBK Hamburg. Schnittpunkt). Herbert Posch (Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien), Luisa Ziaja, (Kuratorin für zeitgenössische Kunst Belvedere und Schnittpunkt) Moderation: Felicitas-Heimann Jelinek und Hanno Loewy

Ende gegen 21 Uhr

Samstag, 4. Juni 2022

Ort: Volkskundemuseum, Wien;

9:30  - 11:30 Uhr Uhr

Roswitha Muttenthaler arbeitet mit der Gruppe in der Ausstellung „Die Küsten Österreichs“ im Volkskundemuseum an Praktiken der Ausstellungsanalyse und -kritik

Anschließend erfolgt die Gruppenbildung. Zusage zur Moderation von Gruppen gibt es bislang von Regina Wonisch, Felicitas Heimann-Jelinek (Heeresgeschichtliches Museum), Peter Melichar, Gottfried Fliedl (beide Haus der Geschichte Österreich), Elena Messner und co. (Heeresgeschichtliches Museum)

11:30 – 12:30 Mittagspause

12:30 Uhr

-        Besuch in unterschiedlichen Museen und Ausstellungen

17:00 Uhr

-        Feedback-Runde zum Museumsbesuch. „Wozu und wie Ausstellungskritik?“ – gemeinsames Brainstorming für thematische Zusammenfassung und Theoretisierung

Ende gegen 20 Uhr

Sonntag, 5. Juni

Ort: Heeresgeschichtliches Museum, Wien

10:00 Uhr

-       Heeresgeschichtliches Museum. Begehung mit Felicitas Heimann-Jelinek. Treffpunkt im Kassenbereich des Museums

Mittagspause

13:00 -

-        Elena Messner, #hgmneudenken und System Kollektive, Daniela Weiss / Litto und Jascha Ehrenreich. Begehung des Areals um das Heeresgeschichtliche Museum - virtuell wie auch live als Public Hearing

Eine Anmeldung unter der Mailadresse info@museumdenken.eu ist notwendig

Information zum Netzwerk museumdenken finden sich unter www.museumdenken.eu

 

 

Sonntag, 24. April 2022

Museumsanalyse - Aussetllungskritik. Eine Veranstaltung von museumdenken







Hohenems 24.04.2022


Save the date!


Museumsanalyse - Ausstellungskritik


Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

 Endlich läßt die Entwicklung der Corona-Pandemie es zu, daß wir uns wieder persönlich treffen können.

Wir laden deshalb zu unserer nächsten Veranstaltung ein, nach Wien, in das Volkskundemuseum, wo wir uns vom 3. bis 5. Juni mit Ausstellungskritik beschäftigen wollen.

Wir haben die Ideen, die wir in der vorbereitenden ZOOM-Sitzung entwickelt haben, in ein Programm gefasst, das im Kern aus Museums- und Ausstellungsbesuchen besteht und aus einer museumspolitischen Diskussion zur Rolle von Museums- und Ausstellungskritik.

Wir bitten um umgehende Anmeldung unter der Mailadresse redaktion@museumdenken.eu und sind auch dankbar, wenn wir Hinweise auf Personen bekommen, die diese Veranstaltung interessieren könnte.

Dies ist erst mal eine Ankündigung mit einem noch vorläufigen Programm. Der genaue Ablauf kommt ja auch zustande, indem wir alle Vorschläge und Ideen zusammentragen, die von den TeilnehmerInnen kommen. Wer immer schon seine Wahl für eine bestimmte Ausstellung getroffen hat oder eine der Gruppenbesuche in einer Ausstellung moderieren will oder noch weitere Ideen hat, ist herzlich eingeladen, sich mit uns umgehend in Verbindung zu setzen. Wir freuen uns auf Eure Rückmeldungen!

Im Anhang findet sich das vorläufige Programm, ein knappes Exposé und eine Liste von Orten, die wir aufsuchen könnten und aus denen wir gemeinsam zu Beginn der Veranstaltung eine Auswahl treffen werden.

Wir möchten unser bescheidenes Budget dazu nutzen, einen Zuschuss zu den Fahrt- und Aufenthaltskosten zu zahlen. Das wird von der Herkunft und Anzahl der Interessierten abhängen.

Wer einen Reisekostenzuschuss braucht, bitte dies uns auch gleich schreiben. Wir wollen uns auch um eine günstige Bleibe in Wien bemühen.


Mit herzlichen Grüßen

Hanno Loewy     Anika Reichwald     Gottfried Fliedl


Anmeldungen und Anfragen bitte unter dieser Mailadresse: info@museumdenken.eu


Museumsanalyse - Ausstellungskritik

Programm 

Freitag, 3. Juni 2022

Ort: Volkskundemuseum, Wien

 

Abendveranstaltung:

-        Vortrag 

-        Diskussionsrunde mit JournalistInnen und ExpertInnen 

Gemeinsames Abendessen

  

Samstag, 4. Juni 2022

Ort: Volkskundemuseum, Wien; 

verschiedene Museen und Ausstellungsorte

 

10:00 Uhr

-        Einführung Roswitha Muttenthaler: „Was kann und soll Museums- und Ausstellungskritik“?

-        Gruppenbildung. Zusage zur Moderation von Gruppen gibt es bislang von Regina Wonisch, Felicitas Heimann-Jelinek (Heeresgeschichtliches Museum)

Mittagspause

13:30 Uhr

-        Besuch in unterschiedlichen Museen und Ausstellungen

17:30 Uhr

-        Feedback-Runde zum Museumsbesuch

Gemeinsames Abendessen


Sonntag, 5. Juni

Ort: Volkskundemuseum, Wien

10:00 Uhr

-        „Wozu Ausstellungskritik?“ – gemeinsames Brainstorming für thematische Zusammenfassung und Theoretisierung

Informeller Ausklang mit Mittagessen


Exposé

Die Veranstaltung hat zum Ziel, das Museum als Medium der gesellschaftlichen Selbstreflexion öffentlichkeitswirksam zu diskutieren. Es ist der erste Versuch, einige theoretische Vorannahmen und Beobachtung zur Entwicklung von Museen in der Praxis anzuwenden und zu erproben. Der Schwerpunkt liegt auf Ausstellungskritik und ihrem „Unterbau“, einer methodisch kontrollierten Ausstellungsanalyse.

Dabei steht die in der Corona-Krise sichtbar gewordene, aber nicht allein von ihr ausgelöste Fragwürdigkeit der gesellschaftlichen Aufgaben der Institution: Wir haben diese Krise mit Fragen wie der nach der demokratischen Qualität von Museen, der Erzählbarkeit und Repräsentation von Geschichte in Museen und Ausstellungen für das „Begehen“ von Ausstellungen strukturiert.

In der Diskussion spielte auch die Frage nach der Rolle und Verantwortung der Geschichtswissenschaften eine Rolle. Einerseits als ethische Frage (nach der Verantwortung der „Historiker-Zunft“ für die Geschichtskultur), andererseits als Frage nach der Kompetenz der textorientierten Wissenschaft für ein explizit visuelles Medium, sowie auch nach Wechselwirkungen von aktueller Entwicklung des Fachs und Rezeption dieser Entwicklung an Museen und für Ausstellungen.

Es wird „Besuche“ in Gruppen in einer Reihe von Museen und Ausstellungen geben, deren Gestaltung den jeweiligen Teilnehmerinnen freisteht. Im Anschluss soll gemeinsam über die Erfahrungen berichtet und diskutiert werden. U.u. gibt es eine schriftliche/bildliche Dokumentation, ein Essay, ein Protokoll etc.


Liste der Museen und Ausstellungen

Aus diesen Vorschlägen wird zu Beginn der Veranstaltung am 4.6. eine Auswahl getroffen und Gruppen gebildet


1a Haus der Geschichte Österreich. Dauerausstellung

Hitler entsorgen. Vom Keller ins Museum. Ausstellung im Haus der Geschichte Österreich (bis Okt.22)

Was tun mit den Überbleibseln des Nationalsozialismus? Gehören sie in ein Museum? Sollten sie entsorgt werden? Ist es vertretbar, sie am Flohmarkt oder im Internet zu verkaufen? Was ist Erinnerung, was Verklärung und was gar Wiederbetätigung?

Wien. Neue Burg. Heldenplatz

https://www.hdgoe.at/

Dienstag–Sonntag: 10.00–18.00 Uhr Donnerstag: 10.00–21.00 Uhr 

1b Haus der Geschichte Österreich. Digitales Schwerpunktthema: Das Wiener Modell der Radikalisierung: Österreich und die Shoa

2 Heeresgeschichtliches Museum. Dauerausstellung

Arsenal 1, 1030 Wien

https://www.hgm.at/

Täglich von 9 bis 17 Uhr

3a Volkskundemuseum. Die Küsten Österreichs. Die neue Schausammlung des Volkskundemuseums

Überarbeitete Dauerausstellungen sind in den ethnologischen Museen Europas zurzeit ein Muss. Im Museum in der Laudongasse hat eine Gruppe von externen Kurator*innen – alle im Asylverfahren – nicht nur ein Update der bestehenden Sammlung gemacht, sondern auch einen neuen Objektbestand eingearbeitet. Wie fügen sich Objekte, die von Flucht und Ankommen erzählen, in die Schausammlung ein? 

3b Volkskundemuseum. Jetzt im Recht! Wege zur Gleichbehandlung

Webseite: „Alle Menschen sind gleich! Das bedeutet aber leider nicht, dass alle Menschen im Alltagsleben gleich behandelt werden. Für die Ausstellung Jetzt im Recht! zeigen die Kurator:innen Akten und Dokumente unterschiedlicher Fälle, führen Interviews mit Anwält:innen, Aktivist:innen und Betroffenen und versuchen aus unterschiedlichsten Perspektiven auf jene Momente zu blicken, in denen Diskriminierung passiert und Gleichbehandlung erkämpft wird.Ziel der Ausstellung ist dabei nicht so sehr eine Dokumentation des bisher Erreichten, sondern vielmehr die Vermittlung eines komplexen, emotionalen Themas und das Verständnis für die Lebenswelt derer, die aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Alters, ihrer Religion oder ihrer kulturellen Zugehörigkeit Herabwürdigung erfahren.

https://www.volkskundemuseum.at/gleichbehandlung

3c Volkskundemuseum. Honeymoon in Hennyland

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Webseite: „In der Ausstellung „Honeymoon in Hennyland“, will die Kuratorin Susie Flowers verschiedene Künstler*innen, aus den Bereichen Performance und/oder bildende Kunst zusammenbringen.

In der Ausstellung Honeymoon in Hennyland, bringt die Kuratorin Susie Flowers verschiedene Künstler*innen aus den Bereichen Performance und bildende Kunst zusammen. Der Ausstellungstitel setzt sich aus dem Wort "hen" zusammen, ein in Schweden verwendetes Personalpronomen für nicht-binäre Menschen. Hennyland wäre also die queere Utopie, wo Gender längst vorbei ist. "Honeymoon" steht für einen möglichen kollektiven Honeymoon, eine intime und romantische Erfahrung, die man jedoch auch mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit dem eigenen Körper machen kann. Der Fokus der Ausstellung liegt also auf queeren Identitäten und Körpern in einer heteronormativen Welt. Das Ziel ist es, aufzuzeigen wie die Künstler_innen mit ihren nicht-binären Körpern in Wien (und anderswo in Österreich) ihre queere Identität leben und ihren Körper in ihre Kunst einbringen, der Körper als Werkzeug für ihre Kunst fungiert. Die Arbeiten von LEVI Pritz, jiachen xu, Berivan Sayici, Ari Ban, Luis Javier Murillo Zuniga, Ingrid Dorfinger, Haus of Rausch, ContextCocktail und anderen werden in den Raum gestellt und so soll eine Utopie einer queeren Welt geschaffen werden, in der jedes Henny willkommen ist und Queerness ohne Beurteilungen von Außen stattfinden kann. Ziel ist es ebenso, zu zeigen, wie Körper und Queerness in der Kunst ein Zusammenspiel finden und außerdem aufzuzeigen, welche unterschiedlichen queerfeministischen Lebensstile im heutigen Wien möglich sind und in den künstlerischen Arbeiten zum Vorschein kommen.

https://www.volkskundemuseum.at/ausstellung_susieflowers

Laudongasse 15-19 

1080 Wien

https://www.volkskundemuseum.at/

Di bis So, 10.00 bis 17.00 Uhr

Do, 10.00 bis 20.00 Uhr

4 Das rote Wien im Waschsalon 

Politik und Kulturpolitik des „Roten Wien“. Webseite: „Das „Neue Wien“ der 1920er und frühen 1930er Jahre war ein einzigartiges gesellschaftspolitisches Experiment, das sämtliche Lebensbereiche der Menschen umfasste – von der Sozial- und Gesundheitspolitik über das Bildungswesen bis zum sozialen Wohnbau.“  

Halteraugasse 7

1190 Wien

Karl-Marx-Hof

http://dasrotewien-waschsalon.at/dauerausstellung/

5a Technisches Museum. Frauengalerie

Webseite: „Die „Frauengalerie“ widmet sich einer von Frauen maßgeblich gestalteten Technikgeschichte: Sie forschen, entwickeln und erfinden seit jeher. Biografien leiten den Ausstellungsrundgang mit insgesamt 14 Stationen, der sich auch mit Fragen der Arbeit und (Aus-)Bildung beschäftigt.“

https://www.technischesmuseum.at/ausstellung/geliebt__gelobt__unerwuenscht

5b Technisches Museum. Geliebt – gelobt – unerwünscht. Haushaltsdinge zwischen Wunsch und Wirklichkeit 

Hier kommen Nutzer_innen von Haushaltsgeräten zu Wort. Sie geben Einblick in ihre Erinnerungen zu geliebten Wegbegleitern, aber auch unerwünschten Geschenken und enttäuschten Versprechen.

https://www.technischesmuseum.at/ausstellung/frauengalerie

Mariahilfer Straße 212

1140 Wien

6 Weltmuseum

Hinter dem Namenswechsel vom Völkerkundemuseum zum Weltmuseum vollzog sich eintiefgreifender Wandel des Museums. Erstmals wurden historische, politische und wissenschaftsgeschichtliche Themenbereiche einbezogen und damit die Rolle eines ethnologischen Museums selbstreflexiv thematisiert, einschließlich des Themas Kolonialismus. Wegen der Größe des Museums und seiner Sammlungsausstellungen wäre die Beschränkung auf diese einschlägigen Abteilungen sinnvoll.

Heldenplatz, 1010 Wien

https://www.weltmuseumwien.at/ausstellungen/

7 Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Dauerausstellung

Altes Rathaus

Wipplingerstraße 6 – 8

1010 Wien

https://www.doew.at/erkennen/ausstellung/dauerausstellung

Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch, Freitag (werktags) 9.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag (werktags) 9.00 bis 19.00 Uhr

8 Kunstsammlungen der Akademie der Bildenden Künste Wien. „Das entwendete Meisterwerk. Bilder als Zeitmaschinen“

Webseite: „Die Ausstellung „Das entwendete Meisterwerk. Bilder als Zeitmaschinen“ stellt der gängigen Praxis der Schausammlung ein Modell gegenüber, das die historischen Kunstsammlungen der Akademie – Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett und Glyptothek – mit zeitgenössischen Werken in Konversation treten lässt. Die Ausstellung schöpft aus dem Reichtum der drei Sammlungen und greift dabei nur eine Auswahl der vielen möglichen Bildprogramme, Typologien und allegorischen Formeln heraus, um sie mit anderen Werken aus anderen Zeiten lose zu verweben.

Auf Umwegen unternimmt die Ausstellung einen Parcours durch die Kunstgeschichte seit dem 15. Jahrhundert bis heute, wie sie sich in den Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste abbildet. Dabei beschäftigt sie sich mit den Bildtheorien des 17. Jahrhunderts, wie jener von Samuel van Hoogstraten, genauso wie mit medientheoretischen Überlegungen der Gegenwart als Folge von technologischem Wandel und dessen Niederschlag in der Generierung von Bildern – nämlich der Frage, was das Bild als Medium leisten kann und soll.

Typologien, fluide Übergänge von Subjektkonstitutionen werden auf einer Bühne voller überraschender Übereinstimmungen und radikaler Gegenüberstellungen im Sinne eines Sehens in „Familienähnlichkeiten“ und Korrespondenzen sowie Verbindungen bei aller historischen Konditionierung zur Anschauung und Diskussion gestellt.“

Rezension von Katharina Rustler in Der Standard: https://www.derstandard.at/story/2000134766388/ab-in-die-zeitmaschine-neue-schau-in-der-gemaeldegalerie-am

Schillerplatz 

1010 Wien, Schillerplatz 3

täglich außer Montag 

10.00–18.00 Uhr

9 Die widerständigen Musen. Kunsthalle Wien

Webseite: „Widerständige Musen. Delphine Seyrig und die feministischen Videokollektive im Frankreich der 1970er- und 1980er-Jahre erforscht die Überschneidung zwischen den Geschichten des Kinos, des Videos und des Feminismus: Die Ausstellung beleuchtet ein Netzwerk kreativer und politischer Akteurinnen rund um die Schauspielerin, Videomacherin und Aktivistin Delphine Seyrig und entwirft so eine Geschichte des Feminismus als Mediengeschichte.“

https://kunsthallewien.at/ausstellung/widerstaendige-musen-delphine-seyrig-und-die-feministischen-videokollektive-im-frankreich-der-1970er-und-1980er-jahre/

Rezension in Der Standard: https://www.derstandard.at/story/2000134747480/frankreich-1970-feministische-filmkollektive-in-der-kunsthalle-wien?ref=perlentaucher

Museumsplatz 1, 1070 Wien

Dienstag – Sonntag 11–19 Uhr

Donnerstag 11–21 Uhr

 

 



Freitag, 11. Februar 2022

Elsbeth Wallnöfer: Arsenikesser. Eine ungewöhnliche, eine feine Ausstellung von Simon Brugner im Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum, Graz.


 

 

Simon Brugner, Künstler, Fotograf, Steirer, Kurator, veröffentlichte im Jahr 2018 ein Foto-Kunst-Buch mit dem Titel „The Arsenic Eaters“. (Brugner, Simon: The Arsenic Eaters. Erschienen bei The Eriskay Connection o.O. 2018)

Jetzt gibt es dazu auch eine Ausstellung. Gegenstand von Buch und Ausstellung ist die künstlerische Auseinandersetzung mit einem kaum beachteten Thema, den, in der Vergangenheit auch als Giftesser bekannten, Arsenik Essern seiner unmittelbaren Heimat. Arsenik, als psychoaktive Substanz (Droge), die seit der griechisch- und römischen Antike als solche bekannt und genutzt ist, entdeckten auch die Steirer und Tiroler für sich, nachdem sie Arsenik-Vorkommen vorfanden. In geringen Mengen zu sich genommen, geraucht oder geschleckt, zermahlen und pulverisiert wirkte es wie ein Schönheitsbooster. Pferdehändler verfütterten es dem Vieh, das es galt in naheliegender Zukunft zum Verkauf anzubieten. Dem Fell verlieh es Glanz und den Muskeln Spannung.

Könige vieler bekannten Reiche der Geschichte suchten sich mit gezielten, wohldosierten Portiönchen davon vor Giftanschlägen zu immunisieren, schönheitsbewusste Griechinnen nutzen einstmals das Mittel, um sich zu enthaaren.

 

Die kleine, exquiste und überschaubare Ausstellung von Simon Brugner ist jedoch keine Kulturgeschichte regionaler Drogen, sie ist eine Kunstausstellung. Seine Fotoarbeiten stellt Brugner von ihm ausgewählten Objekten aus dem Depot des Hauses gegenüber. Wer gewillt ist, sich auf eine künstlerische Präsentation, auf eine gewisse Art von Spiegelung einzulassen, der wird am Ende belohnt. Brugners Arbeiten, Auswahl und Zusammensetzung beruhen nämlich auf dem Prinzip eines (unbewussten?) Gestaltenwechsels. Seine, bereits in den Fotografien angelegte, vergleichende Morphologie liegt als Prinzip auch der Ausstellung zugrunde. Daher scheint es logisch und konsequent, Votivbilder und Strahlenkränze aus dem Bestand des Hauses in die Schau aufzunehmen, morphologische Ähnlichkeiten zu seinen Fotografien hin auf subtile Weise zu offenbaren. Weil es keinen umfassenden Raumtext zur Kulturgeschichte der Droge Arsenik gibt (was für Unwissende anzubieten eine hilfreiche Geste wäre), ist der Besucher mehr denn sonst gefordert, sich bedingungslos auf die gebotene Kunst samt „fremden“, irritierenden Objekten einzulassen. Wem dies gelingt, der vernimmt auch den sublimen erotischen Charme, der in den Dingen, Bildern, den religiösen Motiven, angelegt liegt.

 

Der idealerweise räumlich von der Ausstellung separierte Lesetisch mit seinen Textkopien wirkt leicht überfordernd bis tapsig hingestellt. Da wäre doch ein feiner, kulturhistorisch aufklärerischer Raumtext, der von der Mithradisation, dem Arsenik-Handel der Steirer, von der Praxis, es als Schönheitsmittel anzuwenden, wie grundsätzlich von der Faszination des Arsenik- Essens als Droge erzählt, eleganter und hilfreicher gewesen. So aber finden wir einen, im Charakter einer Kunstkritik gehaltenen, Text zur Arbeit des Fotografen vor, der etwas einbeinig daherkommt.

 

Wer sich davon unbeeinflusst auf die Ausstellung einlässt, zieht Genuss aus der kleinen chiasmatischen Kunstschau.

 

„Erinnerungen an die steirischen Arsenikesser“. Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum, Graz. Kurator: Simon Brugner. Co-Kuratorin: Birgit Johler. Die Ausstellung läuft noch bis 6. März 2022

 

 

 

Montag, 24. Januar 2022

Die beste Ausstellung 2021

„Man fragt sich, ob die Geschichte nicht im Begriff ist, 

eine geistreiche Synthese von zwei nietzscheanischen Begriffen zu schmieden, 

nämlich die des guten Europäers und die des letzten Menschen. 

Das könnte den letzten Europäer ergeben. 

Wir alle kämpfen darum, nicht zu einem solchen zu werden.“

Walter Benjamin (Zitat aus der Ausstellung)

 

Als ich kürzlich etwas über die (meiner Meinung nach) schlechteste Ausstellung 2021 geschrieben habe, wurde ich aufgefordert mal (und doch besser) über die beste Ausstellung des vergangenen Jahres zu schreiben. Es gibt da für mich sogar mehrere Anwärter, aber ich habe mich für "Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krise einer Idee" entschieden. Warum? Weil es ein Beispiel für eine eminent politische Ausstellung ist, die zur Debatte um zeitgenössische Verhältnisse beiträgt. Und die zeigt, wie so etwas mit bescheidenen Mitteln möglich ist.

Ein weiterer Grund für meine Wahl ist, daß sie derzeit in Wien zu sehen ist, am Volkskundemuseum, und zwar bis 18.April. Entstanden ist die Ausstellung am Jüdischen Musuem Hohenems, kuratiert von Michaela Feuerstein-Prasser und Felicitas Heimann-Jelinek.

Die Ausstellung hat zwei Anliegen. Einmal geht es um das - weniger denn je - geeinte Europa, in dem Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit immer mehr zunehmen und damit die Idee einer die Katastrophengeschichte des 20.Jahrhunderts überwindene Gemeinsamkeit bedrohen. Sowie zweitens die Beiträge jüdische Bürger, die maßgebliche ideelle, kulturelle und rechtliche Grundlagen dieser Eingung auf der Grundlage universellen Geltung der Menschenrechte entwickelten.

So bescheiden medial und räumlich die Ausstellung daherkommt (ich wiederhole mich), so sehr dreht sie sich um aktuelle, dringende und in öffentlicher Debatte überfällig auszutragende Themen. Sie ist reich an Information und läßt die Geschichte der Idee der friedlichen, antagonistische Nationalinteressen überwindende europäischen Kooperation sehr gut nachvollziehen.

Ein Konflikt wie der hochaktuelle um die Ukraine, der sich bei der Planung der Ausstellung noch nicht angebahnt hatte, ist ein Beispiel dafür, was da alles auf dem Spiel steht, in und für Europa. Der Katastrophen-, der Erfolgsgeschichte Europas aber auch der Gefährdung der Idee eines friedlichen und geeinten Staatenbundes - dem ist die Ausstellung gewidmet.


Beide Fotos stammen aus der Fassung der Ausstellung, wie sie im Jüdischen Museum Hohenems gezeigt wurde. Fotos:G.F. 2021


Samstag, 8. Januar 2022

Eine Kritik am neuen Volkskundemuseum Graz. Eine "Verschlimmbesserung". Elsbeth Wallnöfer


Vorbemerkung

Elsbeth Wallnöfer hat eine Kritik des Grazer Volkskundemuseums zur Veröffentlichung im Blog angeboten. Ihre Kritik bezieht sich auf eine Neuaufstellung der Dauerausstellung, die als Teil der einer vom Universalmuseum Joanneum ausgerichteten Landesausstellung (2021, teilweise 2022) konzipiert wurde und die aus insgesamt vier Teilen bestand: einem Pavillon, der an mehreren Orten aufgestellt wurde, einer Ausstellung im Kunsthaus, einer im Museum für Geschichte und eine im Volkskundemuseum. Nur dort bleibt die Landesausstellung als Dauerausstellung bestehen.

Die drei Teile der Ausstellung die am Universalmuseum gezeigt werden haben ein übergeordnetes Prinzip: die Ausstellung im Museum für Geschichte hat es unter dem Motto „Was war“ mit der Vergangenheit zu tun, das Kunsthaus beschäftigt sich mit dem „Was sein wird“ und schließlich hatte es das Volkskundemuseum mit der Gegenwart zu tun, mit „Wie es ist“.


Die drei Ausstellungsteile bildeten aber keinen narrativen Bogen und die drei Zeitdimensionen wurden auch nicht genutzt um Differenzerfahrung zwischen den Zeiten zu ermöglichen. Denn es gab keinen erkennbaren Versuch, einen Zusammenhang zwischen den drei Teilen zu stiften, um damit übergreifend Geschichtserfahrung zu ermöglichen.

 

Doch um was für eine Ausstellung handelte es sich denn? Die Steiermark Schau, wie sie hieß, gehörte zweifellos dem Typ Landesaustellung an, wie er in Österreich in vielen Bundesländern jährlich ausgerichtet wird. Diesmal stand aber nicht wie bei diesen Ausstellungen üblich, ein bestimmtes Thema im Mittelpunkt (wie z.B. „Die Römer“, „Wallfahrt“ oder „Peter Rosegger“), sondern das Land selbst. Sozusagen ein Wirtshaus zum Wirtshaus, eine Landes-Landesausstellung. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das ganze Land – in topografischer wie zeitlicher Hinsicht. Das ist etwas Neues und wird auch als etwas Neues beworben.


Auftraggeber ist die Politik, das von der ÖVP geführte Kulturressort und die Marketingtexte auf der Webseite der Ausstellung ähneln zum Verwechseln politisch-programmatischen Statements. (https://www.steiermarkschau.at/steiermark-schau)

Von den drei Ausstellungsteilen dient sich ausgerechnet die auf Dauer berechnete im Volkskundemuseum am stärksten einer „Leistungsbilanz“ der Steiermark an. Man darf hier keine nennenswerte Relativierung oder Kritik erwarten. „Das Land“ wird als wohlverwaltet, stabil, weitestgehend konfliktfrei dargestellt. In keiner der bisherigen österreichischen Landesausstellung hat sich ein Land derart selbst zum Thema gemacht und eine überwiegend bejahende und bestätigende Haltung vermittelt. 


Es wären auch die beiden anderen Teile der Ausstellung einer näheren Untersuchung wert, vor allem, die, die sich mit der Vergangenheit beschäftigt, aber vielleicht schreibt ja jemand mal auch dazu etwas.

 

Einer Analyse wert wäre auch der terminologische Wandel. Von der Landesausstellung zu Steiermark-Schau. Wikipedia kennt das deutsche Wort "Schau" gar nicht, nur seine englische Form, show, und da eher als Fernseh- und Medienereignis, dem eher Unterhaltungscharakter als Informationsabsicht zugeschrieben wird.


Ich habe Elsbeth Wallnöfers Text an anderer Stelle um einige Anmerkungen ergänzt und mir dabei mehrere Texte und ein Objekt vorgenommen, die Aufschluss über die Ausstellung geben. Dieser Post findet sich hier.


Elsbeth Wallnöfer, geboren in Südtirol, ist Volkskundlerin und Philosophin und lebt in Wien. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit der Tracht. Unermüdlich kritisiert sie den unreflektierten Umgang mit Althergebrachtem. Ihre Kommentare erscheinen u.a. in den Tageszeitungen STANDARD, KURIER und FALTER. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter „Märzveigerl & Suppenbrunzer. 555 Begriffe aus dem echten Österreich“ (Verlag Anton Pustet 2014) sowie „Geraubte Tradition. Wie die Nazis unsere Kultur verfälschten“ (Sankt-Ulrich-Verlag 2011). Bei Haymon erschien ihr Buch „Heimat. Ein Vorschlag zur Güte“, in dem sie den Begriff „Heimat“ durchleuchtet und neu denkt. 2020 folgte das Werk „Tracht macht Politik“. (Hamon Verlag).


Hier nun der Text von Elsbeth Wallnöfer. Mit der Anmerkung, die für alle Gastbeiträge im Blog gilt. Die Meinung der Autorin muß nicht mit der des „Redakteurs“ (des Verantwortlichen des Blogs) ident sein.


Elsbeth Wallnöfer


Wiedereröffnung des Volkskundemuseum Graz, Johanneum.. Von der Verschlimmbesserung einer Neuaufstellung


Überschattet von der Covid-Krise, erfolgte, unbemerkt von der Öffentlichkeit, die Eröffnung der neuen Schausammlung des Volkskundemuseum Graz. Die Chance anlässlich des österreichischen Museumstages zwischen den Lockdowns das Volkskundemuseum zu besuchen, stimmte daher hoffnungsfroh.


Ein Volkskundemuseum im 21. Jahrhundert neu zu gestalten, Erzählung und Objekte von bisherigen wissenschaftshistorischen Mängeln der Vergangenheit zu lösen, diese in die Gegenwart zu überführen, sie mit zeitgemäßen Mitteln der Darstellung zu erzählen, sind in der Tat eine Herausforderung. Leider ist dies nicht nur nicht gelungen, es ist auch noch gehörig schiefgegangen. Wir haben es hier also mit einer umgangssprachlich benamsten Verschlimmbesserung zu tun.


Bei bestem Willen und aufrichtiger Bereitschaft auch nur ein geringes Maß Versöhnung zwischen alter Aufstellung und neuer Präsentation zu finden, es will nicht gelingen. Zu groß sind die Wirrungen, die Irritationen, die Orientierungslosigkeit, die beträchtlichen Textbausteine, die unzählbare Summe der Objekte, Tafeln und Plakate, die gefühlt hunderttausend Schilder, die hauptsächlich Verwirrung stiften, denn Orientierung geben. Versuche, sich die Schausammlung über den Weg einer chronologischen Ordnung zu erschließen, versagen ob mangelnder Orientierungshilfe. 


Obwohl der Anspruch Volkskunde/Kulturgeschichte mit zeitgemäßen Begriffen zu erzählen und die Regionalgeschichte aus einer wirtschaftshistorischen Perspektive darzustellen spürbar wird, verzweifelt man am gestalterischen Wust und der Vielfalt von Begriffen, Objekten, Definitionen, Tafeln. Das grafische (naiv-dekorativ-kitschige) Orientierungssystem tut sein Übriges. Die Raumtexte befinden sich auf dreibeinigen zusammengeklappten Glühweintischen, die derart dominant sind, dass sie eigene Museumsobjekte zu sein vorgeben und die wie zufällig von der Raumpflegerin hingestellt wirken, scheinen sich im Verlauf des Rundganges gefühlt zu vermehren, derart aufdringlich sind sie. 


Richtungsweisende Applikationen des Orientierungssystems, die auf das Generalthema „Wie es ist“ (leider ohne Fragezeichen) hinweisen wollen, irritieren mehr, als sie der Aufklärung dienen. Eigentlich hätte ich gewarnt sein sollen, denn das Trauerspiel kündigt sich bereits im Entrée an. Man glaubt in eine Seminartagung sämtlicher österreichischer Regionalbanken hineingeplatzt zu sein. Name und Lageplan des Museums muss man hinter Werbebannern und einem wenig geschmackvollen, lieblos hingestellten Tisch, auf dem sich zahlreiche Folder befinden, erst suchen. Der Weg zum Frontdesk will wie in einem Kaufhaus gesucht werden. Gefunden, bringt die anschließende Empfehlung des Personals auf den Beginn des Rundganges Orientierung, die nicht lange währt.

 

Die Schwierigkeiten der Neuaufstellung einer Sammlung, die großen Anteil bei der Ausbildung der kulturpolitisch lancierten Identität hatte, ist in der Tat kein leichtes Unterfangen. Bisherige sakrale Aufladung, die wesentlicher Bestandteil regionaler Kulturpolitik ist, gilt es zu brechen, ohne ganz auf sie zu verzichten; Ist sie doch auch Teil der kulturhistorischen Selbstbeschreibung.  


Für Graz ist daher auch der Umgang mit dem „legendären“ Trachtensaal ein wichtiges, symbolisches Kriterium bei der Erneuerung der Schausammlung. Der Versuch ist allerdings gehörig fehlgeschlagen. Den Saal einfach zu belassen, wie er war, wäre angesichts der diffusen, nervösen Intervention besser gewesen. Nunmehr ist es nicht mehr möglich, zwischen den einzelnen Glasvitrinen durchzugehen, Figurinen und Details an ihrer Kleidung zu betrachten. Sie sind nämlich von einem mit Begriffen bedruckten Banner abgeschirmt, so als wären die Besucher*innen  Demonstrant*innen, die es fernzuhalten gilt. Wo früher zur näheren Betrachtung durchflanieren möglich war, stehen jetzt die braunen, zusammengeklappten Raumtexte-Glühweintische. Die in den Gründungsjahren des Museums aufgestellten Objektbeschriftungen in Frakturschrift innerhalb der Vitrinen behielt man bei, warum eigentlich?


Beleuchtet werden die Figuren unverändert wie eh und je, immer noch. In diesem Saal gipfelt das Desaster, das Volkskundemuseum neu zu erzählen und zu gestalten, zeigt sich deutlicher als in den anderen Räumen, dass die Dissonanz zwischen Ausstellungsarchitektur und Kuratorenschaft großen Anteil gehabt haben muss, möglicherweise gar eine pfiffige Neuerzählung verhinderte. Die Dominanz der Ausstellungsarchitektur ist nicht nur ästhetisch fragwürdig, sie ist auch erzählerisch wie betrachterisch kontraproduktiv. Ein mit beliebig und allerlei Begriffen bedrucktes Absperrband verunmöglicht Betrachtung, wo sie wesentliche Deutung überhaupt erst ermöglichte. Die Betrachterin jedenfalls fühlt sich ausgegrenzt, ein bissl so, als hätte man sich verirrt, einen Saal betreten, der sich gerade in Umbau befindet.

 

Neu ist also die fast schon chaotische Irritation. Weniger Textfragmente, Texttafeln und Textdeko wäre von Vorteil gewesen. Mit einer ausgefeilten Beleuchtung und Umstellung der Figurinen wäre ganz sicher eine effektvollere Erzählung erreicht worden. 

Ein wenig deprimiert und wie auf der Flucht, findet man vom Trachtensaal zurück auf den Parcours der Sammlung und frägt sich hilfesuchend, ob man sich im Augenblick in einer Sonderausstellung oder der ständigen Repräsentation befindet.

 

Die Hoffnung, ein neues, mit den Mitteln und im Kontext der Zeit präsentiertes Volkskundemuseum eröffnet zu bekommen, ist spätestens an dieser Stelle perdu. Graz ist Beispiel, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Es zeigt anschaulich, dass vorher manchmal das bessere Nachher ist. Dabei scheint es keine Hexenkunst zu sein, einen Wandel herbeizuführen. Dazu hätte genügt, Maß am Tiroler Volkskunstmuseum zu nehmen. Dieses stand vor räumlich-baulichen und strukturell ähnlich komplexen Herausforderungen. Alle Künste und Tricks der Ausstellungsarchitektur (Licht, Ausstattung, Orientierung, Präsentation der Objekte) harmonieren dort mit einer quellenkundlich zeitgemäßen Erzählung. In Innsbruck verlässt man das Museum schlauer als beim Betreten des Hauses, in Graz sucht man unter Drehschwindel den Ausgang, erleichtert wieder draußen zu sein sucht man den Weg in die Neue Galerie, wo es verlässlich feine Ausstellungen hat.

 


 

 

Uns geht es gut! Einige Anmerkungen zum neuen Volkskundemuseum des Universalmuseum Joanneum

Elsbeth Wallnöfer hat mir einen Text angeboten (er findet sich hier), in dem sie die neue Dauerausstellung des Volkskundemuseums in Graz kritisiert. Ich ergänze ihre Kritik mit dem Blick auf einige Texte, die im Museum Orientierung bieten und um ein Objekt. 



Der Text "Uns geht es gut!" stimmt den Grundton der gesamten Ausstellung an. Die Steiermark ist ein Land des Wohlstandes und des Wohlergehens. Es mögen nicht alle daran teilhaben können, aber so wie es ist, ist es gut. Konflikte, Krisen, Spaltungen, Interessensgegensätze - all das existiert nicht.
Als Teil der "Landesausstellung 2021" stand er für "Wie es ist". "Uns geht es gut" ist die Antwort darauf. "Wie es ist, ist es gut".




Es gibt sie also doch: Die Krise. Aber sie liegt in der Vergangenheit. Mit 1945 darf man abbrechen. Doch das Heimatwerk existiert noch immer, Volkskultur hat in der Kulturpolitik der Steiermark einen hohen Stellenwert und ist ein Lieblingsthema der FPÖ. Mit "Aufsteigern" pflegt man ein problematisches Volksfest, das wieder einmal auf "Tracht" und "Steirertum" setzt.
Immerhin: Viktor Gerammt, der in der Vorgänger-Ausstellung noch ungebrochen wohlwollend und las Heros der Volkskunde vorgezeigt wurde, wird in einen historischen Kontext gerückt. Aber ohne, daß sein Deutschnationalismus und seine Versöhnbarkeit mit der NS-Ideologie erwähnt würden. Über Gerambs Ideologie erfährt man nichts und damit nichts über die ideologischen Wurzeln des Volkskundemuseums.


Ein Ort in Veränderung? Ja, sicher. Aber worin die Veränderung bestand und besteht, wird uns in diesem Text nicht erzählt. Die Umstände der Gründung werden komplett ausgeblendet - und damit die Chance vergeben, das heutige Museum in der Differenz zu seiner (Gründungs)Geschichte zu erläutern.
Der Gemeinplatz von den Akteurinnen, die eine Institution prägen gilt also für die Geschichte des Hauses - davon erfahren wir nichts -, wie für die erneuerte aktuelle Version: wer die Akteurinnen (Gruppen, Vereine, Personen, Initiativen) waren, wie man sie ausgewählt hat und wie sie das Museum mit geprägt haben. wird nicht gesagt. Die Frage, die heute unabdingbar im Grunde zu jeder Ausstellung gehört, wird nicht gestellt und nicht beantwortet: Wer spricht?


Der Text setzt Bildungsbedürfnis und Bildungspolitik offenbar gleich, letztere scheint nur. vom Bildungsbedürfnis geleitet. In der Steiermark, so lesen wir, ist das Gleichgewicht zwischen beidem harmonisch und intakt und befindet sich in Einklang mit nationaler Bildungspolitik. Über deren Ziele und Schwerpunkte erfahren wir nichts. Z.B. nicht über die gerade in Österreich sehr stark ausgeprägte Diskriminierung sozialer Gruppen durch das Schulsystem. Über die generell sozial ungleich verteilten Bildungschancen generell fällt kein Wort.



Ein interessantes, anregendes Objekt. Ein Objekt, das aber auch zeigt, daß modernes Marketing in Hinblick auf Reflexivität, Ironie, Rücksicht auf Konsumenten (Publikum) Museen weit voraus sein kann. Daß auch Konsum "geändert" ist und man darauf Rücksicht nehmen muß, das hat SPAR z.B. dem Volkundemuseum voraus, das Identitätsproduktion - "Ich bin eine Steirerin" -, pfiffig und effektiv kommuniziert werden kann, zeigt sich nicht bloß am Text, sondern auch an der landesspezifischen Farbe, dem Grün, das in einem Museumstext ausschließlich affirmativ beschrieben wird. Letztlich zeigt die Tragetasche auch, was kollektive Identität heute ist: Konsumgut. "Die Stiermark gibts bei". 
Reflexivität des Museums auf seine institutionellen Bedingungen hin ist seit Jahrzehnten eine wie ein. Mantra wiederholte Formel, die selten das Ausstellen wirklich prägt. Es ist erstaunlich, daß das Wiener Volkskundemuseum schon vor etwa 20 Jahren durch eine (dezente) Historisieren der wissenschaftlichen Grundlagen, der Volkskunde als Wissensdisziplin, Reflexivität in seine Dauerausstellung einbezogen hat. Unterstützt in manchen Räumen durch einen ostentativen Zeigegestus, der das Museum als Ort des wandelbaren Wissens und des wählenden und deutenden Zeigens kenntlich machte.
Auch im Tiroler Volkskunstmuseums hielt, nicht an jedem Sammlungsabschnitt, Reflexivität Einzug. Eindrücklich und gewitzt durch die verfremdende Beleuchtung der leergeräumten Stuben, deren Authentizität auch dadurch konterkariert wurde, daß man sie als Kulissen wahrnehmen kann. Man sieht das "Gemachte", das Handwerkliche, die Erzeugung der ins Museum. übertragenen Artefakte und bekommt damit eine Ahnung von der grundsätzlichen Performativität des Museums.
Es ist erstaunlich, daß das Grazer Volkskundemuseums auch in seiner zweiten Erneuerung, hinter diesen - selbst schon historisch gewordenen - Ansätzen zurückbleibt. Ganz zu schweigen von der sehr weit gehenden partizipativen "Überarbeitung" oder "Überformung" der Wiener Dauerausstellung unter dem Titel "Die Küsten Österreichs".












Freitag, 31. Dezember 2021

Die schlechteste Ausstellung 2021. And the winner is: Das GrazMuseum

Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen. GrazMuseum

Ich bin hingegangen, ganz neugierig, etwas über das digitalisierte Graz zu erfahren, über moderne Verwaltung und Kommunikation, über zukunftsträchtige Entwicklung. Weniger optimistisch war ich bezüglich des Untertitels. Wer weiß schon etwas darüber, wie "wir" in Zukunft leben wollen? Ausgerechnet ein Museum?

Nun. Es war die erste Ausstellung, in. der ich sofort derart ratlos umherirrte, daß ich anfing, andere Besucher zu fragen, ob sie verstünden, worum es denn hier grade ginge. Wenn nämlich eine Ausstellung sperrig wird, gebe ich eher mir die schuld, und sage mir, du übersiehst etwas, dir geht der Knopf nicht auf, das Gezeigte überfordert dich.


Peter Weibel erklärt mir da die sogenannte Lieferkette, auf einem Monitor rauschen Zahlenkolonnen von Flügen durch, im Treppenhaus schlingen sich Plastikröhren, die vermutlich das Fließen der Daten veranschaulichen sollen, es gibt eine kleine geballte Ladung Vilem Flusser zu lesen, und war da nicht wo eine Schreibmaschine auf einem Sockel?, irgendwo dreht sich in einem Metallgestell, in dem sonst nichts ist, eine Diskokugel, deren Licht eine im Boden eingelassene Schrift unleserlich macht, in einem Container blenden Sätze übereinander etwas über Sex und Liebe, aber so, daß (für mich) nichts Sinnvolles zu entdecken/entziffern ist und im Eingang zum Museum bekommt die Stadt Graz eine Werbeeinschaltung für ihre Digitalisierungs-Politik. Wahlversprechen im Doppelpack. Ein Schelm, wer daran denkt, daß der ÖVP-Finanzstadtrat in seiner zweiten Eigenschaft als Kulturstadtrat das Museum massiv finanziell fördert. 

Nirgendwo eine These, eine Geschichte, kein Zusammenhang, kein roter Faden, dafür rätselhafte mediale Installationen. Irgendwo gehts um eine Art kommunaler Dystopie. Graz in düstere Zukunftsvisionen getaucht, die sich aber rasch wieder in frühlingshafte Heiterkeit auflösen. Um sich das anzusehen, sitzt man in einer Gartenlaube wie aus einer Operette. Dann ein bissl Kunst dazwischen gestreut. Offenbar ist da und dort was nicht fertig geworden. Off records wird das bestätigt. Tapfer, etwas Unfertiges auf ein Publikum loszulassen! Auch daß es im Museumsteam gerumst haben muß und zum Beispiel die (Chef)Kuratorin die Flucht ergriffen hat. 

Ich versuchs dennoch weiter, drehe noch eine Runde und versuchs noch mal. Ziehe noch mal eine Runde und nochmal. Fragen traue ich mich inzwischen nicht mehr. Das Museum indes ist in den sozialen Medien hellauf von sich selbst begeistert. Der beste Museumsdirektor Österreichs, der kann doch nichts falsch gemacht haben?

Über die Zukunft von Graz, also über das, wie wir leben wollen, habe ich nichts erfahren. 

P.S.: Die von mir nicht namentlich genannte Kuratorin teilt mir mit, daß sie nicht die Flucht ergriffen hat und nach wie vor ein ungetrübtes Verhältnis zum GrazMuseum hat. Meine Informationen sind ein bissl anders gefärbt, aber wie das so ist, bei Quellen (Personen), die man nicht nennen darf, sie taugen nicht so viel. Also schließen wir uns gerne dem Bedürfnis nach Korrektur an und versichern (aus eigener Beobachtung), daß das GrazMuseum ein vollständig intrigenfreier Raum ist. Das durfte ich lernen, seit ich im Zuge der ersten Planungen zur Dauerausstellung selbst "die Flucht ergriff" und zwei weitere KuratorInnen das Weite suchten.


Donnerstag, 12. August 2021

Die Erfindung des denunziatorischen Ausstellens in der Steiermarkschau

Im "Museum für Geschichte" des Universalmuseum Joanneum ist derzeit unter dem Motto "Was war" jener Teil der "Steiermark-Schau" (eine Art von Landesausstellung, die an vier Schauplätzen gezeigt wird) zu sehen, der sich mit der Geschichte des Landes beschäftigt.

Im vorletzten Raum der Schau, die dem 20. Jahrhundert gewidmet ist, findet man inmitten von Architekturmodellen einen schlichten Kasten. (Die gesamte Ausstellung wird fast ausschließlich von Architekturmodellen als nahezu einzigem Medium getragen; die daraus resultierenden Fragen und Probleme der Geschichztserzählung lasse ich hier beiseite).

Der Kasten ist weiß gestrichen und so geöffnet, daß man Teile des aus unbehandeltem Holz gezimmerten Inneren sehen kann. Er weist Beschädigungen und Abnutzungen auf, wurde also offensichtlich nicht restauriert. Es ist ein unansehnliches Objekt, ja mehr als das. Auf den ersten Blick wirkt der Kasten wie Sperrmüll inmitten der akkurat gefertigten Modelle. So einen Kasten würde niemand mehr gebrauchen wollen.


Warum steht er hier? Es ist ein Teil einer sogenannten Frankfurter Küche. Die wurde 1926 von der Österreichischen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky entworfen und sollte sowohl anspruchsvoll gestaltet sein als auch als Einbauküche rationelles Arbeiten ermöglichen - als ein Stückchen Sozialutopie innerhalb des Projekts "Neues Frankfurt".

Was hat die Frankfurter Küche mit Graz zu tun? Eigentlich nichts. Was trägt dieses schäbige Möbel zur Erhellung der Landesgeschichte des 20.Jahrhunderts bei. Nichts. Vor allem aber ist ja nicht die Küche ausgestellt, sondern nur ein Teil und der gibt überhaupt keine Votrstellung von der ausgetüftelten Konzeption der Einbauten auf kleinstem Raum und der Funktionalität des Ganzen. Wenn die Küche in Museen ausgestellt wird, dann immer als Ganzes. Hier hat man sicht nicht mal ein Foto gelistet, um eine Vorstellung des Ganzen zu geben.

Ein Fragment der Frankfurter Küche zu zeigen wäre so als würde man zwei Seiten eines Romans ausstellen. Unbedachter kann man gar nicht gegen den Sinn dieses bahnbrechenden Entwurfs ausstellen. So ein schäbiges Fragment zu präsentieren denunziert geradezu das ganzheitliche Original. Ein Tüpfelchen auf dem i ist die vor den Kasten gekippte Abwasch. Die wird wie Müll einfach abgestellt, als demontiertes und weiteres Fragment völlig sinnwidrig und jeder Fähigkeit beraubt, irgendetwas von der Bedeutung der Küche visuell zu vermitteln.

Liebloser, sinnloser und unbedachter kann man ein Objekt nicht präsentieren. Die Bedeutung wird ausschließlich über den Text vermittelt, während der Augenschein ehr geeignet ist, zur Abwertung und Abschätzigkeit beizutragen. Was soll an so einem Möbel dran sein?

Montag, 26. Juli 2021

Freitag, 4. Juni 2021

Peter Melichar: Fragen, die bleiben. Zur Tagung zum Heeresgeschichtlichen Museum

Die Tagung am 20. und 21. Mai im Wiener Literaturhaus brachte ein paar überraschende Erkenntnisse: Die gesamte Historikerzunft ist reumütig, weil man das HGM in den vergangenen Jahrzehnten nicht grundlegend kritisierte. Aber auch von allen anderen Vertretern sämtlicher Disziplinen, aber auch von Soziologinnen, Intellektuellen, Pfarrerinnen und Priestern hätte Kritik kommen können. Immerhin: Die Schriftstellerinnen Marlene Haushofer und Ingeborg Bachmann thematisierten das Museum schon um 1970 unnachahmlich in ihren Texten „Die Mansarde“ (Haushofer) und „Malina“ (Bachmann). Der Rest der Bevölkerung schwieg: Vermutlich lag das schlicht daran, dass es nur von kleinen Buben mit ihren Grossvätern besucht wurde. Da sich nun die Erkenntnis eingestellt hat, dass es so nicht geht, kamen überraschende Vorschläge:  Dirk Rupnow sprach sich für eine Sprengung aus (zumindest als rhetorisches Manöver). Weil einer der Teilnehmer den Einsatz eines Fieseler Storches nicht verstand, den Manfried Rauchensteiner aus schwedischem Besitz erwerben und zum Kriegsflugzeug umfärben ließ, verlangte er, dass ihm dieser die Bedeutung dieses deutschen Militärflugzeuges für die österreichische Geschichte erklären solle (Peter Melichar). Andere fragten, ob es überhaupt ein Heeresgeschichtliches Museum in Österreich brauche und sprachen sich für eine Neugründung als Demokratiemuseum aus (Gottfried Fliedl), wieder andere plädierten für eine temporäre Schliessung und völlige Neurorientierung. Was tatsächlich kommen wird, wusste der Leiter der HGM-Kommission, Wolfgang Muchitsch: Eine neue Direktorin bzw. ein neuer Direktor, der ein Team mit zwei oder drei Mitarbeiterinnen mitbringen darf und von einem kompetenten Beirat begleitet wird. Doch weder wird an der Einbettung des Museums in das bürokratische Gefüge des Verteidigungsministeriums etwas verändert noch an der Verwendung des Museums im Sinne der Traditionspflege. Das überraschendste überhaupt: Dass es einer zivilbürgerlichen Initiative gelungen ist, innerhalb einiger Monate Bewegung in die Sache zu bringen. Erstaunlich auch, dass es der Leitung des Ministeriums sowie des Heeresgeschichtlichen Museums selbst so völlig am Kampfeswillen mangelt. Nur noch ein paar matte Ablenkungsmanöver brachte man zustande. Das peinlichste darunter ist folgendes: Eine seit 2016 durch Österreich wandernde Ausstellung der Historiker Michael John und Albert Lichtblau, entstanden im Auftrag der Freunde von Yad Vashem, mit dem Titel „Gerechte“ wird seit kurzem im Eingangsbereich, in der sog. Ruhmeshalle und im Ersten Stock gezeigt. Diese Ausstellung thematisiert mutige Menschen, die Verfolgte während der NS-Zeit zu schützen und zu retten versuchten. Man fragt sich: Was hat diese Ausstellung mit dem HGM zu tun? Sie beantwortet keine der in diesem Zusammenhang dringlichen Fragen:   -       Haben österreichische Heeresverbände irgendwelche „Gerechte“ hervorgebracht? -       Wie viele ehemals österreichische Militärs haben wie viele Verfolgte geschützt und gerettet oder es zumindest versucht? -       Wie viele Kriegsverbrecher waren österreichischer Herkunft und wie viele waren in ehemals österreichischen Heeresverbänden und Militärschulen ausgebildet und sozialisiert? Welche Rolle spielten österreichische Armeeangehörige bei den Verbrechen der Wehrmacht? -       Wie viele österreichische Soldaten (bzw. Soldaten österreichischer Herkunft) wurden als Mitglieder des Widerstandes aus anderen Gründen verfolgt?  Zumindest die Direktion des Heeresgeschichtlichen Museums hätte sich diese oder ähnliche Fragen stellen und beantworten müssen, wenigstens den Versuch dazu wagen. Warum sie das nicht getan hat kann sie nur selbst beantworten. Feigheit vor dem Feind?

Dienstag, 1. Juni 2021

Identitätshumor. Steinzeitsteiermark (Texte im Museum 988)

 


Demnächst wird meine Sammlung von Museumstexten eintausend Beispiele umfassen. Und noch immer gibt es, zur Freude des Sammlers, überraschende, aufschlussreiche, komische oder merkwürdige Funde. 

Hier ein besonderes Exemplar projektiver Zeitvorstellung: Es soll etwas lange gedauert haben, was es aber zur Zeit dieser Dauer gar nicht gab. Es soll Identität im Rückgriff durch etwas hergestellt werden, was in keiner Weise mit dem zu tun hat, womit es identisch sein soll. Die Steiermark gab es zur Steinzeit nun mal nicht. Unfreiwillig komisch wird der Text, weil er das Projektive dadurch überbietet, daß eine Vergangenheit, die nicht Teil der Landesgeschichte ist, als ihren Teil ausgibt und noch dazu ihren "längsten", 60.000 Jahre. So besehen wären die Steirer "immer schon" Steinzeitmenschen, oder?

In der derzeit an vier Orten laufenden "Steiermark-Schau" geht es um Identität. Für Identität ist ihre zeitliche Tiefe wichtig, aber auch die Vorstellung eines Ursprungs, einer Herkunft. In der unmöglichen Operation "Steinzeitsteiermark" wird so ein Ursprung hergestellt. Aber nicht nur durch das Ineinanderblenden von Zeiten, die inkompatibel sind. Sondern noch durch eine zweite Information: die zur Sesshaftigkeit". Das ist nun eine Art Trigger für die Gegenwart. Sesshaftigkeit steht im Gegensatz zu nomadischer Lebensweise und erscheint hier als die spätere Stufe der Evolution. Also als Überwindung des Nomadischen. Die Steirer mögen in Höhlen gelebt haben, aber sie waren sesshaft. Und: sie waren schon da (in ihren Höhlen), während andere noch durch die Gegend zogen.

Vor Jahren habe ich in einem anderen Museum einen ähnlichen Text gefunden. Da hieß es, im Krahuletz-Museum im Niederösterreichischen Eggenburg: "Vor 5000 Jahren wurde der Nomade bei uns sesshaft".

Sesshaft, das sind "wir". Nomadisch, das sind die Anderen. Die Flüchtlinge, die Asylsuchenden, die Migranten. Dieser Topos ist heute ungleich brisanter als zu der Zeit, als der (inzwischen verschwundene) Text in Eggenberg geschrieben wurde. Es ist ein aktuelles Identitätsangebot, das eine Unterscheidung trifft, die eine Wertung ist. Wir/Andere. Mit "uns", mit unserer Sesshaftigkeit setzen wir einen Anfang: von Kultur, Gesellschaftlichkeit, Staatlichkeit.

Möglich, daß diese doppelte Fehlleistung den Kuratorinnen der Grazer Ausstellung nur "passiert" ist, also sich unbewußt eingeschlichen hat, wie eine Fehlleistung. (Seltsam, daß da niemand Einhalt geboten hat - mindestens einem Lektor muß aufgefallen sein, daß das ein buchstäblich unmöglicher Satz ist). Symptomatisch ist der Text allemal. 

 

Freitag, 28. Mai 2021

Das Heeresgeschichtliche zeigt eine Ausstellung, die die Verfolgung der Juden und damit den Holocaust thematieiert. Aber wie!?

Im Heeresgeschichtlichen Museum wird derzeit die Ausstellung „Die Gerechten“ gezeigt. Mit diesem Namen zeichnet die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem Menschen aus, die während des Naziregimes jüdischen Mitbürger:innen das Überleben ermöglicht haben
Der Verein »Die österreichischen Freunde von Yad Vashem« initiierte eine Ausstellung zu den österreichischen „Gerechten“, die unter der wissenschaftlichen Leitung der Professoren Michael John und Albert Lichtblau entstand ist.

Auf der Tagung zum Heeresgeschichtlichen Museum, die jüngst im Literaturhaus Wien stattfand, wurde diese Ausstellung heftig kritisiert. Und zwar nicht ihr Inhalt und ihre Gestaltung, sondern einerseits als Instrumentalisierung des Holocaust-Gedenkens im Kontext der seit über einem Jahr massiv kritisierten ideologischen, musenlogischen und organisatorischen Missstände am Museum und andrerseits wegen der ausserordentlich befremdlichen Unterbringung der Ausstellung in den Räumlichkeiten des HGM.

Vor allem im Bereich der Feldherrnhalle wirkt die Ausstellung wie abgestellt, wie etwas, was man vergessen hat, wegzuräumen. Die diversen Teile der Ausstellungen konkurrieren mit diversen Möbeln, Partytischen, auf denen Info-Material liegt, Kleiderständern, Garderobeschränken, Info-Tafeln zum HGM. Man scheint sich überhaupt nicht die Frage gestellt zu haben, welche Effekte die Konfrontation von Architektur, Ausstattung, Dekor und v.a. der Monumentalstatuen der Feldherrn einerseits und der Ausstellung andrerseits hat. Unklar ist auch, auf der Webseite scheint es keine Erwähnung dazu zu geben, warum und wie eine zweite Ausstellung, eine zu Zivilcourage, miteinander kombiniert wurde, eine Ausstellung, die, so habe ich gehört, vom Österreichischen Mauthausen-Kommitee erstellt wurde.

Völlig unklar bleibt, auch hier gibt die Webseite des Museums keine Auskunft, wie man sich im Museum den Zusammenhang der „Gerechten“-Ausstellung zur Dauerausstellung vorstellt.

Ich leiste hier keine Ausstellungskritik, ich begnüge mich mit Fotografien, die einen Eindruck von der Art und Weise gibt, wie das HGM die Ausstellung in ihr Haus „implementiert“ hat.