Die Stadt als Datenfeld. Wie wir in Zukunft leben wollen. GrazMuseum
Ich bin hingegangen, ganz neugierig, etwas über das digitalisierte Graz zu erfahren, über moderne Verwaltung und Kommunikation, über zukunftsträchtige Entwicklung. Weniger optimistisch war ich bezüglich des Untertitels. Wer weiß schon etwas darüber, wie "wir" in Zukunft leben wollen? Ausgerechnet ein Museum?
Nun. Es war die erste Ausstellung, in. der ich sofort derart ratlos umherirrte, daß ich anfing, andere Besucher zu fragen, ob sie verstünden, worum es denn hier grade ginge. Wenn nämlich eine Ausstellung sperrig wird, gebe ich eher mir die schuld, und sage mir, du übersiehst etwas, dir geht der Knopf nicht auf, das Gezeigte überfordert dich.
Peter Weibel erklärt mir da die sogenannte Lieferkette, auf einem Monitor rauschen Zahlenkolonnen von Flügen durch, im Treppenhaus schlingen sich Plastikröhren, die vermutlich das Fließen der Daten veranschaulichen sollen, es gibt eine kleine geballte Ladung Vilem Flusser zu lesen, und war da nicht wo eine Schreibmaschine auf einem Sockel?, irgendwo dreht sich in einem Metallgestell, in dem sonst nichts ist, eine Diskokugel, deren Licht eine im Boden eingelassene Schrift unleserlich macht, in einem Container blenden Sätze übereinander etwas über Sex und Liebe, aber so, daß (für mich) nichts Sinnvolles zu entdecken/entziffern ist und im Eingang zum Museum bekommt die Stadt Graz eine Werbeeinschaltung für ihre Digitalisierungs-Politik. Wahlversprechen im Doppelpack. Ein Schelm, wer daran denkt, daß der ÖVP-Finanzstadtrat in seiner zweiten Eigenschaft als Kulturstadtrat das Museum massiv finanziell fördert.
Nirgendwo eine These, eine Geschichte, kein Zusammenhang, kein roter Faden, dafür rätselhafte mediale Installationen. Irgendwo gehts um eine Art kommunaler Dystopie. Graz in düstere Zukunftsvisionen getaucht, die sich aber rasch wieder in frühlingshafte Heiterkeit auflösen. Um sich das anzusehen, sitzt man in einer Gartenlaube wie aus einer Operette. Dann ein bissl Kunst dazwischen gestreut. Offenbar ist da und dort was nicht fertig geworden. Off records wird das bestätigt. Tapfer, etwas Unfertiges auf ein Publikum loszulassen! Auch daß es im Museumsteam gerumst haben muß und zum Beispiel die (Chef)Kuratorin die Flucht ergriffen hat.
Ich versuchs dennoch weiter, drehe noch eine Runde und versuchs noch mal. Ziehe noch mal eine Runde und nochmal. Fragen traue ich mich inzwischen nicht mehr. Das Museum indes ist in den sozialen Medien hellauf von sich selbst begeistert. Der beste Museumsdirektor Österreichs, der kann doch nichts falsch gemacht haben?
Über die Zukunft von Graz, also über das, wie wir leben wollen, habe ich nichts erfahren.
P.S.: Die von mir nicht namentlich genannte Kuratorin teilt mir mit, daß sie nicht die Flucht ergriffen hat und nach wie vor ein ungetrübtes Verhältnis zum GrazMuseum hat. Meine Informationen sind ein bissl anders gefärbt, aber wie das so ist, bei Quellen (Personen), die man nicht nennen darf, sie taugen nicht so viel. Also schließen wir uns gerne dem Bedürfnis nach Korrektur an und versichern (aus eigener Beobachtung), daß das GrazMuseum ein vollständig intrigenfreier Raum ist. Das durfte ich lernen, seit ich im Zuge der ersten Planungen zur Dauerausstellung selbst "die Flucht ergriff" und zwei weitere KuratorInnen das Weite suchten.