Beschrifteter Albatroskopf
Sonntag, 30. März 2014
Sammlung Essl - Pressestimmen (aktualisiert am 30.3.)
Die Sammlung von Artikeln, Interviews, Statements, Glossen etc. zum Angebot Karlheinz Essls, der Staat möge zur Rettung der Sammlung und Sanierung der Firma seine Kunstsammlung ankaufen, ist umfangreich aber nicht lückenlos. Ich habe versucht, alle die Informationen zu filtern, in denen originelle und neue Informationen und Argumente enthalten sind.
Es kann sein, daß aus technischen Gründen die Links zu den Originalartikeln nicht hervorgehoben dargestellt werden. Sie liegen jeweils auf den Zeitungs-Namen.
Die Nachrichten sind chronologisch gereiht, die aktuellsten finden sich am Schluß des Posts.
"Rasch, rasch. Innerhalb einer Woche müsste etwas passieren." So antwortet Karlheinz Essl auf die Frage nach der Dringlichkeit einer Lösung im APA-Interview, das die Kleine Zeitung wiedergibt. Hier spricht sich Essla auch strikt gegen die Eingliederung der Sammlung in ein Bundesmuseum aus.
"7000 Kunstwerke gegen 4000 Jobs" lautet ein Kernsatz in der Berichterstattung des Kurier. Der zuständige Minister wird so zitiert, als wäre auch für ihn die Rettung der Jobs, das heißt der Baumarktkette, das eigentliche Ziel.
In einem kurzen historischen Exkurs untermauert der Kurier seine These, daß öffentliche Museen ja meist aus privaten Sammlungen entstanden seien. Die Schlußfolgerung, daß daher der aktuellle Vorgang "Essl-Sammlung" nicht so ungewöhnlich sei mündet im Resümee: "Da die öffentlichen Stellen für den Aufbau großer Kunstsammlungen zuletzt immer weniger Geld übrig hatten, sind Kooperationen mit Privatsammlern zum Muss geworden." Was den Kurier nicht so sehr interessiert ist, unter welchen Bedingungen früher Sammlungen staatlich wurden und unter welchen heute. Aktuell zeigt etwa der Deal des Generali-Konzerns mit dem Land Salzburg, daß private Interessen gewahrt bleiben ja sogar von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt werden - zum Nachteil der öffentlichen Institutionen. Ist das bei einer Stiftungslösung nach Ankauf der Sammlung Essl durch den Staat nicht auch zu erwarten?
Die Presse übernimmt in ihrem Bericht von Judith Hecht weitgehend die Argumentation Karlheinz Essls und hält sich mit eigenem Kommentar zurück. Schon am 23.3. berichtete die Zeitung (hier) über den Hintergrund - die Situation der Baumrktkette "baumax", in deren Insolvenz die Sammlung hineingezogen würde.
Im Standard zeigt sich Thomas Trenkler gegenüber dem Status der Sammlung skeptisch, so einzigartig sei sie nicht und ihr Wert könne nicht über eine Schätzung der einzelnen Werte ermittelt werden, wenn sie en bloc verkauft würde. Er beruft sich auf Museumsleiter, die dem staatlichen Ankauf sehr skeptisch gegebüberstünden, vieles sei ohnehin in Bundesmuseen vorhanden oder könnte vorhanden sein, wenn man ein Ankaufsbudget gehabt hätte.
Die Tiroler Tageszeitung fasst ausführlich die Sammlertätigkeit des Ehepaares Essl zusammen und macht darauf aufmerksam, daß sich das Essl-Museum nicht nur im Feld der bildenden Kunst profiliert hat: "Von Beginn an ist die Pflege der zeitgenössischen, elektronischen und experimentellen Musik durch Konzerte, Performances und Klanginstallationen in den Ausstellungsräumen integraler Bestandteil des Museumsprogramms. Damit hat sich ein international renommiertes und in Österreich einzigartiges Forum Neuer Musik im musealen Kontext etabliert. Seit 2011 bildet das Essl Museum auch eine Plattform für neue Literatur. In Lesereihen und Publikationen wird das Zusammenspiel von Literatur und zeitgenössischer Kunst ausgelotet."
Noch vor der aktuellen Krise der Sammlung brachte das profil (27.2.2014) einen Bericht, der interessant ist, weil er sich mit der Haltung der Essls und ihrem Verständnis ihrer Sammeltätigkeit beschäftigt. Daran schließt sich ein längeres Interview mit dem Ehepaar Essl an.
Olga Kronsteiner geht am 27.3. im Standard der Frage nach dem Wert der Sammlung nach. Dabei müsse man zwischen dem "internationalen" Teil der Sammlung - der kleiner aber wertvoller sei -, und dem "österreichischen Teil unterscheiden. Klar wird bei ihren Ausführungen daß alle bislang genannten Zahlen ziemlich unbrauchbar sind und zum Beispiel zeischen einem Teilverkauf (was Essl vehement ablehnt) und dem Verkauf der ganzen Sammlung ein erheblicher Unterschied bestünde. Sie berichtet, daß nun auch von Seiten der Banken ein Gutachten zum Wert der Sammlung in Auftrag gegeben worden sei.
Hier berichtet die Kleine Zeitung über die ersten Gegenstimmen gegen den staatlichen Ankauf und hier gibt sie ein weiteres Interview mit Karlheinz Essl wieder, in dem er auf erste Gegenstimmen bereits reagiert.
Auch der Kurier (25.3.) listet die ersten überwirgend skeptischen Reaktionen auf. Bestritten wird, daß die gesamte Sammlung von Wert sei, daß ein Ankauf eine Sammlungspolitik per Zufall sei oder daß eine Sanierung wohl kaum mit ausschließlich dem Sammlungsverkauf denkbar sein werde. Immerhin gibt es eine Glosse, in der entschieden zum Ankauf geraten wird.
Von überwiegend skeptischen Reaktionen berichtet auch die Presse (25.3.), wobei sie sich unter Galerien umgehört hat. Die nutzen die Gunst der Stunde um für eine Gesetzesänderung zu werben, die es den Museen erlauben würde, Kunstwerke auch wieder zu verkaufen. Damit wäre auch das Problem Essl-Ankauf gelöst, denn dann könnte man die Sammlung erwerben und weniger wertvolle oder für Museen nicht attraktive Teile der Sammlung loswerden.
Ebenfalls in der Presse wird über die wirtschaftliche Situation der "baumax"-Kette und den wirtschaftlichen Hintergrund des Verkaufsangebots der Essl-Kuntsammlung berichtet.
In einem Beitrag im Standard widmet sich Eric Frey (26.3.) einem sonst unbeachteten Aspekt: dem Ethos des Firmengründers Karlheinz Essl, seiner hohen gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber. Seinen Ausführungen, die sich auf die Führung des Konzerns beziehen, müsste man die analoge Haltung bei der Sammeltätigkeit, der Museumsgründung und -führung und der am Konzernstandort gelebten Verbindung von Firmenführung und ästhetischem Engangement gegenüberstellen. Wie auch Eric Frey einräumt, kann dies aber leider kein wirkliches Argument in der laufenden Debatte um den Ankauf der Sammlung sein.
In der Online-Ausgabe des Kurier, abgerufen am 28.3., finden sich gleich mehrere kurze Artikel, die unter anderem die zahlreichen Gegenstimmen gegen den Ankauf referieren, die ablehnende Haltung des Niederösterreichischen Landeshauptmannes (den Essl eigenem Bekunden nach nicht angesprochen hat) und die offenbar etwas vorsichtiger werdende Haltung von Minister Ostermeyer. Mit einer Bildergalerie "Die Preziosen der Sammlung Essl" wird aber ein Plädoyer für das Gewicht der Sammlung gehalten.
Die Presse zeigt sich angesichts des Gegenwindes gegen Essls Angebot skeptisch und stellt ebnfalls fest, daß aus dem Minsterium vagere Töne zu hören sind: „Der Minister" zitiert sie einen Sprecher, "hat angeregt, dass sich alle an einen Tisch setzen. Wenn sich keine Lösung finden lässt, dann gibt es eben keine.“ Unter den scharfen Gegenstimmen, die durch das Aufrechnen eigener Sparvorgaben gegen vermutetes Ankaufsbudget motiviert sind, fallen zwei durch ihre Aggressivität auf, das der Secession und das des Rektors der Universität für Angewandte Kunst: „Die Bundesmuseen haben zwar das ,Sammeln‘ als gesetzlichen Auftrag bekommen, aber seit Jahren praktisch kein Budget für Kunstankäufe.“ Kunst und Wissenschaft seien „am Kommunikationsradar der Politik offenbar nicht existent. 0,7% des Staatszuschusses an die Hypo-Alpe-Adria-Bank oder 58% des Buchwertes der Sammlung Essl reichen aus, um den österreichischen Kunstuniversitäten die Inflation in den drei Jahren von 2016–2018 auszugleichen!“
Eben in einem Artikel in der Presse sieht Rainer Nowak die Angelegenheit "Essl-Ankauf" schon erledigt. Vor allem angesichts des Neins aus Niederösterreich, zur Unterstützung einer staatlichen Lösung und wegen des Hypo-Desasters, das das Budget massiv und langfristig belasten wird, gibt es keinen Spielraum mehr.
Tatsächlich spiegelt sich in den ungewöhnlich vielen Reaktion in den Leserforen der diversen Zeitungen, von denen sich viele auf die Hypo-Pleite und die Burgtheater-Krise beziehen, eine große Frustration angesichts einer neuerlichen Belastung der Steuerzahler.
In einem Artikel vom 25.3. listen die Salzburger Nachrichten stattliche Namen - Galeristen und Museumsleiter - auf, die sich mit wenigen Ausnahme mehr oder weniger strikt gegen den Ankauf wenden und sich allenfalls eine Filetierung der Sammlung vorstellen können. Einen bislang überhaupt noch nicht aufgetauchten zentralen Punkt nennt Edelbert Köb: der Staat habe kein Museumskonzept, keine Museumspolitik, was bei einer derartigen Situation eine Entscheidungshilfe wäre.
Am 26.3. argumentierte der Künstler Richard Kriesche für eine strikte Trennung öffentlich-institutionellen Engagements und wandte sich in diesem Sinn selbst gegen eine Schenkung und verwies Essl auf den Kunstkarkt. (Im Standard, hier) Damit sind wir bereits in der Steiermark gelandet, ein anderes Indiz neben den zahllosen, in die hunderte gehenden Leser-Posts in den hier genannten Zeitungen, welche Kreise die Causa Essl zieht. MIt dem Kulturlandesrat und dem Intendanten des Universal-Museum Joanneum meldeten sich aus der Stiermark gleich zwei gewichtige Stimmen, und beide ablehend. (ORF.at, hier)
Martina Salomon steuert im Kurier originellerweise die Auffassung bei, daß es in Österreich zu wenig Reiche gäbe. Und zwar weil "exorbitante Einkommensbesteuerung und hohe Umverteilung in Österreich" den "Spitzenverdienern das Gefühl geben, sie müssten der Allgemeinheit nichts mehr freiwillig zurückgeben." (Kurier) Na, das wird schon noch - bei der rasch wachsenden Einkommenskluft! Frau Salomon, ein bissl Geduld!
Im "Kommentar des Anderen" bietet der Standard am 28.3. gleich vier AutorInnen auf, um die Vorgänge um den Kauf der Sammlung Essl zu kommentieren. Der angesehene Kuartor Rudi Fuchs zeigt sich voll Verständnis für das Ehepaar Essl, Ihre Sammlungspolitik und ihre Persönliche Haltung (hier). "Wenn sie (die Sammlung GF), was der Himmel verhüten möge, zerstreut wird, welches andere österreichische Museum könnte diese Kunst in solcher Vielfalt zeigen."
Auch die Kunsthistorikerin Brigitte Groihofer plädiert für die Sammlung und stellt zu Recht die Frage, welche andere und museale Sammlung denn je einer Sammlungspolitik geolgt und lückenlos gewesen sei? "Das Sammlerpaar Essl hat immerhin eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt. Denken Sie nur an die kritischen Stimmen zur zweifelhaften "Sammlung Batliner" in der Albertina , zum "eigenwilligen" Geschmack von Karola Kraus, an die Kritik an den Ankäufen Lóránd Hegyis seinerzeit, an die umstrittene Sammlung Ludwig usw." (hier)
Edgar Honetschläger polemisiert wüst gegen Essl - "Herr Essl ist hauptverantwortlich für die Verschandelung dieses Landes und des gesamten Ostens - hier eine abscheuliche Säule, dort ein gräulicher Plastikzaun, den seine Baumärkte unters Volk brachten", den Ankauf und die Sammlung, die er zu 805 "Schrott" nennt. (hier)
Angelika Stief, ehemals Kuratorin an der Wiener Kunsthalle, befragt die Kooperation zwischen Privaten und öffentlichen Institutionen und kommt zur Schlußfolgerung: "Aktuell verdichtet sich der Eindruck, dass es nicht mehr Zeiten der Not und der großen Umwälzungen braucht, um zu erkennen, dass in unserer Kultur und in den kulturellen Angelegenheiten des Landes private Interessen stets den Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben, was dem propagierten gesellschaftlichen Anspruch der Kunst diametral entgegensteht." Und weiter: "Was wir uns von den Verwaltern der öffentlichen Gelder erwarten müssen, ist Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz im Umgang mit unserem Kulturgut, Transparenz und Kontrolle von denjenigen Direktoren, denen hohe Summen überantwortet werden und die in den letzten Jahren, wie die Fälle Seipel, Noever, Matt und Hartmann drastisch zeigten, Misswirtschaft in einem unverträglich hohen Maße betrieben." (hier)
am 28.3. hat Olga Kronsteiner (ebenfalls im Standard, hier) dem "Filetieren" alles abgewinnen können. In ihrem argumentativ klaren und mit vien recherchierten Details untermauerten Artikel zieht sich den unter allen bislang mir zu Gesicht gekommenen Artikeln den "neoliberalsten Schluß". Verkauf über den Kunstmarkt. Der zweite Teil ihres Essays liest sich denn auch wie ein ekonkrete Handlungsanweisung: "Genau genommen ist die Zerschlagung der Kollektion und ihr schrittweiser Verkauf über Auktionshäuser in London und Wien die ideale, weil marktkonforme Vorgehensweise. Zeitlich wäre derlei sogar innert 18 Monaten abwickelbar, beginnend mit einem Single-Owner-Sale bei den Londoner Juni-Auktionen, gefolgt von weiteren Tranchen, vielleicht auch in Paris, in New York und natürlich in Österreich." Ideal ist, was marktkonform ist. Alle Überlegungen zu einem nichtmateriellen Wert werden strikt ausgeschlossen, oder wo sie auftauchen, dann nur als erwänschtes Nebenproduktion der spekulativen Verwertung. "Mit etwas Fantasie könnte die Demontage des Essl'schen Lebenswerks - die Mechanismen des internationalen Kunstmarktes beherzigend - insofern sogar einen Prestigegewinn für Österreich und eine Vielzahl seiner Künstler bringen." Filetierung, Demonatge, na dann! Der Artikel ist denn auch unter der Rubrik "Kunstmarkt" erschienen.
Im Kurier vom 30.3. reagiert Karlheinz Essl im Interview unter anderem auf die Ablehung durch die Museumsdirektoren und verteidigt die Sammlung: "Die Direktoren jammern alle, dass sie seit Jahren kein Budget für Ankäufe bekommen. Das finde ich auch nicht gut. Nur eines ist sicher: Ob unser Museum übernommen wird oder nicht, hat nichts mit den Museumsdirektoren zu tun. Ihr Budget wird deswegen nicht mehr oder weniger werden. So gesehen betrifft sie der Ankauf der Sammlung kaum. Das Problem ist, dass die Museen in den letzten 50 Jahren nur peripher zeitgenössische Kunst ankaufen konnten. Da wurde ein Mal ein Mikl, ein Rainer und dort ein Staudacher gekauft. Aber das sind ja keine Dokumentationen eines Künstlers, der doch mehrere Schaffensperioden hat. Wir haben alle Entwicklungen von allen wichtigen österreichischen Künstlern seit 1945 in unserem Museum. Meine Frau und ich haben immer versucht, in die Tiefe zu sammeln, wir haben Künstler 40 Jahre lang begleitet. Die Lücke, die in den Museen entstanden ist,wäre mit unserer Sammlung geschlossen. Das ist unbestritten."
Nicht gerade freundlich kommentiert die Welt am Sonntag Karlheinz Essls angebot und spricht von "Erpressung nach Gutsherrenart".
Am 29.3. bittet die Kleine Zeitung eine Reihe Prominenter um ihre Meinung, ob man die Sammlung Essl ankaufen soll und listet die Antworten nach "pro" (3) und "contra" (5) auf.
In der Kronen-Zeitung vom 29.3. kommt erstmals Agnes Essl zu Wort, in einem wie eine Homestory gerahmten und geführten Interview. Darin deutet sie an, daß man sich auch einen anderen Käufer als den Staat vorstellen kann und die ERhaltung des Museums auch ohne Sammlung.
Im Kurier vom 31.3. springen Künstler und Museumsleiter dem Sammlerehepaar Essl bei. Dieter Ronte, Erster Direktor des Museums Moderner Kunst / Museum Ludwig in Wien: "Nirgendwo ist die österreichische Kunstszene so international verankert wie in Klosterneuburg." Das Museum ist ein "Ort der Erinnerung und des Gedächtnisses der Kultur des Landes seit 1945. (...) Das Essl Museum ist aus der museologischen Karte des Landes nicht mehr wegzudenken."
Es kann sein, daß aus technischen Gründen die Links zu den Originalartikeln nicht hervorgehoben dargestellt werden. Sie liegen jeweils auf den Zeitungs-Namen.
Die Nachrichten sind chronologisch gereiht, die aktuellsten finden sich am Schluß des Posts.
"Rasch, rasch. Innerhalb einer Woche müsste etwas passieren." So antwortet Karlheinz Essl auf die Frage nach der Dringlichkeit einer Lösung im APA-Interview, das die Kleine Zeitung wiedergibt. Hier spricht sich Essla auch strikt gegen die Eingliederung der Sammlung in ein Bundesmuseum aus.
"7000 Kunstwerke gegen 4000 Jobs" lautet ein Kernsatz in der Berichterstattung des Kurier. Der zuständige Minister wird so zitiert, als wäre auch für ihn die Rettung der Jobs, das heißt der Baumarktkette, das eigentliche Ziel.
In einem kurzen historischen Exkurs untermauert der Kurier seine These, daß öffentliche Museen ja meist aus privaten Sammlungen entstanden seien. Die Schlußfolgerung, daß daher der aktuellle Vorgang "Essl-Sammlung" nicht so ungewöhnlich sei mündet im Resümee: "Da die öffentlichen Stellen für den Aufbau großer Kunstsammlungen zuletzt immer weniger Geld übrig hatten, sind Kooperationen mit Privatsammlern zum Muss geworden." Was den Kurier nicht so sehr interessiert ist, unter welchen Bedingungen früher Sammlungen staatlich wurden und unter welchen heute. Aktuell zeigt etwa der Deal des Generali-Konzerns mit dem Land Salzburg, daß private Interessen gewahrt bleiben ja sogar von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt werden - zum Nachteil der öffentlichen Institutionen. Ist das bei einer Stiftungslösung nach Ankauf der Sammlung Essl durch den Staat nicht auch zu erwarten?
Die Presse übernimmt in ihrem Bericht von Judith Hecht weitgehend die Argumentation Karlheinz Essls und hält sich mit eigenem Kommentar zurück. Schon am 23.3. berichtete die Zeitung (hier) über den Hintergrund - die Situation der Baumrktkette "baumax", in deren Insolvenz die Sammlung hineingezogen würde.
Im Standard zeigt sich Thomas Trenkler gegenüber dem Status der Sammlung skeptisch, so einzigartig sei sie nicht und ihr Wert könne nicht über eine Schätzung der einzelnen Werte ermittelt werden, wenn sie en bloc verkauft würde. Er beruft sich auf Museumsleiter, die dem staatlichen Ankauf sehr skeptisch gegebüberstünden, vieles sei ohnehin in Bundesmuseen vorhanden oder könnte vorhanden sein, wenn man ein Ankaufsbudget gehabt hätte.
Die Tiroler Tageszeitung fasst ausführlich die Sammlertätigkeit des Ehepaares Essl zusammen und macht darauf aufmerksam, daß sich das Essl-Museum nicht nur im Feld der bildenden Kunst profiliert hat: "Von Beginn an ist die Pflege der zeitgenössischen, elektronischen und experimentellen Musik durch Konzerte, Performances und Klanginstallationen in den Ausstellungsräumen integraler Bestandteil des Museumsprogramms. Damit hat sich ein international renommiertes und in Österreich einzigartiges Forum Neuer Musik im musealen Kontext etabliert. Seit 2011 bildet das Essl Museum auch eine Plattform für neue Literatur. In Lesereihen und Publikationen wird das Zusammenspiel von Literatur und zeitgenössischer Kunst ausgelotet."
Noch vor der aktuellen Krise der Sammlung brachte das profil (27.2.2014) einen Bericht, der interessant ist, weil er sich mit der Haltung der Essls und ihrem Verständnis ihrer Sammeltätigkeit beschäftigt. Daran schließt sich ein längeres Interview mit dem Ehepaar Essl an.
Olga Kronsteiner geht am 27.3. im Standard der Frage nach dem Wert der Sammlung nach. Dabei müsse man zwischen dem "internationalen" Teil der Sammlung - der kleiner aber wertvoller sei -, und dem "österreichischen Teil unterscheiden. Klar wird bei ihren Ausführungen daß alle bislang genannten Zahlen ziemlich unbrauchbar sind und zum Beispiel zeischen einem Teilverkauf (was Essl vehement ablehnt) und dem Verkauf der ganzen Sammlung ein erheblicher Unterschied bestünde. Sie berichtet, daß nun auch von Seiten der Banken ein Gutachten zum Wert der Sammlung in Auftrag gegeben worden sei.
Hier berichtet die Kleine Zeitung über die ersten Gegenstimmen gegen den staatlichen Ankauf und hier gibt sie ein weiteres Interview mit Karlheinz Essl wieder, in dem er auf erste Gegenstimmen bereits reagiert.
Auch der Kurier (25.3.) listet die ersten überwirgend skeptischen Reaktionen auf. Bestritten wird, daß die gesamte Sammlung von Wert sei, daß ein Ankauf eine Sammlungspolitik per Zufall sei oder daß eine Sanierung wohl kaum mit ausschließlich dem Sammlungsverkauf denkbar sein werde. Immerhin gibt es eine Glosse, in der entschieden zum Ankauf geraten wird.
Von überwiegend skeptischen Reaktionen berichtet auch die Presse (25.3.), wobei sie sich unter Galerien umgehört hat. Die nutzen die Gunst der Stunde um für eine Gesetzesänderung zu werben, die es den Museen erlauben würde, Kunstwerke auch wieder zu verkaufen. Damit wäre auch das Problem Essl-Ankauf gelöst, denn dann könnte man die Sammlung erwerben und weniger wertvolle oder für Museen nicht attraktive Teile der Sammlung loswerden.
Ebenfalls in der Presse wird über die wirtschaftliche Situation der "baumax"-Kette und den wirtschaftlichen Hintergrund des Verkaufsangebots der Essl-Kuntsammlung berichtet.
In einem Beitrag im Standard widmet sich Eric Frey (26.3.) einem sonst unbeachteten Aspekt: dem Ethos des Firmengründers Karlheinz Essl, seiner hohen gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber. Seinen Ausführungen, die sich auf die Führung des Konzerns beziehen, müsste man die analoge Haltung bei der Sammeltätigkeit, der Museumsgründung und -führung und der am Konzernstandort gelebten Verbindung von Firmenführung und ästhetischem Engangement gegenüberstellen. Wie auch Eric Frey einräumt, kann dies aber leider kein wirkliches Argument in der laufenden Debatte um den Ankauf der Sammlung sein.
In der Online-Ausgabe des Kurier, abgerufen am 28.3., finden sich gleich mehrere kurze Artikel, die unter anderem die zahlreichen Gegenstimmen gegen den Ankauf referieren, die ablehnende Haltung des Niederösterreichischen Landeshauptmannes (den Essl eigenem Bekunden nach nicht angesprochen hat) und die offenbar etwas vorsichtiger werdende Haltung von Minister Ostermeyer. Mit einer Bildergalerie "Die Preziosen der Sammlung Essl" wird aber ein Plädoyer für das Gewicht der Sammlung gehalten.
Die Presse zeigt sich angesichts des Gegenwindes gegen Essls Angebot skeptisch und stellt ebnfalls fest, daß aus dem Minsterium vagere Töne zu hören sind: „Der Minister" zitiert sie einen Sprecher, "hat angeregt, dass sich alle an einen Tisch setzen. Wenn sich keine Lösung finden lässt, dann gibt es eben keine.“ Unter den scharfen Gegenstimmen, die durch das Aufrechnen eigener Sparvorgaben gegen vermutetes Ankaufsbudget motiviert sind, fallen zwei durch ihre Aggressivität auf, das der Secession und das des Rektors der Universität für Angewandte Kunst: „Die Bundesmuseen haben zwar das ,Sammeln‘ als gesetzlichen Auftrag bekommen, aber seit Jahren praktisch kein Budget für Kunstankäufe.“ Kunst und Wissenschaft seien „am Kommunikationsradar der Politik offenbar nicht existent. 0,7% des Staatszuschusses an die Hypo-Alpe-Adria-Bank oder 58% des Buchwertes der Sammlung Essl reichen aus, um den österreichischen Kunstuniversitäten die Inflation in den drei Jahren von 2016–2018 auszugleichen!“
Eben in einem Artikel in der Presse sieht Rainer Nowak die Angelegenheit "Essl-Ankauf" schon erledigt. Vor allem angesichts des Neins aus Niederösterreich, zur Unterstützung einer staatlichen Lösung und wegen des Hypo-Desasters, das das Budget massiv und langfristig belasten wird, gibt es keinen Spielraum mehr.
Tatsächlich spiegelt sich in den ungewöhnlich vielen Reaktion in den Leserforen der diversen Zeitungen, von denen sich viele auf die Hypo-Pleite und die Burgtheater-Krise beziehen, eine große Frustration angesichts einer neuerlichen Belastung der Steuerzahler.
In einem Artikel vom 25.3. listen die Salzburger Nachrichten stattliche Namen - Galeristen und Museumsleiter - auf, die sich mit wenigen Ausnahme mehr oder weniger strikt gegen den Ankauf wenden und sich allenfalls eine Filetierung der Sammlung vorstellen können. Einen bislang überhaupt noch nicht aufgetauchten zentralen Punkt nennt Edelbert Köb: der Staat habe kein Museumskonzept, keine Museumspolitik, was bei einer derartigen Situation eine Entscheidungshilfe wäre.
Am 26.3. argumentierte der Künstler Richard Kriesche für eine strikte Trennung öffentlich-institutionellen Engagements und wandte sich in diesem Sinn selbst gegen eine Schenkung und verwies Essl auf den Kunstkarkt. (Im Standard, hier) Damit sind wir bereits in der Steiermark gelandet, ein anderes Indiz neben den zahllosen, in die hunderte gehenden Leser-Posts in den hier genannten Zeitungen, welche Kreise die Causa Essl zieht. MIt dem Kulturlandesrat und dem Intendanten des Universal-Museum Joanneum meldeten sich aus der Stiermark gleich zwei gewichtige Stimmen, und beide ablehend. (ORF.at, hier)
Martina Salomon steuert im Kurier originellerweise die Auffassung bei, daß es in Österreich zu wenig Reiche gäbe. Und zwar weil "exorbitante Einkommensbesteuerung und hohe Umverteilung in Österreich" den "Spitzenverdienern das Gefühl geben, sie müssten der Allgemeinheit nichts mehr freiwillig zurückgeben." (Kurier) Na, das wird schon noch - bei der rasch wachsenden Einkommenskluft! Frau Salomon, ein bissl Geduld!
Im "Kommentar des Anderen" bietet der Standard am 28.3. gleich vier AutorInnen auf, um die Vorgänge um den Kauf der Sammlung Essl zu kommentieren. Der angesehene Kuartor Rudi Fuchs zeigt sich voll Verständnis für das Ehepaar Essl, Ihre Sammlungspolitik und ihre Persönliche Haltung (hier). "Wenn sie (die Sammlung GF), was der Himmel verhüten möge, zerstreut wird, welches andere österreichische Museum könnte diese Kunst in solcher Vielfalt zeigen."
Auch die Kunsthistorikerin Brigitte Groihofer plädiert für die Sammlung und stellt zu Recht die Frage, welche andere und museale Sammlung denn je einer Sammlungspolitik geolgt und lückenlos gewesen sei? "Das Sammlerpaar Essl hat immerhin eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt. Denken Sie nur an die kritischen Stimmen zur zweifelhaften "Sammlung Batliner" in der Albertina , zum "eigenwilligen" Geschmack von Karola Kraus, an die Kritik an den Ankäufen Lóránd Hegyis seinerzeit, an die umstrittene Sammlung Ludwig usw." (hier)
Edgar Honetschläger polemisiert wüst gegen Essl - "Herr Essl ist hauptverantwortlich für die Verschandelung dieses Landes und des gesamten Ostens - hier eine abscheuliche Säule, dort ein gräulicher Plastikzaun, den seine Baumärkte unters Volk brachten", den Ankauf und die Sammlung, die er zu 805 "Schrott" nennt. (hier)
Angelika Stief, ehemals Kuratorin an der Wiener Kunsthalle, befragt die Kooperation zwischen Privaten und öffentlichen Institutionen und kommt zur Schlußfolgerung: "Aktuell verdichtet sich der Eindruck, dass es nicht mehr Zeiten der Not und der großen Umwälzungen braucht, um zu erkennen, dass in unserer Kultur und in den kulturellen Angelegenheiten des Landes private Interessen stets den Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben, was dem propagierten gesellschaftlichen Anspruch der Kunst diametral entgegensteht." Und weiter: "Was wir uns von den Verwaltern der öffentlichen Gelder erwarten müssen, ist Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz im Umgang mit unserem Kulturgut, Transparenz und Kontrolle von denjenigen Direktoren, denen hohe Summen überantwortet werden und die in den letzten Jahren, wie die Fälle Seipel, Noever, Matt und Hartmann drastisch zeigten, Misswirtschaft in einem unverträglich hohen Maße betrieben." (hier)
am 28.3. hat Olga Kronsteiner (ebenfalls im Standard, hier) dem "Filetieren" alles abgewinnen können. In ihrem argumentativ klaren und mit vien recherchierten Details untermauerten Artikel zieht sich den unter allen bislang mir zu Gesicht gekommenen Artikeln den "neoliberalsten Schluß". Verkauf über den Kunstmarkt. Der zweite Teil ihres Essays liest sich denn auch wie ein ekonkrete Handlungsanweisung: "Genau genommen ist die Zerschlagung der Kollektion und ihr schrittweiser Verkauf über Auktionshäuser in London und Wien die ideale, weil marktkonforme Vorgehensweise. Zeitlich wäre derlei sogar innert 18 Monaten abwickelbar, beginnend mit einem Single-Owner-Sale bei den Londoner Juni-Auktionen, gefolgt von weiteren Tranchen, vielleicht auch in Paris, in New York und natürlich in Österreich." Ideal ist, was marktkonform ist. Alle Überlegungen zu einem nichtmateriellen Wert werden strikt ausgeschlossen, oder wo sie auftauchen, dann nur als erwänschtes Nebenproduktion der spekulativen Verwertung. "Mit etwas Fantasie könnte die Demontage des Essl'schen Lebenswerks - die Mechanismen des internationalen Kunstmarktes beherzigend - insofern sogar einen Prestigegewinn für Österreich und eine Vielzahl seiner Künstler bringen." Filetierung, Demonatge, na dann! Der Artikel ist denn auch unter der Rubrik "Kunstmarkt" erschienen.
Im Kurier vom 30.3. reagiert Karlheinz Essl im Interview unter anderem auf die Ablehung durch die Museumsdirektoren und verteidigt die Sammlung: "Die Direktoren jammern alle, dass sie seit Jahren kein Budget für Ankäufe bekommen. Das finde ich auch nicht gut. Nur eines ist sicher: Ob unser Museum übernommen wird oder nicht, hat nichts mit den Museumsdirektoren zu tun. Ihr Budget wird deswegen nicht mehr oder weniger werden. So gesehen betrifft sie der Ankauf der Sammlung kaum. Das Problem ist, dass die Museen in den letzten 50 Jahren nur peripher zeitgenössische Kunst ankaufen konnten. Da wurde ein Mal ein Mikl, ein Rainer und dort ein Staudacher gekauft. Aber das sind ja keine Dokumentationen eines Künstlers, der doch mehrere Schaffensperioden hat. Wir haben alle Entwicklungen von allen wichtigen österreichischen Künstlern seit 1945 in unserem Museum. Meine Frau und ich haben immer versucht, in die Tiefe zu sammeln, wir haben Künstler 40 Jahre lang begleitet. Die Lücke, die in den Museen entstanden ist,wäre mit unserer Sammlung geschlossen. Das ist unbestritten."
Nicht gerade freundlich kommentiert die Welt am Sonntag Karlheinz Essls angebot und spricht von "Erpressung nach Gutsherrenart".
Am 29.3. bittet die Kleine Zeitung eine Reihe Prominenter um ihre Meinung, ob man die Sammlung Essl ankaufen soll und listet die Antworten nach "pro" (3) und "contra" (5) auf.
In der Kronen-Zeitung vom 29.3. kommt erstmals Agnes Essl zu Wort, in einem wie eine Homestory gerahmten und geführten Interview. Darin deutet sie an, daß man sich auch einen anderen Käufer als den Staat vorstellen kann und die ERhaltung des Museums auch ohne Sammlung.
Im Kurier vom 31.3. springen Künstler und Museumsleiter dem Sammlerehepaar Essl bei. Dieter Ronte, Erster Direktor des Museums Moderner Kunst / Museum Ludwig in Wien: "Nirgendwo ist die österreichische Kunstszene so international verankert wie in Klosterneuburg." Das Museum ist ein "Ort der Erinnerung und des Gedächtnisses der Kultur des Landes seit 1945. (...) Das Essl Museum ist aus der museologischen Karte des Landes nicht mehr wegzudenken."
Samstag, 29. März 2014
Die "Rettung" der Sammlung Essl wird immer unwahrscheinlicher
Je mehr Tage vergehen, seit Karlheinz Essl vorgeschlagen hat, daß der Staat seine Sammlung ankauft, desto unwahrscheinlicher wird es, daß ein solcher Kauf zustandekommt. Es ist die Fülle und die Qualität der Äußerungen, die ein insgesamt so ablehnendes Bild ergeben, daß man sich schwer vorstellen kann, daß unter solchen Bedingungen ein Minister imstande und willens ist, einen zweistelligen Millionenbetrag aufzutreiben, die Sammlung zu kaufen und auch die Wünsche Essls nach Beibehaltung des Leitunsgpostens und dem Familienbesitz am Gebäude zu erfüllen.
Es gibt auffallend aggressive und polemische Töne, aber es gibt auch gewichtige sachliche Argumente, die es unwahrscheinlich machen, daß ein Deal in der vom Sammler gewünschten Form möglich ist.
Die Argumente sind rasch aufgezählt: en bloc sei die Sammlung qualitativ zu uneinheitlich, in Teilen fragwürdig, schwierig materiell zu bewerten. Die Summe, um die es geht (nur Schätzungen, sehr grobe, sind möglich), ist angesichts des Sparkurses, dem die Museen unterworfen sind und angesichts der nahezu inexistenten Ankaufsbudgets ein Affront. Die Verquickung von wirtschaftlichen und kunstpolitischen Zielen - Rettung der Sammlung und des Baumax-Konzerns -, sei unannehmbar.
Es sind nicht nur Politiker (wie der Landeshauptmann von Niederösterreich), Galeriebesitzer, Kunstexperten, Journalisten, MuseumsleiterInnen, Universitätsdirektoren usw., die sich skeptisch bis ablehnend äußern, es zeigt sich in den Foren der diversen Tageszeitung auch eine quantitativ veritable Reaktion, wo sich zeigt, daß das Burgtheater-Desaster und die - ungleich größere - Hypo-Banken-Pleite, sehr sensibel gemacht hat für politische Unfähigkeit, Verschwendung und Sanierung auf Kosten der Steuerzahler.
Es ist auch dieses Klima, in dem politischen Handeln sich kaum rücksichtslos gegen den breiten Gegenwind wird verhalten können. Und eben sind zwei weitere Aspekte bekannt geworden, die sich beide als zusätzliche Hürden aufbauen. Der Staat haftet im Fall einer Baumax-Pleite mit um die 70 Millionen Euro, es würde also beim worst case eines Ankaufes und einer trotzdem folgenden Pleite eine sehr große Summe in der doppelten "Essl-Sanierung" versenkt werden. Und zweitens scheint im Falle des Verkaufs keine wirklich freihändige Festlegung eines Preises möglich, weil damit Gläubigerinteressen verletzt werden könnten. Denn im Falle des Firmenkonkurses wäre ja die Sammlung Teil des Vermögens und hier gilt offenbar, daß auch im Falle des Verkaufes, der die Sammlung aus der Konkursmasse ja herauslösen würde, der Wert nicht willkürlich gemindert werden darf.
Womit möglicherweise auch die Option einer Schenkung - was ich mir immer als "Lösung" vorgestellt hatte -, verbaut wäre.
Betroffen über eine mögliche Zerschlagung der Sammlung zeigt sich kaum jemand. Essl könne ja private Käufer finden, eine passgerecht dem Kunstmarkt zugutekommende Filetierung sei ja eine gar nicht so schlechte Option, Filetieren (ein Lieblingswort der Medien) könne man ja auch eventuell im Interesse der Bundesmuseen, die sich dann die Schnäppchen aussuchen könnten, solche und andere Antworten gibt es auf die Option "Verlust der Sammlung".
Es gibt auffallend aggressive und polemische Töne, aber es gibt auch gewichtige sachliche Argumente, die es unwahrscheinlich machen, daß ein Deal in der vom Sammler gewünschten Form möglich ist.
Die Argumente sind rasch aufgezählt: en bloc sei die Sammlung qualitativ zu uneinheitlich, in Teilen fragwürdig, schwierig materiell zu bewerten. Die Summe, um die es geht (nur Schätzungen, sehr grobe, sind möglich), ist angesichts des Sparkurses, dem die Museen unterworfen sind und angesichts der nahezu inexistenten Ankaufsbudgets ein Affront. Die Verquickung von wirtschaftlichen und kunstpolitischen Zielen - Rettung der Sammlung und des Baumax-Konzerns -, sei unannehmbar.
Es sind nicht nur Politiker (wie der Landeshauptmann von Niederösterreich), Galeriebesitzer, Kunstexperten, Journalisten, MuseumsleiterInnen, Universitätsdirektoren usw., die sich skeptisch bis ablehnend äußern, es zeigt sich in den Foren der diversen Tageszeitung auch eine quantitativ veritable Reaktion, wo sich zeigt, daß das Burgtheater-Desaster und die - ungleich größere - Hypo-Banken-Pleite, sehr sensibel gemacht hat für politische Unfähigkeit, Verschwendung und Sanierung auf Kosten der Steuerzahler.
Es ist auch dieses Klima, in dem politischen Handeln sich kaum rücksichtslos gegen den breiten Gegenwind wird verhalten können. Und eben sind zwei weitere Aspekte bekannt geworden, die sich beide als zusätzliche Hürden aufbauen. Der Staat haftet im Fall einer Baumax-Pleite mit um die 70 Millionen Euro, es würde also beim worst case eines Ankaufes und einer trotzdem folgenden Pleite eine sehr große Summe in der doppelten "Essl-Sanierung" versenkt werden. Und zweitens scheint im Falle des Verkaufs keine wirklich freihändige Festlegung eines Preises möglich, weil damit Gläubigerinteressen verletzt werden könnten. Denn im Falle des Firmenkonkurses wäre ja die Sammlung Teil des Vermögens und hier gilt offenbar, daß auch im Falle des Verkaufes, der die Sammlung aus der Konkursmasse ja herauslösen würde, der Wert nicht willkürlich gemindert werden darf.
Womit möglicherweise auch die Option einer Schenkung - was ich mir immer als "Lösung" vorgestellt hatte -, verbaut wäre.
Betroffen über eine mögliche Zerschlagung der Sammlung zeigt sich kaum jemand. Essl könne ja private Käufer finden, eine passgerecht dem Kunstmarkt zugutekommende Filetierung sei ja eine gar nicht so schlechte Option, Filetieren (ein Lieblingswort der Medien) könne man ja auch eventuell im Interesse der Bundesmuseen, die sich dann die Schnäppchen aussuchen könnten, solche und andere Antworten gibt es auf die Option "Verlust der Sammlung".
Freitag, 28. März 2014
Der Landeshauptmann von Niederösterreich schenkt uns allen ein Haus der Geschichte
"Ich will nicht oberlehrerhaft die Entwicklung auf Bundesebene kommentieren. Aber wir sind es nicht gewohnt, auf andere zu warten, sondern zu handeln." So spricht, vom heutigen Standard zitiert, der Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll. Und läßt damit keinen Zweifel aufkommen, worum es geht. Wenn der Bund kein Geschichtsmuseum zusammenbringt, dann macht das eben das Land Niederösterreich. Und damit es ganz klar ist, das Museum witrd den Zeitraum von der ersten Erwähnung des Wortes Ostarrichi, also Österreich, bis zur Gegenwart darstellen.
Während man bei einem Vom Bund erichteten Geschichtsmuseum wenigstens noch auf eine Art von Neutralisierung der divergierenden ideologischen Präferenzen hätte hoffen können, muß man bei einem Land, das symbiotisch von einer einzigen Partei durchdrungen ist, die Hoffnung auf eine Art "Ausgewognehit" ex negativo aufgeben, das wird ziemlich -, na sagen wir: interessant. Die bisherigen Landesausstellungen in Niederösterreich, die sich mit Geschichte und Zeitgeschichte befasst haben, lassen da auf viele schöne Erfahrungen hoffen...
Möglich wird das Museum durch die Herauslösung der landeseigenen Galerie aus dem Landesmuseum in St.Pölten. Dort zieht in die frei werdenden Räume, also unmittelbar dem Landhaus und Regierungssitz benachbart, das Haus der Geschichte ein.
In Krems, das seit Jahren konsequent zur "Kunststadt" ausgebaut wird, wird ein neues Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kunsthalle und dem Karikaturenmuseum gebaut.
Dieses Museum wird also die Landessammlung aufnehmen und, so der Landeshauptmann, auch ein "Sammlermuseum" werden, mit befristet erborgten Beständen aus privatem Besitz.
Während man bei einem Vom Bund erichteten Geschichtsmuseum wenigstens noch auf eine Art von Neutralisierung der divergierenden ideologischen Präferenzen hätte hoffen können, muß man bei einem Land, das symbiotisch von einer einzigen Partei durchdrungen ist, die Hoffnung auf eine Art "Ausgewognehit" ex negativo aufgeben, das wird ziemlich -, na sagen wir: interessant. Die bisherigen Landesausstellungen in Niederösterreich, die sich mit Geschichte und Zeitgeschichte befasst haben, lassen da auf viele schöne Erfahrungen hoffen...
Möglich wird das Museum durch die Herauslösung der landeseigenen Galerie aus dem Landesmuseum in St.Pölten. Dort zieht in die frei werdenden Räume, also unmittelbar dem Landhaus und Regierungssitz benachbart, das Haus der Geschichte ein.
In Krems, das seit Jahren konsequent zur "Kunststadt" ausgebaut wird, wird ein neues Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kunsthalle und dem Karikaturenmuseum gebaut.
Dieses Museum wird also die Landessammlung aufnehmen und, so der Landeshauptmann, auch ein "Sammlermuseum" werden, mit befristet erborgten Beständen aus privatem Besitz.
Donnerstag, 27. März 2014
Das darf der Nachwelt nicht verloren gehen...!
„Wir füllen mit unserem Publikum die Hotels und Restaurants dieser Stadt.“
Dominique Meyer. Direktor der Wiener Staatsoper
Zitiert nach der Tageszeitung KURIER (online) abgerufen am 27.03.2014
Mittwoch, 26. März 2014
Dienstag, 25. März 2014
"Zwei Rettungsaktionen" Karlheinz Essl im Wortlaut
„Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik
zu übergeben, wenn wir damit bauMax und somit rd. 4.000 Arbeitsplätze
allein in Österreich retten können. Wir haben über fünf Jahrzehnte diese
Sammlung mit viel Herzblut aufgebaut. Heute wird die Sammlung Essl
national und international als ein Musterbeispiel privater Initiative
zur Darstellung, Erhaltung und Vermittlung von zeitgenössischer Kunst
wahrgenommen. Nun sind wir an einem dramatischen Wendepunkt angelangt.
Es geht nicht nur um die Kunstsammlung, deren Zerschlagung zu einem
unwiederbringlichen Wertverlust in der österreichischen Kulturlandschaft
führen würde, es geht um rd. 4.000 Arbeitsplätze, davon 160 Menschen
mit Behinderung, allein in Österreich. Ich möchte daher die gesamte
Kunstsammlung der Republik Österreich anbieten und damit zwei
Rettungsaktionen einleiten: Zum einen könnte mit dem Erlös der
Kunstsammlung und der Mithilfe der österreichischen Banken, bauMax in
Österreich und in wesentlichen Ländern saniert und erhalten werden. Zum
anderen muss es gelingen, die wichtigste Sammlung österreichischer
Gegenwartskunst seit 1945 für unser Land und seine Menschen, für alle
Zeiten zu erhalten. Mit etwas gutem Willen ist das sicher auch möglich.“
To big to fail? Die Sammlung Essl als "Sanierungsfall"?
Inzwischen sind alle Zeitungen voll mit Berichten und Kommentaren zum Angebot an den Staat die Sammlung des Ehepaares Essl zu kaufen. Die Berichte sind ambivalent, die Bedeutung der Sammlung steht meist außer Frage, aber die staatliche Intervention wird angesichts des anderen Museen strikt verordneten Sparkurses sehr skeptisch beurteilt.
Thomas Trenkler stellt im Standard die Bedeutung der Sammlung in Frage, hier ginge es im Unterschied zu den Sammlungen Ludwig und Leopold um Werke und Künstler, die ohnehin in anderen Museen vertreten seien.
An der überhitzten Argumentation Essls und seines Beraters läßt sich ablesen, wie verzweifelt die Situation sein muß. Hier wird einerseits mit der Sammlung als "nationalem Kulturgut" argumentiert, das unwiderbringlich verlorengehen zu drohe und mit dem auch Künstlerexistenzen gefährdenden Zusammenbruch des Kunstmarktes, der dann drohe, wenn die Sammlung aus der Konkursmasse heraus versteigert oder verkauft würde.
Andrerseits wird der staatliche Ankauf als Rettung der Firma "baumax" lanciert und als Erhaltung von 4000 Arbeitsplätzen. Ein Kunstankauf als Firmenrettung? Abgesehen davon, daß es angesichts exorbitanter Verschuldung der Baumarktkette nicht ganz nachvollziehbar ist, wieso der Verkauf der Sammlung die Sanierung sichern soll, warum sollte der Staat ausgerechnet bei diesem Konzern und nicht in anderen Fällen (auch) einspringen?
Das "to big to fail" soll der Argumentation von Essl zufolge, vor allem für die Sammlung gelten. Aber er hätte gerne eine Lösung, bei der das Museumsgebäude im Besitz der Familie bleibt und er das Haus weiter leitet. Nur: der Staat müsste zukünftig auch für den Betrieb des Museums, für Personalkosten - auch für Ankäufe? - aufkommen. Wie beim Leopold-Museum gäbe es dann ein staatlich alimentiertes Privatmuseum. Das ist dann doch schwer vorstellbar.
Thomas Trenkler stellt im Standard die Bedeutung der Sammlung in Frage, hier ginge es im Unterschied zu den Sammlungen Ludwig und Leopold um Werke und Künstler, die ohnehin in anderen Museen vertreten seien.
An der überhitzten Argumentation Essls und seines Beraters läßt sich ablesen, wie verzweifelt die Situation sein muß. Hier wird einerseits mit der Sammlung als "nationalem Kulturgut" argumentiert, das unwiderbringlich verlorengehen zu drohe und mit dem auch Künstlerexistenzen gefährdenden Zusammenbruch des Kunstmarktes, der dann drohe, wenn die Sammlung aus der Konkursmasse heraus versteigert oder verkauft würde.
Andrerseits wird der staatliche Ankauf als Rettung der Firma "baumax" lanciert und als Erhaltung von 4000 Arbeitsplätzen. Ein Kunstankauf als Firmenrettung? Abgesehen davon, daß es angesichts exorbitanter Verschuldung der Baumarktkette nicht ganz nachvollziehbar ist, wieso der Verkauf der Sammlung die Sanierung sichern soll, warum sollte der Staat ausgerechnet bei diesem Konzern und nicht in anderen Fällen (auch) einspringen?
Das "to big to fail" soll der Argumentation von Essl zufolge, vor allem für die Sammlung gelten. Aber er hätte gerne eine Lösung, bei der das Museumsgebäude im Besitz der Familie bleibt und er das Haus weiter leitet. Nur: der Staat müsste zukünftig auch für den Betrieb des Museums, für Personalkosten - auch für Ankäufe? - aufkommen. Wie beim Leopold-Museum gäbe es dann ein staatlich alimentiertes Privatmuseum. Das ist dann doch schwer vorstellbar.
Montag, 24. März 2014
Alarmierende Vorgänge um die Sammlung Essl
Karlheinz und Agnes Essl haben die Baumarktkette "baumax" gegründet und einen Teil des Gewinns in ihre Sammeltätigkeit investiert. Daraus entstand eine veritable Sammlung moderner Kunst mit österreichischem Schwerpunkt und schließlich ein Museum in der Nähe der klosterneuburger Konzernzentrale.
Seit einigen Jahren kämpft die Baumarktkette mit Schwierigkeiten, ob die Sanierung angesichts stark wachsender Verschuldung möglich ist, scheint fraglich und der Grund, daß die Essls mit dem zuständigen Bundesminister in Gespräche über den Ankauf der Sammlung durch die Republik eingetreten sind.
Zwar wurde die Sammlung und das Museum als Stiftung aus dem Konzern herausgelöst, aber noch würde im Fall einer Insolvenz auch die Sammlung in die Insolvenz hineingezogen werden.
Es soll freundliche Signale von der Politik geben, aber der Widerspruch, in den sie gerät, ist eklatant. Angesichts der srikten Aufrechterhaltung der Deckelung der Budgets der sogenannten ausgegliederten kulturellen Einrichtungen des Bundes, wäre der Ankauf einer Kunstsammlung um kolportierte 86 Millionen eine schwer der Öffentlichkeit vermittelbare Intervention. Das nahezu insolvente Burgtheater, dessen Direktor fristlos entlassen wurde, benötigt angeblich 8 Millione Euro. Das mehr als zehnfache wäre nötig um die Sammlung Essl anzukaufen.
Was wäre die Alternative? Soll eine so lange aufgebaute und gepflegte Sammlung einfach untergehen?
Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich das Museum sehr schätze und viele Austellungen besucht habe und so lange es das Museum geht ein "guter Kunde" sein werde. Und das Sammlerehepaar hat für mich ein deutlich anderes Ethos verkörpert, als so mancher andere Privatsammler, der nun als Referenzbeispiel herhält. Es ist den Essls nicht zu wünschen, daß ihr Lebenswerk doppelt zugrundegeht - wirtschaftlich und sammlungspolitisch. Und ich wünsche mir ganz egoistisch einen wunderbaren Ausgang der Angelegenheit - ohne freilich zu wissen, wie das gehen könnte.
Seit einigen Jahren kämpft die Baumarktkette mit Schwierigkeiten, ob die Sanierung angesichts stark wachsender Verschuldung möglich ist, scheint fraglich und der Grund, daß die Essls mit dem zuständigen Bundesminister in Gespräche über den Ankauf der Sammlung durch die Republik eingetreten sind.
Zwar wurde die Sammlung und das Museum als Stiftung aus dem Konzern herausgelöst, aber noch würde im Fall einer Insolvenz auch die Sammlung in die Insolvenz hineingezogen werden.
Es soll freundliche Signale von der Politik geben, aber der Widerspruch, in den sie gerät, ist eklatant. Angesichts der srikten Aufrechterhaltung der Deckelung der Budgets der sogenannten ausgegliederten kulturellen Einrichtungen des Bundes, wäre der Ankauf einer Kunstsammlung um kolportierte 86 Millionen eine schwer der Öffentlichkeit vermittelbare Intervention. Das nahezu insolvente Burgtheater, dessen Direktor fristlos entlassen wurde, benötigt angeblich 8 Millione Euro. Das mehr als zehnfache wäre nötig um die Sammlung Essl anzukaufen.
Was wäre die Alternative? Soll eine so lange aufgebaute und gepflegte Sammlung einfach untergehen?
Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich das Museum sehr schätze und viele Austellungen besucht habe und so lange es das Museum geht ein "guter Kunde" sein werde. Und das Sammlerehepaar hat für mich ein deutlich anderes Ethos verkörpert, als so mancher andere Privatsammler, der nun als Referenzbeispiel herhält. Es ist den Essls nicht zu wünschen, daß ihr Lebenswerk doppelt zugrundegeht - wirtschaftlich und sammlungspolitisch. Und ich wünsche mir ganz egoistisch einen wunderbaren Ausgang der Angelegenheit - ohne freilich zu wissen, wie das gehen könnte.
Donnerstag, 20. März 2014
Der "Coup" um die Generali Foundation. Sabine Folie tritt zurück
Ein weiterer Akt im Zuge der Übersiedlung der Sammlung der Generali-Foundation and das Museum der Modere Salzburg: Sabine Folie, Leiterin der Foundation, ist zurückgetreten. Hier die einschlägige Presseaussendung mit eingehender Würdigung ihrer Arbeit an der Foundation.
Überraschedn kommt dieser Rücktritt ganz und gar nicht. Brüskiert mit einem Deal, von dem sie erst durch die Pressekonferenz erfuhr, auf der Konzernvertreter und Landespolitiker die Übersiedlung öffentlich machten, war damit ihre Position auch strukturell unklar und unhaltbar - und ihr Rücktritt erwartbar.
Zur Sache selbst, dem "Coup", hier.
Überraschedn kommt dieser Rücktritt ganz und gar nicht. Brüskiert mit einem Deal, von dem sie erst durch die Pressekonferenz erfuhr, auf der Konzernvertreter und Landespolitiker die Übersiedlung öffentlich machten, war damit ihre Position auch strukturell unklar und unhaltbar - und ihr Rücktritt erwartbar.
Zur Sache selbst, dem "Coup", hier.
Sonntag, 16. März 2014
Freitag, 14. März 2014
Buchstäblich letztklassig - Das Kärntner Landesmuseum
Auf der Rückfahrt von Villach nach Graz wollte ich dem Kärntner Landesmuseum, in dem ich schon viele Jahre nicht gewesen war, wieder mal einen Besuch abstatten. Ich hatte nicht erwartet, großartig Neues zu sehen, davon hätte ich gehört. Aber entweder hatte ich es veergessen oder übersehen - die Dauerausstellung war geschlossen. Die Nachrichten über den vernachlässigten Zustand vor allem des Gebäudes und des Depots waren ja 2012 durch die Zeitung gegangen. Nun hatte also die Sanierung begonnen.
Was ich zu sehen bekam war eine Sonderausstellung, über die ich hier nicht schreiben möchte, und eine merkwürdige Nippes-Ausstellung in der Vorhalle des Museums, die mir in einem Landesmuseum vollkommen deplatziert vorkam. Fünfzig Krampusse aus der Sammlung Botka (?)
Auch die Bibliothek war geschlossen, auf unbestimmte Zeit, wie ein unauffälliger mit Maschine getippeter Zettel mitteilte.
So, ohne andere Besucher, machte das Museum - trotz seiner beiden freundlichen Mitarbeiter - einen trostlos verlassenen Eindruck. Nichts wies darauf hin daß man während der für die Publikumsbindung heiklen Schließzeit irgendetwas anbot, was Besucher hätte bei Laune halten oder ihr Interesse wecken könnte.
Es gab auch keinerlei Information, wie es denn mit dem Museum weitergehen würde. Ich hatte in Erinnerung, daß nur Mittel für nötigste Sanierungsarbeiten zur Verfügung standen. Für die hatte man die Dauerausstellung, sagte man mir an der Kassa, abgebaut. Und dann?
Seinen 130. "Geburtstag" wird das Museum wohl versäumen. Halte ich mich an den Eindruck meines Besuchs müsste ich eher sagen "verschlafen". Denn eine Antwort, wie es nach den "Notmaßnahmen" weitergeht, gibt auch der Direktor des Museums nicht.
In einer ausliegenden Kulturzeitschrift schreibt er unterm Untertitel "Wir bauen an der Zukunft des Landesmuseums" über alles mögliche, zum Beispiel über die für die Interimsdeponierung nötigen 12,4 Kilometer Luftpolsterfolie, seinen Museumsbegriff - "Museum wird von Menschen für Menschen gemacht" -, die Verlagerung von Aktivitäten auf Außenstellen - die aber selbst mit Notmaßnahmen gerettet werden müssen, wie der Archäologische Park Mgdalensberg. Kein Wort aber zur Zukunft des Landesmuseums, zu einem Konzeot für eine neue Dauerausstellung, zum Termin einer Wiedereröffnung.
Inzwischen wird, wie man der heutigen Kleinen Zeitung entnehmen kann (hier), gegen vier Mitarbeiter ermittelt, vermutlich auf Grund einer Untersuchung des Landesrechnungshofes. Die Liste der Anschuldigen ist lang und enthält unter anderem Untreue, Veruntreuung, Beitragshinterziehung sowie Amtsmissbrauch. Das ist einzigarteig für ein österreichisaches Museum. Und da die Anzeigen vermutlich vom Direktor des Museums kommen, kann man von einem schwersten internen Konflikt ausgehen, der - je nach Dauer und Ausgang der Verfahren - das Museum lange lähmen könnte.
Zudem haben sich die politischen Rahmenbedingungen mehrfach geändert. Ein möglicherweise dem Landesmuseum gewogener, jedenfalls hoch kompetenter Kulturmanager ist als Landesrat abhanden gekommen (der ehemalige Leiter des Wiener Museumsquartiers) und selbst die möglicherweise für die Bestellung des derzeitigen Museumsdirektors nicht unwichtige politische Qualifikation (hier und hier - ich beziehe mich auf die Einschätzung wiederum der Kleinen Zeitung) ist durch den tiefgreifenden politischen Wechsel an der Landesspitze und in der Landesregierung vielleicht zur Hypothek geworden.
Im Vergeleich mit den anderen Landesmuseen ist das Kärntner Landesmuseum schon lange im Hintertreffen. Jetzt, wo auch das Vorarlberger Landesmuseum seine Zeit der Verschlafenheit wunderbar überwunden hat, ist das Museum in Klagenfurt buchstäblich letztklassig geworden. Und es gibt keine Anzeichen, daß sich daran so bald etwas ändern könnte.
Was ich zu sehen bekam war eine Sonderausstellung, über die ich hier nicht schreiben möchte, und eine merkwürdige Nippes-Ausstellung in der Vorhalle des Museums, die mir in einem Landesmuseum vollkommen deplatziert vorkam. Fünfzig Krampusse aus der Sammlung Botka (?)
Auch die Bibliothek war geschlossen, auf unbestimmte Zeit, wie ein unauffälliger mit Maschine getippeter Zettel mitteilte.
So, ohne andere Besucher, machte das Museum - trotz seiner beiden freundlichen Mitarbeiter - einen trostlos verlassenen Eindruck. Nichts wies darauf hin daß man während der für die Publikumsbindung heiklen Schließzeit irgendetwas anbot, was Besucher hätte bei Laune halten oder ihr Interesse wecken könnte.
Es gab auch keinerlei Information, wie es denn mit dem Museum weitergehen würde. Ich hatte in Erinnerung, daß nur Mittel für nötigste Sanierungsarbeiten zur Verfügung standen. Für die hatte man die Dauerausstellung, sagte man mir an der Kassa, abgebaut. Und dann?
Seinen 130. "Geburtstag" wird das Museum wohl versäumen. Halte ich mich an den Eindruck meines Besuchs müsste ich eher sagen "verschlafen". Denn eine Antwort, wie es nach den "Notmaßnahmen" weitergeht, gibt auch der Direktor des Museums nicht.
In einer ausliegenden Kulturzeitschrift schreibt er unterm Untertitel "Wir bauen an der Zukunft des Landesmuseums" über alles mögliche, zum Beispiel über die für die Interimsdeponierung nötigen 12,4 Kilometer Luftpolsterfolie, seinen Museumsbegriff - "Museum wird von Menschen für Menschen gemacht" -, die Verlagerung von Aktivitäten auf Außenstellen - die aber selbst mit Notmaßnahmen gerettet werden müssen, wie der Archäologische Park Mgdalensberg. Kein Wort aber zur Zukunft des Landesmuseums, zu einem Konzeot für eine neue Dauerausstellung, zum Termin einer Wiedereröffnung.
Inzwischen wird, wie man der heutigen Kleinen Zeitung entnehmen kann (hier), gegen vier Mitarbeiter ermittelt, vermutlich auf Grund einer Untersuchung des Landesrechnungshofes. Die Liste der Anschuldigen ist lang und enthält unter anderem Untreue, Veruntreuung, Beitragshinterziehung sowie Amtsmissbrauch. Das ist einzigarteig für ein österreichisaches Museum. Und da die Anzeigen vermutlich vom Direktor des Museums kommen, kann man von einem schwersten internen Konflikt ausgehen, der - je nach Dauer und Ausgang der Verfahren - das Museum lange lähmen könnte.
Zudem haben sich die politischen Rahmenbedingungen mehrfach geändert. Ein möglicherweise dem Landesmuseum gewogener, jedenfalls hoch kompetenter Kulturmanager ist als Landesrat abhanden gekommen (der ehemalige Leiter des Wiener Museumsquartiers) und selbst die möglicherweise für die Bestellung des derzeitigen Museumsdirektors nicht unwichtige politische Qualifikation (hier und hier - ich beziehe mich auf die Einschätzung wiederum der Kleinen Zeitung) ist durch den tiefgreifenden politischen Wechsel an der Landesspitze und in der Landesregierung vielleicht zur Hypothek geworden.
Im Vergeleich mit den anderen Landesmuseen ist das Kärntner Landesmuseum schon lange im Hintertreffen. Jetzt, wo auch das Vorarlberger Landesmuseum seine Zeit der Verschlafenheit wunderbar überwunden hat, ist das Museum in Klagenfurt buchstäblich letztklassig geworden. Und es gibt keine Anzeichen, daß sich daran so bald etwas ändern könnte.
Mittwoch, 5. März 2014
De-Extinction. Eine neue Vokabel im museologischen Glossar
Daß man aus DNA-Spuren ausgestorbene Tiere gleichsam wiederherstellen will, diese Idee gibt es schon länger. Aus welchen Gründen auch immer ist das in dem Zusammenhang meistegenannte Tier das Mammut. Jetzt will mans aber doch mal mit was Kleinerem versuchen, mit einer Taubenart, die von Menschenhand ausgerottet wurde und die man offenbar gerne wiederhaben möchte. Das Fachvokable für diese frankensteinsche Anstrengung lautet de-extinction, eigentlich unübersetzbar ins Deutsche. Ob das mehr an Motiven hergibt, als den Ehrgeiz, es mal zu versuchen? Und ob dann der bekannte Kanon der Museumsaufgaben, Sammlen, Bewahren, Erschließen und Vermitteln um Wiederherstellen erweitert werden wird?
National Geographic hat der Ressurektions-Forschung ein Sonderheft gewidmet: http://www.nationalgeographic.com/deextinction/
National Geographic hat der Ressurektions-Forschung ein Sonderheft gewidmet: http://www.nationalgeographic.com/deextinction/
Dienstag, 4. März 2014
Schneewittchensärge
Montag, 3. März 2014
Privatsammlungen in Öffentlicher Hand? Podiumsdiskussion am 12. März
Privatsammlungen
in Öffentlicher Hand?
Podiumsdiskussion
am 12. März 2014 um 19.00 Uhr
Universität
für angewandte Kunst
Lichthof
Oskar-Kokoschka-Platz
2
1010
Wien
Die
Übernahme der Sammlung der Generali Foundation seitens des Museums der Moderne
in Salzburg erfordert einmal mehr eine Diskussion über das Verhältnis von
Privatsammlungen im öffentlichen Museum.
Gemeinsam
mit der Akademie der bildenden Künste Wien veranstaltet die Universität für
angewandte Kunst Wien am 12. März 2014 um 19.00 Uhr eine Podiumsdiskussion
unter dem Titel „Private Sammlungen in Öffentlicher Hand?“ Am Podium werden Eva
Blimlinger, Sabeth Buchmann, Dieter Bogner, Eva Kernbauer, Karola Kraus, Doris
Krüger, Oswald Oberhuber und Eva Maria Stadler aus ihrem jeweiligen Tätigkeits-
und Erfahrungsbereich die gegenwärtige Tendenz der privaten Inanspruchnahme des
Öffentlichen erörtern.
Auf
Grund seines spezifischen Sammlungsschwerpunktes - konzeptuelle und
institutionskritische Arbeiten, die nicht zuletzt die Vereinnahmungen der Kunst
durch korporative Interessen reflektieren – bildet der sog. „Coup“ der Generali
Foundation sicherlich einen Sonderfall des Verhältnisses von Privatstiftungen
zu öffentlichen Sammlungen. Insofern sich viele der in der Sammlung vertretenen
Arbeiten der klassischen Werklogik verweigern, soll u.a. die Frage diskutiert werden, was es für ihre ästhetisch-politische
Konzeption heißt, wenn sie genau nach den Mechanismen, die sie kritisieren, in
Gestalt einer befristeten Leihgabe an ein Museum wertschöpfend für den Konzern
wirken.
Wir
haben bewusst nicht die Beteiligten des „Coups Generali“ eingeladen, weil uns
nicht an seiner Verteidigung oder Verurteilung gelegen ist, sondern an einer
Debatte über die Verantwortung, die der öffentlichen Hand in Bezug auf die
Wahrung eines bildungs- und kulturpolitischen Auftrags auch gegenüber
privatwirtschaftliche Repräsentation zukommt: Was, so die seit einigen Jahren
auch hierzulande verstärkt gestellte Frage, legitimiert die Übernahme privater
Sammlungen, die meist eigenen Interessen
folgen, über die Hoffnung auf eine erfolgreiche Mehrwertbildung hinaus durch
ein öffentliches Museum? Bilden diese Interessen im Unterschied zu einer
öffentlichen Sammlung, die nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebaut sein
sollte, nicht eher einen marktkonformen oder subjektiv gesteuerten Kanon ab?
Gerade weil sich die Generali Foundation solchen Fragen stets gestellt hat,
scheint ihr Transfer von besonderer und zugleich exemplarischer Relevanz.
Eva
Blimlinger – Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien
Sabeth
Buchmann – Kunsthistorikerin und Kritikerin, Professorin für Kunst der Moderne
und Nachmoderne an der Akademie der bildenden Künste Wien
Dieter
Bogner - Kunsthistoriker, Universitätsdozent, Ausstellungskurator,
Museumsplaner und Inhaber der Firma bogner.cc
Eva
Kernbauer – Professorin für Kunstgeschichte an der Universität für angewandte
Kunst Wien
Karola
Kraus – Direktorin des Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
Doris
Krüger (Krüger & Pardeller) – Künstlerin,
Universitätsassistentin in der Klasse für Transmediale Kunst bei Brigitte Kowanz an der Universität für
angewandte Kunst Wien
Oswald
Oberhuber – Künstler und ehemaliger Rektor der Universität für angewandte Kunst
Wien
Eva
Maria Stadler – Kuratorin, Professorin für Kunst und Wissenstransfer an der
Universität für angewandte Kunst Wien
Samstag, 1. März 2014
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