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Donnerstag, 6. Februar 2025

Der Louvre in Gefahr?!

Fast täglich gibt es derzeit eine Meldung zum Louvre. Kaum hatte deren Direktorin den baulichen Zustand des Musuems beklagt, namentlich auch der berühmten Glaspyramide, sprang schon der Präsident aus der Deckung und versprach eine Millionensubvention. Das geschah derart kurz hintereinander, daß man ja auf die Idee kommen könnte, daß das eine abgesprochene Inszenierung gewesen sei. Die Museumschefin schob dann noch etwas ganz anderes nach: nämlich, daß man der notorischen Überfüllung des Mona-Lisa-Saales mit einem zusätzlichen Eintrittsgeld entgegenwirken werde. Vorbildlich für das Neue Museum in Berlin, das seine Nofretete nun auch mit einem Extrazoll ausstatten will. Die Mona Lisa soll sowieso einen Extra-Raum bekommen. 


Auf dem Screen des Bahnhofes Hohenems steht das von der Austria Presseagentur gelieferte Bild
 der Louvre-Chefin. Was für ein Medienecho!

Engagement für die Demokratie. Das Volkskundemuseum engagiert sich

 




Museen und Demokratie I. Demokratie in der Box

 

Was tragen Museen in Österreich zur Diskussion um den Abbau von Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit u.a. bei? Ein Beispiel ist eine Aktion mehrerer vorarlberger Museen. Auf Initiative von museumdenken thematisieren sie unter dem Titel "Demokratie in der Box" einschlägige Fragen. Hier die Station im Landesmuseum in Bregenz.

Mittwoch, 29. Januar 2025

Der Präsident und das Museum III

 The Smithsonian Institution reportedly told staff members today, January 28, that it is closing its office for diversity, equity, and inclusion (DEI) to comply with an executive order (EO) issued by President Donald Trump last week. The controversial order requires all federally funded agencies to end their DEI programs and initiatives. 

In a staffwide email, Smithsonian Secretary Lonnie G. Bunch III said that the closure of the institution’s office is a “first step” to respond to the new federal mandate, as reported by the Washington Post. Quelle: Hyperalergic

Der Präsident und das Museum II

 Erschreckendes berichtet Kerstin Holm in der FAZ über den Stand der Dinge in der russischen Kulturpolitik. Reihenweise werden Museumsleiter entlassen, die nicht zu 100% auf Putin-Linie einschwenken. Ein regierungseigenes Programm mit dem harmlosen Namen "Verwaltungshochschule in der Kultursphäre" geht derweil einen Schritt weiter und macht Museumsmitarbeiter fitt für den ideologischen Kampf: "Teil des Programms sind Trainingsaufenthalte im Wehrertüchtigungslager 'Stal' (zu Deutsch: Stahl) in der Nähe von Nischni Nowgorod, das der kriegsbegeisterte und deswegen mit westlichen Sanktionen belegte Schriftsteller Sachar Prilepin leitet. Deren Teilnehmer werden in Uniformen gesteckt, üben mit Kalaschnikow-Attrappen Angriffsoperationen im waldigen und im urbanen Gelände, die Handhabung von Drohnen und Erste Hilfe im Feld." Quelle: Perlentaucher 29.1.2025

Sonntag, 7. Juli 2024

Mindestlohn statt Kollektivvertrag

Die Kulturstaatssekretärin hat einen Mindestlohn für MitarbeiterInnen von Bundesmuseen verhandelt. Klingt gut, wenn man genau hinsieht, aber dann doch nicht. Denn der überfällige Kollektivvertrag wird damit weiter in die Ferne gerückt und es bleibt bei großen Unterschieden in der Entlohnung innerhalb der einzelnen Institutionen und im Vergleich zwischen den Bundesmuseen. Olga Kronsteiner hat im Standard einen gut recherchierten Artikel geschrieben: https://www.derstandard.at/story/3000000227246/gleiche-arbeit-sehr-ungleicher-lohn-gerangel-um-fair-pay-in-bundesmuseen

Samstag, 23. Dezember 2023

Museologische Christianisierung

Das Bayrische Nationalmuseum wünscht uns was

Giorgia Meloni, neofaschistische Minsterpräsidentin Italiens, Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender und Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau Niederösterreichs können nicht irren: sie alle wollen zu Weihnachten Liedgut, Baum und Krippen als Stärkung der "Leitkultur" (F.Merz).

Eine Speerspitze dieser christlichen Leitkultur sind Museen, die zuverlässig alljährlich Einschlägiges aufbereiten. Wie viele Museen in Österreich werden wohl heuer wieder Krippen ausstellen?

Friedrich Merz: "Wenn wir von Leitkultur sprechen, von unserer Art zu leben, dann gehört für mich dazu, vor Weihnachten einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Es ist die Art von christlich-abendländisch geprägter kultureller Identität, die sich über Generationen überträgt, von der unsere Kinder geprägt sind und die sie dann so oder so ähnlich selbst weitertragen.


Italiens Regierung will gesetzlich regeln, wie die Feiertage an Schulen und Unis auszusehen haben. Wer Krippen vom Schulhof entfernt, könnte dann bestraft werden. Der Gesetzentwurf besteht laut einem Bericht der Zeitung Il Messaggero aus vier Artikeln. Die Einleitung behandele "die Achtung der christlichen religiösen Traditionen und der sie kennzeichnenden Symbole".

Mikl-Leitner "Das christliche Brauchtum wird hoch gehalten und das Kreuz in den Klassenzimmern nicht angegriffen. Es ist ein wichtiges Symbol für unseren Kulturraum"


Vorarlberg-Museum: "Laternenkrippen, Schneekrippen, orientalische oder alpenländische Krippen – das Krippenbauen ist in Vorarlberg überaus populär. Das vorarlberg museum wollte diese Volkskunst dokumentieren und fand im Landeskrippenverband mit dem damaligen Landeskrippenpfleger Erich Kirner einen idealen Partner. 19 Krippenvereine des Landes haben in den letzten Jahren eigens für das Landesmuseum je eine Weihnachtskrippe gebaut. Eine Sammlung ist entstanden, die nun in der heimeligen Atmosphäre des Veranstaltungssaals zu sehen ist." 

Und noch einmal das Landesmuseum, diesmal aktuell, 2023. Über diese Krippe ist alles bekannt. Der Krippenverein Braz war einer von 19 Krippenbauvereinen Vorarlbergs, die eigens für die Kulturgütersammlung des Landes eine Krippe gebaut und gestiftet haben. Wir bedanken uns bei Ihnen für Ihr Interesse an den Objekten mit Fragezeichen aus der Sammlung des vorarlberg museums, einige wertvolle Hinweise gingen ein. 
Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten!







Dienstag, 19. Dezember 2023

Das Museum als Ort des Politischen

 Aus dem aktuellen Newsletter des Jüdischen Museum Hohenems

Liebe Freundinnen und Freunde des Jüdischen Museums Hohenems,
sehr geehrte Damen und Herren,

dieses Jahr geht in sorgenvoller Stimmung zu Ende. Anlässe dafür gibt es viele.
Die unbeschreiblichen Terrorakte der Hamas am 7. Oktober haben uns alle tief erschüttert – und der Krieg seither lässt bislang wenig Hoffnung zu. Hoffnung darauf, dass der Konflikt um Israel und Palästina einmal auf eine Weise gelöst werden kann, der beiden Seiten Gerechtigkeit widerfahren lässt – und eine Perspektive auf Frieden, Gleichberechtigung und Sicherheit für alle Menschen in der Region bietet.

Zugleich sind überall in Europa jene Kräfte auf dem Vormarsch, die die Perspektive einer geteilten europäischen Souveränität, der Menschenrechte und der Vielfalt mit jedem Mittel torpedieren. Und nichts Besseres zu tun haben, als die Menschen in Europa gegeneinander auszuspielen.

Das Jüdische Museum Hohenems liegt in der Mitte Europas, zwischen Nord und Süd, West und Ost. Und es ist, das erfahren wir immer wieder von unseren Besucherinnen und Besuchern, eine kostbare Oase des zivilisierten Austauschs von Ideen, Ansichten und Perspektiven.

Unsere gemeinsame Erklärung zum Krieg in Israel und Gaza mit dem Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Innsbruck fand internationale Beachtung - als einer der wenigen Versuche, in der um sich greifenden Polarisierung ein Zeichen dafür zu setzen, dass wir Antisemitismus und Rassismus, Nationalismus und Hass nur gemeinsam bekämpfen können.

Es mag verwundern, dass ausgerechnet ein Museum ein guter Ort dafür sein soll. Aber die Menschen, die uns besuchen, sind neugierig darauf, ihre eigenen Perspektiven in Frage zu stellen, Dinge von verschiedenen Seiten zu sehen, Mehrdeutigkeit auszuhalten, ja zu schätzen – und eine Kultur zu pflegen, in der es nicht darum geht, immer im Recht zu sein. Der Publikumszuspruch macht uns Mut, in diesem Jahr 2023 haben uns mehr Menschen besucht, als in den Jahren vor Corona. Wir werden offenbar gebraucht und sind auf dem richtigen Weg.

Donnerstag, 9. November 2023

Bührle und kein Ende

Das Kunsthaus in Zürich hat mit der Übernahme und Präsentation der Sammlung Bührle kein Glück. Die neue Direktorin hat eine überarbeitete Präsentation vorgestellt, aber der gesamte Beirat ist aus Protest zurückgetreten und die Pressekommentare sind wenig gnädig.

Hier ein Bericht aus der taz dazu: https://taz.de/Streit-um-Schweizer-Kunstsammlung-Buehrle/!5970734/


Montag, 9. Oktober 2023

Museum/Demokratie. Eine Veranstaltung von "Museumdenkem" in der CampusVäre Dornbirn

 

Museum/Demokratie
Demokratie/Museum

14. Oktober 2023, 9:30-12:30 Uhr, CampusVäre Dornbirn, Spinnergasse 1, Dornbirn

Eine öffentliche Veranstaltung von museumdenken zum Ausklang des Österreichischen Museumstags 2023 in Kooperation mit der CampusVäre Dornbirn und dem Österreichischen Museumsbund
 
Programm
Moderation: Dr. Bettina Steindl (CampusVäre Dornbirn)
 
9:30- 11:00 Uhr: Impulse und Diskussion
 
Prof. Anselm Franke (Curatorial Studies, ZHDK)
Museen als Geschichtswerkstätten
Revisionismus, Menschenrechte und Multiperspektivität
 
Dr. Angela Jannelli (Historisches Museum Frankfurt)
Es muss etwas geschehen – es darf aber nichts passieren!
Demokratie, Partizipation, Museum und das Wir-Gefühl
Fünf Beobachtungen aus der Museumspraxis
 
11:00-11:30Uhr: Kaffeepause
 
11:30-12:30Uhr: Podiumsdiskussion
Was macht ein Museum demokratisch?
Mit Mag.a Sibylle Dienesch (Graz Museum), Dr. Eva Grabher (okay.zusammenleben), und Dr.Georg Hoffmann (Heeresgeschichtliches Museum) Dr.Gottfried Fliedl (museumdenken)
 
Museen gibt es in allen Staats-,Herrschafts- und Gesellschaftsformen. Aber wie steht es um das Verhältnis von Demokratie und Museum? Kann es nur innerhalb demokratisch verfasster Gesellschaften demokratische Museen geben? 

Und genügt es schon, dass demokratische Staaten Museen betreiben, um sie als demokratisch zu verstehen? Als wichtigstes Merkmal für „demokratisch“ gilt am Museum dessen uneingeschränkte Zugänglichkeit, obwohl bekannt ist, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung Museen nicht aufsucht. 

Wie demokratisch sind also die Werte, die das Museum produziert und vertritt angesichts dieser massiven sozialen Dimension? Welche Formen der Beteiligung entwickeln Museen und wie tief reichen die partizipatorischen Projekte? Anders gesagt: wo ist der „Demos“, der das Museum trägt, am Museum beteiligt, außer im Modus des Konsums? 

Wie politisch können oder müssen Museen in einer demokratischen Gesellschaft sein? Was leisten Sie für eine Demokratie, die von außen wie von innen als bedroht wahrgenommen werden muss. Wie reagieren sie auf Zerfallserscheinungen demokratischer Öffentlichkeit und auf gesellschaftliche Polarisierung? 

Mit diesen und anderen Fragen wollen wir uns am Ende des Österreichischen Museumstages in einer öffentlichen Veranstaltung beschäftigen: mit kurzen einleitenden Referaten und einem moderierten Plenum – in einem geschützten Raum, indem Kritik und Kontroverse unter Anerkennung aller Standpunkte möglich sein wird. Wir verstehen das als Einladung zur Entwicklung eines Museumsdiskurses, der grundsätzliche Fragen aufwirft, nicht zuletzt die, welches Museum es denn in diesen Zeiten braucht.

Anmeldung unter: info@museumdenken.eu 


Samstag, 6. Mai 2023

Benin-Zweifel

Die Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin sieht, wie immer von ihr befürchtet, die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria in einem Fiasko enden: Nigerianischen Medien zufolge hat der Staatspräsident Muhammadu Buhari kurz vor Amtsende die Eigentumsrechte sämtlicher Benin-Artefakte dem Oba von Benin übertragen. "Dies gelte für alle bereits zurückgegebenen und alle weiteren zu erwartenden Restitutionen von Benin-Objekten weltweit: "Was von deutschen Politikern und Politikerinnen als ein Zurückgeben des kulturellen Erbes an das 'nigerianische Volk' gedacht war und 'die Wunden der Vergangenheit heilen' sollte (Claudia Roth), ist stattdessen nun zu einem Geschenk an ein einziges Königshaus - eines unter vielen Königshäusern und Sultanaten in der Republik Nigeria - geworden. Ein Königshaus, das zudem, aus heutiger Sicht, bis zu seiner Unterwerfung durch die Briten schlimmste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat: Notorische Angriffskriege über Jahrhunderte hinweg mit Plünderungen, Zerstörungen, Massakern, Versklavung von Kriegsgefangenen, Menschenopfern zu Ehren der in den Gedenkköpfen repräsentierten Ahnen sowie Sklavenjagd und -handel in großem Stil." (Quelle: Perlentaucher, 6.5.2023)


Freitag, 5. Mai 2023

Dienstag, 18. April 2023

Haus der Geschichte Österreich. Verdoppeln oder verbessern?

Nun soll es also übersiedeln, das Haus der Geschichte Österreich, von der Neuen Hofburg in das Museumsquartier. Ein Dachbodenausbau böte die doppelte Ausstellungsfläche. Seltsam ist, daß gar nicht klar ist, ob das behördlich genehmigt wird, da hat zuerst das Bundesdenkmalamt etwas zu sagen. Und macht eine Verdoppelung der Ausstellungsfläche allein Sinn? Wäre da nicht zuerst auch zu klären, wie ein Konzept unter den neuen Bedingungen aussehen kann?

In der langen und verwickelten Geschichte der Idee eines nationalen historischen Museums war die Entscheidung Niederösterreichs wichtig, ein eigenes Museum zu gründen und nicht weiter die Idee eines zumindest von den großen Parteien gemeinsam getragenen Konzept zu entwickeln. Damit wurde das Projekt explizit parteipolitisch. In Niederösterreich entstand ein ÖVP-Museum mit teilweise derart peinlichen Ausstellungsteilen, daß die dann bald ersetzt wurden. Und in Wien wurde im Horuck-Verfahren von einem SPÖ-Staatssekretär eine Lösung präsentiert, die alle gut begründeten Einwände gegen den Standort und die Größe der Räumlichkeiten beiseiteschob.


SP-nahe HistorikerInnen entwickelten das Konzept, aber anders als in Niederösterreich, regierte hier eine Art großkoalitionärer Neutralität. Niemand sollte gekränkt, niemand vor den Kopf gestoßen werden. Ja, die Waldheim-Affaire wird thematisiert und auch die Ausschaltung des Parlaments wird korrekt benannt. Aber das alles wird als eine beruhigte, abgeschlossene, wie aus Watte geknetete Erzählung vorgetragen.


Was man gänzlich vermisst, ist eine Haltung, die das Republikanische in den Vordergrund rückt, die vom Kampf um Menschenrechte und - Würde spricht, vom Kampf um die Demokratie, vom Kampf um die Schaffung jener demokratischen Bedingungen, die nach 1945 nach und nach zu einem gefestigten Staatsgebilde führten. Was man vermisst, ist die Thematisierung der unterschiedlichen Gefährdungen, der die Demokratie jetzt ausgesetzt ist, unter den Bedingungen des Klimawandels, der ökonomischen Gefährdungen, die seit dem Krieg gegen die Ukraine verschärft spürbar werden. Was man vermisst ist eine Debatte zur Coronoakrise oder zum massiven Rechtsruck oder zur Medienpoltik mit ihren Tauschgeschäften Geld gegen wohlwollende Berichterstattung.


Was man vermisst ist die Rolle eines Mediators, der öffentliche Debatten über das noch immer Verdrängte, Beschwiegene agiert. Dem Museum ist es zu keinem Zeitpunkt gelungen, sich in einer öffentlichen Debatte zu artikulieren und schon gar nicht eine Debatte über eine drängende Problemlage anzustoßen.


Dazu müßte das Museum seine Ängstlichkeit abstreifen, was es umso weniger tun kann, je stärker es immer noch als parteipolitisch kontaminiert wahrgenommen wird. In der jüngsten Berichterstattung des Standard wird etwa hauptsächlich auf die „Vision“ von Oliver Rathkolb eingegangen und die Übersiedlung als Scheitern dieser „Vision“ eingeschätzt.


Aber visionär war das Museum nie, also konnte es in dieser Hinsicht nie scheitern. Gescheitert ist es an dem Gründungsanspruch, ein selbstbewußtes Republik-Museum zu sein. Das Klagen über geringe Ausstellungsflächen oder zu wenig Budget, ist eine Ausrede. Starke Ideen kosten nichts. Und sie kommen auch nicht zustande, wenn man die Ausstellungsfläche verdoppelt.

Donnerstag, 30. März 2023

Das Museum ist zu selbstverständlich


Vor Jahren stellte auf einer Tagung eine Kuratorin das Konzept eines Stadtmuseums für eine deutsche Großstadt vor. Zu meiner Verblüffung berichtete sie, daß das Museum von der Bevölkerung gar nicht gewünscht werde. Es wurde dennoch realisiert. Ein Schweizer Freund erzählte mit großem Bedauern, vom Verschwinden von kleinen Museen in der Region, in der er lebt, und daß er sich als Berater um deren Weiterbestand bemüht. Für ihn sieht es so aus, als würden andere kulturelle Betätigungen für die Bewohner attraktiver geworden sein. Auch aus Österreich mehren sich Beispiele dafür, daß vor allem ehrenamtlich getragene lokale Museen scheitern, weil sich niemand mehr findet, der sie betreiben will. Auch in solchen Fällen sieht sich die Politik oder private Initiativen oft veranlasst, zur „Rettung“ der bedrohten Institutionen einzugreifen indem man Beratungen, Tagungen und Weiterbildung organisiert und finanziell interveniert. 

 Allen Fällen ist gemeinsam, daß das Museum an und für sich erhaltenswert erscheint. Auch wenn das Desinteresse offensichtlich wird, soll es nicht untergehen. Das Museum gilt als fraglos anerkannter Wert. Man fragt erst gar nicht nach den Aufgaben des Museums, nach seinem aktuellen Sinn. Museen gelten als schützenswert, als wären sie eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Das Festhalten an einer Idee, deren Sinnhaftigkeit man nicht mehr hinterfragt, erspart einem einfache und naheliegende Fragen selbst angesichts drohender Abwicklung von Museen: Kann es nicht sein, daß sich die einschlägigen Konzepte, die gebotenen Inhalte, die konventionellen Erzählungen, die angesammelten Objektwelten überholt haben, keinen zeitgemäßen Bedürfnissen mehr entsprechen, die gegenwärtige Lebenswelt potentieller Besucherinnen nicht mehr abbilden und erreichen? Kann es nicht sein, daß das Museum sich allmählich abkoppelt von den immer dringlicher werdenden Gegenwartsfragen, den sozialen und politischen Konflikten, den Krisen, die mehr und mehr den Alltag der Menschen erreichen? 

Ist das nicht anders bei der Literatur, dem Kino, dem Theater, selbst bei der aufwändigen Kunstform Oper. Hier gibt es Debatten ums Grundsätzliche, kühne Projekte, radikale Transformation, rasches Reagieren auf die multiplen Krisen mit ihren vielen Ursachen. Den durch die Corona-Pandemie bedingten Problemen stellt man sich: Publikumsschwund, Desinteresse der jüngeren Generation, Veralten ästhetischer Haltungen uam. Diese selbstkritische Debatte bleibt nicht auf Fachzeitschriften und Wissenschaftszirkel begrenzt, sie reicht bis in die Feuilletons der Zeitungen, in die PR-Interviews mit Künstlern aber vor allem auch in die aktuelle Praxis. Die Zweifel an den Kunstformen werden offen thematisiert und in der Praxis erprobt man Alternativen und Auswege, sucht auch das riskante Experiment. 

Ist es nicht so, daß es in Literatur, Theater oder Kino weitaus mehr und radikalere Infragestellung der überkommenen Formen gibt, der gesellschaftlichen Aufgaben, der Produktionsbedingungen, der Förderungswege als beim Museum? Dabei gäbe es beim Museum genug Anlass zum reflexiven Innehalten. Nehmen wir ein Beispiel: Die nur dem Museum eigenen Restitutionsdebatten, sei es infolge des NS-Raubes oder der kolonialen Ausbeutung, hat das prinzipiell affirmative Verhältnis zum Museum nicht beschädigen können. Das Wissen um die Grundlage vieler Sammlungen in Enteignung, Raub, Diebstahl kratzt nicht am Image der hochkulturellen Institution, die vorgeblich das Kostbarste unseres materiellen Erbes bewahrt. Auch die neue Bewegung der Klimaaktivistinnen, die sich ja so öffentlichkeitswirksam gegen Kunstmuseen richtet, bewirkt eher eine Verteidigung der unverzichtbar scheinenden Institution. 

Die Kehrseite der Verteidigung der „Heiligen Schatzbildung“ des Museums ist die Aggression die die Aktivistinnen trifft. Kaum jemand will sich eingestehen, daß die Attacken der Klimaktivistinnen nicht so sehr der Kunst gelten, als dem problematischen Unsterblichkeitsversprechen der Institution bei möglichst unverändertem Status. Der Aktivismus macht darauf aufmerksam, daß eben nichts und niemand in einer dystopisch geformten Zukunft „übrig“ bleibt. Das Verschwinden wird alles und alle treffen. Niemand will und kann sich das Museum anders als zeitlich unbegrenzt vorstellen. Aber No future gilt auch für das Museum und für die gesamte kulturelle Überlieferung, daran erinnern die Proteste. 

Es gibt schlechte Literatur, es gibt schlechte Filme und es gibt schlechtes Theater. Aber es gibt kein schlechtes Museum. Und daher auch keine Notwendigkeit, über das Museum grundsätzlich nachzudenken. Es existiert keine Museumskritik. Museen werden, wenn sie sich überholen, nicht geschlossen, sondern sie können sich jahrzehntelang irgendwie dahinschleppen, wie das Heeresgeschichtliche Museum in Wien zeigt, dessen Ausstellungen z.T. fast schon siebzig Jahre alt sind. Vor strukturellen Widersprüchen und Schwächen der Institution Museum verschließt man die Augen. 

Was ich damit meine, erläutere ich wiederum an einem Beispiel. Museen beschäftigen sich mehr denn je, sogenannte Nichtbesucher zu gewinnen. Es gibt Forschungen und Programme dazu. Aber die lang bekannte Tatsache, daß es soziale und bildungspolitische Gründe dafür gibt, daß sich etwa 50% der Bevölkerung dem Museum verweigern, wird weitgehend ignoriert. Die soziale Distinktion, die dem Museum zugrunde liegt und die vom Museum noch verstärkt wird, bleibt tabu. Ich kenne keine nachhaltig wirksamen Projekte, mit denen das Einbinden ausgeschlossener Gruppen gelungen wäre. Einzelfälle gibt es, strukturell bewegt sich nichts. 

Im Bemühen um Nichtbesucher steckt eine erstaunliche Blindheit: man unterschätzt die hegemoniale Funktion von Kultur. Deren Werte werden von eher schmalen Eliten aufrecht erhalten und tradiert. Nun möchte man auch von Nichtbesuchern verlangen und erwarten, daß sie diese Werte teilen. Wenn aber diese Werte offensichtlich für die Angesprochenen gar keinen Wert darstellen? Denn: Wer nicht durch Familie und Schule im Umgang mit Bildungsinstitutionen vertraut gemacht wurde, wird Museen kaum aufsuchen, weil er dort kaum seine Lebenswelt wiederfinden wird. Er ist doppelt ausgeschlossen, ihm fehlen die Werkzeuge und das Motiv. Dennoch hält man das Museum für eine derart bedeutende Einrichtung, daß sie für jedermann von Interesse sein soll und der Anspruch erhoben wird, daß jedermann jedefrau von ihm Gebrauch machen sollen. 

Die Anstrengungen, die man zum Anwerben von Nichtbesuchern unternimmt, ähneln den Methoden des Marketings und der Warenwerbung. Sie sollen den Kulturkonsum erleichtern und verbreitern – eine Marktstrategie -, aber sie bewirken so gut wie nichts. Das hält man dann auch noch für demokratisch. Während man ignoriert, wie undemokratisch die sozialen und bildungspolitischen Grundlagen des Konsums von Hochkultur sind, die einen so großen Teil der Bevölkerung davon fern halten. Erst wenn man zur Kenntnis nimmt, daß auch Museen ihre fragwürdigen Seiten haben, Menschen aktiv ausschließen, erst wenn man sich auf sowohl strukturelle als auch in der (Ausstellungs)Praxis wirksame Probleme einläßt, wird man imstande sein, Konzepte zu entwickeln. Konzepte, die die Kritik an der Institution aufnimmt und ihr gerecht wird. 

Museumskritik ist nötig und überfällig, um seine gesellschaftliche Rolle immer wieder zu befragen und zu justieren. Diese Kritik müsste in den Medien geleistet werden und sie müsste vor allem von den Museen selbst geleistet werden. Davon sind wir weit entfernt. Worauf warten Museen angesichts der drängenden und vielfachen Herausforderungen? 


Zwei Literaturhinweise zu Publikation, die Kritik am Museum leisten, wenngleich sich die Probleme seit deren erscheinen vertieft und vermehrt haben, denen sich Museen ausgesetzt sehen: Daniel Tyradellis: Müde Museen. 2014. Walter Grasskamp: Das Kunstmuseum. Eine erfolgreiche Fehlkonstruktion. 2016 

Dieser Text ist eine überarbeite und erweiterte Fassung eines Beitrags der in der Zeitschrift des Museumsbundes erschienen ist. Neues Museum, März 2023, Heft ½ S.82/83

Sonntag, 19. März 2023

Volkes Stimme

 „Wolfsbär“ postet zu einem von Stefan Weiß im „Standard“ veröffentlichten Artikel zum „Postenschacher“ am Universalmuseum Joanneum: „ Leute aus der Wirtschaft im Museumsbereich sind leider eine Katastrophe. Leute aus der Wirtschaft glauben sie können einfach alles managen. Das erste was die machen ist einmal den Marketingbereich aufstocken und wissenschaftliche Mitarbeiter kürzen. Denn auf der WU lernt man doch auch wie man Ausstellungen macht und als Bankmensch weiss man natürlich welches Objekt "schön" ist und was "schiarch" ist und damit geignet oder ungeignet ist für die Sammlung. Den Politikern muss man sagen, wiel sie es selbst nicht kapieren: 1. Ein Museum funktioniert nicht so wie eine Bank. 2. In Museen ist kein Platz für politische Versorgungsposten. 3. Das gilt auf Landes- und Bundesebene.

Donnerstag, 16. Februar 2023

Und hier das nächste bizarre Kapitel in der unendlichen Geschichte Heeresgeschichtliches Museum

Unklare Gefechtslage, aber schwere Geschütze

Wie erinnerlich war vorgesehen gewesen, den abgelösten Direktor des HGM, Christian Ortner, als – wie es nun plötzlich heißt – bloß interimistischen Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) einzusetzen. (Hier der Bericht dazu) Nachdem es massiven Widerstand des Instituts gegen Ortner gegeben hat, der den Posten ohne Ausschreibung bekommen sollte, scheint sich die Vorgangsweise der Ministerin zu ändern. Das Institut werde derzeit evaluiert, erklärte sie auf der Pressekonferenz, auf der der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums vorgestellt wurde. (Bericht dazu hier) Zitat Tanner: "Wenn das Institut in seiner jetzigen Form bestehen bleibt, wird natürlich ausgeschrieben." Tanner erklärte allerdings, auch die Auflösung des Instituts sei denkbar. 

Dazu die Wiener Zeitung: „Die Aussage Tanners wird wohl kaum zu einer Beruhigung der Lage in der LVAk führen. Mitarbeiter erwähnten in einem Brief an die Ministerin subtile Drohungen, eine Auflösung des Instituts sei in den Raum gestellt worden, sollte man sich lautstark gegen Ortner stellen.“

Tanner dementierte die Vermutung, das HGM könne dem Institut angegliedert werden. Zitat Wiener Zeitung: „Gerüchten über Pläne einer Umstrukturierung des Instituts inklusive Angliederung des HGMs erteilte Tanner (...) eine Absage. Sie schrieb die Gerüchte einem FPÖ-nahen Personalvertreter zu. Nach Informationen der "Wiener Zeitung" kamen sie allerdings aus dem Kabinett der Ministerin. Ihr Büro ließ Fragen darüber unbeantwortet.“ 

Also, sowohl die Drohungen, das Institut aufzulösen, kamen aus dem Kabinett der Ministerin, als auch das Gerücht von der Zusammenlegung von Museum und Forschungsinstituts. Wenn man im Zuge des lange dauernden Ausschreibungs- und Berufungsverfahrens etwas näher mit dem inneren Kreis der Entscheidungsträger vertraut werden durfte, dann ist es naheliegend, von einem veritablen Konflikt zwischen Kabinettsmitgliedern einerseits und einer nicht immer völlig informierten Ministerin andrerseits zu sprechen. Es gibt, kann man sich mit mehreren Anhaltspunkten, zurechtlegen, vermutlich weit rechts denkende und agierende Personen, die gerne an Ortner festhielten und die von der weiteren Entwicklung des HGM noch immer andere Vorstellungen haben, als die Ministerin, die Kommissionen, die das Museum evaluiert haben und der eingesetzte Beirat. 

Diese Konstellation ist eine der massiven Hypotheken des neuen Leiters des Museums, der ja nicht nur auf ziemlich anders gestrickte und noch dazu vorgesetzte Kabinettsmitarbeiter treffen wird, sondern auf ihm ideologisch nahe stehende Ortner-Fans in der Mitarbeiterschaft des Museums.

Quelle:

Auflösung eines Instituts nach Kritik möglich. In: Wiener Zeitung, 16.2.2023

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2178433-Aufloesung-eines-Instituts-nach-Kritik-moeglich.html


Mittwoch, 15. Februar 2023

Der neue Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums tritt sein Amt an

In einer Pressekonferenz hat Ministerin Tanner eben den neuen Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums vorgestellt. Hier der Stream der Pressekonferenz.

Georg Hoffmann stellte drei Ziele dar: "Modernisierung, Öffnung und Diskussion". Dabei werde er an  geäußerter Kritik ansetzen. Er möchte künftig die "Verbindung zwischen Gesellschaft und Militär in den Vordergrund rücken und auch den Menschen als Akteur einbinden". 

Leitbilder seien weiters "Erinnerungskultur, Multiperspektivität und Diversität". „Für Hoffmann ist das HGM sowohl ein historisches Museum als auch ein Museum für Militärgeschichte. Neben baulichen Maßnahmen, neuen Displays und zeitgemäßen Darstellungsformen möchte er das Haus vermehrt als Diskussionsort, aber auch als „Anker innerhalb des Bundesheeres als Ort der Selbstreflexion für Soldatinnen und Soldaten“ etablieren. Letzteres bezeichnete er als „Beitrag zur geistigen Landesverteidigung“. 

„Man muss das HGM im gesamtgesellschaftlichen Rahmen sehen, eingebettet in den museumstheoretischen Diskurs.“ Sein Zeil sei es, dem Museum „wieder die Bedeutung zu geben, die ihm Kraft seiner Sammlung zusteht“. Der erste Schritt sei es, das Team kennenlernen, das "Sicherheit und Handlungsräume bekommen soll, um kreativ arbeiten zu können". Hier sei besonders die Professionalisierung "ganz wichtig".

Ministerin Tanner räumte "viele Versäumnisse in den letzten Jahrzehnten ein, die teils bis ins Jahr 1955 zurückgehen". "Wichtig ist, dass die künftige Führung auf diesen Beirat hört und mit ihm zusammenarbeitet", unterstrich Tanner.“ "Ein Drittel der Empfehlungen des Rechnungshofs sei bereits umgesetzt, die anderen zwei Drittel werden vor allem auch im Zuständigkeitsbereich jener zweiten neuen Personalie liegen, die ins HGM einzieht: Die Juristin und Magistratsbeamte Stephanie Prachtersdorfer-Prigl wird als Stellvertreterin Hoffmanns über die wirtschaftlichen Belange wachen.

Das Gerücht, wonach Christian Ortner auf einen Posten versetzt worden sei, der ihm nach einer angeblich geplanten Strukturreform erneut Befugnisse über das HGM bringen könnte, wies Tanner klar als falsch zurück. (vgl. meinen Post dazu)


Quellen

Wien orf.at

APA 15.2.2023

Stefan Weiss: Führungswechsel im Heeresgeschichtlichen: Tanner kürt Hoffmann. Der Grazer Zeit- und Militärhistoriker übernimmt das in die Krise geratene HGM und will es modernisiert auf Kurs bringen. In: Der Standard 15.2.2023

Neuer HGM-Direktor Hoffmann: "Modernisierung, Öffnung und Diskussion", in: Kurier 15.2.2023