Donnerstag, 19. April 2018

Die zehn besten Museen Österreichs. Die zehn schlechtesten Museen Österreichs. Resonanz und Staunen

Heute hat mein Post mit den zehn besten und den zehn schlechtesten Museen Österreichs den zehntausendsten Zugriff gehabt. Über Facebook gab es mindestens noch einmal so viele Zugriffe. Damit ist dieser Post der meistgelesene in meinem Blog seit seinem Bestehen.

Die persönlichen Reaktionen mir gegenüber waren auch dementsprechend zahlreich, überwiegend positiv und insofern ermutigend, weil ein Defizit an analytischer und kritischer Beschäftigung mit den Museen sichtbar wurde.

Hier der Link für die, die diesen Post noch nicht kennen:  https://museologien.blogspot.co.at/2018/01/die-zehn-besten-museen-osterreichs-die.html

Wie geht es weiter? - Ich denke, daß ich im Juni, eher im Juli eine "zweite Auflage" des Ranking veröffentlichen werde (an dem ich schon arbeite), mit mehr Museen, wahrscheinlich auch mit einer differenzierteren Abstufung - aber bei Beibehaltung der sehr subjektiven Auswahl und Beurteilung.

Also, ein wenig warten, dann gibts Neuigkeiten, vielleicht sogar mehr gute, denn mir fallen mehr "gute" Museen in letzter Zeit auf, als "schlechte" (die sind dann aber wirklich unterirdisch). Wir hören und lesen voneinander...!

Ein Schloß, ein Präsident, eine Kanzlerin. Museumspolitik im Großmaßstab.

Ich arbeite gerade an einem Text zum Berliner Humboldt-Forum (ohne Auftrag, ohne Vorstellung, wo ich das veröffentlichen könnte), eien Text zur politisch-ideologischen Bedeutung dieses Großprojektes, mit dem sich die Berliner Republik unter die führenden Museumsnationen einschreiben und eine strahlende, selbstbewußte staatliche Identität gegenüber der Welt geltend machen will.
Und ich staune nicht schlecht, als ich in ZDF "Heute" (vom 19.4.2018) Macron und Merkel, Staatspräsident und Kanzlerin, vor einer riesigen Bildtapete, die das Berliner Schloss zeigt, ihre Pressekonferenz zu EU-Fragen und zur EU-Reform abhalten sehe.

Pressekonferenz Emanuel Macron, Angela Merkel vor einer Fototapete des Schlosses, inklusive Fahnen.

Das läßt keinen Zweifel an der identitätspolitischen Bedeutung, die die deutsche Bundesregierung dem Museumsbau und der Teilrekonstruktion des Schlosses zumißt. Das hat sogar etwas von jener Großzügigkeit, wenn man so will auch vom Pomp, mit dem in Frankreich seit Jahrzehnten präsidiale Museumsprojekte lanciert und gefeiert wurden. Mit dem Höhepunkt des Ausbaues des Louvre zum Grande Louvre unter Mitterand mit seiner berühmten Pyramide und der Eröffnung im Jahr der 200. Wiederkehr der Französischen Revolution.
Unter dem Eindruck dieser Pläne soll Helmut Kohl die Gründung des Deutschen Historischen Museums angeordnet haben, das zunächst ja in einem Neubau untergebracht werden sollte, nach der Wiedervereinigung aber im barocken Zeughaus etabliert wurde, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum jetzt teilrekonstruierten Schloß.
Daß Deutschalnd auf seine preußische also auch militärische und koloniale Vergangenheit zurückgreift (in dem Schloß residierte auch Wilhelm der II., in dessen "Amtszeit" die Deutsche Kolonialpolitik fällt) ist angesichts der Gespräche, in der es um eine Reform der EU geht, schon bemerkenswert und interpretationsbedürftig. Die, die der Spiegel anbot, frei praphrasiert "über die Baustelle EU wird eben in einer Baustelle gesprochen", dürfte nicht ausreichen.

Macron, Merkel und der "Generalintendant" des Humboldt-Forum-Projektes, Neil MacGregor, ehemals Direktor des British Museum, bei einer Führung durch die Schloßbaustelle 19.04.2018
Eine andere Pointe dieses Ereignisses ist die, daß Macron kürzlich eine umfassende Restitution ethnologischer Sammlungsbestände angeordnet hat, während ja grade um das koloniale Erbe, den Umgang damit und die Probleme der Restitution in Berlin ein Streit entbrannt ist. Macron hat dabei ausgerechnet Benédicte Savoy von der TU Berlin  beauftragt, die mit ihrer Kritik an der neokolonialen Politik Mitte 2017 die von Beginn an laute Kritik am neokolonialen Konzept des Humboldt-Forums (Übersiedlung der ethnologischen Sammlungen aus Berlin-Dahlem) dermaßen in Schwung gebracht hat, daß das Triumvirat an der Spitze des Projeketes, einschließlich Neil MacGregor ganz schön in der Defensive ist.
Aber wenns so wichtig ist, wird das, so oder so, schon wie geplant 2019 eröffnet werden. Aber mit welchen Kompromissen? Und wirds der EU helfen?

Freitag, 13. April 2018

Wer weiß etwas? Suchmeldung


Ich bitte die auf Facebook unter der Überschrift „Freunde“ (meine F.) versammelte Schwarmintelligenz um Hilfe.
Im Vorjahr wurde unter skandalösen Umständen (DIE KLEINE) Alexia Getzinger zur Leiterin des Universalmuseum Joanneum ernannt. Seit 1.1.2018 ist sie das.
Was immer ich auch im Internet an Suche ausprobiere, ich komme auf keine einzige Information zur Tätigkeit von Alexia Getzinger am Landesmuseum. 
Ein Grün-Politiker hat wörtlich zu mir gesagt, vor Monaten, nach der Bestellung: „Wir hoffen, das sie nichts macht.“
Das kann aber doch kaum sein?!
Wer weiß etwas über den Verbleib, die Tätigkeit, die Pläne, die Projekte, die Pressemeldungen und -Konferenzen usw. von Frau Getzinger?
Für Hinweise bin ich dankbar, sofern es sich nicht um Gerüchte handelt.

Donnerstag, 12. April 2018

Emigration (Texte im Museum 667)

Cité de la Immigration, Paris. 2017

Das Museum mit Gegenwart (Das Wort zum Tag)



Museen sind heute einer der wenigen Orte, wo man einen unpolemischen und tiefgreifenden Dialog führen kann. Ausstellungen werden politisch gelesen. Das sehe ich positiv. Das bedeutet nicht, dass der politische Kontext à priori einen Schwerpunkt in der Ausstellungsgestaltung darstellen wird.




Max Hollein, frisch bestellter Direktor des Metropiltan Museum New York

Mittwoch, 11. April 2018

Geschichte für Eilige. Das Nürnberger Stadtmuseum

Ein raum, eine halbe Stunde Stadtgeschichte
"Das Stadtmuseum Fembohaus ist das Stadtmuseum zur Geschichte Nürnbergs. 950 Jahre Stadtgeschichte werden anschaulich dargestellt. Es präsentiert in neuartiger Museumsatmosphäre mit ambitionierten Ausstellungen zu aktuellen Themen der Stadtgeschichte einen umfassenden Blick auf die Stadtgeschichte."

So stellt Wikipedia das Nürnberger Stadtmuseum vor.

Das Museum wurde 1953 gegründet, kurz bevor die Reichskleinodien, die in der Zeit des Nationalsozialismus nach Nürnberg gebracht worden waren, wieder nach Wien zurückgegeben wurden. Das Museum befindet sich im sogenannten Fembohaus, einem Haus eines sehr wohlhabenden Kaufmanns, errichtet im Stil der Spätrenaissance.

Schon als bauliches Dokument stellt das Stadtmuseum ein Problem in der (Re)Präsentation der Stadtgeschichte Nürnbergs dar. Es ist ein Zeugnis der Bau- und Wohnkultur der reichsten und lange Zeit allein herrschenden Schicht. Es wurde zwar im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, konnte aber als in Teilen erhalten und zumindestens teilweise wiederhergestellt werden - als eines jener meist städtebaulich isolierten historischen Bauten inmitten der modernen Bebauung nach 1945, die in der Stadt vorherrscht. Eine Reihe inmitten der modernen Nachkriegsbebauung singulär gewordenen Architekturobjekte behaupten etwas vom einstigen spätmittelalterlichen Glanz der Stadt inmitten ihrer die Geschichte auslöschenden Überbauung über den Kriegsruinen. Sowohl seine sozialhistorische Repräsentativität als auch seine unversehrtes Überdauern vortäuschende Rekonstruktion und Sanierung stellen ein Dilemma dar, dem man im Museum (und in Nürnberg) auch anderswo begegnet.

So beginnt der Rundgang durchs Museum im obersten, vierten Stock (ich komme später zum inzwischen neuesten Ausstellungsraum, der als in sich geschlossene Einheit gesehen werden will, und den man als jetzt als ersten betritt, später zurück), wo man sich vor einem großen Stadtmodell einfindet. Mithilfe eines gesprochenen Textes, an die Wand projizierten Fotos und einem wandernden Spot, der die jeweils angesprochenen Lokalitäten in der Stadt kenntlich macht, wird zunächst die mittelalterliche Geschichte der Stadt andeutungsweise erzählt. Also deren herausgehobene Bedeutung als Kaiserresidenz, Ort von Reichstagen, Stadt des Handels.
Genau diese blühende mittelalterliche Stadt wird ja auch im Modell gezeigt, in den Grenzen der heute noch umfangreich erhaltenen Stadtbefestigung.

Das Schicksal der Jüdischen Bevölkerung wird an den Erläuterungen zum Marktplatz und der Frauenkirche erzählt. An der Stelle des Platzes befanden sich die Häuser der jüdischen Bevölkerung, von denen über 500 in einem Pogrom 1349 getötet wurden. Nur fünfzig Jahre zuvor waren bereits über 600 Juden umgebracht worden. Nun zerstörte man ihre Häuser, an deren Stelle der "Große Markt" angelegt werden konnte und die Synagoge wurde durch die Frauenkirche ersetzt. Erst 1850 konnten durften sich wieder Juden in der Stadt ansiedeln.
Es wurde nun eine dritte, große Synagoge errichtet, die aber noch vor der sogenannten Reichskristallnacht zerstört wurde. Auf dem Stadtmodell sieht man die Synagoge nicht mehr, denn das stammt aus dem Jahr 1939 und zeigt daher eine leere Stelle an dem Ort der kurz zuvor beseitigten Synagoge. So wird ausgerechnet das aus der NS-Zeit stammende, die mittelterliche Stadt wenige Jahre vor ihrer Zerstörung noch intakt zeigende Modell zum Zeugen der antijüdischen Barbarei des NS.

Wer die großflächige Verheerung der Stadt nachvollziehen will, findet einige Räume später ein kleineres, einschlägiges Modell - und dann auch v.a. fotografische Dokumente der verwüsteten Stadt.

Man darf aber nicht glauben, daß die folgenden Ausstellungsteile die Hoffnung auf eine kritische Durchdringung der Stadtgeschichte erfüllen oder auch nur das Versprechen von Wikipedia einlösen wird, in "neuartiger Museumsatmosphäre" (...) "ambitionierte Ausstellungen zu aktuellen Themen" zu bieten.


Wir befinden uns ja in einem sorgfältig restaurierten Patrizierhaus, also in maßstäblich eher "heimeligen" Zimmern und Stuben mit Stuck, Deckenmalerei, Kasettendecken, Kachelöfen, Butzenscheiben-Fenstern, geschnitztem Holz usf. Die Ausstellungsmacher haben sich vom Ambiente zu einer eher altbackenen Gestaltung verführen lassen. Das erlaubt dennoch immer noch überraschende Einsichten, etwa in der knappe Vorstellung mancher Handwerke, wo man schnell begreift, worauf der Erfolg des Nürnberger Handwerks wohl beruht hat. Auf großer Innovativität, eignen Erfindungen, die man sorgsam schützte und einer hoch arbeitsteiligen Herstellung von Waren. Die Informationen zur Sozialstruktur geben eine Ahnung von den Machtverhältnissen in der Stadt und zwischen Stadt und Burg. Aber viele Informationen und Themen haben einen Schwerpunkt bei den reichen Schichten, eine Einseitigkeit, die immer noch viele Museen allein schon auf Grund ihrer langjährigen Sammlungsschwerpunkte pflegen. Aber für eine 2000 eröffnete Ausstellung ist das schon erstaunlich.
So gilt ausgerechnet dem protzigen Bau des allerreichsten Handelsherrn eine umfassende Dokumentation, mit Plänen, Modell und Lebenslauf, in dem aber so viele Fragen, die man gehabt hätte, nicht gestellt werden.

Objekte werden einzeln - z.B. historische Gemälde - oder in Gruppen als kunsthistorische oder auch historische Zeugnisse vorgeführt aber je näher es zur Gegenwart geht, desto weniger ergibt das noch so etwas wie eine anschauliche Erzählung. Fürs 17. Jahrhundert gibt es ein großformatiges Gemälde, das ein aus Anlass des Westfälischen Friedens gehaltenen Mahles entstanden ist, fürs 18.Jahrhundert muß ein bedeutender Landkarten-Verlag herhalten, der allerdings auch hier, im Fembohaus seinen Sitz hatte. Das ist interessant, aber eben nur eine Facette der Stadtgeschichte.

Ausgerechnet die Industrialisierung "entfällt" - bis auf dokumentarische Fotografien, ich glaube nicht einmal die älteste deutsche Eisenbahn wird erwähnt (?) die von Nürnberg nach Fürth führte, damit entfällt auch die moderne sozial-, alltags und politische Geschichte. Und das geht nun doch bei einer Stadt wie Nürnberg gar nicht. Für den NS und die verheerende Zerstörung der Stadt stehen wiederum nur dokumentarische Fotos zu Verfügung.
Wer wirklich etwas über Nürnberg in der NS-Zeit erfahren will, über die Stadt der Reichsparteitage und die Instrumentalisierung der Stadt im NS, der muß das Dokumentationszentrum in den Ruinen des Reichsparteitag-Geländes zu besuchen.

Doch inzwischen hat man einen neuen Ausstellungsabschnitt geschaffen, der aus einem einzigen großen Raum besteht. Ihn betritt man, so wird es einem beim Betreten nahegelegt, über die Sonderausstellungsräume und verläßt ihn dann über einen Lift, mit dem man vors Stadtmodell im vierten Stock kommt. Es ist also einerseits der erste Raum zur Stadtgeschichte, andrerseits gehört er nicht wirklich zur permanenten Ausstellung, denn er bildet so etwas wie ein abstract.


Nur 30 Minuten zum Stadtexperten

Atemlos durch die Geschichte
Vorher/Nachher. Zerstört/Wieder aufgebaut
Dieser Raum ist eher ein Schrein, ein großer Raum voller Dokumente, Repros, Fotos, Büsten, Fakes usw. dicht an dicht und an allen Wänden appliziert und von Gewölben - Fotoreproduktionen mittelalterlicher Architektur -, herabhängend, hüllt einen immersiv mit Stadtgeschichte ein. Hier werde man, versprechen einem Plakate in der Stadt, in einer halben Stunde zum Experten. "Nürnberg auf einen Blick" steht auf anderen Plakaten zu lesen. Und ein Motto hat diese Wunderkammer auch, nämlich "Krone - Macht - Geschichte". Ein Motto, das einen grübeln läßt, ob hier bloß die Macht der Krone gemeint sein könnte, das "kaiserliche" Nürnberg und daher nur "ihre" Geschichte.

Nun, es gibt eine Vitrine im Raum, und in ihr werden der Kronschatz gezeigt, als Replik, die Originale befinden sich ja in der Wiener Schatzkammer. Für Nürnberg (für wen genau eigentlich?) scheint der "Verlust" dieser Zimelien ein fortdauerndes Trauma, mindest eine Kränkung zu sein. Gleich mehrere Objekte beziehen sich auf das Kaisertum, aber insgesamt ist dieses Pasticcio aus Originalgemälden, Fotos, Büsten, Faksimiles - eines vom Heiltum in Wandhöhe -, usw. "ausgewogener" als die Dauerausstellung. Indes, es können die vielen Themen nur angerissen werden, ein bisschen NS hier, ein bisschen sozialdemokratisches Nürnberg dort, ein bisschen mittelalterliche Religiosität.

Die einzige Struktur ist eine lockere Chronologie und neun oder zehn Biografien, alles Männer, überwiegend politisch Mächtige, Kaiser, Bürgermeister - und Künstler, etwa Richard Wagner. Keine Frau. Kein Durchschnittsbürger.

Mit einem Audioguide dürfte das dann wirklich auf in einer halben Stunde zu schaffen sein. Also für ausländische Touristengruppen, die es eilig haben, weil sie noch Lebkuchen kaufen und Rostbratwürste essen gehen müssen. Für südkoreanische Touristen, die selbst für Wien nur vier Stunden haben, könnte das für Nürnberg genügen.

Stadtmuseen scheinen ein Problem zu haben. Es hat in den letzten jähren mehrere Veranstaltungen gegeben, in denen sie sich versammelt haben, um sich ihre Wunden zu zeigen. Eine dieser Veranstaltungen habe ich moderiert, aber mir ist auch da nicht so recht klar geworden, was das Problem ist gerade dieser Museen ist. In der Konkurrenz mit urbanem Kulturangebot und größeren, namhafteren Museen, namentlich den klassischen und moderne Kunstmuseen, scheinen sich Geschichtsmuseen als häßliche Entlein der Museumslandschaft zu sehen. Das ist vielleicht (auch) eine Frage des Selbstbewusstseins. Das andere Problem könnte sein, daß die Stadtmuseen kein rechtes Verhältnis zu "ihrer" Stadt finden. Wie auch, wenn die Gegenwart einer Stadt überhaupt nicht vorkommt, wie etwa im Nürnberger Museum. Auf die Schnelle fällt mir überhaupt nur ein einziges Museum ein, in dem Gegenwart ausdrücklich und ausführlich stattfindet. Das ist das Amsterdamer Stadtmuseum. Da habe ich gelernt, daß das berühmte Tiki-Taka des FC Barcelona bei Ajax Amsterdam erfunden und von Spielertrainern, die nach Spanien gegangen sind, als extrem beweglicher, schneller, athletischer Fußball exportiert wurden. Cool. Das war aber nicht alles. Dort traten mir Bewohner und Bewohnerinnen Amsterdams entgegen, über die ich etwas erfahren konnte und damit über deren Alltag und somit weiter über die Stadt als heutigen Lebensraum.

Womit sich alle diese Museen sehr schwer tun, ist die sinnvolle Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit. Dazu kommt die finanzielle und politische Abhängigkeit, die es schwer macht, sich mit konflikthaltigen Gegenwartsfragen zu beschäftigen.

Das erste, was zu tün wäre, wäre das "Historische" an diesen Museen, die Differenzerfahrung, in der Einsichten über Ursachen, Wirkungen, Lösungen zu forcieren. Ein Beispiel. Im Nürnberger Stadtmuseum Stadtmuseum stößt man auf eine ökologische Krise: die Waldgebiete schrumpften und damit die extrem wichtigen Holzvorräte. Da erfindet ein Nürnberger eine Methode der rationellen gewinnung von Baumsamen und Methoden der rationellen Aufforstung. Diese wird erfolgreich lange geheim gehalten und sichert Nürnberg einen weiteren "Standortvorteil". Das erinnert doch an etwas?! Da könnte man doch Anknüpfen, oder? Aber ein solcher Faden bleibt lose liegen.

Das gilt erst recht über alle Machtfragen. Wie ein Museum mit Machtverhältnissen umgeht, für die kann man die Frage in jedem Museum wie einen Lackmustest anwenden. Da setzt es meist ganz aus und wer eine historische Ausstellung "evaluieren" will (nicht nur in Stadtmuseen), der soll sich die Frage der Macht an Hand der gezeigten Dokumente und "Erzählungen" und Deutungen stellen. Da gabs doch einen Handwerkeraufstand, der die göttliche Nürnberger Gesellschaftsordnung für einen Herzschlag aussetzen ließ? Aber in all der feierlichen Vorführung patrizischer Kultur hats dafür keinen Platz im Museum.
Und Gegenwart? Die, in der ich mich als Tourist bewege. Die gibt es im Nürnberger Stadtmuseum nicht.