Samstag, 27. Januar 2018

Das beste Museum Österreichs kommt nach Graz

Das beste Museum Österreichs, das Jüdische Museum Hohenems, *) kommt nach Graz, mit einer seiner erfolgreichsten Ausstellungen, Jukebox! Jewkbox! Also, bestes Museum, tolle Ausstellung. Soll ich jetzt noch extra eine Empfehlung abgeben?! Und wo kann man die Ausstellung sehen? Im GrazMuseum, also im Stadtmuseum (das übrigens auch unter den toop ten meiner fast ewigen Bestenliste ist). 

Eröffnung ist am Mittwoch den 7.2. Um 18 Uhr

Und hier der Infotext zur Ausstellung (von der Webseite des GrazMuseums):

1887 revolutionierte der deutsch-jüdische Emigrant Emil Berliner von den USA aus die Populärkultur. Mit seiner Erfindung des Grammophons und der Schallplatte begann das Zeitalter der globalen Massenunterhaltung. 100 Jahre lang waren Schellack und Vinyl die Tonträger der großen Emotionen, der Utopien und Katastrophen, der Illusionen und Hoffnungen des 20. Jahrhunderts. Sie sind zugleich ein Produkt jüdischer Musikschaffender und ein Spiegel jüdischer Geschichte. Jukebox. Jewkbox! ist eine Reise durch die Welt der Musik, die manches Leben verändert hat.


*) Das beste Museum Österreichs ist es, seit ich es vor etwa 10 Tagen in meinem Ranking der 10 besten und der 10 schlechtesten Museen gemacht habe. Hier gehts zum Ranking, und zur Begründung: http://museologien.blogspot.co.at/2018/01/die-zehn-besten-museen-osterreichs-die.html http://museologien.blogspot.co.at/2018/01/die-zehn-besten-museen-osterreichs-die.html

Freitag, 26. Januar 2018

Museum & Politik. Eine goldene Toilette für Trump

Das Weiße Haus um Donald Trump hätte seine vier Wände gerne mit Van Goghs Landschaften geschmückt, doch angeboten bekommet es vom Newyorker Guggenheim Museum stattdessen eine goldene Toilette des Künstlers Maurizio Cattelan, betitelt mit "America".
In einer Email an die Washington Post schrieb die Trump-kritische Kuratorin Nancy Spector:
"Der Künstler ist bereit für eine langfristige Leihgabe seines Werkes an das Weiße Haus" so Spector, "es handle sich um ein wertvolles und fragiles Werk, aber wir würden eine Gebrauchsanweisung für Anschluss und Pflege mitliefern."

Mittwoch, 24. Januar 2018

Geschichtsschreibung auf Niederösterreichisch. Das "Haus der Geschichte" in St. Pölten

Vor einer Woche erschien im FALTER  (Nr.3/18 vom 17.3.2018)mein Text zum "Haus der Geschichte" in St. Pölten, unter dem Titel "Gulasch ohne Saft" - ein Zitat eines niederösterreichischen Landeshauptmannes aus der Ausstellung. Ich stelle den Text nun hier, ergänzt um einige Bilder, online.


Als kürzlich Franz Fischler in einem Zeitungsartikel für ein Ernstnehmen des Wiener Hauses der Geschichte Österreich argumentierte und dessen Emanzipation aus einem fragilen Provisorium forderte, erwähnte er mit keinem Wort das bereits existierende Museum in St. Pölten.
Dabei beansprucht dieses, die Geschichte Niederösterreichs eingebettet in die Österreichs und Zentraleuropas darzustellen, während man sich Wien erst einmal mit einer Ausstellung von der Republikgründung 1918 bis zur Gegenwart begnügen muss. In St.Pölten kokettiert man mit dem Adjektiv „erstes Geschichtsmuseum Österreichs“.
Ein erster, sehr ausführlicher Besuch zeigt, dass der Anspruch auf Repräsentation der Geschichte des ganzen Landes schon auf Grund der auf Niederösterreich zugeschnittenen Sammlung nicht eingelöst wird. Die Ausstellung bleibt am Anfang sehr kursorisch und wird in viele Themen aufgesplittert, die als einzelne durchaus interessant gewählt sein können, aber es dem Besucher erschweren, Strukturen herauszulesen. Erst mit der Aufklärung setzt eine Verdichtung ein, die im Abschnitt zum eher knapp abgehandelten Ersten und breit dargestellten Zweiten Weltkrieg zu einer überproportional breiten Darstellung wird.


Überaus befremdlich ist dort das Motto „Gleichschritt“, das nicht als Kennzeichnung einer militärischen Marschordnung dient, sondern als Gleichsetzung des NS-Terrorsystems mit dem der stalinistischen Sowjetunion benutzt wird. Mehrere Texte behaupten diese Identität und eine riesige Grafik an der Wand versammelt in ein- und demselben Rot markiert alle nur erdenklichen Lager. Die Botschaft ist klar: es gab nur einen Terror.
Was in den Wissenschaften verantwortungsbewusst und differenziert diskutiert wird, tritt hier als Tatsache auf. Es bleibt überdies unklar, was diese fragwürdige Gleichsetzung zur Erhellung der (Nieder)Österreichischen Geschichte beiträgt? Oder geht es nur um die Relativierung des Nationalsozialismus?

Mit dem Weltkrieg und einem kurzen Exkurs zu unmittelbaren Nachkriegszeit bricht die Ausstellung überraschend ab, um in einen ganz anderen Modus zu wechseln. Den der unverblümten (partei)politischen Sicht auf die Zeit nach 1955. Auf das Trauma der Weltkriege folgt der Triumph der Moderne, aber in exquisiter niederösterreichischer Tracht. Der in den Landesfarben blau-gelb gehaltene Saal - unter demTitel „Niederösterreich im Wandel“ - würdigt in Wort und Text die Heroen der Österreichischen Volkspartei, so sie aus Niederösterreich kamen. Leopold Figl und Julius Raab gleich in einer Art von Triumphallee doppelt, jeweils in Gemälden und Skulpturen und einander gegenüber platziert, so dass ein Fluchtpunkt mit dem Gemälde der Unterzeichnung des Staatsvertrags gebildet wird. Später werden wir Alois Mock begegnen, in Form  profaner Reliquien (seinem Mantel und dem Hebelschneider vom Durchtrennen des Grenzzauns zu Ungarn). Erwin Pröll überlebensgroß und, als jüngstem Schaustück, noch einmal auf einem Foto mit der jetzigen Landeshauptfrau bei der Machtübergabe. Über allem schweben Politikersätze anderer Landeshauptleute in Leuchtschrift wie: „Ein Land ohne Hauptstadt, ist wie ein Gulasch ohne Saft“ (Siegfried Ludwig).

Die parteipolitische Penetranz, die hier regiert, ist in der Gründung des Museums verankert. Die lange Jahre dauernde Debatte über ein Republikmuseum nützte Erwin Pröll geschickt, um das Projekt nach Niederösterreich zu holen und die “Verantwortung” für Österreichs erstes Geschichtsmuseum an sich zu ziehen. Die parteipolitische Färbung findet sich nicht bloß im erwähnten Abschnitt, sie bildet eine subkutane Struktur des Museums, insofern mit der Erinnerung an die vermeintliche “Bollwerkfunktion” des “Kernlandes” Niederösterreich an ideologische Versatzstücke erinnert werden, die, und das habe ich in einer Diskussion des Ausstellungsteams an der Uni Graz erfahren, seinerzeit in der Parteileitung der ÖVP entwickelt wurden. Wie auch die nach dem Beitritt Österreichs zur EU modernisierte Selbstdefinition als “Brücke”. „Brücken bauen", so ist denn auch der letzte Ausstellungsteil benannt.


Methodisch begehen die Ausstellungsmacher ausgetretene Pfade. Träger der Informationen sind überwiegend die Texte, Objekte erscheinen illustrativ, wie Alibis, aber werden ihrem ästhetischen Eigensinn kaum genutzt. Da leiht man sich eine zeitgenössische Darstellung der Menschenrechte vom Pariser Musée Carnavalet, aber versteckt sie regelrecht unter anderen Objekten, lässt diesen Gründungstext Europas unübersetzt und macht auch sonst nirgendwo klar, welche epochale Zäsur das Zeitalter der Aufklärung bedeutet.
Ausstellungen sollten Deutungsangebote sein, bei denen die Autorschaft und der Standpunkt der Autoren ausgewiesen ist. Nichts davon findet man hier, eine Anonymisierung der Sprecherposition - „was will das Haus der Geschichte?“ (Abschnitt 01) - das fragt uns eigentlich wer? Eine verdinglichte Sprache riegelt die Informationen und Aussagen weitgehend gegen Interpretation durch den Besucher ab. Vieles wird als abgeschlossene Tatsache, also als Sachwissen vermittelt, wo eigentlich Reflexionswissen gefragt wäre. Methodisch ist das folgenreich, denn diese positivistische Informativität über eine wie abgeschlossen erzählte Vergangenheit hindert den Besucher daran, Verknüpfungen zur Gegenwart zu finden. So stammt das jüngste Objekt zu „Überwachung“ aus den 30er-Jahren. Der naheliegende Anschluss mit der brisanten Gegenwartsentwicklung wird erst gar nicht versucht.

Dazu kommt, dass die Konzentration auf Niederösterreich in der Darstellung der Zweiten Republik, ein weiteres Hindernis ist, die vorhergehenden zeitlichen Etappen der mit der Gegenwart zu verknüpfen. Und so über die Erfahrung von Zeitdifferenz Orientierungs- und Reflexionswissen zu gewinnen. Erst das machte Probleme der Gegenwart - Sozialabbau, Gefährdung demokratischer Errungenschaften, Rechtsradikalismus und Rassismus, Fremdenfeindlichkeit u.a.m. verständlicher.
Denn wie könnte ein österreichisches Museum, ein “Nationalmuseum” gar?, uns denn anders gelegen kommen, wenn nicht als ein entschieden diskursiver, demokratischer, Gegenwart aufklärender Ort, an dem wir begreifen dass und wie Vergangenheit jetzt wirkt und wie wir vernünftig gesellschaftlich handeln können und wollen.

Das verweigert uns das Museum und auch die Antwort auf die Frage, warum immer alles so gekommen ist, wie es keiner wollte. Wozu braucht also wer dieses Museum?


Eintrittskarte mit Jakobinermütze (Entrée 139)

Museum Nationalen d'  Histoire Naturelle Paris

Freitag, 19. Januar 2018

Das Museumsranking. Nachwort in eigener Sache

Das Echo auf das „Ranking“ österreichischer Museen nach „besten“ und „schlechtesten“ ist erstaunlich. Seit ich den Blog betreibe, hat es erst einmal einen Post mit so vielen „Besuchen“ gegeben. Das war am Höhepunkt des Skandals um den Abbruch der Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien.

Warum gibt es diese Resonanz? Hat es mit der Beliebtheit von Listen zu tun? (101 Most beautiful places you must visit before you die). Oder mit dem Phänomen, daß schlechte Nachrichten faszinieren - was nur den zweiten Teil des Rankings betrifft. Oder genereller damit, daß man wissen will, ob man (als MitarbeiterIn eines Museums z.B.) „dabei“ ist oder weil man sich die kleine Schäbigkeit gönnen will, andere auf der (Negativ)Liste zu ertappen.

Ich denke mir, daß es eher mit dem Umstand zusammenhängen könnte, daß man Museen überhaupt nie schlecht findet und daher auch nie einschlägig kategorisiert, anders gesagt, daß es keine Museumskritik gibt und man Museen an sich als sinnvolle und wichtige kulturelle Institutionen ansieht.

Wer das so sieht, den muß allein schon die Tatsache überraschen, daß es eine wertende Beurteilung bei Museen gibt, eine Unterscheidung, nichts anderes meint ja Kritik. Im Internet wird man, etwa bei Tripadvisor, die sehenswerten Museen einer Stadt finden, sicher keine, die man meiden soll, die „schlecht“ sind.

Wenn es so etwas wie Listen oder Rankings zu Museen gibt, dann berufen die sich auf Größe, Besucherzahlen oder Abseitigkeit (The ten weirdest museums in the world, Time Magazine). Oder auf Bewunderung - nicht auf Qualität -, wie bei der Forbes-Liste Ranking The World's Most Admired Art Museums, And What Big Business Can Learn From Them (!). Auf der Liste finden sich achtzehn Museen, durchweg Kunstmuseen und, Überraschung, auch in jeder Besuchsstatistik die vordersten Plätze belegen.

Meine Liste konfrontiert möglicherweise mit der Überraschung, daß es überhaupt so etwas wie Kritik an Museen gibt und daß es daher sehr unterschiedliche Niveaus gibt, sie konfrontiert also mit etwas, was wir z.B. von Filmen gewohnt sind (wo es viele, sehr differenzierte, auch nummerierte Listen - Rotten Tomatoes - gibt), aber vom Museum eigentlich gar nicht. Die Reaktionen auf die Liste sind mehrheitlich positiv, neugierig, überrascht. Einige Leser sind irritiert. Ja, es gibt schlechte Filme, schlechte Theateraufführungen, schlechte Fernsehserien - aber schlechte Museen? Wir sind gewohnt, Besuchszahlen als ultimative Qualitätskriterien anzusehen. Aber ist ein Fußballspiel, das 60.000 gesehen haben besser als eines mit halb so vielen Fans?

Kritik wird oft als Angriff verstanden. Museen scheinen mir, aus den genannten Gründen, besonders empfindlich zu sein. Während meiner beruflichen Tätigkeit habe ich es zwei oder drei Mal erlebt, daß Museen, an denen ich Seminare oder Projekte veranstaltet habe, Kritik als unzuläßig zu unterbinden oder einzuschränken. Dabei ist Kritik eine wichtige Ressource. Museen sollten nicht nur Kritik von außen „dulden“, sie sollten sie annehmen und sie sollten sie selbst organisieren. Aus vielen Gesprächen mit KollegInnen, die in Museen arbeiten, glaube ich zu wissen, daß internes Feedback, sei es während eines Projektes und als ein Teil davon, sei es nach einem Projekt, zwar wünschenswert erschein, sehr selten stattfindet.

Mein „Ranking“ provoziert die Frage nach der Kritisierbarkeit des Museums, die Frage nach der Qualität der Kritik, nach ihren Kriterien, nach ihren Rückwirkungen auf die Museen, nach ihren Effekten auf das Publikum, die Rolle, die sie in den Medien spielt. Anders gesagt, mein Ranking, oberflächlich eine geballte, heftige Ladung harscher, apodiktischer Urteile hat nicht das Ver/Urteilen zum Ziel, sondern die Debatte über den gesellschaftlichen Sinn des Museums und seine Qualitäten.

In mindestens einer Hinsicht unterscheidet sich meine Spielerei, meine knappen Kritiken im Stil „raw and dirty“, mehr ist es nicht, von einschlägigen Restaurantführern. Dort gibt es nur indirekt ein Ranking. Denn Restaurants werden nach Qualitätsgruppen zusammengefasst (mit Ausnahme des erwähnten Tripadvisor, wo man, gestützt angeblich ausschließlich auf die Bewertung von Konsumenten, etwa das 342-beste Restaurant von Paris finden kann).

Ich habe mir überlegt, ob man das mit Museen auch machen könnte. Nicht mit Hauben, Gabeln oder einem Punktesystem, sondern mit einer Art von Typologie, die man auch ohne Probleme über die herkömmliche Typolgie (Kunstmuseen, Heimatmuseen usw.) drüberlegen könnte.

Etwa „Museen, die sich erfolgreich aufgegeben haben“. „Museen, die um sich kämpfen.“ „Museen, die an ihr Publikum Anforderungen haben“. Museen, an denen man rumkaut, als hätte man zu viele Gummibären im Mund". „Museen, die infantilisieren“. „Museen, die sich selbst nicht verstehen.“ „Museen, die niemand in ihrem Schlaf stören will“. „Museen, die man besser nicht besuchen sollte“. „Museen, die für“ hier darf man selbst ein Wort einsetzen, „eine Bereicherung sind“. "Museen für deren Besuch man getrost einen 700.- Euro Flug buchen sollte".

Wer Museen kennt, oder besser noch, wer ein Museum als Arbeitsplatz hat, kann die Fragen ja mal im anonymen, stummen Selbstversuch testen.

Ich bleibe dran, und habe noch weitere, neue Ideen und habe in Gesprächen, die großen Spaß machten, die Ausbaufähiggkeit des „Rankings“ entdeckt. Und die gute Nachricht zum Schluß: Ich arbeite schon an der „zweiten Auflage“ und bei mir wird mn nicht, wie beim Gault Millau ein Jahr warten müssen, meine überarbeitete und erweiterte Liste wird früher kommen!

P.S.: Ich nehme gerne Anregungen für „gute“ wie für „schlechte“ Museen entgegen und mir ist auch Kritik an meiner Liste willkommen. So habe ich, auf eine Anregung hin, ein Museum ausgetauscht.

Donnerstag, 18. Januar 2018

Die zehn besten Museen Österreichs. Die zehn schlechtesten Museen Österreichs

Geblödelt habe ich schon öfter darüber, mit verschiedenen Leuten - über ein „Gault-Millau für Museen“, das heißt ein Ranking, an dem sich der „Konsument“ orientieren und sich die Restaurants, sprich Museen, untereinander vergleichen können. Der Gault-Millau und andere Restaurantführer teilen mit einem „Museumsführer“ den Nachteil und Vorteil, daß es kaum Kriterien der Bewertung gibt, schon gar keine empirischen. In Restaurantführen wird das mit der (anonymen) Autorität der Kritiker und ihren apodiktischen Urteiln verschleiert. Originalzitat: „Die lauwarme Mohntarte mit Nusskrokant und Cassis-Birne war ein würdiger Abschluss.“

Hier, in meinem „Museumsführer“ ist das anders. Ich leugne gar nicht, daß ich ungerecht, hemmungslos subjektiv, gemein oder gutmütig und außerdem sehr wählerisch bin. Sowie, daß es keine verbindlichen und anerkannten Kriterien gibt, mit denen man noch dazu Birnen mit Äpfeln vergleicht, Großmuseen mit Ausstellungsorten, professionelle Kulturmaschinerien mit ephemeren Orten. Es kommt sehr drauf an, wie man die beiden Listen selber nutzt.

Wer reklamieren, Einspruch erheben will, Ideen hat von Museen, die in die Liste der „guten“ und der „schlechten“ gehören - her damit, gerne. Unterm Post findet sich der Link, mit dem man mir ein Mail senden kann.

So, und jetzt geht es los!


Die zehn besten Museen Österreichs

 

01 Jüdisches Museum, Hohenems, Vorarlberg

Seit seiner Gründung vor sechundzwanzig Jahren wird das Museum mit großer gesellschaftspolitischer Verantwortung und auf der Basis sorgfältiger wissenschaftlicher Forschung, mit Schwerpunkt Familienforschung, geführt. Es ist nicht bloß die Dauerausstellung, es sind die Sonderausstellungen mit ihren originellen Themen und ihrer methodischen Vielfalt und Innovativität, die die Qualiät des Museums ausmachen - zusammen mit vielen Projekten, Kooperation und der überregionalen Vernetzung. Mit dem Nachkommentreffen, der Zusammenkunft von Nachfahren der Hohenemser Jüdischen Gemeinde, hat sich sogar ein buchstäblich weltweit verzweigtes Netz gebildet. Das Haus, mit seinem kleinen, ingeniösen Cafe und Leseraum ist ein wichtiger urbaner Ort, aber auch für alle, die als Besucher und Gäste hierher kommen oder, so wie ich, manchmal einfach nur einen Espresso brauchen und eine gute Zeitung. Wobei es mir dann auch deswegen dort gut geht, weil ich auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffe, die ich sehr schätze.

02 Frauenmuseum, Hittisau, Vorarlberg

Nachdem das Museum eine schwierige Phase der Neuorganisation der Trägerschaft - hoffentlich endgültig - hinter sich gebracht hat und es 2017 den Österreichischen Museumspreis bekommen hat, kommt das Museum wieder in ruhiges Fahrwasser. Alles ist hier bemerkenswert, die schlichte, einladende Architektur, das Teambuilding, der Umgang mit den Besuchern, die direkte, konfliktträchtige Nachbarschaft mit der Feuerwehr, das ständige Neuerfinden von Themen, Methoden und Formaten und last but not least die engagierten aber mit leichter Hand gestalteten Ausstellungen.

03 Weltmuseum

Hätte ich im Vorjahr schon so ein Ranking gemacht, wäre das Weltmuseum jetzt der Aufsteiger des Jahres. Daß ich das noch erleben darf! Ein Bundesmuseum, ein großes und wichtiges noch dazu, erfindet sich neu und bietet seinen Besuchern vielschichtige Information und durchaus tiefgehende Reflexion. Auch nach vier langen Besuchen innerhlb kurzer Zeit, habe ich das Gefühl, daß sich das Museum für mich noch lange nicht erschöpft hat und auch nicht für viele Freunde und Kollegen, mit denen sich im und übers Museum lebhafteste -auch kontroverse -, Diskussionen ergeben. Ich gönnte dem Museum die Rückgewinnung des an das Republikmuseum abgetretenen Raum und vor allem die Wiederherstellung seiner institutionellen Autonomie, also Abnabelung vom Kunsthistorischen Museum.

04 Museum und Art Brut Center, Klosterneuburg-Gugging, Niederösterreich 


Aus der großen Sammlung, die aus der Arbeit des Psychiaters Leo Navratil seit den 1950er-Jahren an der damaligen NÖ Landesnervenheilanstalt entstanden ist, ist, nach Auflösung der Klinik, ein Museum entstanden, das seinen Horizont auf Art Brut erweitert hat und regelmäßig Ausstellungen, mit dem Schwerpunkt „Gugginger Künstler“ ausrichtet. Meine Faszination angesichts des unglaublich reichen und vielfältigen Sammlungsfundes ist auch nach Dutzenden Besuchen ungebrochen. Die Originalität dieses Museums liegt in seiner wie es aussieht unerschöpflichen Sammlung und in der Ausstellungspolitik, weniger in der Innovativität der Ausstellungsmethoden.

05 Feldermuseum, Schoppernau, Vorarlberg

Ist das überhaupt ein Museum und nicht doch nur eine Dokumentation, eine zu groß geratene Gedenktafel, eine Erweiterung der Dorfbibliothek? Eine große Wand mit Texten und einer handvoll einmontierter Bildrepros. Das wars dann auch schon. Aber: Am liebsten würde ich dort alle Leiter und Kuratoren von Geschichtsmuseen hinverpflichten. An Schoppernau kann man nämlich sehen, was emphatisches Erzählen bedeutet und bewirkt, wie liebevoll etwas gestaltet und durchdacht werden kann, und wie eine einzelne Biografie Geschichte aufschließen kann und dann auch noch gegenwärtige Verhältnisse sich im Licht geschichtlicher Entwicklung erhellen lassen.

06 vorarlberg museum Bregenz

Das derzeit ohne wenn und aber beste der neun Landesmuseen. Die modulare Mischung aus Daueraustellung(en), mittelfristigen und kurzfristigen Ausstellungen ist logistisch sicher aufwändig, erlaubt aber sowohl die Sammlungsbestände wechselweise in Themenausstellungen zu zeigen, als auch originelle Themen zu forcieren oder über entliehene Ausstellungen zu bekommen. Das ergibt bei den Ausstellungen eine große Schwankungsbreite, klar, aber ich orientiere mich eher an den geglückteren unter ihnen. „Römer oder so“ ist für so eine. Launig, gewitzt und unter Nutzung des archäologischen Sammlungsbestandes wird der landespolitischen Mythologisierung eines römischen Ursprungs von Bregenz zu Leibe gerückt und gleichzeit das Museum las Ort der Dekonstruktion und des Fragen-Stellens genutzt. Und das so, daß es etwas abwirft für eine der großen Gegenwartsfragen: wer sind wir, woher kommen wir, wodurch unterscheiden uns wir...Die Dauerausstellung leistet sich das Museum als work in progress, wobei nicht nur das making of der Landesidentität konstruktivistischer Theorie folgt, sondern dem auch noch das making of der Ausstellungsrealisierng vorgeschaltet ist.

07 Ausstellungshaus Spoerri, Hadersdorf am Kamp, Niederösterreich


Sobald der Winterschlaf beendet ist, mache ich mich nach Hadersdorf auf den Weg, stelle das Auto am schönen Hauptplatz ab und freue mich auf das, was mich erwartet. Spoerri ist nicht nur ein mir symphatischer Künstler, er ist auch ein außerordentlicher Sammler und Ausstellungsmacher, der zusammen mit Freunden und Kolleginnen federleichte, wunderbare Ausstellungen kreiert. Zusammen mit dem wunderbaren Garten, dem zugehörigen Gasthaus und sowieso dem kulinarischen Angebot in der Region ist das eine der schönsten Museums-Ausflüge, die man machen kann.

08 Museum Arbeitswelt, Steyr, Oberösterreich

Nach der langen und verdienstvollen Gründungsphase des Museums - verdienstvoll wegen der Zuwendung zur Geschichte der Industrialisierng, zur Arbeiterbewegung, zur Sozialgeschichte -, schien das Museum angesichts des rasanten Wandels, der seinen Darstellungsgegenstand betraf, an Bedeutung zu verlieren. Als ich vor gar nicht so langer Zeit das Museum wieder einmal besuchte, schien es spröde, leer, fast tot zu sein, wie erschöpft. Das war aber eine Täuschung, da hatte ich einen schlechten Tag erwischt. Denn am Museumstag, der im Museum stattfand, entpuppte sich ds Haus und sein Team als in einer Weise politisch engagiert, daß ich aus dem Staunen gar nicht herauskam. Ich kenne kein anderes Museum, das so offensiv, mit derart vielen Veranstaltungen und last but not least mit der offenbar sehr klug und umsichtig betrieben Demokratiewrkstatt um Demokratie debattiert, kämpft, für sie wirbt - angesichts aktueller besorgniserregender Entwicklungen. Wir bräuchten mehr solcher Museen. Und im kommenden Mai eird eine neue Dauerausstellung eröffnet.

09 GrazMuseum, Graz, Steiermark

Von der Stadt nicht sonderlich unterstützt, von der übermächtigen Konkurrenz des riesigen Landesmuseums bedrängt, hat das Grazer Stadtmuseum keine so guten Karten. Die Dauerausstellung, die in heftigen internen Turbulenzen entstanden und inzwischen einmal überarbeitet wurde, leidet vor allem an der Schwäche der Sammlung und an der Überdidaktisierung, in der Dinge zu Belegen von Erzählungen und Thesen werden. Was das Museum verdienstvoll macht, sind einerseits viele kleinere Ausstellungen mit sehr interessanten Themen und dann das Engangement, mal mehr mal weniger mutig, aber gelegentlich ganz aktuell sich positionierend zu Problemen der Stadt Graz.

10 Erstes Kärntner Handwerksmuseum, Baldramsdorf

Es gibt solche und solche Heimatmuseen. Ich bin nicht der einzige, dem aufgefallen ist, daß Baldramsdorf besonders ist. Auf den ersten Blick: das Übliche, das Erwartbare. Handwerk, Gewerbe, Landwirtschaft, Vereine, Heimatkunde. Auf den zweiten Blick: ein mit große Liebe zu den Dingen und sehr viel Feingefühl arrangierte Sammlungen. Wichtiger als Sachinformation ist hier der behutsame Umgang mit den Sachen, das subtile Arrangement, die kunstvoll gebildeten Ensembles. Und je weniger Erzählung es gibt, je mehr due Dinge mit anderen Dingen in Bezieh7ng geraten, desto mehr lassen sich sie sich in alle Richtungen selbst zum Geschichtenerzählen verleiten. Aufheben, das rettende Sammeln ist hier eine respektvolle transgenerationelle Rückversicherung, daß nicht alles verschwinden soll, vor allem nicht die Erinnerung an die Menschen.


Die zehn schlechtesten Museen Österreichs


01 Heeresgeschichtliches Museum, Wien

Veraltet, schwer veraltet! Hinsichtlich der militärgeschichtlichen Forschung, hinsichtlich der Museumstechnik- und Gestaltung, hinsichtlich des heutigen Wissens und Forschungsstandes der Geschichtswissenschaften, hinsichtlich der gesellschaftlichen Interessen und Ansprüche an ein solches Museums, hinsichtlich der militaristischen Ideologie. Zeitgemäß bloß hinsichtlich seiner Funktion als Wärmestube für Militaria-Fetischisten uam. Kann man nur sagen: Sofort schließen!

02 Tirol Panorama und Kaiserjäger-Museum, Innsbruck

Mit der Verlegung des sogenannten Rundgemäldes mit der Darstellung der Schlacht am Bergisel 1809 aus dem Tal auf den Bergisel, der baulichen und thematischen Verbindung mit dem schon bestehenden Kaiserjägeruseum und der Ergänzung des Rundgemäldes um einen Ausstellungsbereich, hat sich die Tiroler Politik explizit eine „Neue Mitte“ Tirols geschaffen. Das auch in einer feierlichen Eröffnung zelebrierte Identitätsangebot gründet also das Landesbewußtsein auf den sogenannten Freiheitskampf. Aber auch, über das Kaiserjägermuseum, also einen militärischen Traditionsverbund, der nur scheinbar eine Kontinuität zur ehemaligen unabhängigen Wehrhaftigkeit des Landes herstellen und bewahren will, auf eine explizit militärische, in der Monarchie gebildeten und bis heute gepflegte Tradition. In diesem Museum wird die Monarchie unkritisch zum Rahmen einer affirmativen Darstellung der dort thematisierten Kriege, die auch Angriffskriege waren, wobei als Brennpunkt der Erinnerspolitik ein auf die toten Soldaten gegründeter, katholisch ummantelter Opferkult (in den unteren Geschoßen des Museum) angeboten wird. Umgeben ist das Doppelmuseum von einer Park- und Denkmallandschaft, die vor allem die Trias Monarchie, Katholizismus, Militär/Wehrhaftigkeit visualisiert. Ich kenne kein anderes Museum in Österreich, das unserem Demokratieverständnis derart fern stünde, gerade seit der Ort mit der Verlegung des Rundgemäldes aufgewertet wurde. Und ich kenne keinen anderen musealen Ort, wo österreichische Geschichte derart als unerledigte, verdrängte und daher zombihaft umherschleichende, unerlöste präsent ist. Schauerlich.

03 Haus der Geschichte, St. Pölten, Niederösterreich

Anerkennung für die niederösterreichische Volkspartei: so schnell, so in der Zeit und so im Finanzierungsrahmen werden Museen selten geplant und errichtet. Das blöde ist nur, es ist kein Parteimuseum sondern ein steuerfinanziertes öffentliches Landesmuseum. Seis drum, was sich LH Pröll wünscht, bekommt er auch. Geschichte durch die konservative Brille gesehen und durch die der Österreichischen Volkspartei. Mit jeder Menge an ideologischer und historiografischer Fragwürdigkeit und gegen Ende dann auch mit einer Gegenwart, die im Licht und Segen der Partei heftig und aufdringlich in blau-gelb (noch nicht türkis) aufstrahlt.

04 Museum für Geschichte/Universalmuseum Joanneum Graz

Wenn man sehr gut drauf ist, könnte man sich vielleicht sagen, daß das eine fröhlich-sorglose Dekonstruktion von allem ist, was man mal unter Geschichtsmuseum verstanden hat. Übel gelaunter wird man es vielleicht mit der Parfum- und Schmuckabteilung bei Kastner & Öhler vergleichen oder verwechseln wollen. Ich bin nicht sicher, ob es ein Konzept zur Dekonstruktion gab oder eine unabsichtliche Destruktion eines Konzepts. Denn nicht einmal die Autoren dieses jüngsten Museums des Konzerns Joanneum können sich (im Leitsystem) entscheiden, ob das alles nun ein Schaudepot ist oder teilweise doch ein Museum. Da im „historischen“ Teil weder erzählt, noch gedeutet noch Erfahren von Zeitdifferenz gestiftet wird, nehme ich das nicht als Geschichtsmuseum wahr. Es werden hier Fragen gestellt, die z.T. schmerzhaft albern, z.T. einfach nur zynisch sind, die aber nicht nur nicht beantwortet werden, sondern deren Beantwortung vom Besucher eingefordert wird - dem man aber keine Hilfe dazu anbietet. Ein wenig ja, wenn man sic/ um einige Euro ein Heftchen leistet. Dort gibts dann wahllos brauchbare und unbrauchbare kleine Geschichten, die sie dann in Heimarbeit - ziemlich vergeblich - zu einer Geschichte der Steiermark zusammenzubasteln versuchen können. Hat mich alles unter anderem an an die Szene des Marx Brothers-Film, A day at the races, erinnert, wo Tony an der Pferderennbahn Dr. Hackenbusch nach und nach eine halbe Bibliothek andreht, mit deren Hilfe er aufs richtige Pferd setzen soll. Nur: das Museum ist nicht annähernd so lustig wie der Film. Schauen sie sich also lieber die Marx Brothers an.

05 Wien Museum

Über vierzig Jahre alt ist inzwischen die Dauerausstellung des Wien Museums, ab und zu mal nachgeschminkt wie Lenins verdorrende Leiche in seinem Mausoleum. Zwei Amtszeiten lang brauchte Wolfgang Kos, um festzustellen, daß er sein eigenes Versprechen nicht einlösen konnte, die Dauerausstellung zu erneuern. Und dann ging er in Pension.
Unterm amtierenden Direktor ist es auch schon wieder so verdächtig ruhig. Zugegeben, innerhalb der Stadt Wien und ihrer Verwaltung und Politik ein Museum zu leiten, könnte ein Himmelfahrtskommando sein. Kompliziert wird die Situation durch die bauliche Erweiterung in Form einer Aufstockung. Das macht die Planung schwieriger und anspruchsvoller. Und es sieht fast so aus, als würde auch die Realisierung des Baues stocken.
Aber dieses kunstgewerbliche Sammelsurium ohne Geschichte(n), das geht ja nun gar nicht mehr. Worauf wartet man denn. Also warum nicht sofort, jetzt, ran an die Dauerausstellung, mit ein paar Interventionen, Basteleien, offenen Fragen, work in progress. Wien ist, no na, eine Stadt voller Fragen, offener Prozesse, kontroverser Entwicklungen. Wieso hört man da nichts davon im Museum? Dazu ist es ja da, als Stadtmuseum! Traut Euch doch mal was! Hoppauf! Der Weg unter die top ten ist nicht so weit!

06 Salzburg Museum

Das Salzburg Museum steht beispielhaft für eine jüngere Entwicklung von Museen. Durchdachtes Design, edle Materialien mit hoher eigener ästhetischer Bedeutung, Einsatz sogenannter neuer Medien, Abwechslungsreichtum und hot spots, die die Aufmerksamkeit des Besuchers aufrecht erhalten sollen. Dagegen: brüchige Erzählung, schwache konzeptuelle Stringenz, Vermeiden und Verharmlosen (z.B. durch Ästhetisierung) kritischer Ereignisse, Überwiegen eine popularisierenden Vereinfachung. Nun, das Museum muß mit den Touristen rechnen und sich gegen Felsenreitschule, Cafe Tomaselli und Mirabellpark behaupten. Das darf nicht anstrengend sein, nicht mehr als eine Melange und ein Nussbeugel, und schon gar nicht reflexiv oder kritisch.

07 Vorarlberger Museumswelt, Frastanz

Die Idee fühlt sich gut an: private Sammlungen werden in einer großen aufgelassenen Fabriksanlage museal präsentiert, einerseits jeweils autonom konzipiert und gestaltet, andrerseits gemeinsam verwaltet. Das Museum ist im Aufbau, einige Sammlungen kann man bereits besuchen, an anderen wird gerade gearbeitet. Es sind Sammlungen, die miteinander nichts zu tun haben, ein Feuerwehrmuseum, ein Jagdmuseum, ein Tabakmuseum, ein Elektromuseum usw. Das Elektromuseum ist als einziges mit dem Haus verbunden, weil es aus dem Wunsch der Belegschaft des E-Werks entstand, das alte Turbinenhaus zu erhalten und für eine Modernisierung zuzubauen. Manche dieser Sammlungen sind interessant, wenn man mit den Sammlern selbst in Kontakt kommt, aber dann sind es eher die Gespräche als die Objekte selbst, die faszinieren. Warum soll ich mich für Feuerwehrautos interessieren, den nahezu einzigen Sammlungsgegenstand des Feuerwehrmuseums, warum für die Jagd, die mir in einem hochprofessionell gestalteten Raum mit einigen Texten und ausgestopften Tieren auch nicht näher kommt, warum für die Sammlung altmodischer Pfeifen des Tabakmuseums?
Einem solchen Museumskonzept liegt ein Mißverständlichen zugrunde. (Private) Sammlungen sind keine Museen. Wenn öffentliche Gelder und öffentliche Interessen ins Spiel kommen, dann genügen private Neigungen, Liebhaberei und Sammlerleidenschaft nicht mehr. Dann braucht es eine Transformation hin zu den Interessen einer breiten Öffentlichkeit. Vor allem: es kann nicht alles und jedes so einfach zum Museum werden, nur aus Respekt vor einem Sammler. Die riesige sogenannte „Rot-Kreuz-Sammlers“, die der Eigentümer aus Altersgründen nicht mehr betreuen kann, entpuppt sich gar nicht so unterschwellig auch als Hort von NS-Devotionalien und Erinnerungsstücken, als Transportmittel einschlägiger Weltsicht. Das geht eigentlich gar nicht. Parallel zur Entwicklung dieses Museums wurden andernorts ambitionierte und durchdachte regionale Sammlungskonzepte entwickelt. Zu deren Umsetzung fehlte es aber bisher an politischem Interesse.

08 Museum 1915 - 1918 Kötschach Mauthen, Kärnten

Als ein „Friedensprojekt“ stellt sich das Museum vor. Aber es ist in Wahrheit eine Militariasammlung, die sich noch dazu auf das fragwürdige Terrain der „realistischen“ Bebilderung des Krieges begibt. Figurinen in Uniform spielen Kriegsdienst, aber je realistischer man zu sein fersucht, desto mehr entfernt es sich von jeder Art von Realität und streift ans Lächerliche. 

Um ein Friedensmuseum zu sein, müsste es schon ein bisserl mehr und andres sein, z.B. was über Kriegsursachen, Nationalismus, Politik generell, Militärhistorie am letzten Stand der Forschung, über die Perspektive der Soldaten, ihren Alltag oder das Schicksal der Zivilbevölkerung.

09 Schattenburg Feldkirch, Vorarlberg


Aus Anlaß der Auseinandersetzung mit dem Leiter des Trägervereins der Schattenburg nehme ich den Text vorübergehend aus dem Ranking heraus und plane zeitnah eine Überarbeitung. G.F. 19.3.2018



10 Sigmund-Freud-Museum, Wien

Seit seiner Gründung ist das Haus in der Berggasse 19 ein Gedächtnisort, vor allem für Touristen aus dem Ausland. Die Räume dienen seither weitgehend sowohl der Einfühlung in ein annährend rekonstruiertes Wohnmilieu als auch einer Basisinformation zu Biografie und zum Werk von Freud. Es gab am Museum hervorragende Ausstellungen und Veranstaltungen, was aber die bisherigen Leitungen und die Stadt Wien nicht geschafft haben oder auch nie im Sinn hatten, war, ein der Bedeutung Freuds als Kulturheros der Moderne angemessen ausstrahlenden und diskursiven Ort zu machen. Für eine solche Person, ein solches Werk ist das Freud-Museum ein völlig inadäquater Ort, der allenfalls fragwürdige Einfühlung in ein „es war einmal“ erlaubt. Von der Wirkmächtigkeit einer umwälzenden Kritik, in der die damals herrschende Kultur kritisiert und zurückgewiesen wurde, kriegt man hier nichts zu spüren. Was könnte dich das Museum sein!
Inzwischen ist ein Crowdfunding angelaufen (an sich schon eine Schande, daß Bund und Land/Stadt nicht tief in ihre Taschen greifen), das den Bau einer neuen und räumlich erweiterten Dauerausstellung ermöglichen soll. Na gut, schauen wir mal, ob 2020 das Museum in die top ten rutscht!?

Mittwoch, 17. Januar 2018

Sonntag, 14. Januar 2018

Überbleibsel

Objekte, die sogenannte Sans-Papiers, ImmigrantInnen ohne Aufenthaltsgenehmigung, im Musée de l’ Immigration, Paris - freiwillig? zwangsläufig? - hinterlassen haben, nachdem sie das Museum im Jahr 2010 besetzt gehalten hatten und diese Besetzung 2011 mit einer Räumung beendet wurde.

Schlacht in der Vitrine

Sadat-Museum Alexandria

Donnerstag, 11. Januar 2018

Churchill (Entrée 138)


Schöne neue Welt oder praktische Anleitung für kulturelle Hegemonie


Fundsache: "Die Vorstädte, die sogenannten Banlieus, werden mit neuen Zugstrecken besser eingebunden (nachdem sie im 19. Jahrhundert schon mal hervorragende Verbindungen ins Zentrum von Paris hatten, Anm. GF) , Viertel werden per Verdichtung saniert und eine Kulturpolitik wird gefördert, die sachte die Hochkultur in die Vorstädte trägt. 


Beispiel die Micro-Folie in Sevran (Eine Art neues Kulturzentrum, auch Mini La Vilette gennnt) Anm. GF): Kinder spielen mit ihren Müttern an kleinen Tischen Gesellschaftsspiele, Jugendliche drucken selbstentworfene Designmotive auf ihre T-Shirts, ein Mann stellt per 3-D-Drucker einen Lampenständer her. Und die Kultur? Auf einem großen Bildschirm ziehen unentwegt und wenig beachtet Ansichten von Mona Lisa, Picassos 'Guernica', Géricaults 'Floß der Medusa' vorbei. Ab und zu schnappt ein Besucher sich ein Tablet und vertieft sich in eines der Werke. 'Wir müssen die Leute hier in ihrer kulturellen Abgeschiedenheit abholen und sachte zu den Kunstwerken hinführen', sagt Phaudel Khebchi, der Leiter dieser Kulturinsel. Der Franzose algerischer Herkunft ist selber in diesem Viertel aufgewachsen."

Mütter & Penn (Entrée 137)


Pauschalpreis (Entrée 136)


Antiquarische Eintrittskarten (Entrée 135)

Uffizien

Dienstag, 9. Januar 2018

Wust & Archäologie

Eine der Interventionen von Théo Mercier in der Dauerausstellung des Musée de l'Homme, Paris. Foto GF 2017

Terrorwarnung (Texte im Museum 654)

Allgegenwärtig bei Pariser Kulturinstitutionen. Der Hinweis auf verstärkte Kontrollen im Dienste der Vorbeugung gegen Terrorismus. Kein Museumsbesuch mehr ohne Kontrollen.

Schluß mit billig

Seit 1970 gab es im New Yorker Metropolitan Museum freien Eintritt, gekoppelt an die Aufforderung so viel zu bezahlen, wie man es sich leisten wollte. Das läuft schon fast auf ein permanentes Testen der Wertschätzung durchs Publikum hinaus. Jetzt ist Schluß. Wer „von Außerhalb kommt“ zahlt 25 Dollar. Nur Bewohner des Staates New York sind ausgenommen. Z.B. russische Oligarchen. Er sei ein Fan des Eintrittsgeldes für Oligarchen meinte nämlich der New Yorker Bürgermeister. Der New Yorker fand das wenig witzig: "Openness is an ethical mission, and an especially important one in a city that feels more and more closed. The people affected by the change will be families visiting our ruthlessly expensive city from out of state or from another country; students who have taken the bus or train in to fill their heads with art; immigrants without the right papers."