Montag, 28. November 2016

Heilt das Museum? (Sokratische Frage Nr.11)




Can a museum heal America? Das ist eine Frage, die sich Besucher des nagelneuen National Afro-American Museum in Washington stellen und der Titel eines Videoclips, mit dem sich das Museum vorstellt.

Kann ein Museum ein Land oder eine Gesellschaft heilen?





Samstag, 26. November 2016

Wache (Figurinen im Museum 53)

Figurine eines mit einer Gasmaske ausgestatteten Wachsoldaten vor dem in ein (Geschichts)Museum umgewandelten Atombunker in Tirana

Freitag, 18. November 2016

Das Yassir-Arafat - Museum in Ramallah (Ein Museum)

Das Museum rechts, im Vordergrund Arafats Mausoleum
In Ramallah ist ein Yassir-Arafat-Museum eröffnet worden, in unmittelbarer Nähe zu seinem Mausoleum. Und nur wenige Monate nach einem historischen Museum in Birzeit, das so etwas wie ein prospektives Nationalmuseum ist. Einmal geht es um eine Identitätserzählung über eine Person, des Chefs der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, ein andermal um eine Erzählung der Geschichte des palästinensischen Volkes.
Jerusalem Post: "Nasser al-Kidwa, a nephew of Arafat and a Fatah Central Committee member, said the museum purposefully did not choose to focus exclusively on Arafat’s life. We want to show the whole story of the Palestinian people, from the dawn of the 20th century until 2004,” he said outside the museum. “This story is of 100 years of conflict and dispossession, [but] also the role of Arafat, who is the main figure in this Palestinian journey.”


Das rekonstruierte Hauptquartier Arafats während der israelischen Belagerung
Historisches Foto mit israelischen Panzerns vor Arafats Hauptquartier

Das Arafat-Museum arbeitet erwartbar mit vielen Erinnerungsstücken, "Reliquien", Waffen, Medaillen, Videos, seine Sonnenbrille, hanschriftliche Notizbücher, einen Gebetsteppich, Uniformen und Palästinensertüchern. aber auch mit der Rekonstruktion von Räumen, in denen er gewohnt hat, sein Schlafzimmer und einen Kellerraum, in dem er sein Hauptquartier hatte, in der er jahrelang bedroht während der israelischen Belagerung lebte.

Mehr als ein Jahrzehnt nach Arafats Tod 2004 soll das Museum wohl auch dem langsamen Vergessenwerden und dem Verlust vieler Dokumente entgegengewirkt werden und das zu Zeiten einer tiefen politischen Spaltung der Palästinenser selbst. Der Guardian: "Asked whether Arafat’s life – and the museum – represented a period of greater agreement and unity than in Palestinian society today, Halayqa answered diplomatically. People miss Arafat. This is a reminder he still exists in people’s memories. Hundreds come to visit his tomb. I’m not certain all are sure why they are coming but they do. And now there is the museum.”

Eine Website des Museums habe ich nicht gefunden.


Ausstellungfsraum, und (unten) persönliche Gegenstände Arafats und sein Schreibtisc



Mittwoch, 16. November 2016

Der Expressionismus (Texte im Museum 605)

Ausstellung "Fremde Götter", Leopold-Museum (Foto GF 2016)

"Fremde Götter". Eine bemerkenswerte Ausstellung im Wiener Leopold-Museum

Die Ausstellung "Fremde Götter" im Leopold-Museum hat mich überrascht. Ich habe sie mit Neugier und Geduld genossen und mich unbedarfter Faszination überlassen - ich habe keine Kenntnisse zum Thema der Ausstellung: der Auseinandersetzung der europäischen Avantgarde mit der afrikanischen Kunst. Faszination ist auch das Hauptwort des Untertitels der Ausstellung, "Faszination Afrika und Ozeanien". Wie eine Kunstausstellung vermarktet wird, muß sich nicht unbedingt mit deren Inhalt decken. Worum es hier geht, wird aus den Titeln nicht wirklich klar. Nämlich um die "geschnitzten Objekte", "Ethnografika" (Flyer) des Sammlers Rudolf Leopold, die mit etwa siebzig Objekten, Gemälden, Skulpturen ua. konfrontiert werden und eine - ausschließlich ästhetische (?) Faszinationsgeschichte der Avantgarde zu erzählen - "Europas exotisches Kunstabenteuer" (Ausstellungstext).

Der eröffnende Text der "Fremden Götter"

Helmmaske aus Gabun und Picasso
Mit beachtlichen Leihgaben bestückt gelingt es an vielen Beispielen frappante Aspekte der künstlerischen Auseinandersetzung mit v.a. afrikanischer Kultur zu visualisieren. Eine relativ ausführliche Beschriftung hilft einem dabei. Und das auf eine Art und Weise, die eine erste Frage aufwirft. Im Kern ist die Ausstellung eine kunsthistorische, die die formale Verwandtschaft und Beziehung zwischen europäischer Avantgardekunst und ethnografischen Objekten zum Thema hat. Es geht um eine ästhetische Frage, in der etwas vergleichbar scheint, was nicht so ohne weiteres vergleichbar ist. An einer (einzigen?) Stelle, in einem Text, wird das auch erwähnt. Speziell afrikanische Skulpturen oder Masken sind im Verständnis ihrer genuinen Kultur keine Kunst, sie haben eine soziale und spirituelle Dimension. Diese wird in mehreren vorzüglichen Texten ausführlich erläutert. Hier begnügt man sich verdienstvollerweise nämlich mal nicht mit Leerformeln wie "Kultopbjekt" sondern informiert genau und ausführlich über Herstellung und Gebrauch einzelner Objektgattungen im Kontext der jeweiligen tribalen Gemeinschaft. Damit nimmt man eine gewisse Spaltung zwischen einerseits ästhetisierender Faszination und funktionaler Information in Kauf.




Die zahlreichen Objekte des Sammlers finden sich sowohl unter dem das Thema illustrierenden Teil der Ausstellung als auch in Gruppen von in eigenen Räumen zusammengestellten Objekten, die, soweit ich das beurteilen konnte, untereinander außer ihrer generellen Provenienz und Materialität kaum Gemeinsamkeiten hatten. Warum Rudolf Leopold diese Objekte gesammelt hat, hat sich mir nicht wirklich erschloßen. Für einen Sammler kann es recht äußerliche Beziehungen zu "seinen" Sammeldingen geben und in diesem Fall kommt schon rein zeitlich eine Rolle der Sammlung innerhalb des ziemlich genau 1900 einsetzenden Prozesse der Aneignung der "primitiven Kunst" nicht in Frage. Die offenbar alle über den Kunsthandel erworbenen Objekte stammen überwiegend aus dem "20.Jahrhundert" (Datierung ethnografischer, namentlich afrikanischer Objekte, haben nun mal extreme Bandbreiten). Das wirft gleich eine weitere Frage auf, die nach dem Status der "ethnografischen Auktionsware", bei der man im Unklaren bleibt, ob es sich um singuläre Werke, um für den europäischen Handel bestimmte Repliken etc. oder um im Sinn europäischer Hochkunst authentische Originale handelt. Über die Provenienz der Objekte erfährt man weder in der Ausstellung noch im Katalog etwas. Provenienz aber ist etwas, was bei Ethnografika heikel ist, weil in ihr noch immer Spuren kolonialer, also gewaltförmiger Beziehungen wirksam gewesen sein könnten. Die Formulierung "vom leidgeprüften Kontinent" im die Ausstellung eröffnenden Text spricht für das Vermeiden konfrontativer, kritischer Auseinandersetzung.

Objekte aus der Leopold-Sammlung

Apropos: Kolonialismus ist etwas, von dem die Ausstellungsmacher wissen, daß man sich dieser Frage stellen muß. Aber es geschieht auf merkwürdige Weise. In den diversen Texten wird er sparsam und zurückhaltend benannt ohne die Ebene der ästhetischen Betrachtung stören zu wollen. Gelegentlich ist die Zurückhaltung bedenklich. Der Benin-Kultur den "Untergang" zu bescheiningen, ist eine verschleiernde Formulierung. Die traumatisierende Zerstörung der Hauptstadt und Verschleppung aberhunderter Artefakte kann man endlich mal klar und unmißverständlich benennen.

Spiegelmaske von Kader Attia. Foto Internet, alle anderen G.F..
Kolonialismus wird aber sehr wohl thematisiert, und zwar gleich zweifach. Einmal mit Objekten, die die Kader Attia in Auseinandersetzung mit der europäischen Musealisierung ethnografischer Objekte geschaffen hat und die im eröffnenden Raum zu sehen sind. Das ist bemerkenswert, weil hier die Einseitigkeit der Rezeption, die etwa afrikanische Kunst wird im europäischen Blick gespiegelt, aber nicht umgekehrt, umgedreht, sondern in den verspiegelten Objekten Attias buchstäblich selbst gespiegelt wird.
Und es gibt Videoarbeiten von Attia zu sehen, die sich dokumentarisch mit dem aktuellen Kolonialismus und den Langzeit-Folgen beschäftigt. Im scharfen Kontrast zur gleichsam ästhetisch besänftigenden, schwach dosierten Infiltrierung der eigentlichen Ausstellung mit kolonialen Fragen werden hier die Besucher mit den offenen Wunden europäischer und genereller kolonialer Hegemonie konfrontiert.


Einerseits war ich neugierig und interessiert, die Arbeiten Attias kennenzulernen, andrerseits konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie das Gewissen - der Besucher? der Kuratoren? - so weit beruhigen sollen, daß der ungestörte ästhetische Genuß des Hauptteils der Ausstellung - die mit den verstörenden Videos Attias nirgends verknüpft wird -, gewährleistet sein soll.
Nicht zu vergessen die museumspolitische Hauptaufgabe der "Fremden Götter": die Sammlung Rudolf Leopolds zu zeigen und würdigen. Das geschieht natürlich besser, indem man sie in einen kunsthistorischen Kontext einrückt, in eine großes Kapitel der Entwicklung der Avantgarde, unter Aussparung allzu bedrängender Fragen und ohne zu laut darüber zu reden, daß diese Sammlung mit in diesem Kapitel nie eine Rolle gespielt hat.

Museumsszene

George S. Zimbel

Dienstag, 15. November 2016

Museumsszene

Foto: Bill Henson

Museumstreppen 22

"Die Zukunft der Stadt" Technisches Museum Wien

Bürgerlich Sitzen (Sitzen im Museum)

Museum Leopold (Foto: GF 2016)

Objet trouvée


"Die Stadt der Zukunft". Technisches Museum Wien. (Foto: GF; 2016)

Sitzwinkerl (Sitzen im Museum)

Technisches Museum Wien (Foto: GF, 2016)

In Stein gemeisselt (Texte im Museum 604)


Donnerstag, 10. November 2016

Objet trouvée

Musée Carnavalet Paris (Foto GF)

Ausschreibung Haus der Geschichte Österreich

Mit BGBl. I Nr. 20/2016 führt die Österreichische Nationalbibliothek das Haus der Geschichte Österreich als fachlich eigenständiges Museum. Dieses soll die Geschichte Österreichs ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit thematischen Rückblicken in die Zeit der Aufklärung und davor und einem besonderen Schwerpunkt auf die Zeit von 1918 bis in die Gegenwart in ihrem europäischen und internationalen Kontext vermitteln. Das Haus der Geschichte Österreich soll auch ein aktives und offenes Diskussionsforum für zeithistorische Fragestellungen und Themen der Gegenwart sein und ist zu einer wissenschaftlichen Darstellung geschichtlicher Entwicklungen und Ereignisse verpflichtet (siehe § 13 Abs. 6 Bundesmuseen-Gesetz i.d.g.F.). Die Österreichische Nationalbibliothek sucht daher gemäß § 16 Abs 6 Bundesmuseen-Gesetz zum ehestmöglichen Eintritt eine/n 
DirektorIn für das Haus der Geschichte Österreich
(38,5h/Woche)
Ihre Aufgaben
  • Nutzerseitige Begleitung der baulichen Planung und Umsetzung der Museumserrichtung
  • Wissenschaftliche sowie organisatorische Leitung des Hauses
  • Gesamtkoordination und Formulierung wissenschaftlicher und sammlungspolitischer Ziele
  • Entwicklung eines Museums- und Ausstellungskonzepts samt Vermittlungsstrategie mit Fokus auf eine Sonderausstellung in der Neuen Burg in Wien zum 100jährigen Republiksjubiläum (12. Nov. 1918 – 2018) unter Berücksichtigung der Umsetzungsstrategie des Hauses der Geschichte Österreich vom 4. September 2015 und in Abstimmung mit dem Wissenschaftlichen Beirat
  • Erarbeitung und Umsetzung eines Sonderausstellungsprogramms für die ersten Jahre nach der Eröffnung in Abstimmung mit dem Wissenschaftlichen Beirat
  • Enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Wissenschaftlichen Beirat
  • Verwaltung des veranschlagten Budgets (derzeit sind für die  Vorbereitung und den laufenden Betrieb 2017-2019 ca. 4 Mio. EUR, davon ca. 50-60% für Personalkosten; für die Architektur, Einrichtung, Museumsgestaltung und Infrastrukturinvestitionen ca. 3,2  Mio. EUR kalkuliert)
Unsere Anforderungen
  • Abgeschlossenes Universitätsstudium (mind. Master-Abschluss oder Magisterium), vorzugsweise Geistes- oder Kulturwissenschaften oder vergleichbare Eignung
  • Wissenschaftliche Kompetenz und Publikationstätigkeit vor allem im Bereich der Österreichischen Geschichte mit Schwerpunkt 19. und 20. Jahrhundert
  • Mehrjährige Erfahrung in der Leitung und Steuerung einer Einrichtung vorzugsweise im Museums- oder Ausstellungsbereich
  • Ausgewiesene Erfahrung in der Konzeption, Organisation und Durchführung von Ausstellungen sowie in der Entwicklung innovativer Vermittlungskonzepte von Ausstellungsinhalten einschließlich dem Einsatz neuer Medien
  • Ausgeprägte Fähigkeit zur MitarbeiterInnenführung und -motivation, hervorragende Kommunikationskompetenz
  • Erfahrung im Umgang mit Medien und Öffentlichkeit
  • Erfahrung in der Akquisition und Betreuung von Sponsoren
  • Ausgezeichnete deutsche und englische Sprachkenntnisse in Wort und Schrift

Museums- und Ausstellungskonzept 
Den Bewerbungsunterlagen ist eine höchstens fünfzehnseitige Rohkonzeption (1,5 Zeilenabstand, Schriftgröße 12. Pt.) zur Gestaltung der Jubiläumsausstellung 2018, die auch Ideen einer künftigen Bespielung (vgl. dazu http://www.hdgoe.at/wp-content/uploads/2015/11/HGOE_Strategie_Download.pdf) enthalten soll, beizulegen. Bei der ersten Grundkonzeption der musealen Gestaltung sollte auf die Geschichte der vorgesehenen Ausstellungsräume in der Neuen Burg Rücksicht genommen werden beziehungsweise auch die Geschichte des Hauses punktuell in die Kuratierung einbezogen werden. Details zur Ausstellungsfläche finden sich auf http://www.hdgoe.at/wp-content/uploads/2016/10/Raumkonzept-Neue-Burg-und-Corps-de-Logis-HGO-20-10-2016.pdf 

Bewerbung 
Inkl. ausführlichem CV, Zeugnisse und Empfehlungsschreiben ausschließlich online über unser Bewerberportal (http://jobs.onb.ac.atbis spätestens 8.12.2016 mit Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung sowie der Museums- und Ausstellungskonzepte. Die Hearings finden am Montag, 9. Jänner 2017 statt. 


Das Jahresbruttogehalt für diese Position auf Basis 38,5h/Woche liegt je nach Qualifikation und Erfahrung bei mindestens EUR 84.000,-. Diese Stelle wird vorerst auf die Dauer von fünf Jahren besetzt, gegebenenfalls ist eine anschließende Wiederbewerbung für die Stelle möglich. Frauen werden bei gleicher Qualifikation i. S. d. Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes bevorzugt aufgenommen.

Sonntag, 6. November 2016

Gute Frage (Texte im Museum 599)

Staedel Museum Frankfurt (Foto: GF)

Nauru Krieger (Figurinen 51)

Nauruan warrior suit, 1891. (Exhibit in the Oceanic collection of the Staatlichen Museums für Völkerkunde München)

Museumstreppen 20

Ashmolean Museum Oxford, Erweiterungsbau (Foto: GF)

Knochenreste (Texte im Museum 598)

Heimatmuseum Langenlois

Museumstreppen 19

Kunsthaus Bregenz

Gehöre ich dazu? (Texte im Museum 597)

"Making of". vorarlberg museum (Foto GF; 2016)

Moskau teilt offiziell mit... (Texte im Museum 596)

Museum Friedland (Foto: GF; 2016)

Vanitas-Sitzen


An diesem Arrangement im Zeppelinmuseum Friedrichshafen ist mancherlei bemerkenswert. Die Absonderung eines Bildes von der übrigen Sammlung, die Schaustellung in einem eigenen Raum als einziges Gemälde, die ungewöhnliche, allein einem einzigen Bild zugeordnete Sitzmöglichkeit, der Text, der etwas unbeholfen die allegorische Bedeutung des Bildes erläutert aber im Schlußsatz ganz schön spekulativ wird und ihm möglicherweise eine nicht intendierte Bedeutung zuweist. Worüber sich der Text ausschweigt, ist die ostentative Zurschaustellung einer nackten jungen Frau, die so nicht allein mit dem allegorischen Sinn erklärt werden kann. Darüber zu reden hätte aber bedeutet auch etwas über die - bewußten? unbewußten? - Motive des Zeige-Arrangements zu sagen... (Fotos: GF; 2016)

Das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen

Sparbüchse in Zeppelinform (Foto: GF 2016)
Er war zwar nicht der Erfinder des Starrluftschiffes, aber er hat etwas geschafft, was Erfindern nicht so leicht zufällt: sein Name wurde zum Synonym für das volatile Gefährt - Ferdinand von Zeppelin (1838 - 1917). Wer ein eigentümlich ovaloid geformtes Objekt über seinem Kopf lautlos schweben erspäht sieht einen "Zeppelin".
Nach einer langen militärischen Karriere, zu der eine Beobachterposition im Amerikanischen Bürgerkrieg gehörte und eine Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg, widmete er sich nach seiner Verabschiedung aus der Armee, im Alter von über 50 Jahren, mit der Ballonluftfahrt, die er in militärischer Verwendung kennengelernt hatte und versuchte Armeeführer und Könige von der "Notwendigkeit der Lenkballone" (der Titel einer seiner Denkschriften) zu überzeugen. Ermutigend waren die Reaktionen auf seine Vorschläge ganz und gar nicht.
Auch der Beginn des Baues eines Starrluftschiffes wurde bespöttelt, obwohl schon ein Jahr später erste Aufstiege über dem Bodensee erfolgten. Die Wende brachte ausgerechnet die Havarie eines seiner Luftschiffe auf die mit Spenden und Interesse reagiert wurde.
Zeppelin, in Konstanz geboren, siedelte die Produktion der Luftschiffe in Friedrichshafen an und legte so den Grundstein zur rasanten Industrialisierung der Stadt am Bodensee.
Doch die Technik eines Starrluftschiffes erwies sich als schwierig beherrschbar und der Nutzen hielt sich in Grenzen. Zunächst wurden kurze Passagierflüge damit möglich und Aufklärung und Bombenabwürfe im militärischen Einsatz. Ab den 1920er-Jahren wurden so große und relativ zuverlässige Schiffe gebaut, daß sogar Transatlantikflüge möglich waren. Dennoch blieb der finanzielle und personelle Aufwand enorm - bei vielen Flügen mußte es ebenso viel Besatzung wie Fluggäste geben- daß die Weiterentwicklung zu riesigen Zeppelinen erst in der NS-Zeit mit massiver Unterstützung auch in Hinblick auf Kriegstauglichkeit möglich wurde. Der Betrieb der Schiffe blieb unsicher - man schätzt daß bis dahin bei allen Flügen zusammen etwa 45% der Besatzung umkamen. Das endgültige aus für den Zeppelin kam mit dem katastrophalen Brand und Absturz der "Hindenburg" in den USA (Lakehurst) 1937, das übrigens auch als erstes life übertragene Großunglück der Mediengeschichte gilt.
Damit kam die Entwicklung der Starrluftschiffe zum Erliegen. Aber es gibt eine List der Geschichte. 1945, als es der Bundesrepublik noch verboten war, eine eigene Luftfahrt aufzubauen, gingt die von Zeppelin vorsorglich eingerichtete Stiftung wegen Erlöschens des Stiftungszwecks an die Stadt Friedrichshafen über, die in der Nachkriegs- und Wiederaufbauzeit zahlreiche Bau- und Sozialprojekte finanzieren konnte und bis heute von der Stiftung profitiert.
Seit den 90er-Jahren erfolgte eine von vielen Rückschlägen begleitete Wiederaufnahme des Luftschiffbaues in Friedrichshafen. Die Einsatzmöglichkeiten sind bescheiden, aber es gibt wieder eine Personenschifffahrt v.a. im Bodenseeraum. Der Betrieb solcher moderner und relativ sicherer Schiffe kann annähernd rentabel sein, die Produktion aber bei weitem nicht. Auch auf Grund der Entwicklung von Großflugzeugen wird der "Zeppelin" ein Nischenprodukt bleiben.

Museumsfoyer (Foto: GF 2016)
Bereits 1913 hatte das Bodenseemuseum in Friedrichshafen einen Zeppelin-Raum erhalten. In den 20er-Jahren wurde daraus ein städtisches Museum. Nach dem Krieg wurde die Zeppelinsammlung nach Frankreich gebracht und in den 60er-Jahren zurückerstattet und kam im 1956 wiedereröffneten Bodenseemuseum unter. Heute ist das gesamte Museum im von der DB aufgelassenen und unmittelbar am Bodensee gelegenen Bahnhof untergebracht (seit 1996), trägt den Namen "Zeppelinmuseum" und hat etwa 250.000 Besucher im Jahr.
Der 1933 entstandene Bau bietet einen architektonisch interessanten, sehr sachlichen Rahmen für die beiden Schwerpunkte des Museums: Entwicklung und Technik des Zeppelins einerseits und Kunst andrerseits.

Rumpfteil der "Hindenburg" in Originalgröße und begehbar (Foto: GF)
Um die Rekonstruktion eines Rumpfteils der Hindenburg gruppiert sich die Geschichte und Katastrophe dieses besonderen Luftschiffes, eine genau Dokumentation mit weiteren Nachbauten von Räumen und wie Reliquien ausgebreiteten "letzten Dingen" der Hindenburg, ihrer Besatzung und ihrer Gäste. Die Katastrophe selbst, das Schicksal von Passagieren und Fahrgästen, die nachfolgende Untersuchung zum Unglück, die mediale Resonanz, das alles wird akribisch geschildert.
Ein weiterer großer Ausstellungsteil, übersichtlich in Vitrinen gegliedert, gilt der Entwicklung des Ballon- und Starrluftschiffbaues mit einer Unzahl von Objekten. Texte und Objekte vermittelten auch mir als Laien eine gut nachvollziehbare Entwicklungsgeschichte dieser speziellen Form der Luftfahrt mit ihren technischen und kulturellen Implikationen.
Anfänge der Ballon- und Starrluftschifffahrt

Saal mit der geschichtlichen Entwicklung der Zeppelin-Luftfahrt
In weiteren Flügeln des verzweigten Baues findet man technische Informationen und vor allem dann Informationen zum kultur- und stadtgeschichtlichen Kontext. Mit bescheidenen Mitteln aber eindrucksvoll wird die eigentliche, wenige Jahre nach dem Hindenburg-Brand eintretende zweite, größere und folgenreichere Katastrophe visualisiert: die verheerende Bombardierung Friedrichhafens, das durch die Zeppelin-Produktionsstätten zum wichtigen Industriestandort und damit zum Ziel alliierter Bombardements geworden war.

Fotos des bombardierten Friedrichshafen
Hier erweist sich das Museum als besonders eindrucksvoll, weil sein Narrativ nicht als lineare Fortschritts- und Erfolgsgeschichte erzählt wird, sondern die Geschichte von Erfindung und Erfinder, und triumphalistisch auftretender Technik - die letzten Zeppeline hatten gigantische Ausmaße - und Prosperität der Stadt jäh gebrochen wird in den Fotografien und Zeugnissen der Verheerung und Verwüstung.
Eine ähnliche kritische "Pointe", die die Entfesselung des militärisch-industriellen Komplexes derart beredt implodieren läßt, habe ich bisher nur in der (so nicht mehr existierenden) Dauerausstellung des Stadtmuseums Rüsselsheim gesehen. Dieser Abschnitt der Ausstellung zum Kriegsende in Friedrichshafen verhindert, daß man die Geschichte des Zeppelins als konsequente Erfindungs- und Erfolgsgeschichte lesen kann.

Die Kunstsammlung
Die Kunstabteilung des Zeppelinmuseums gilt als bemerkenswert, weil dort in Ausstellungen versucht wird, die beiden Sammlungsbestände thematisch zusammenzuführen. Leider war eine einschlägige Ausstellung gerade in Vorbereitung also unzugänglich. Und an der Dauerausstellung überraschte mich eher nur der Otto-Dix-Sammlungsschwerpunkt, weniger die sehr heterogene Sammlung in nicht besonders ansprechenden Räumen.