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Freitag, 4. August 2023

Nachdenken in der Pause (Texte im Museum 1069)

 

Mit etwas Boshaftigkeit ausgestattet könnte man fragen, soll man durch Budgetkürzungen Museen dazu zwingen (endlich) mal über sich nachzudenekn?

Mittwoch, 2. Juni 2021

Martin Fritz: Ein Leitbildprozess für ein "Heeresgeschichtliches Museum neu" ist notwenig

Die von Elena Messner und Peter Pirker veranstaltete Tagung "Heeresgeschichtliches Museum neu" (20. und 21.Mai 2021, Literaturhaus Wien) spitzte sich gegen Ende auf die Frage zu, in welchem Prozess und von wem denn die Entscheidungen über die künftige Entwicklung des Musuems kommen werden.

Martin Fritz hat in einem sehr klaren Statement die wünschbaren Optionen benannt. Ich habe ihn gebeten, sie mir zur Verfügung zus stellen. Hier also die Schriftfassung seines Statemts auf dem Panel „Ein Leitbildprozess für das HGM?" 

Gottfried Fliedl

 

„Es ist bezeichnend für die Situation, wenn man - wie jetzt gerade - hört, dass im Verteidigungsministerium bereits an Beiratsbesetzungen und Direktionsausschreibungen gearbeitet wird, während wir hier glauben, dass sich gerade erst grundsätzliche Interventions- und Denkräume eröffnet haben. Es ist also schwer, den Raum der Fantasie für einen Neuanfang offen zu halten, wenn er sich vielleicht schon wieder schließt. Doch ich will es versuchen:

 

1)     Nur zur Erinnerung: Es liegt nun mehrere Expert:innenberichte vor, die dem Museum und seinen Verantwortlichen sowohl inhaltliche wie auch organisatorische Unzulänglichkeit attestieren. Die selektive Zitierung der Berichte und der Fokus auf den Teil zu „Republik und Diktatur“ lies dabei in Vergessenheit geraten, wie grundlegend viele der Kritikpunkte zu fast allen Ausstellungsteilen sind. Im Grunde wäre eine vorübergehende Schließung notwendig.

 

2)     Trotzdem ist es zu früh für Direktionsausschreibungen. Interessanter wäre eine Form von Interimsverwaltung oder Gründungskonvent, die/der sich als temporäres Übergangsregime versteht. Nachdem durch die Berichte der Kommission endgültig klar wurde, dass die alten Kräfte abgelöst werden müssen, braucht es ein grundlegend neues Konzept. In einem solchen (Neu)gründungskonvent müsste sich mindestens die Vielfalt und die Expertise der aktuellen Tagung widerspiegeln.

 

3)     Alles andere als eine Integration der Initiative „HGM neu denken“ in diesen Prozess wäre ein Affront, wenn man bedenkt, welchen Dienst diese Gruppe der Republik Österreich durch ihre Aktivität bereits jetzt erwiesen hat.

 

4)     Auf den Einwand, dass es notwendig wäre, „pragmatische“ Lösungen zu suchen, kann geantwortet werden, dass es nur in einem überpragmatischen Umfeld wie dem ministeriellen als „unpragmatisch“ gelten kann, die Forderung nach einer breiteren Diskussions- und Neukonzeptionsphase zu erheben. Für die Einbeziehung von Fach- und Zivilgesellschaft in Veränderungsprozesse gibt es gute Vorbilder. Solche Prozesse brauchen Zeit, Geld und Sachverstand. Viele haben in den letzten Monaten ihren Sachverstand bereits ehrenamtlich eingebracht.

 

5)     Die letzte Chance des HGM wäre es gewesen, wenn es selbst die Kommission beauftragt hätte. Wenn die Initiative „HGM neu denken“ und der Impuls für diese Tagung vom HGM selbst ausgegangen wäre, hätten wir uns heute im HGM getroffen. Nicht zufällig habe ich beim HGM immer die Vorstellung, dass es eine physische Inbesitznahme des Museums durch die Zivilgesellschaft - wie nach einer Machtübernahme - bräuchte: Dann müsste man es auch nicht schließen, denn in jedem Raum könnte ein Vertreter/eine Vertreterin des Übergangsregimes für die Teilhabe des Publikums an den notwendigen Veränderungs- und Lernprozessen sorgen. Ich bleibe beim Schlusssatz meines Textes für den Reader: Die alten Kräfte hatten 103 Jahre dafür Zeit. Sie haben sie nicht genutzt.“

 

Martin Fritz

Donnerstag, 25. März 2021

Das Museum als aktiver Moderator sozialer Demokratie

 Das Museum als aktiver Moderator sozialer Demokratie

 

0

 

Dieser Text basiert auf Notizen, die einem Beitrag zu einer Veranstaltung zu Erinnerungskulturen der sozialen Demokratie zugrunde lagen. Die von der Hans Böckler Stiftung veranstaltete Zusammenkunft hatte den Untertitel Soziale Demokratie im Kulturhistorischen Museum. Wege zum partizipativen Museum. Meine für fünfzehn Minuten Redezeit vorbereiteten Überlegungen waren eher fragmentarisch und sind es mit ein paar Glättungen und Ergänzungen auch geblieben.

 

1

 

Was wäre das - ein Museum der sozialen Demokratie?

Welche Erwartungen knüpfen sich an ein solches Museum?

Kann es so etwas geben, ein Museum, in dem die sozialen Bürgerrechte repräsentiert werden?

 

Soziale Demokratie, so lege ich es mir zurecht, ist eine gesellschaftliche Ordnung, in der nicht nur die verschiedene Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte gesichert sind, sondern auch die materiellen Bedingungen und soziale Rechte, die den Genuss dieser Grund- und Freiheitsrechte überhaupt erst ermöglichen.

Für mich ergeben sich daraus drei Fragen: Wie weit wird das Museum als Organisation diesem Anspruch gerecht? Wie spiegeln die Sammlungspolitik, die Sammlung und die und die Ausstellungen diesen Anspruch? Und schließlich: Welches Verhältnis pflegt das Museum zu seinem Publikum und generell zur Öffentlichkeit. Wie bestimmt es seinen Platz und seine Aufgabe innerhalb Gesellschaft.

 

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Ich möchte zuerst kurz skizzieren, wie ich die drei Anforderungen in der derzeitigen Museumspraxis realisiert bzw. nicht realisiert sehe.

Zur ersten Frage: Ist das Museum eine Organisation, die man demokratisch nennen kann, in der soziale Demokratie selbst verankert ist? In welchen Museumsorganisationen ist Demokratie eine zentrale Handlungsorientierung und etwas, was die innerbetrieblichen Machtverhältnisse, Abläufe und Entscheidungen prägt?

Ich kann dazu nur beispielhaft und anekdotisch etwas beitragen, ich kenne keine empirischen Untersuchungen zu musealen Organisationsformen.

Was mir sofort eingefallen ist, ist der einzige mir bekannte Versuch, gewerkschaftliche Mitbestimmung in Museen einzuführen. Das sogenannte Hamburger Modell vom Anfang der 70er-Jahre, das von MItarbeiterInnen der kommunalen Hamburger Museen gefordert und von den Museumsleitern heftig bekämpft wurde. Der von mir geschätzte Leiter der Hamburger Kunsthalle entsetzte sich mit der Vorstellung Da könne ja nun jede Putzfrau bei den Ausstellungen mitbestimmen.

 

Keine gewerkschaftliche aber überhaupt Mitsprache forderten jüngst die Leiter der Museen der Stiftung Preussischer Kulturbesitz ein, um sich in einen Evaluationsprozess einzuklinken, der zunächst ohne ihr Wissen und zutun von der Kulturstaatssekretärin begonnen worden war und im dem eine Zeit lang die Zerschlagung der Stiftung im Raum stand. Die mir völlig sinnvoll und selbstverständliche Beteiligung der Museumsdirektoren wurde von einer großen überregionalen Zeitung gar als basisdemokratische Revolution bezeichnet.

 

Ein anderes Beispiel für Implementierung sozialer Demokratie ist der Versuch, an den österreichischen Bundesmuseen einen Kollektivvertrag durchzusetzen. In erster Linie wird das zur Verbesserung der Anstellungsbedingungen und Entlohnung der Vermittlerinnen führen - die weibliche Form ist hier angebracht, es ist überwiegend ein Frauenberuf, nicht gut bezahlt und mit prekären Bedingungen. Für die Realisierung dieses Vorhabens, so höre ich, gibt es gute Aussichten.

 

3

 

Ich komme zur zweiten Frage: Wie spiegeln die Sammlungspolitik, die Sammlung und die Ausstellungen den Anspruch soziale Demokratie im Museum zu repräsentieren? Das heißt, wie wird die Geschichte der Arbeit, der der Arbeiterbewegung und ihrer Organisation, der sozialen Kämpfe und Reformen, der Organisation der Arbeiterschaft und vieles andere mehr durch Museen repräsentiert.

Da kann ich mich auf eine umfangreiche Recherche von Wolfgang Jäger berufen, der sich in einer Reihe deutscher kulturhistorischer Museen auf die Suche nach sozialer Demokratie in Ausstellungen gemacht hat. (Wolfgang Jäger: Soziale Bürgerrechte im Museum. Die Repräsentation sozialer Demokratie in neun kulturhistorischen Museen. Bielefeld 2000. Mir stand ein umfangreiches Manuskript von Wolfgang Jäger zu diesem Thema zur Verfügung). Sein Befund ist ernüchternd, aber nicht überraschend. In vielen (kultur)historischen Museen ist er kaum bis gar nicht fündig geworden. Soziale Demokratie spielt in den Erzählungen der einschlägigen Museen, nicht jene Rolle, die ihr in der Wirklichkeit zugekommen ist und zukommt. (*)

Ich denke, in Österreich würde eine ähnliche Recherche ebenso ernüchternd ausfallen und die Existenz des Museums Industrielle Arbeitswelt Steyr, auf Initiative der Gewerkschaftsjugend gegründet, das verdienstvolle Ausstellungen macht, muß man ebenso als eine Ausnahme aus der Regel ansehen wie das wunderbare Museum Das Rote Wien im Waschsalon des Karl Marx-Hofes in Wien, das die Kommunalpolitik des sozialistisch regierten Wien in der Ersten Republik zeigt aber auch den hohen Grad und die Qualität der Selbstorganisation der Arbeiterschaft.

 

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Die dritte Frage ist die nach der Beziehung des Museums zu seinem Publikum und zur Gesellschaft insgesamt.

Wie sattsam bekannt, gibt es eine inzwischen universale Kennzahl, die über den Wert und Wirkung von Museen - vermeintlich - Auskunft gibt. Die Anzahl der Besuche(r).

Jüngst las ich, daß eine englische Tageszeitung eine Bezahlung der MitarbeiterInnen nach der Zahl der Klicks ihrer Artikel einführen will. Noch ist es am Museum nicht so weit, aber die Bindung von „Erfolg“ und „Wert“ der Institution ist schon lange eng mit der Besucherstatistik gekoppelt. Damit einher hat sich eine Art neoliberaler Wettlauf entwickelt – in Österreich zwischen den großen Kunstmuseen -, um mediale Aufmerksamkeit innerhalb der Konkurrenz der vielfältigen (hoch)kulturellen Angebote.

Was aber noch nachhaltiger zu wirken begonnen hat ist die Gleichsetzung dieser Zahlen mit der Vorstellung allgemeiner Zugänglichkeit und Akzeptanz des Museums. Die bei einzelnen Museen in die Hunderttausende gehenden statistischen Zahlen (der Louvre als einsamer Spitzenreiter übertraf die 10-Millionen-Marke) legen nahe, daß Museen universal zugängliche Bildungsinstitutionen sind – und daher demokratisch.

Diese irreführende Gleichsetzung ist alt. 1919 formulierte der Direktor der Hamburger Kunsthalle, Gustav Pauli, den Satz, daß das Museum zu den "demokratischesten aller Bildungsinstitute“ gehört, das "jedermann ohne Legitimationsprüfung den Vorteil seiner stummen Belehrung gewährt.“

Das verrät nicht nur eine paternalistische pädagogische Haltung, Pauli legt uns nahe, das Museum als im sozialen Sinn völlig barrierefrei wahrzunehmen.

Spätestens seit den 80er-Jahren weiß man, dass das ganz und gar nicht stimmt. Etwa 50% einer Bevölkerung sind keine Museumsbesucher. Sie haben nicht die materiellen Voraussetzungen und verfügen nicht über die nötige Vorbildung.

Das Museum ist ein Ort der sozialen Distinktion

Und weil das Museum dennoch allgemeine Geltung seiner Werte vertritt, ist es auch ein Ort der kulturellen Hegemonie.

 

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Ich möchte nun meine drei Fragen noch einmal durchgehen, und überlegen, wie denn das Museum zu einem Ort der sozialen Demokratie, ein aktiver Moderator von Demokratie überhaupt werden kann.

Es liegt auf der Hand, dass sich die Organisation selbst verändern müsste, sowohl nach innen. als auch was ihre Einbettung in politisch-administrative Prozesse betrifft. Es muss in der Organisation veränderte Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe geben; keinem Museum sollte erlaubt werden, von Partizipation sprechen dürfen, wenn es nicht Partizipation im weitesten Sinn in der Organisation selbst zulässt.

Und ohne kultur- und museumspolitischen Rahmen kann es kaum so etwas wie eine Vermittlung zwischen gesellschaftlichen Interessen und Bedürfnissen und institutionellem Handeln geben.

Man wird drittens nach Wegen suchen müssen, das Museum zur Gesellschaft hin durchlässiger zu machen, über Partizipation hinaus Teilhabe zu ermöglichen, in der in die Regeln der Institution eingegriffen werden darf. Denn Partizipation heißt, wenn sie mehr sein soll als ein von der Institution veranstaltetes und kontrolliertes Mitmachen, zuzulassen, dass sie die Institution selbst verändert.

Betriebe man das konsequent, dann hieße das, daß Museen Macht abgeben und Kontrolle mindestens lockern müssen. Dazu würden Museen bereit sein?

 

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Nun zur Frage nach der Öffentlichkeit des Museums. Diese Frage ist eine nach den Grundlagen unseres Verständnisses von Museen. Um mich verständlich zu machen, schiebe ich einen kurzen Exkurs zur Entstehung jenes Modells Museum ein, das wir immer noch gebrauchen. Es wird sich zeigen, wie verarmt das heute gebräuchliche Reden von der Öffentlichkeit des Museums geworden. Und ich möchte eine Grundlage gewinnen dafür, wie eine öffentliches Museum neu gedacht werden könnte.

Die Entstehung des Museums der Moderne hat ein präzises Datum. Am 10. August 1793 findet in Paris ein Fest, ein Umzug statt, ein Gründungsakt der Nation. Es wird am selben Tag eine neue Verfassung deklariert, die erste republikanische Frankreichs. Und am selben Tag wird das Museum im Louvre eröffnet.

Das Museum steht im Zentrum der Formierung einer Nation. Das Museum ist ein Ort eines zivilisierenden Rituals. Seine Rolle ist die, der Gemeinschaft zu ermöglichen, sich um das kulturelle Erbe zu scharen. Um Dinge, die ihre Funktion, ihren Sitz im Leben verloren haben, die aus der Warenzirkulation als unveräußerlich herausgehalten werden und darum so etwas wie einen heiligen Schatz bilden.

Dieses Erbe, die musealen Sammlungen repräsentieren die res publica, das Ding, das etymologisch als Thing in ein- und demselben Wort sowohl auf Sache und Sammlung als auch auf Versammlung (das Sich-Versammeln im Museumsraum) verweist. Es ist jene, im Grunde unidentifizierbare gemeinsame Sache, um derentwillen sich Gemeinschaften bilden, und die im Museum repräsentierbar scheint.

Das Museum (der Französischen Revolution) wirkt dabei auch kompensierend. Es kompensiert den Verlust von die Gemeinschaft zentrierenden, zusammenhaltenden transzendentalen Prinzipien und deren irdische Repräsentation, in Frankreich den des Königs und seiner zwei Körper, des göttlichen und des irdischen. Der wird angeklagt und wenige Monate nach der Museumseröffnung hingerichtet. Das Wegbrechen einer transzendentalen Identifikation hat die Suche nach neuen, nun innerweltlichen Formen der Identifikation zur Folge. Eine Antwort ist das Museum.

 

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Das Museum ist ab nun ein zivilisierendes Ritual. Aber es ist ab nun auch ein Ort der Vermittlung von Sach- und Orientierungswissen, von Geschichtserfahrung an – im Idealfall – für alle Staatsbürger.

Als Ort der Zivilisierung ist es einer, an der sich Bürger zu Staatsbürgern bilden, indem sie sich um ihre gemeinsamen und insofern öffentlichen Angelegenheiten kümmern. Die Öffentlichkeit der Institution Museum enthält also ein Versprechen von Gleichheit und Freiheit wie von Verantwortung aller Bürger für das Gemeinwohl.

Das Museum ist also beides zugleich: der Ort an dem Zivilisierung dargestellt und an der sie hergestellt wird.

Damit das geleistet werden kann, bedarf es einer bestimmten Struktur des Museums, eine, die in aus vier Merkmalen besteht.

 

Garantiertes Recht auf Bildung und der materiellen Voraussetzungen dazu

 

Allgemeine Zugänglichkeit

 

Gemeinschaftlicher Besitz der Kulturgüter

 

Und gemeinschaftliche Finanzierung, das heißt, aus Steuermitteln

 

Das ist die Grundlage des Verständnisses vom Museum als einer Instanz, die das gesellschaftliche Ziel, den Auftrag des Wohlfahrtstaates, das maximale Glück einer maximalen Zahl zu erreichen, verwirklicht.

 

Für unsere Frage nach dem Museum der sozialen Demokratie ist die rechtliche Regelung interessant, auf die am Beginn der Museumsentwicklung, diese Struktur ruht. In der Verfassung von 1793 heißt es im Artikel 22: „Der Unterricht ist für alle ein Bedürfnis. Die Gesellschaft soll mit aller Macht die Fortschritte der öffentlichen Aufklärung fördern und den Unterricht allen Bürgern zugänglich machen.“

Im unmittelbar vorangehenden Artikel 21 findet sich das: „Die öffentliche Unterstützung ist eine heilige Schuld. Die Gesellschaft schuldet ihren unglücklichen Mitbürgern den Unterhalt, indem sie ihnen entweder Arbeit verschafft oder denen, die außerstande sind, zu arbeiten, die Mittel für ihr Dasein sichert.“  

 

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Dieses Museumsmodell ist ein Ort liberaler, bürgerlicher Öffentlichkeit. Diese Öffentlichkeit hatte das Aushandeln von Konflikten unter Gleichen und damit die Harmonisierung von Konflikten zum Ziel. Tendenz zur Harmonisierung ist aber auch eine Eigenschaft des Museums. Seine Erzählweisen und Darstellungsmethoden neigten lange Zeit dazu, uns Unschuldskomödien vorzuspielen, alles in eine Geschichte der fortschreitenden Zivilisierung zu verwandeln unter Aussparung der traumatisierenden und gewaltförmigen Aspekte.

 

Dieses Modell scheint erschöpft. Und das Museum hat sich auch gewandelt, die Triumpherzählungen werden seltener, die Einbeziehung von Schuld und Trauma selbstverständlicher. Und inzwischen fordern immer mehr Gruppen ihren Einschluß in die musealen Erzählungen und das macht Museen diverser. Die aktuelle Debatte um den Umgang mit kolonialem Erbe zeigt indes, wie schwer die Umstellung fällt, welcher Widerstand sichtbar wird.

 

Museen müssen fähig gemacht werden, Konflikte anzusprechen und auszutragen, Interessen, Ideologien, Machtverhältnisse offenzulegen. Vermittlungs- und Diskursformen müssen geeignet sein, dem Rechnung zu tragen. Eine sehr schwierige Anforderung angesichts der wachsenden Polarisierungen und der Zerfallserscheinungen bürgerlicher Öffentlichkeit unter dem vieldiskutierten Druck der sogenannten sozialen Medien.

 

Zuallererst muss sich aber das Museum selbstreflexiv seiner Mechanismen des Erzählens und Bedeutens vergewissern – und seiner problematischen Sublimierungsleistung. Ein grundlegender Wandel müsste sich auch auf organisatorischer Ebene vollziehen, die Arbeitsaufgaben und Rollenverständnisse würden sich drastisch ändern, KuratorInnen wären dann nicht im Wortsinn „Sorgenträger“ ums Objekt, sondern Moderatoren politischer Auseinandersetzungen.

 

Es ist ja nicht so, dass die Museen bislang nicht schon Grundfragen unserer Zivilisation repräsentiert hätten, die wachsender Naturbeherrschung und Naturzerstörung, die Naturbeherrschung am Menschen, die Eroberung und Vernichtung fremder und vergangener Kulturen, die Gewaltförmigkeit in der Geschlechterbeziehung und anderes mehr.

 

Aber das Museum kann angesichts der Klima- und Coronakrise, der Bedrohung der Demokratie, der wachsenden Ungleichheiten, der grassierenden Zukunftslosigkeit der Politik nicht an der bloßen Ästhetisierung und Sublimierung der Probleme und Konflikte festhalten. Es kann sich auch nicht als neutraler Beobachter verstehen, der selbst aus den Konflikten ausgenommen ist. Gerade die Coronakrise zeigt ja, daß das Museum nicht einfach nur sammlungspolitisch reagieren kann wie ein Sammler, der Indizien zusammenträgt. Denn es ist ja selbst vielfach betroffen, finanziell, hinsichtlich seiner Besucher und hinsichtlich seiner Legitimation angesichts der Zweifel an seiner „Systemrelevanz“.

 

Das Museum muß sich als politischer Akteur verstehen, der sich den genannten und von mir nur fragmentarisch aufgezählten Problemen annimmt. Sonst verfehlt es seine Aufgabe, nervöses Auffangsorgan (Aby Warburg) zu sein. Als solches muss das Museum Ort agonaler, also konfliktfähiger, streitbarer Öffentlichkeit sein.

 

Agonistische Öffentlichkeit (Chantal Mouffe) deklariert die Interessen, benennt die Probleme, macht sie kenntlich und lässt sie aufeinandertreffen. Agonale Öffentlichkeit ist vielfältig und vielgestaltig. Konflikte zu bearbeiten geht nur im Medium des Konflikts selbst, weil nur so Differenzen, Standpunkte und Interessen sichtbar gemacht und bearbeitet werden können. Das Museum wäre dann ein Ort der streitbaren und pluralen Gegenöffentlichkeiten, wo herkömmliche Werte und Normen infrage gestellt und auch angegriffen werden könnten. Das Museum müsste sich vom affirmativen hegemonialen zum Raum der Unruhe und des Dissens wandeln. Um dieser Vorstellung etwas die Schwere der sozialpolitischen Bürde zu nehmen, die man dem Museum auflastet, greife ich zwei Worte auf, die kürzlich die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz gebaucht hat: Kritikübungsräume. Solidaritätsversicherungsversuche.

 

Der Zweck demokratischer Institutionen“ besteht, schreibt der australische Aktivist Simon Sheik „nicht in der Herstellung eines rationalen Konsenses in der Öffentlichkeit, sondern in der Entschärfung des Potenzials für Feindseligkeiten, das in menschlichen Gesellschaften existiert, indem die Transformation von Antagonismus in 'Agonismus' ermöglicht wird."

 

Erst wenn Museen sich selbstreflexiv zu verhalten lernen, wenn sie sich gegenüber der Öffentlichkeit öffnen, wenn sie sich reorganisieren kann das Museum zu dem Ort werden, als der er von Anfang an gedacht war: einer der Selbstauslegung, einer der Aufklärung der Gesellschaft über sich.

 

(*) Im Beitrag von Sabine Kritter, Imaginationskrise der Arbeit und die Kulturalisierung der Gegenwart im Museum, fand dieser Befund insofern eine Ergänzung und Vertiefung als dort von einer Kulturalisierung der Darstellung der Arbeit gesprochen wurde, die aber im gegenwärtigen Ausstellen kaum noch vorkomme. Es gibt eine Krise des Vorstellungsvermögens von Arbeit, viele Tätigkeiten würden entweder gar nicht als Arbeit angesehen oder es sei zweifelhaft, ob es sich um Arbeit handle.

 

 

März 2021

 

 

Freitag, 1. November 2019

Machtmißbrauch (Sokratische Fragen 46)

55 Prozent der MitarbeiterInnen des deutschsprachigen Theaterbetriebs geben an, an ihrem Arbeitsplatz unmittelbaren Machtmissbrauch erfahren zu haben, meldet Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung und sieht das Problem auch darin, dass sich Intendanten als "von der Politik installierte Machthaber im Namen der Kunstfreiheit auf Kosten anderer verwirklichen" dürfen.
Frage: Gibt es vergleichbare Untersuchungen und Zahlen für Museen? Verwirklichen sich nicht auch hier Direktoren, Manager, Kuratoren auf Kosten anderer?

Montag, 13. März 2017

Bedingungen, unter denen eine überdurchschnittliche (Dauer)Ausstellung zustande kommt

Richtige Entscheidungen trifft man auf Grund von Erfahrungen. 
Erfahrungen macht man auf Grund falscher Entscheidungen. 
Steve Jobs


Bedingungen, unter denen eine überdurchschnittliche (Dauer)Ausstellung zustande kommt


1

Es braucht eine klare Zielvorstellung.

Die wird im Projektteam ganz am Beginn erarbeitet und knapp schriftlich formuliert sowie im Konsens zur Grundlage aller weiterer Planungen und Arbeitsschritte gemacht.
Das Team formuliert in den Zielvorstellungen, was es erreichen, bewirken will. Es deklariert klar seine Autorschaft. 

Die Zielvorstellung ist das erste, was formuliert wird; von ihr werden alle anderen Entscheidungen abgeleitet.

Die Zielvorstellung ist verbindlich kann aber im Entwicklungsprozeß sinnvollerweise innerhalb gewisser Grenzen modifiziert werden.

Für eine Zielvorstellung genügt meiner Erfahrung nach ein kurzer Text der wenig Zeitaufwand erfordert. Etwa eine Manuskriptseite kann schon ausreichen.

Um Befangenheit in Routinen und Gewohntem zu vermeiden, dem „Eingesperrtsein im Eigenen“, ist es sinnvoll zur Moderation der Diskussion der Zielvorstellung jemanden ‚von Außen‘ hinzuziehen.

Ziele werden in der Museumspraxis meist mit Inhalten verwechselt und durch Inhalte „ersetzt“. Ziele sind aber weder Inhalte, noch Medien oder Methoden. In vielen Projekten bleibt genau das unklar und Ziele finden sich nur implizit, gewissermaßen zwischen den Zeilen.

Die Formulierung einer Zielvorstellung enthält auch Nicht-Ziele, etwas, was nicht angestrebt wird.

Eine Zielvorstellung ist kein Mission statement. Letzteres artikuliert die Haltung des Museums öffentlich gegenüber seinem Publikum (seinem Auftraggebern, Stakeholder usw.), während eine Zielvorstellung Grundlage der Planung eines Projekts ist und zur Integration des Projektteams dient. 

Als Hilfe, was überhaupt ein Ziel sein könnte, kann man sich etwa diese Frage stellen: Wie lautet die Frage, die wir, das Team, in unserer Ausstellung beantworten wollen? oder Wie lautet die Frage von Besuchern, auf die unsere Ausstellung eine Antwort bietet? 

Ein Beispiel aus einer Zielformulierung: „Wir möchten unserm Publikum das GRAZMUSEUM als einen Ort angenehmen, unterhaltenden und informativen Aufenthalts anbieten, um hier und von hier aus die Stadt Graz und ihre Geschichte kennenzulernen. Wer stellen unsere Ausstellungen (als Ort) zur Verfügung, wo man sich mit der Gesellschaftsform des Städtischen lernend, konsumierend aber auch aktiv und partizipierend beschäftigen kann und wo man Lust bekommt, die Stadt neu zu sehen und sich mit ihr auseinanderzusetzen.“ (Aus dem Konzeptpapier für eine Dauerausstellung des Graz Museum; unveröff.Ms.)





2

Die Zielvorstellung muß reflexiv sein.
Das heißt:

Erstens muß aus der Zielvorstellung jene gesellschaftliche Verantwortung herauslesbar sein, die in der Institution Museum als wohlfahrtsstaatlicher Einrichtung allgemein begründet werden sollte. Museen sind von der öffentlichen Hand (Staat, Land, Stadt) treuhänderisch im gesellschaftlichen Interesse erhaltene und verwaltete Einrichtungen. Öffentlich sind sie nicht deswegen, weil sie (in der Regel uneingeschränkt) zugänglich sind, sondern weil sie (wie auch Schulen, Verkehrseinrichtungen, Krankenhäuser, Gefängnisse, Universitäten, Theater usw.) zur allgemeinen Wohlfahrt, das heißt ganz allgemein zum Wohlergehen aller beitragen. Inwieweit sich eine Zielvorstellung in einen gesellschaftlichen „Auftrag“ einfügt, muß erkennbar sein.

Zweitens kann man sich fragen, ob das Museum, für das man das Projekt entwirft, eine besondere geschichtliche oder institutionelle Identität besitzt - etwa in der Sammlungspolitik, in der Rolle, die es traditionell in einer Stadt einnimmt, in der Art und Weise, wie es Communities miteinbeziehen uam. Bei der Formulierung einer Zielvorstellung muß klar sein, ob diese Identität bewahrt oder auch gestärkt oder im Gegenteil abgestreift, transformiert werden soll. 

Als Beispiel dazu habe ich die von lebhafter und aktiver Entfaltung bürgerlicher Öffentlichkeit gekennzeichneten Gründungsjahrzehnte des Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum im Kopf, in der es um den Aufbau, die Konstruktion eines Landesbewußtseins geht. Die Umbenennung von Steuermärkischem Landesmuseum Joanneum inin Universalmuseum und die Forcierung des Museums als professionell beworbener ‚Marke‘ kann man als Bruch mit der Vergangenheit deuten kann.

Drittens haben Museen eine Reihe von strukturellen Eigenschaften, zu denen man sich verhalten muß. Sie neigen zu Verdinglichigung und Objektzentrierung, zur Deklarierung von Werten und Erzählweisen mit hohem Anspruch auf - fast nie begründeter und ausgewiesener - Autorität, zur von der Gegenwart trennenden, abschließenden Darstellung von Vergangenheit, zur scheinbar unumstößlicher Wahrhaftigkeit und allgemeiner Verbindlichkeit, zur hegemonialen Verallgemeinerung partikularer Werte und Wertvorstellung als für jedermann verbindlich und anerkennungspflichtig.

Diese Andeutungen mögen genügen um verständlich zu machen, daß in einer Zielvorstellung das Bild, das man vom Museum hat, die Haltung, die man einnimmt, deklariert werden muß. Der Spielraum, der einem zur Verfügung steht ist andeutungsweise vielleicht so zu beschreiben: den einen Pol bildet ein affirmatives, auf Vermittlung anerkannter Werte beruhendes Selbstbild, den andren eines, das auf Veränderung von Verhältnissen zielt. Die erstgenannte Haltung zementiert den (weit verbreiteten) Staus Quo des Museum, die andere den Wunsch nach Veränderung einschließlich der Transformation der Institution selbst.

Ein Beispiel: Das Australische Nationalmuseum in Canberra hatte in seinem Mission statement mal den Satz formuliert „What does it mean to be an Australian?“ (Inzwischen ist der Satz aus dem auf der Webseite des Museums veröffentlichten Mission statement verschwunden). Er könnte auch programmatisch am Beginn einer Zielvorgabe nahezu jeden Museum stehen. Es ist eine Frage, die sich sowohl das Museum stellt als auch an das Publikum und an eine allgemeine Öffentlichkeit gerichtet ist. Sie zielt auf ein zentrale ‚Sujet’ des Museums: Kollektive Identität (jedenfalls auf das, was dem Museum meist zugeschrieben und abverlangt wird: Identität zu „stiften“ bzw. repräsentieren. 

Als Frage formuliert, legt die des Museums in Canberra es nahe, daß sie unabschließbar, nicht endgültig beantwortbar sein könnte, weil es eben viele Vorstellung von, Wünsche an, Projektionen von Identität gibt. In der Formulierung wird nicht von der Feststellbarkeit von Identität ausgegangen (etwa in der Formulierung Worin besteht die australische Identität?), sondern davon, worin sie (für jeden Einzelnen, bestimmten Gruppen, die nationalstaatlich verfasste Gesellschaft als ganzer…) bestehen könnte. Nicht das Museum setzt autoritativ eine bestimmte Bedeutung (hier: von nationaler Identität), sondern überlasst die Bedeutungszuweisung seinem Publikum und der Öffentlichkeit: „What does it mean…?

Im vorarlberg museum gibt es - um ein weiteres Beispiel zu nennen, einen Abschnitt in der historischen Ausstellung, die den Titel „Making of“ trägt, in der über Zugehörigkeit und insofern Identität gesprochen wird - und das ausschließlich strukturiert von Fragen, die auf die verschiedenen Weisen zielen, wie Zugehörigkeit an wen unter welchen Bedingungen und von wem zugewiesen wird.

Meine Auffassung von Zielen, die man Museen zuschreiben kann, ist geprägt von der Beschäftigung mit der (Entstehungs)Geschichte des Museums und dem daraus abgeleiteten Bild vom Museum als Ort der deutenden Selbstauslegung von Gemeinschaften und eines zivilisierenden Ritual - vom Museum als Werkzeug der Selbstdeutung, der Sozialisation und Bildung im umfassenden Sinn. 
Deshalb liegt es mir, Zielvorstellungen bei Projekten immer in einem gesellschaftspolitischen Kontext zu verorten, wie weit oder eng gesteckt dieses Ziel auch sein mag. Ich denke, daß es freilich nicht um meine persönliche Auffassung geht. Musen sind von der öffentlichen Hand getragene, aus Steuergeldern finanzierte Einrichtungen, deren Sammlungen häufig auch allen gehören und die als öffentliche Einrichtung immer schon, wenn auch nur implizit und selten ausformuliert, gesellschaftliche Aufgaben haben und gesellschaftliche Interessen artikulieren.

Wenn man das in einer Zielvorstellung abbildet, landet man sehr schnell bei sehr anspruchsvollen und allgemeinen und insofern hinsichtlich ihrer Realisierung entmutigend hochgesteckten Zielsetzungen. Doch solche Zielsetzungen funktionieren wie der Fluchtpunkt in einer Zeichnung. Obwohl er sie strukturiert, wird wird er am Schluß unsichtbar sein dürfen.

Ein Beispiel: Bei Beginn der Arbeit an der Ausstellung Berge. Eine unverständliche Leidenschaft stand rasch das die Ausstellung strukturierende Thema fest. Aus den vielfältigen Darstellungsmöglichkeiten (Geschichte des Alpinismus; Natur- und Kulturgeschichte der Alpen; Sozial- und Alltagsgeschichte der Alpenbewohner usw.) wurde die körperliche Erfahrung des Bergsteigens ausgesucht. Komplementär dazu entwickelte sich ebenso rasch, die Idee, über Ursachen, Motive des Bergsteigens zu sprechen und damit ein Stück Deutung und Reflexion über das anzubieten, was man ja meist nur macht, ohne sich über die Beweggründe Rechenschaft abzulegen. Dies, ein kleines Stückchen Aufklärung, adressiert an die Reflexionsfähigkeit und -bereitschaft von Besuchern, das war das Ziel. Die ‚Leiberfahrung‘ war das Thema, der Inhalt.

Aus einer Zielsetzung lassen sich im Idealfall alle anderen Entscheidungen ableiten. Die vier wesentlichen Felder, auf denen Entscheidungen so oder so immer getroffen werden, stehen eben nicht gleichwertig nebeneinander (was die bekannte ICOM-Museums-Definition nahelegt, die von den Museumsaufgaben Bewahren, Sammeln, Erforschen und Vermitteln wie von gleichwertig nebeneinander existierenden spricht). 
Diese (schematisch benannten) Felder betreffen die Wahl des Inhalts (was wird gezeigt), die Wahl von Methoden (wie wird etwas vermittelt), die Wahl der Medien, (womit wird etwas dargestellt). Die vernünftigen, die bewußt getroffenen Entscheidungen fallen aber nur dann, wenn sie von Zielsetzungen regiert werden (wozu will ich etwas vermitteln). 

3

Das Projektteam braucht eine klare organisatorische Struktur.

Die Rollen, selbstverständlich einschließlich der Leitungs-, Verantwortungsposition, müssen klar sein. Es muß klargestellt sein, wie das Verhältnis von Museums- (Ausstellungs-)leitung zur Projektleitung aussieht. Es braucht einen präzisen Zeitplan und jemanden, der die Autorität verliehen bekommen hat, diesen Zeitplan zu kontrollieren und nötigenfalls durchzusetzen. 

Es scheint mir sinnvoll - in welcher Form lasse ich offen - Personen von außen hinzuziehen, vor allem um die Richtung des Denkens gelegentlich zu wechseln, und sei es in Form eines Probehandelns und des Alternativen-Suchens. Es soll damit eine andere Expertise ins Spiel kommen, eine, die im Team nicht vorhanden ist.
Grundsätzlicher ist das Problem, daß sich Anforderung in einer Projektentwicklung nur teilweise mit der in Museen meist üblichen fachlich-kuratorialen Kompetenz überschneidet. Die Expertise von Kuratoren stammt meist aus akademischer Ausbildung, die sich aber im Managen von Projekten als sowohl sachlich als auch organisatorisch unzureichend erweisen kann.  

Deshalb sind meiner Erfahrung nach Teams mit flacher Hierarchie erfolgreicher, nicht nur weil das Machtgefälle gering ist, sondern weil in solchen Teams die Rollen und Sichtweisen gewissermaßen getauscht werden können. Im Idealfall kann jeder in die Rolle/Aufgabe des anderen hineinschlüpfen und jeder kann das zulassen, daß, auf Zeit, jemand mit seinem Kopf denkt.
Arbeit in solchen Teams schätze ich persönlich sehr und bin skeptisch gegenüber einer (unter Umständen extrem arbeitsteiligen, wenngleich auch hochprofessionellen) Funktionsaufteilung in strikt abgegrenzte Zuständigkeiten wie es etwa in großen Ausstellungsbüros der Fall ist.

Wenig höre ich so oft aus Museen, wie die Klage, daß keine Zeit zum reflektierenden Innehalten da ist, daß Projekte auch nach ihrem Abschluss nicht mehr besprochen, diskutiert werden. Daß immer alle im Zeit- und Arbeitsdruck eingespannt sind, die jedes Nachdenken be- oder verhindert. Also, gerade dann, wenn der Zeitdruck unerträglich zu werden beginnt, sollte man paradox intervenieren und Innehalten und sich eine Runde Reflexion gönnen.

Es ist ohnehin eine regelmäßige Kontrolle in der Entwicklung des Projektes nötig. Es muß immer wieder überprüft werden, ob das Projekt inhaltlich - gemessen an den Zielvorstellungen -, zeitlich und finanziell „im Rahmen“ ist.

An einem deutschen Museum habe ich kürzlich eine professionelle Evaluation (im Rahmen einer vom Museum veranstalteten fachlichen Tagung) nur drei Monate nach der Eröffnung erlebt. War überraschend für mich, aber auch plausibel als Form der Bilanzierung und als Anregung allfälliger Adaptionen.







Montag, 25. Juli 2016

Agnes Husslein 1, 2 und 3

1. In der Presse übertrifft Almuth Spiegler alles, was ich an Kulturjournalismus bislang so zu Lesen bekommen habe: "Die Rufe aber hören nicht auf, „Kopf ab!“ kreischt ein links-elitistischer Mob wie bei Marie Antoinette. (...) Die Kunst interessiert die „Kritiker“, vor allem geifernde Künstler übrigens, aber weniger als die Buchhaltung." Höchstes Qualifikationserfordernis für MuseumsleiterInnen: "Narrentum", und das um was zu bewirken? Museen zu "Paradiesen" zu machen. Die Qualifikationen in bezug auf Umgang mit dem Personal fallen bescheidener aus: "Dass sie jetzt ihre Feindinnen also nicht in irgendwelchen Belvedere-Verliesen foltern lässt, u. a. dafür hat der vom Kulturminister eingesetzte kaufmännische Ko-Direktor Dieter Bogner zu sorgen...". Guter Hinweis. In österreichischen Kellern passiert ja gerne mal was. (Hier: Die Presse, 20.07.2016)

2. Der Rechtsanwalt der "beurlaubten" Prokuristin des Belvedere-Museum hat Strafanzeige gegen Husslein erstattet. Der Rechtsanwalt ist der Meinung, daß man "von Amtswegen" aus tätig hätte werden müssen und daß das auch für den Minister und das Kuratorium gelte. (Der Standard 24.07.2016)

3. Kaum habe ich gelernt, was Comliance ist, lerne ich auch, daß es Compliance-Experten gibt. Ein solcher sagt im Standard zum "Fall Husslein" ein paar wohltuend einfache Worte. Z.B. daß die "Verdienste" einer Person (worin die auch immer bestehen, und wer immer die festgestellt haben mag) nicht mit rechtlich relevanten Verfehlungen "aufgerechnet" bzw. "entschuldet" werden können. (hier nachzulesen).
3. Die Causa Husslein geht in die nächste Etappe. Am Freitag wurde bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue gegen die amtierende Belvedere-Direktorin erstattet, wie Rechtsanwalt Georg Schima namens seiner Mandantin, der beurlaubten Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik, auf Standard-Anfrage bestätigt. Ein Tätigwerden hätte laut Schima auch von Amtswegen erfolgen können, war jedoch ausgeblieben. - derstandard.at/2000041713244/Belvedere-Strafanzeige-gegen-Agnes-HussleinDie Causa Husslein geht in die nächste Etappe. Am Freitag wurde bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Verdachts der Untreue gegen die amtierende Belvedere-Direktorin erstattet, wie Rechtsanwalt Georg Schima namens seiner Mandantin, der beurlaubten Prokuristin Ulrike Gruber-Mikulcik, auf Standard-Anfrage bestätigt. Ein Tätigwerden hätte laut Schima auch von Amtswegen erfolgen können, war jedoch ausgeblieben. - derstandard.at/2000041713244/Belvedere-Strafanzeige-gegen-Agnes-Husslein

Samstag, 13. Februar 2016

Montag, 26. Mai 2014

Führungsqualität am Kärntner Landesmuseum

"Jeden, der das neue Pflänzchen mit Chemie und Gift düngt, den werde ich mit Chemie und Gift bekämpfen." 

Der Direktor des Kärntner Landesmuseums zu Mitarbeitern, ein Satz, laut "Standard" durch ihn selbst beglaubigt.

Freitag, 28. Februar 2014

Was leitet ein Museum?


"Künstlerisch-wissenschaftliche Museumsleitung: Otto Hochreiter" steht da am Ende der Credits einer aktuell laufenden Ausstellung des Stadtmuseums Graz. Früher war man "Direktor" - jetzt ist man was Spezielles. Daniel Spera, Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien nennt sich in einem akademischen Netzwerk (oder läßt sich nenen) "CEO". Den "künstlerischen Leiter" hat meiner Erinnerung nach Peter Noever eingeführt, als er Direktor des MAK war. Noever hat sich als Künstler verstanden, als Architekt. Aber was ist "künstlerisch" an der Leitung eines Museums? Inzwischen war ja schon aus dem Ersten Direktor des Kunsthistorischen Museums unter Wilfried Seipel der "Generaldirektor" geworden, der einen Museumsverbund leitete und vermutlich daraus den militärischen General ableitete.
Also, was ist "künstlerisch" an der Leitung eines Museums? Man könnte sagen, daß das Ausstellungsmachen eine Tätigkeit zwischen Wissenschaft und Kunst ist, mal mehr zu der einen, mal mehr zu der anderen Seite neigend. Aber nur künstlerisch ist sie sehr selten und dann ist der Autor von so einer Ausstellung meist tatsächlich Künstler. Und nur wissenschaftlich kann Ausstellungsmachen auch nicht sein, weil sie unter anderem mit ästhetischer und narrativer Kompetenz zu tun hat, die aus der jeweiligen Fachwissenschaft nicht ableitbar ist. Also ist "künstlerischer Leiter" ein Unding. Und "wiisenschaftlicher" auch. Ausstellungen machen ist "dazwischen" angesiedelt und etwas, wofür es ein Wort eigentlich noch gar nicht gibt.
Natürlich trifft die Selbstbezeichnung "künstlerisch" nicht mal dann zu, wenn ein Museumsleiter selbst Ausstellungen kuratiert. Denn er ist ja auch noch jemand, der für die Finanzen, das Personal, die gesamte Infrastruktur, das Programm, die Öffentlichkeitsarbeit uam. (letzt)verantwortlich ist. Und daran ist bekanntlich wenig künstlerisch.
Diese Spaltung in "künstlerisch" und z.B. "administrativ" (oder finanziell) erlaubt immerhin im Notfall die Ausrede, man sei eben nur für das eine (oder das andre) zuständig gewesen. Wie man auf dieser Klaviatur spielt, zeigt uns derzeit der Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann. Plötzlich ist er (nur mehr) "künstlerischer Leiter", was bei ihm zwar plausibler ist, denn er ist ja auch Regisseur und inszenieren wird man mit Recht als künstlerisch bezeichnen dürfen, mit mehr jedenfalls, als das Ausstellungsmachen. Aber natürlich trägt Herr Hartmann ja auch die Verantwortung für die gesamte Organisation Burgtheater, seine Finanzgebarung, sein künstlerisches Profil. Mit einer Bezeichnung "künstlerisch-wissenschaftlich" für die Leitungsposition, wie hier im Bild, am GrazMuseum, gehts aber auch nicht, denn natürlich liegt auch hier die gesamte Verantwortung immer bei der Direktion, was ja (unfreiwillig wohl) in der Bezeichnung "Museumsleitung" eingestanden wird. Ja, was wenn nicht Museumsleiter ist ein Direktor eines Museums? Und wenn er Museumsleiter ist, dann leiter er alles und nicht einen Teilbereich.
Dann hätten wir in Graz noch einen "Intendanten" als Museumsleiter (Peter Pakesch, am Joanneum, aber den aus Proporzgründen neben einem zweiten Leiter, dem "wissenschaftlichen Geschäftsführer" (Wolfgang Muchitsch). Diese Bezeichnung ist schon in sich nicht stimmig, ich muß jetzt nicht mehr sagen warum, auch wenn man gutwillig unterstellen könnte, das Universalmuseum in Graz sei eben eine nach wissenschaftlichen Grundsätzen geführte Organisation. Aber die Erläuterungen zur Tätigkeit auf der Homepage des Museums lauten so: "Direktion; Wahrnehmung aller wissenschaftlichen Belange; Belange der Sammlungen und ständigen Schausammlungen; Belange der Abteilungen Interne Dienste und Museumsservice."
So, und was sagt uns das jetzt? Was ist daran eigentlich wissenschaftlich und was nicht? Und wie grenzt sich das vom "Intendanten" ab?
Diese Bezeichnung kommt aus dem Musik- und Sprechtheater, den Festivals und war bislang für eine Museumsleitung eher unüblich. Übersetzt heißt "Intendant" auch nicht viel mehr als Aufseher oder Verwalter und leitet sich aus der gleich geschriebenen französischen Vokabel ab, die, einst im höfischen Bereich (das sagt Wikipedia und lege dafür nicht meine Hand ins Feuer), den Verwalter der Kleiderkammer bezeichnete.
Modern bezeichnet Intendant den Geschäftsführer und künstlerische Leiter einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, einer Oper, eines tHeaters usw. Man könnte also beim Leitungsduo des Joanneum von einer Trennung der künstlerischen und wissenschaftlichen Funktionen sprechen, aber in der Praxis stimmt das natürlich nie wirklich und vor allem sind ja beide, im Sinne der Definition von "Intendant", eben Geschäftsführer einer in einer bestimmten Organisatiuonsform verfassten kulturellen Institution, für die sie der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet handeln.
Man kann noch die "Arbeitsplatzbeschreibung" des Intendanten des Joanneum nachreichen: "Intendanz; Wahrnehmung aller künstlerischen Belange; Ausstellungsprogramm; Belange der Abteilungen Außenbeziehungen und Besucher/innenservice."
Jetzt könnte man noch drüber grübeln, warum die lange übliche Bezeichnung Direktor oder Leiter nicht mehr genügt.
Es hat wahrscheinlich mit der Differenzierung der Museumsberufe insgesamt zu tun und mit der Ansiedlung neuer Funktionen und Kompetenzen in der gesamten Hierarchie großer und mittlerer Museen. Das soll sich auch in der Benennung der Leitung und der Beschreibung ihrer Aufgaben abbilden. Und vielleicht geht aus auch um jene Abgrenzung und Markenprofilierung, die Museen zunehmend glauben betreiben zu müssen, also um eine möglichst unikale und nicht so leicht verwechselbare Berufsbezeichnung der Leitung - so wie man ja auch bei der Benennung von Museen darauf bedacht ist, eine unverwechslbare "Marke" zu schaffen (etwa: "Universalmuseum" beim Joanneum). Schauen wir mal, was noch so alles kommt.
In der Phantasie der Direktoren, mit der sie ihre Arbeit neu (wirklich neu?) beschreiben kommt ein widersprüchliches Strukturmerkmal zu Tage: die extrem hierarchische Gliederung komplexer und hoch arbeitsteiliger Organisationen (bei Museen mit entsprechender Größe). Mit der Entstehung von Museen hat sich diese Konzentration auf eine Leitungsperson rasch entwickelt, korporative Verwaltungsformen sind die Ausnahme. Über Vor- und Nachteile wird nicht diskutiert. Den einzigen Unterschied, den ich sofort zwischen der Frühzeit der Museumsgründungen und der heutigen Situation erkennen kann, ist der Grad der Professionalisierung und eine Verschiebung der Zuständigkeit. Kunstmuseen wurden sehr häufig und manche noch sehr lange von Künstlern geleitet (die deswegen nie "künstlerischer Leiter" genannt wurde) und fachliche Professionalisierung entwickelte sich erst allmählich und parallel zu und auch in den Museen, wie etwa bei der Kunstgeschichte.
Die diversen Varianten von Neubezeichnungen halten alle an der autoritativen Konzeption der Organisation fest - aber sie spitzen, im Unterschied zur Bezeichnung Direktor, etwas zu, was ein Museumsleiter selbst im Ausnahmefall eigentlich nie sein wird: Autor.
Wenn jemand ein Theater in Personalunion von Textautor, Regisseur und Intendant (also Verwalter) leitet, so steht seine Autorschaft immer in einem Spannungsverhältnis zum Autor des aufgeführten Stücks. Der Widerspruch ist ja ein Liebkind der animosen Anschreiberei gegen das sogenannte Regietheater.
Beim Museum könnte man also weit eher von der Rechtmäßigkeit einer Autorschaft sprechen, da es ja keinen Autor, keinen Text und keine Partitut gibt und ja alle Elemente, die zur Verfügung stehen und in einer Ausstellung genutzt werden können, frei kombinierbar und verfügbar sind. Aber wo gibt es den Fall, daß der (administrative) Leiter eines Theaters zugleich "inszeniert" und "schreibt" - und dabei auf jede Unterstützung eines Teams verzichtet?
Das gibt es nur bei kleinen Museen. Aber was heißt "nur", das sind ja viele. Dennoch hat dort noch niemand das Recht für sich in Anspruch genommen, "künstlerischer Leiter" oder "Intendant" zu sein. Kann ja noch kommen.

Freitag, 11. Januar 2013

Kulturelle oder ökonomische Logik. Peter Assmann äußert sich zu den Gründen seines Rücktritts

Ich habe Peter Assman gefragt, ob er angesichts seines Rücktritts zu der stärker werdenden Rolle von Managern (Kaufmännische Direktoren etc.) in Museen etwas schreiben will - vor dem Hintergrund jener Erfahrungen, die ihn schließlich zum Rücktritt bewogen haben.  Ich habe gestern (hier, in einem kurzen Beitrag) diesen Rücktritt als Symptom einer problematischen Entwicklung bezeichnet, das weitgehedn ohne öffentliche Resonanz bleibt. Hier nun der Beitrag von Peter Assmann, der vielleicht eine Debatte in Gang setzt - und für den ich ihm herzlich danke.

Peter Assmann

Zur Rolle der kaufmännische Direktoren in Museen


Kaufmännische Direktoren, früher hießen sie durchwegs Verwalter,  gibt es in
der österreichischen Museumslandschaft mit dieser Bezeichnung seit den
umfangreichen Ausgliederungsbewegungen verstärkt ab Mitte der 1990er Jahre
in Österreich. Prägnante Beispiele dafür sind der Großkomplex des
Kunsthistorischen Museums, das Wien-Museum aber auch die Museen der Stadt
Linz. Das duale Führungsprinzip ist hier durchwegs so aufgegliedert, dass es
einen Direktor und einen kaufmännischen Direktor gibt. Beim Direktor, oder
Generaldirektor wie beim Kunsthistorischen Museum, handelt es sich um eine
Person mit inhaltlich einschlägigem Studium durchwegs der
Geisteswissenschaften, beim kaufmännischen Direktor um eine Persönlichkeit
mit einem Wirtschaftsstudium. Die interne Hierarchie ist so geregelt, dass
in der Person des Direktors eine die Aktivitäten des Museums
zusammenführende und auch kompakt nach außen und innen kommunizierende
Persönlichkeit handelt, wo hingegen der kaufmännische Direktor für die
administrativen Belange - durchaus auch mit (beschränkter) Personalhoheit -
zuständig ist.
International wie national beobachtbar ist jedoch die Tendenz, dass sich
dieses Modell nicht bewährt hat, konkrete Fälle des Scheiterns mit
weitreichenden Folgen sind etwa bei den Museen in Hamburg oder auch im
Liechtensteinischen Landesmuseum beobachtbar gewesen. Die Ausschreibungen
der jüngsten Zeit zielten hier stets auf eine eindeutig definierte singuläre
Leitungspersönlichkeit eines Museums hin.


Gerade aus der Beobachtung dieser Tendenzen wird klar, dass die Institution
Museum in den letzten Jahrzehnten eine weitreichende Aufgabenerweiterung
erfahren hat. Immer mehr kristallisiert sich das Bild einer umfassenden –
ich bezeichne es immer als - „Kompromissinstitution“ heraus. Es gilt eine
positiv tragfähige Verbindung zwischen Wirtschaftlichkeit und
Wissenschaftlichkeit, zwischen bewahrender und vermittelnder Kompetenz,
zwischen touristischer Arbeit, kreativer Orientierung sowie umfassenden
Bildungsaktivitäten im Sinne des Life Long Learnigs und vieles mehr zu
gestalten. Dass eine solche Kompromisssituation bei einem dualen
Führungsprinzip nur dann funktionieren kann, wenn die beiden
Persönlichkeiten extrem gut harmonieren und ihre Kompetenzen sich
bestmöglich ergänzen, ist offensichtlich.

Wenn jedoch, so wie es zuletzt in Linz bei den OÖ. Landesmuseen der Fall
war, von politischer Seite eine Persönlichkeit als kaufmännischer Direktor
etabliert wird, der in seiner Berufsausbildung Jurist und in seiner
langjährigen Berufserfahrung Geschäftsführer eines Tourismusverbandes,
Geschäftsführer einer kulturellen Großaktivität und freier
Unternehmensberater war und diese Persönlichkeit sofort – ohne zuvor jemals
in einem Museum gearbeitet zu haben - umfassende Kompetenzen im Sinne der
Personalhoheit, der absoluten Finanzhoheit und auch der Leitung des Bereichs
Marketing und Kommunikationsverantwortung bekommt und die Institution dabei
zweigeteilt wird und das ganze innerhalb eines bürokratischen Systems
gemacht wird – dieses Museum ist als einziges großes Museum ich Österreich
nicht ausgegliedert -, so ist dies eine nationale und international völlig
allein stehende Lösung.
Welche Effekte man sich von einer solchen strukturellen völligen Entmachtung
des inhaltlichen Bereichs eines Museums verspricht, können nur vermutet
werden. Kreativitätsfördernd, Engagement fördernd ist dies jedoch in keinem
Wirtschaftsbereich. Wenn die Kulturinstitution Museum völlig unter das
strukturelle Diktat von einer wirtschaftlich administrativen Leitung gerät,
dann sind die Prioritäten klar in diesem Bereich angesiedelt.
Das Museum wird nicht mehr mit einem Hang zum innovativen Risiko agieren, es
wird brav und innerhalb der bestehenden Normen der Verwaltung arbeiten
(müssen).

Jede Organisation, die sich ihrer Kreativkräfte beraubt, wird die Rechnung
dafür später bezahlen müssen. Wer nur einäugig betriebswirtschaftlich und in
kleinteiligen Verwaltungsstrukturen denkt, wird im volkswirtschaftlichen
Sinne  bzw. im Sinne übergeordneter Entwicklungsperspektiven immer teuer zu
bezahlenden Nachholbedarf haben. Eine Verwaltung, die sich selbst als
prioritäres Ziel hat, ist ein geschlossenes System und nur vorgetäuscht
produktiv.
Gerade bei einer so vielfältig agierenden Institution mit so vielen
Möglichkeiten wie dem Museum ist das ein absurder Verschleiß von
Volksvermögen und vor allem Volkspotential. Die wirtschaftlich ungünstige
Rechnung zahlt hier immer der Steuerzahler.

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Partizipation. Mitbestimmung. Ein Gedankensplitter

Unter "Partizipation im Museum" wird vielerlei verstanden - vom Zulassen, daß jemand über den Zaun blicken kann bis hin zur Abtretung von Entscheidungsbefugnis. Partizipation kann auch sehr unterschiedlich gerechtfertigt werden - als Mittel, bislang museumsfernne Menschen für das Museum zu interessieren, bis zur Veränderung der Qualität der Organisation.
Ob Partizipation irgendwo tatsächlich schon praktisch so weit geht, daß MitarbeiterInnen eines Museums tatsächlich Entscheidungsbefugnisse, also Macht, abgeben, möchte ich bezweifeln. Aber darauf will ich gar nicht hinaus.
Mich interessiert etwas anderes: wendet sich Partizipation immer nur an Personen, die "draußen" sind? Geht es um die Opposition von "wir" (die MitarbeiterInnen) und "die"? Oder wird das Wort "Partizipation" auch auf die Organisation selbst angewendet?
Mit anderen Worten, gibt es das, was man "denen da draußen vorm Museum" anbietet, auch für die "drinnen" im Museum? Also: Mitbestimmung.
Und ist es in Museumsorganisationen nicht so wie in vielen anderen Organisationen auch, daß es allenfalls ein punktuelles Mitwirken gibt, und das immer in Relation zu einer Ermöglichung (das heißt innerhalb einer Abhängigkeit) "von oben".
Oder gibt es Museen, wo es strukturell, also nicht bloß gelegentlich, Mitbestimmung gibt? Und das nicht etwa nur innerhalb etwa von Projektteams mit zeitlich befristeten Aufträgen, sondern in Bezug auf das Ganze der Institution?
Was würde es bedeuten, wenn Museen, die eine solch "innere Partizipation" nicht kennen (ist das nicht die überwältigende Mehrheit?), ihren Besuchern (oder auch Nichtbesuchern, aber das dürfte schwierig sein) "Partizipation" anbieten?
Müßten solche Museen nicht zwingend erst ihre "innere Verfassung" ändern, oder anders gesagt, müsste es nicht eine klare Priorität "Mitbestimmung" vor "Partizipation" geben?

Montag, 13. August 2012

Wie man Museen zugrunderichtet, aber gekonnt. Noch einmal.


Der Post mit der "Schlagzeile" "Wie man Museen zugrunderichtet, aber gekonnt", gehört zu den meistgelesenen der letzten Wochen und hat gute Chancen, in den Charts weit nach oben zu klettern (ja, manchmal verfalle auch ich der Akklamationsmessung und Erbsenzählung...).

Ich habe den Text erneut überarbeitet, noch mal erweitert, Anregungen aufgegriffen und bei der Gelegenheit auch so manchen Tippfehler entfernt, was der Lesbarkeit des Textes guttun wird.

Zu den Effekten des Textes gehören: eine Aufforderung als museologischer Kabarettist aufzutreten, den Text zu publizieren (soll demnächst geschehen) und eine Tagungseinladung.
Ja und dann - dann wird natürlich alles anders und besser werden...

Hier der Link zum Post mit dem überarbeiteten Text: http://museologien.blogspot.co.at/2012/06/wie-man-ein-museum-zugrunderichtet-aber.html

Wer immer Lust hat, etwas aus seiner Berufserfahrung beizusteuern kann mir etwas unter der neuen Mail-Adresse museologien@gmx.at gerne tun. Ich freue mich über Erfahrungserweiterungen.