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Samstag, 6. Mai 2023

Benin-Zweifel

Die Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin sieht, wie immer von ihr befürchtet, die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria in einem Fiasko enden: Nigerianischen Medien zufolge hat der Staatspräsident Muhammadu Buhari kurz vor Amtsende die Eigentumsrechte sämtlicher Benin-Artefakte dem Oba von Benin übertragen. "Dies gelte für alle bereits zurückgegebenen und alle weiteren zu erwartenden Restitutionen von Benin-Objekten weltweit: "Was von deutschen Politikern und Politikerinnen als ein Zurückgeben des kulturellen Erbes an das 'nigerianische Volk' gedacht war und 'die Wunden der Vergangenheit heilen' sollte (Claudia Roth), ist stattdessen nun zu einem Geschenk an ein einziges Königshaus - eines unter vielen Königshäusern und Sultanaten in der Republik Nigeria - geworden. Ein Königshaus, das zudem, aus heutiger Sicht, bis zu seiner Unterwerfung durch die Briten schlimmste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat: Notorische Angriffskriege über Jahrhunderte hinweg mit Plünderungen, Zerstörungen, Massakern, Versklavung von Kriegsgefangenen, Menschenopfern zu Ehren der in den Gedenkköpfen repräsentierten Ahnen sowie Sklavenjagd und -handel in großem Stil." (Quelle: Perlentaucher, 6.5.2023)


Dienstag, 27. Juli 2021

Restitutionsdebatte auf Wienerisch

Neulich im Weltmuseum ... Benin, ohne Debatte (welche Debatte denn?), ohne jede Information zur Aktualität dieser Objekte, keine Rücksichtnahme auf die Rückgabe durch die Stiftung Preussischer Kulturbesitz. Bissl Marketing mit Restitutionsobejketen, warum denn ned? Schauns halt heute ein bissl Abend vorbei, bei unserer Raubkunst. Wie es einst dort war...




Donnerstag, 29. August 2019

Museen zwischen den Fronten. Restitutionsforderungen und unethisches Sponsoring



Museen zwischen den Fronten

Über den Museen ziehen Gewitterwolken auf und das in zwei Fronten. In Deutschland und Frankreich aber langsam auch auf andere Länder übergreifend, ist eine heftige Debatte über die Restitution kolonialen Raubgutes entbrannt. Und in den USA und in England gerät das Sponsoring in Kritik und wird in durchaus militanten Aktionen attackiert. Es gibt einen Unterschied zwischen den beiden Auseinandersetzungen: die Restitutionsdebatten werden überwiegend von Wissenschaftern, Restitutionsexperten und Journalisten geführt. Und das durchaus vehement - kaum ein Tag vergeht ohne einen einschlägigen Artikel in einer großen Deutschen Tageszeitung. Die Angriffe auf Sponsoren großer Kulturinstitutionen werden aber von der Zivilgesellschaft unter starker Beteiligung von KünstlerInnen getragen.

Die Firma, die derzeit am heftigsten unter Beschuß geraten ist, Purdue Pharma, die einer der reichsten Familien der USA gehört, hat allem Anschein nach skrupellos ein süchtigmachendes Schmerzmittel aggressiv lanciert und zu einer Opioid-Krise in den USA geführt, der jährlich tausende Menschen zum Opfer fallen. Unter dem Druck erster Prozesse und Schuldsprüche beginnen erste, große Museen, sich von Sponsor zu trennen oder mindestens auf Distanz zu gehen.

Beide Vorgänge sind fundamentale Attacken auf das Museum als solches. In der Restitutionsdebatte wird die teilweise gewaltförmige und unrechtmäßige sowie verschwiegene Grundlage von Museen sichtbar und ihre hegemoniale politische Funktion. Beim Sponsoring durch unethisch eingeschätzte Konzerne agiert das Museum als Agentur der Veredelung und Verschleierung. Hinter den scheinbar selbstlosen Geldgebern verstecken diese ihre menschenverachtenden Praktiken – es handelt sich um toxische Philantropie.

Das British Museum wird wegen seines Sponsors British Petrol angegriffen und beim Whitney Museum steht ein Beirat der Institution in der Kritik, Warren Kanders, als Besitzer einer Firma, die unter anderem an der mexikanischen Grenze eingesetztes Tränengas produziert. Jetzt steht sogar die im Kunstbetrieb wichtige Biennale, die das Museum ausrichtet, auf dem Spiel, weil sich Künstler zurückziehen und über einhundert MitarbeiterInnen des Museums sich gegen ihren vice-chair wendeten. Eine Initiative Decolonise this Place, die auf den Rücktritt des Beirats hinarbeitet, verknüpft in ihrem Namen beide Motive, Museen anzugreifen: die neokoloniale staatliche Gewalt gegen farbige Minderheiten - als der der Einsatz des Tränengases gegen Migranten eingestuft wird - und das Art-Washing des Konzerns „Safariland“ (sic!) durch das Museums-Sponsoring.

Es konnte nicht ausbleiben, daß jemand auf die Idee kam, beide Fronten zu einer zusammenzufassen. In einem jüngst in The Guardian (20 Feb 2019) erschienen Essay verdammt die Kunsthistorikerin Alice Procter kurzerhand die Museen generell: „The whole concept of The Museum is a colonialist, imperialist fantasy, born from the fallacy that somehow the whole world can be neatly catalogued, contained in a single building, mapped out for easy digestion.“ Und mit Hinweis auf diegegen BP protestierenden BesetzerInnen des British Museum, schreibt sie: „They’re all tired of museums being unquestionable, unethically funded pleasure houses where dirty money gets made to look like shiny civic pride.“

Solcher Fundamentalismus läßt sich leicht beiseiteschieben, aber beide „Fronten“ haben ihre Dynamik entwickelt, die noch nicht auf ihrem Höhepunkt angekommen zu sein scheint. Es wird sich zeigen, ob das Geschlossenhalten der Augen und Ohren weiter die geeignete Strategie der Museen sein wird, der tiefreichenden Herausforderung gerecht zu werden. Denn noch nie in der Geschichte des Museums sind einer breiten Öffentlichkeit die strukturellen Widersprüche der Institution so klar vor Augen geführt worden.
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Dienstag, 9. Juli 2019

Über die angebliche Überlegenheit westlicher ethnologischer Museen über die fehlenden Standards afrikanischer Museen

Zu den am häufigsten vorgebrachten Vorbehalten gegenüber der Restitution ethnologischer Sammlungsbestände gehört, daß namentlich afrikanische Museen den Objekten nicht jenen Schutz bieten könnten, der nötig ist, um sie dauerhaft zu bewahren. Während das für europäische Museen fraglos gelte.
In der Süddeutschen Zeitung vom 9.Juli widerlegt Jörg Häntzschel diese Behauptung, indem er das Argument an deutschen ethnologischen Museen überprüft. Deren Depots, Archivierungspraktiken und Inventarisierung erweist sich als erstaunlich desolat. Häntzschel stützt sich auf offenbar recht freimütig gegebene Auskünfte von Direktoren und Kuratoren namhafter Museen.
Fehlender Brandschutz, desolate Klimaanlagen, schädigende Umweltbedingungen gefährden das Deponierte. Noch erstaunlicher ist, daß die meisten befragten Museen nicht nur keine vollständigen Inventare haben, sondern nicht mal den Umfang ihrer Sammlungen kennen, unter anderem weil im Zweiten Weltkrieg erlittene Verluste bislang gar nicht erfasst wurden. In so manchem Museum lagern Bestände aus Grabungen und ampangen, die nie bearbeitet wurden. Ihr Umfang überfordert die Museen.
Technische Modernisierung der Inventarisierung schleppt meist die alten Defizite mit und verbessert nichts, für viele Objekte ist der Standort nicht mehr eruierbar und der Schwund ist beträchtlich.
Die Hoffnung, daß sich das mit mehr Personal schon noch aufholen und bereinigen lasse, wird von Museumsexperten bezweifelt. Es ist nicht nur eine Frage, wie unter diesen Umständen überhaupt Restitution betrieben werden kann, es ist auch die Frage, wie an solchen Museen, die nicht mal über die Grundlagen ihres Objektwissens verfügen Forschung betreiben sollen.
Hier der ganze Artikel.