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Samstag, 22. Dezember 2018

Zusperren wegen Kritik? (Sokratische Fragen 36)

Im Oktober 2018 forderte Israels Ministerpräsident Netanjahu Bundeskanzlerin Merkel schriftlich dazu auf, die finanzielle Unterstützung diverser deutscher NGOs zu „überdenken“, darunter das Jüdische Museum Berlin.
Begründung: Das Museum sei israelkritisch, habe z.B. den Anspruch Israels auf Jerusalem nicht als alleinigen anerkannt.

Sokratische Frage dazu: Sind Museen derart wichtig? Zusatzfrage: Sind Nationalmuseen derart wichtig?

Samstag, 25. Februar 2017

Auch eine Zukunft des Museums...

Visitors wear headsets as they experience a virtual reality tour depicting Jerusalem as it was two millennia ago, at a visitors center near some of the world's most sacred sites holy to Jews, Muslims and Christians, in Jerusalem's Old City, on February 20, 2017 (via "The Atlantic"

Freitag, 18. November 2016

Das Yassir-Arafat - Museum in Ramallah (Ein Museum)

Das Museum rechts, im Vordergrund Arafats Mausoleum
In Ramallah ist ein Yassir-Arafat-Museum eröffnet worden, in unmittelbarer Nähe zu seinem Mausoleum. Und nur wenige Monate nach einem historischen Museum in Birzeit, das so etwas wie ein prospektives Nationalmuseum ist. Einmal geht es um eine Identitätserzählung über eine Person, des Chefs der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, ein andermal um eine Erzählung der Geschichte des palästinensischen Volkes.
Jerusalem Post: "Nasser al-Kidwa, a nephew of Arafat and a Fatah Central Committee member, said the museum purposefully did not choose to focus exclusively on Arafat’s life. We want to show the whole story of the Palestinian people, from the dawn of the 20th century until 2004,” he said outside the museum. “This story is of 100 years of conflict and dispossession, [but] also the role of Arafat, who is the main figure in this Palestinian journey.”


Das rekonstruierte Hauptquartier Arafats während der israelischen Belagerung
Historisches Foto mit israelischen Panzerns vor Arafats Hauptquartier

Das Arafat-Museum arbeitet erwartbar mit vielen Erinnerungsstücken, "Reliquien", Waffen, Medaillen, Videos, seine Sonnenbrille, hanschriftliche Notizbücher, einen Gebetsteppich, Uniformen und Palästinensertüchern. aber auch mit der Rekonstruktion von Räumen, in denen er gewohnt hat, sein Schlafzimmer und einen Kellerraum, in dem er sein Hauptquartier hatte, in der er jahrelang bedroht während der israelischen Belagerung lebte.

Mehr als ein Jahrzehnt nach Arafats Tod 2004 soll das Museum wohl auch dem langsamen Vergessenwerden und dem Verlust vieler Dokumente entgegengewirkt werden und das zu Zeiten einer tiefen politischen Spaltung der Palästinenser selbst. Der Guardian: "Asked whether Arafat’s life – and the museum – represented a period of greater agreement and unity than in Palestinian society today, Halayqa answered diplomatically. People miss Arafat. This is a reminder he still exists in people’s memories. Hundreds come to visit his tomb. I’m not certain all are sure why they are coming but they do. And now there is the museum.”

Eine Website des Museums habe ich nicht gefunden.


Ausstellungfsraum, und (unten) persönliche Gegenstände Arafats und sein Schreibtisc



Samstag, 31. Oktober 2015

Das Kunstmuseum von Ein Harod


Eine der erstaunlichsten "Entdeckungen " meiner (bisher einzigen) Israel-Reise war das Kunstmuseum des Kibbuz Ein Harod. Inmitten eines landwirtschaftlichen Großbetriebes mit seinen schon recht verbrauchten Gebäuden, abgenutzten Maschinenpark, karger Landschaft einen eleganten ingeniös gegliederten und belichteten Bau zu finden,das hatte ich ganz und gar nicht erwartet.
Eine resolute Kuratorin führte uns durch die Dauerausstellung, zeigte uns witzige und sehr ansprechende feministische Kunst, die man unter die ehrwürdigen historischen Objekte "geschmuggelt" hatte, und in einem anderen Teil des Museums gab es Spielzeug zu sehen, das die Bewohner des Kibbuz einst mit eigenen Händen für ihre Kinder gebastelt hatten.
Die Architektur lud zum Flanieren und entdecken ein, kein Raum wiederholte sich, es gab überraschend gestaltete Übergänge, Rampen, Treppen, Symmetrien, ohne eine einzige Wiederholung, einen Blick nach Draußen, in einen Binnenhof und ein wunderbares kleines Cafe - mit Lesecke und schlichter, einladender Möblierung auf dem untersten Niveau, das sich in ganzer Breite auf eine durch das natürliche ansteigende Gelände begrenzte und geschützte Terrasse öffnete.

Foto GF 2012

Foto GF 2012
Foto GF 2012

Jeder Raum hatte angenehme Proportionen, also keinerlei monumentale Attitude sieht man von einem links und rechts mit Säulen ausgestatteten Raum ab, den man nach Passieren von Kassa und Garderobe unmittelbar vom Eingang her betrat. Das Angenehme der Architektur kam aber nicht allein von der Proportion der Räume, der vertikalen und horizontalen Verschachtelung, sondern auch von ihrer Belichtung. Das Museum nimmt für sich in Anspruch dabei eine Pionierrolle zu spielen. Wie auch immer, durch abgehängte Decken, hinter Wandteilen verborgene Öffnungen kommt natürliches Licht ausreichend, aber nie direkt in die Räume. Ideal für das Ausstellen von Kunst, sehr angenehm für das Wohlgefühl des Besuchers.

In die Dauerausstellung "eingeschmuggelt" - eine von zahllosen Küssen bedeckte Thorarolle (Foto GF 2012)





Ein (Braut)Kleid, das die Künstlerin Andi Arnovitz aus hunderten Fetzchen zerrissener (fotokopierter) Ehekontrakte genäht hat. Das Kleid ist den "chained women", "agunot", gewidmet, die sich den israelischen Ehegesetzen entsprechnend, ohne Einwilligung des Ehemannes nicht scheiden lassen können.Foto GF 2012
Das Erstaunen über das Museum wird nicht kleiner, wenn man sich seine Gründungsgeschichte vergegenwärtigt. Das Kunstmuseum Ein Harod, “Mishkan Le'omanut", wurde etwa 10 Jahre nach der Gründung des Kibbuz Ein Harod im Jahre 1921 in den 30er-Jahren gegründet, in einem aus Holz erbauten Haus. Ein Harod (hebräisch עין חרוד), auf deutsch „Quelle Harod“, war eine der ersten großen Kibbuz-Gründungen. Der Ort, dessen Name aus biblischer Zeit stammt, liegt am Fuß des Berges Gilboa, nahe der Harod-Quelle, im Norden Israels. Ein Harod wurde am 22. September 1921 von jungen, aus Russland stammenden Arbeiterinnen und Arbeitern. Kurz vor der Staatsgründung Israels hatte das Kibbuz über 1100 Bewohner. 1953 kam es wegen ideologischer Differenzen zur Aufspaltung in die benachbarten Siedlungen En Harod Ihud und En Harod Meuchad.



1948 wurde das heutige, aus Stein errichtete Museum nach Plänen von Samuel Bickels eröffnet. Damit ist es der erste Museumsbau im Staat Israel. Es besitzt heute 16.000 Kunstwerke, macht laufend Ausstellungen, publiziert eifrig und last but not least bewahrt es, wie ich grade entdeckt habe, den Nachlass aus einem überaus merkwürdigem Projekt, dem Meir Agassi Museum, das nach seinem Gründer benannt ist, der, in Israel geboren, dieses eigentümliche und interessante "Museum" in Bristol, wo er an die zwanzig Jahre wohnte, in seinem Wohnhaus installiert hatte.

Zwei Fotos aus den 40er-Jahren, die das erste, hölzerne Museumsgebäude zeigen

Kinderspielzeug aus dem Kibbuz, Ausstellung 2012 (Foto: GF)

Kinder des Kibbuz im Museum, um 1950





Samstag, 29. Dezember 2012

Was ist passiert? Museen 2012


Militärhistorisches Museum Dresden. Das 'nicht-militaristische' Militärmuseum...
--> Blåvand Bunker Museumim dänischen Varde
Erweiterung des Staedel-Museum Frankfurt
Titanic-Museum im nordirischen Belfast
Pläne für einen aufblasbaren Pavillon im Innenhof des Hirshorn-Museum Washington
Rubic`s Cube Museum Budapest (in Planung)
Erweiterungsbau des Staedelijk-Museum Amsterdam
Perot Museum for Nature and Science. Dallas. USA
Red Location Art Gallery. Port Elizabeth. Südafrika
Museo-Parc Alésia. Frankreich
Holzskulpturen-Museum. Harbin. China
Erweiterung des Israel-Museum. Jerusalem
Dongsam Maritime Museum. Südkorea
"His Majesty King Abdullah on Tuesday inaugurated the Prophet Mohammad Museum at the King Hussein Mosque." Amman. Jordanien
Louvre Lens
Power Station of Art. Shanghai

Samstag, 17. November 2012

Das Irgun-Museum (Etzel-Museum) in Tel Aviv

Während ich diese Zeilen schreibe, beschießt die israelische Luftwaffe Ziele im Gaz-Streifen und feuert die Hamas Raketen auf Israel. Wie sich das entwickeln wird, weiß niemand, woher es kommt, kann man sagen. Vielleicht stimmt es, was man lesen kann, daß ein Ministerpräsident und seine Partei ein frivoles Wahlkampfspiel treiben - aber auf dem Rücken der eigenen Bevölkerung und unter Inkaufnahme zahlloser toter Palästinenser? Aber das ist ohnehin "nur" ein Anlaß, der Grund ist bekannt und liegt Jahrzehnte zurück.

Die von der Sehnsucht in das "Gelobte Land" zurückkehren zu können und von Pogromen verursachten Einwanderungswellen nach Palästina lösten nur sehr vereinzelt Konflikte aus, aber mit der in den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts realisierbar erscheinenden Gründung eines National- und Territorialstaates Israel (nach einem sehr komplizierten diplomatischen Prozess) verschärfte den Konflikt zwischen Juden und Arabern.

England, seit 1917 so etwas wie eine Schutzmacht in Palästina, versuchte militärisch und diplomatisch die beiden Gruppen auseinanderzuhalten. Es gab verschiede Versuche, eine Koexistenz herzustellen und zu sichern. Als die englischen Truppen die Einwanderung einschränken und die Ansiedelung in Palästina nach ihren Plänen regeln wollten, kam es zur Gründung paramilitärischer Untergrundorganisationen, wie Hagana und Irgun (gegründet 1931, auch Etzel genannt, politisch verfolgte Irgun umstrittene Ziele und gilt als Keimzelle der knoservativen politischen Partei), die Anschläge auf englische Einrichtungen verübte. Die Eskalation dieser Anschläge nach dem zweiten Weltkrieg trug dazu bei, daß die britischen Truppen abzogen. (1)



Die Anschläge richteten sich auch gegen die arabische Bevölkerung. Nur etwa einen Monat vor der Staatsgründung richtete die Irgun in einem Dorf ein Massaker mit über hundert Toten an. Die Irgun war maßgeblich mit der Staatsgründung gleichsam zusammenfallenden Vertreibung der Araber aus Jaffa beteiligt. Jaffa war die von der Vertreibung der Araber am stärksten betroffene Stadt, man spricht von etwa 60.000 bis 75.000 Vertriebenen. Diese Vertreibungen war Effekt einer Staatsgründung nach Israels Vorstellung und zugleich der Beginn eines bis heute nicht gelösten Grundkonflikts. Die israelischen und palästinensischen Raketen, die sich heute im Himmel über dem Gazastreifen kreuzen, sind immer noch und wieder, ein Effekt dieses Grundkonflikts.

Heute schwankt, je nach Standpunkt, die Einschätzung dieser Gruppen wie Irgun zwischen Terroristen, Patrioten, Miliz, Untergrundorganisation usw. 1948 mit der Gründung einer israelischen Armee aufgelöst, ist Irgun heute ein Teil des israelischen Geschichtsbildes, trotz der partiellen Verdrängung und Verleugnung mancher Handlungen der Irgun. Das Verdängteste ist die Vertreibung der Araber. (2) Da muss man nur den Text lesen, der im Museum über das größte Massaker "informiert", das Irgun begangen hat, das in Deir Yassin

Genau dort, wo unter anderem Irgun, Jaffa zerstörte, liegt das Irgun (Etzel-)Museum, ein, ich würde vermuten von "Veteranen" betriebenes, von einer Organisation getragenes (3) Museum (gegründet von einem Kommandeur der Irgun). Frei stehend und weithin sichtbar in der Nähe des Strandes im südlichen Tel Aviv hat es einen durchaus prominenten Platz. Das Bauwerk dürfte symbolisch zu lesen sein: über einer Ruine eines aus ottomanischer Zeit stammenden Gebäudes, hat man eine Art Vitrine gestülpt, einen opaken Glaskubus, der den versehrten Unterbau zu einer Trophäe macht.

Das Museum ist ein Ort, den seine Gründer als Gedächtnis an die Opfer konzipiert haben - gemeint sind die bei den Angriffen auf Jaffa getöteten Irgun-Mitglieder. Das Museum rechtfertigt, soll man sagen "selbstverständlich", dieses Opfer, das die Irgun insgesamt als Bedingung für die Existenz des Staates Israel gebracht hat. Alle Text- und Bildinformationen laufen auf diese Sicht der Ereignisse hinaus und die - bescheidene - Staffage aus Waffen und Figurinen unterstreicht das. Irgun hat eine "Mission" im "Unabhängigkeitskrieg" (erfolgreich) erfüllt.
Diese Veteranen-Bastelarbeit hat mich eher gelangweilt. Immerhin, deine Überraschung hatte es für mich: Zeitungsausrisse zu einem Irgun-Anschlag auf das Wiener Parkhotel (dort waren britische Militärs stationiert).


Man kann sich fragen, warum ein solches Museum in einer derartigen Lage denkbar ist, aber man kann in jedem europäischen Land (nicht nur in europäischen) jederzeit ähnlich mufflig-verklemmte "Militärmuseen" finden (Österreich hat sogar eins im Großformat in Wien stehen), an denen es nur um eine einzige Wahrheit geht. In einen Touristenführer würde ich schreiben "Schöner Strandspaziergang".


(1) Ein jüngst auf ARTE gezeigter vierteiliger Spielfilm "The Promise" ("Gelobtes Land") des englischen Regisseurs Peter Kosminsky schildert, detailliert an den Fakten orientiert, diese Jahre unmittelbar vor der Staatsgründung. Die Verschränkung der Erzählung mit der Gegenwart Israels macht den Film zu einem wirklich bemerkenswerten Dokument zum Israelisch-Arabischen Konflikt. Hier ein interessantes Interview mit dem Regisseur zu seinem Film: http://foreignpolicyblogs.com/2012/09/21/an-interview-with-peter-kosminsky-creator-of-the-promise/
(2) ‪List of Arab towns and villages depopulated during the 1948 Palestinian exodus‬: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Arab_towns_and_villages_depopulated_during_the_1948_Palestine_War
(3) Das Museum wird von ‚The Society for Preservation of Israel Heritage Sites (SPIHS)’ erhalten, wozu es auf deren Webseite heißt „...The SPIHS was established to protect the irreplaceable historical buildings and heritage sites associated with Israel’s re-birth.

Eretz Israel (Entrée 83)


Donnerstag, 8. November 2012

Der Schatten Herzls (Entrée 78)


Das Herzl-Museum in Jerusalem

Im August 1949 wurde der 1904 verstorbene und auf dem Döblinger Friedhof in Wien bestattete Theodor Herzl nach Israel überführt und in Jerusalem auf einem nach ihm benannten Hügel beerdigt. Etwas mehr als ein Jahr nach der Gründung des Staates Israel wurde dieser "Founding Father" der Israelischen Nation im Zentrum des jungen Staates beerdigt (gemeinsam mit Golda Meir und Ytzhak Rabin, inmitten eines Militärfriedhofs) und monumental gewürdigt, mit einer öffentlichen Grabanlage in einem Park von dem aus man auf die Stadt sieht. Herzl war nicht der einzige und nicht der erste, der die Idee eines jüdischen Staates propagierte, aber er verfolgte die Idee erfolgreich und hartnäckig, trotz unzähliger diplomatischer Abfuhren. Und so gilt er als der Vater des Zionismus. Denn er löste eine Bewegung aus, die die Idee mit ihm trug und wirkungsvoll verbreitete - bis die Gründung eines Staates Israel tatsächlich 1948 gelang.

Am Fuß des Hügels und am Rand des Parks, in dem Herzl bestattet ist, liegt ein kleines, in dieser Form 2005 errichtetes Museum, das ihm und seinem Lebenswerk gewidmet ist. Es besteht aus einer Abfolge Lebensstationen Herzls szenisch andeutender Räume, die man nacheinander betritt und die chronologisch die Biografie der Person und der Idee "erzählen". In jedem dieser Räume sitzt man wie in einem Kino oder Theater, z.B. inmitten von Teilnehmern des ersten Zionistischen Kongresses, der in Basel stattfand, in einem im Architekturstil des späten 19. Jahrhunderts angedeuteten Raum mit sichtlich fiktionalem Personal - die stummen Zeitzeugen, unter die man sich gesellt, des Kongresses sind aus von innen erleuchtetem Kunststoff.




Die dreidimensionale Geschichtskulisse, die, wie gesagt, nicht abbildungsrealistisch Authentizität erzeugt oder gar die illisionistische (und gespenstische "Lebens-Echtheit" eines Wachsfigurenkabinetts anstrebt, sondern ihr Theatralisches klar zu erkennen gibt, ist tatsächlich Bühne. Aufgeführt werden für das auf Stühlen sitzendem "Museums"Publikum Theater und Film. Genauer gesagt, ein Film, der die Vorbereitung und dann die Aufführung (ausschnittsweise, versteht sich) eines Theaterstückes zeigt, in dem Herzl auftritt. Ein Regisseur, der Herzl-Darsteller und eine Herzl-Expertin diskutieren über ihn, seine Idee und sein Leben, über die Darstellbarkeit seiner Lebensgeschichte, über die theatralische Umsetzung seiner Idee. Die Darstellung springt immer wieder zwischen Probe und Diskussion hin und her um schließlich zur tatsächlichen Aufführung zu kommen.



Während der Beginn der Raumabfolge mit seiner klischeehaften Darstellung eines Café- und Operetten-Wien - man sitzt auf Kaffehausstühlen an den typischen runden Tischchen mit anderen "Gästen" (aus Plastik) -  läppisch wirkte, wurde mit dem Auftakt der (dann alle Räume wie ein roter Faden durchziehend) Filmzuspielung die trickreich gebrochene Repräsentationstechnik immer deutlicher. Die schöne Idee, das Museum einmal wirklich als Theater zu begreifen, womit das Gemachte der Geschichte und die Protagonisten und Autoren der Erzählung sichtbar wurden, allein ist schon sehr intelligent. Theater im Film, noch einmal gespalten in Probe und Aufführung und vorgeführt in "historischen Schauplätzen", auf denen man in der Rolle des Theaterzuschauers und Teilnehmers am Ereignis ebenfalls "doppelt anwesend" war, machen das Herzl-Museum zu einem trickreichen Spiegelkabinett. Damit nicht genug. Einige Feingriffe spitzten das Spiel der oszillierenden Repräsentationesebenen noch zu. Es wurde die Rolle der Bühnentechnik bei der Erzeugung von Bildern, Affekten und Illusionen eingebaut, die "Spaltung" des Schauspielers, der plötzlich aus der ernsthaften Rolle heraustrat, um sich über seinen kratzenden Kunstbart zu beschweren oder die Erzeugung von ethnischen und sozialen Konventionen, als das Leading Team nach einer Szene sich auf den Tausch eines viel zu klischeehaften Darstellers zu einigen.

Dabei war das alles auch noch ziemlich informativ - für mich, sage ich gleich, der sehr wenig über Herzl wusste - und alles andere als hagiografisch. Von Personalmuseen erwartet man die Würdigung einer Person. Über Tote nichts Schlechtes ist das Motto all dieser Stätten. Mit Aufwand hat man den Geburts-oder Sterbeort, den Ort der Entstehung eines bedeutenden Werkes, Ereignisses etc. ja nur deswegen erhalten und mit einer einschlägigen Tafel "Hier...!" versehen, weil der Verblichene längst ins patriotische Pantheon einer Nation eingegangen war, und ein Museum diese Würdigung verpflichtend machen und aufrecht erhalten kann. Doch hier, an der Herzl-Weihestätte, seinem Grabhügel in Jerusalem, der Hauptstadt einer Nation, war der Ton respektvoll und anerkenned aber der Text ließ auch sich auch klar über Widersprüche der Idee und Schwächen der Person aus. Auch im allerletzten Teil, wo das moderne Israel, also der Staat wie er sich seit 1949 entwickelt hat, vor dem gleichsam personifizierten Geist Herzls zur Prüfung antreten muss, wurden nicht nur die Glanzlichter der modernen Gesellschaft angesteckt (in einem extrem schnellen Bilderrap, der manchmal nur die Qualität eines touristischen Werbefilms hatte), sondern klar die geschichtlich ererbten und weitergeschleppten Widersprüche artikuliert, mit dem Tenor: Israel ist ein unvollendetes und - noch - unvollkommenes Projekt. Schade nur, daß dem Film eine jener breiig-wabernden Pathosmusiken unterlegt war, wie ich sie vor allem aus patriotischen Hollywood-Historienfilmen kenne. Das verpickte und verkleisterte wie zäher Honig, was ohne diese immersiv-verblödende Klangwatte schärfer und kontrastreicher gewirkt hätte.


 Das ist aber doch kein Museum, wird mancher einwenden. Dochdochdoch! Die Authentizitätsfetischisten kommen schon nicht zu kurz. Zwei Räume waren mit "echten" Versatzstücken aus Herzls Nachlass, ebenfalls ambiental, gestaltet, mit einigen technisch dezenteren Videoeinspielungen, ansonst aber ganz und gar den Museumskonventionen entsprechend. Ich glaube mich zu erinnern, daß das niemanden dort zur Anbetung einer durch Dinge vermittelten Epiphanie des großen Herzls verleitet hat aber auch nicht, daß man entsetzt sein konnte über eine entwertende Relativierung der Exponate zwischen so viel "Fiction". Die gute alte "Konträrfaszination", sie wirkt wirklich, auch hier, aber in beide Richtungen. Die musealen Räume waren wie Ruhepole Orte der Konzentration und des Eingedenkens  - mit ihren einerseits beliebigen (Schreibzeug, Wanduhr, Schreibtisch, Brille...) andrerseits die Spur der Person anrührend bewahrende Reliquien.

Der "Regisseur"

 Wer oder was spricht hier? Bis zuletzt ließ einen das Setting nicht aus seinem Spiegelkabinett, bis man mit der offenen Frage nach Herzls Lebenslauf als "märchenhaft" noch einmal auf die (mindestens) Zweideutigkeit von Geschichte, Geschichten, Erzählung und Erzähler gestossen und - entlassen wurde.

Das Herzl-Museum werde ich als inspirierend und gewitzt sich an Popularisierung versuchenden Ort in Erinnerung behalten, der sich und seine Besucher nicht als Dumm verkauft und nationales Identitätspathos in einem irisierenden Spiel der Relativierungen auflöst und verdaulich macht.



Alle Fotos (bis auf das Grabmal): G. Fliedl, 2012