Sigmund Freud Museum 2020
Sigmund Freuds ehemalige Wirkungsstätte in der
Wiener Berggasse 19, der Ursprungsort der Psychoanalyse, wird sich ab 2020 der
Öffentlichkeit in einer Form präsentieren, die den Ansprüchen dieses
einzigartigen Museums- und Wissenschaftsstandorts gerecht wird.
Renovierung Haus Berggasse 19
Die Planung sieht die Sanierung der Fassade vor. Das historische Eingangsportal, wie es zu
Beginn des vorigen Jahrhunderts den PatientInnen und BesucherInnen von Sigmund
Freud offen stand, wird weiterhin dem
Museumspublikum Einlass zur geschichtsträchtigen Wiener Adresse Berggasse 19 gewähren.
Grundlegenden internationalen Museumsstandards
entsprechend werden mit der Einrichtung eines Empfangs- und Kassaraumes im Erdgeschoss, dem auch ein kleines Café
und ein Museumsshop angeschlossen sind, und
den darunter liegenden Garderoben-
und Sanitäranlagen adäquate Bedingungen für die mehr als 100.000
BesucherInnen jährlich geschaffen. Die Ausstellungsfläche
des Sigmund Freud Museums im Mezzanin des Hauses wird auf 400 m2 erweitert und durch zusätzlich gewonnene Ausstellungsflächen
im ersten Halbstock eine weitere Vergrößerung um ca. 150 m2 erfahren.
Der Zugang
zu Museum und Bibliothek wird durch einen Aufzug barrierefrei erschlossen
und unter Wahrung der Auflagen
des Denkmalschutzes und der aktuellen Bauordnung den Bedürfnissen für
Menschen mit Behinderung angepasst.
Re-Organisation des Museums
Das Museum als Erfahrungsort: Unter Berücksichtigung des gründerzeitlichen
Charakters von Sigmund Freuds Wohn- und Arbeitsräumen werden erstmals auch die
privaten Räume der Familie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie geben
Aufschluss über die bewegte Familiengeschichte, erzählen vom Alltag einer
Wiener Familie um die Jahrhundertwende und schreiben Freuds Wirken in den gesellschaftlichen
Kontext seiner Zeit ein. In der psychoanalytischen
Praxis von Freud vermittelt die im Original erhaltene Möblierung des
Wartezimmers die für Wien so kennzeichnende Atmosphäre eines Interieurs des 19.
Jahrhunderts. Die museale Präsentation im Arbeitszimmer
der Praxis widmet sich der psychoanalytischen Theoriebildung wie auch Freuds
kulturtheoretischen Schriften. Seine vielfältigen Korrespondenzen mit
KollegInnen, FreundInnen und PatientInnen, die insgesamt ein Konvolut von knapp
20.000 Briefen umfassen, werden hier vergegenwärtigt. In Freuds Behandlungsraum werden Kernthemen der
psychoanalytischen Behandlungsmethode und Praxis verhandelt. Der Leerstelle,
die durch die Abwesenheit der Couch in diesem Raum zurückgeblieben ist, kommt
in der neuen Dauerausstellung besondere Bedeutung zu. Das Fehlen dieses zur
Ikone der Psychoanalyse avancierten Möbels kennzeichnet das Museum als einen entkernten Erinnerungsort und liefert
den Verlusten, die unsere Geschichte schrieb, ein Sinnbild: Freuds Flucht vor
dem Nationalsozialismus steht pars pro toto für Millionen Geflüchteter und
Ermordeter.
Freuds „erste Ordination“ im Hochparterre der Berggasse 19, in der er zwischen 1896 und 1908 PatientInnen wie „Dora“ behandelte, ist auch jener Ort, an dem der „Vater der Psychoanalyse“ die zentralen Texte der Entstehungsphase seiner Wissenschaft wie Die Traumdeutung oder Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie verfasste. Hier werden ausgewählte Werke der Zeitgenössischen Konzept-Kunstsammlung des Sigmund Freud Museums – unter anderem Arbeiten von Paolo Calzolari, Joseph Kosuth, Franz West, Heimo Zobernig, Sherri Levine und Georg Herold wesentliche Aspekte der Psychoanalyse wie auch deren Wirkungsgeschichte im Bereich der Kunstproduktion beleuchten.
Freuds „erste Ordination“ im Hochparterre der Berggasse 19, in der er zwischen 1896 und 1908 PatientInnen wie „Dora“ behandelte, ist auch jener Ort, an dem der „Vater der Psychoanalyse“ die zentralen Texte der Entstehungsphase seiner Wissenschaft wie Die Traumdeutung oder Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie verfasste. Hier werden ausgewählte Werke der Zeitgenössischen Konzept-Kunstsammlung des Sigmund Freud Museums – unter anderem Arbeiten von Paolo Calzolari, Joseph Kosuth, Franz West, Heimo Zobernig, Sherri Levine und Georg Herold wesentliche Aspekte der Psychoanalyse wie auch deren Wirkungsgeschichte im Bereich der Kunstproduktion beleuchten.
Die Neukonzeption des
Museums ermöglicht es, der einstigen Bedeutung und Funktion der historischen
Räume in der Berggasse 19nachzuspüren. Durch zeitgemäße Vermittlungsinstrumente
werden die vielschichtigen Inhalte dieses Kulturstandortes – von der
Darstellung der Entwicklung der Psychoanalyse als Wissenschaft des Unbewussten
über die Gefahr ihrer Auslöschung im Nationalsozialismus bis hin zur Befragung ihrer
aktuellen Bedeutung – fachgerecht aufbereitet, kritisch beleuchtet und einer
breiten Öffentlichkeit vermittelt.
Die ArchitektInnen Hermann Czech, Walter Angonese und ARTEC,
Bettina Götz und Richard Manahl fassen das Konzeption ihres Museumsentwurfs „SIGMUND FREUD MUSEUM
2020“ wie folgt zusammen:
Der
Informationsgehalt des Sigmund Freud Museums beinhaltet zwei Aspekte:
Sachliche
Information: die wissenschaftliche, historische und biografische Information
über die Psychoanalyse und ihre Entstehung, über ihren Schöpfer Sigmund Freud
und seine Familie, besonders auch über Anna Freud. Dieser Aspekt ist nicht an
das Freud-Haus bzw. an bestimmte Räume darin gebunden.
Örtliche
und räumliche Präsenz: die physische Erfahrung der wichtigsten authentischen
Lokalität, in der diese wissenschaftliche Arbeit und die persönliche
Lebensführung der beteiligten Menschen stattgefunden hat. Insofern ist das Haus
ein Museum seiner selbst. Dieser Aspekt
kann nur im Freud-Haus und im Verständnis seiner Räume und ihres Zusammenhangs
wahrgenommen werden.
Die beiden
Aspekte werden im Sigmund Freud Museum gleichzeitig und als Einheit dargeboten
und erfahren; in einzelnen Fällen werden sie sogar in Zusammenhang treten. Es
dient aber doch der methodischen Klarheit und Verständlichkeit der vermittelten
Inhalte, sie gedanklich auseinanderzuhalten.
Im Prinzip
sollten daher der allgemeine Informationsaspekt und der Örtlichkeitsaspekt
nicht medial vermischt werden. In die Mittel der Ausstellung übersetzt,
bedeutet das, die nicht den Raum betreffende Information im Regelfall von den
Raumwänden abzulösen. Auf den Raumwänden verbleiben ausschließlich die Hinweise
zu den Hausräumen und ihrer ehemaligen Nutzung, Einrichtung, ihren Oberflächen
(und deren konservatorisch-restauratorischen Befunden).
Der Weg
durch das Museum liefert also einerseits eine Erfahrung der Räume und ihrer
Anordnung, ihrer ehemaligen Nutzung und Geschichte, sowie Hinweise zu ihrem
ehemaligen Aussehen, andererseits liefert er eine abgestufte allgemeine
Information durch Texte und Bilder, die von den Räumen inhaltlich weitgehend
unabhängig ist.
Der
Parcours sollte dem Besucher weitgehend freigestellt werden; möglichst früh
sollte jedoch eine Orientierung (mental map) entstehen können, die
eigenständige Rück- und Querwege begünstigt.
(Auszug
aus dem Konzept der Weittbewerbseinreichung von Hermann Czech, Walter Angonese
und ARTEC, Bettina Götz und Richard Manahl, 2017)
„Bibliothek der Psychoanalyse“ – Sanierung und
Neuaufstellung
Das über dem Museum befindliche Stockwerk wird zur
Gänze den umfassenden wissenschaftlichen Aktivitäten der Sigmund Freud
Privatstiftung gewidmet: Der „Wissenschaftsstock“ wird neben dem Archiv die Bibliothek der Psychoanalyse beherbergen, die mit ihrem Bestand von
knapp 40.000 Titeln die größte psychoanalytische
Fachbibliothek Europas darstellt – weltweit die zweitgrößte. Erstmals werden
sämtliche Bücher und Bestandsgruppen auf einer Ebene zusammengeführt und allen
LeserInnen zugänglich gemacht. Mit ihrer inhaltlich geordneten
Freihandaufstellung bietet die Entlehnbibliothek Zugang zu historischen
Zeitschriften der frühen Psychoanalyse, zu zahlreichen gegenwärtigen
Fachjournals sowie zu sämtlichen internationalen Neuerscheinungen, die den
gegenwärtigen internationalen Forschungsstand rund um Theorie und Praxis der
Psychoanalyse abbilden. Werke, die
Verbindungslinien zwischen der Psychoanalyse und anderen Disziplinen herstellen,
etwa Kulturwissenschaften, Gender Studies, Filmtheorie, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft
etc., ergänzen den Sammelschwerpunkt.
In die Studienbibliothek werden Arbeitsplätze
integriert, die dem eigenen Wissenschaftspersonal sowie Gästen aus dem In- und
Ausland zur Verfügung stehen: KooperationspartnerInnen, PsychoanalytikerInnen, ForscherInnen
universitärer und außeruniversitärer Einrichtungen sowie privaten
InteressentInnen. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden zusätzlich
spezielle Programme wie Rechercheworkshops für Studierende und die Betreuung
von SchülerInnen im Rahmen ihrer vorwissenschaftlichen Arbeiten (VWA)
angeboten.
Das Herzstück des Wissenschaftsbereichs bildet der Vortrags- und Lesesaal: Der berggassenseitig
gelegene „historische Salon“ im
ersten Obergeschoß wird umsichtig renoviert, mit zeitgemäßer Infrastruktur und Technik ausgestattet und so multifunktional für die
BibliotheksnutzerInnen wie für unterschiedliche wissenschaftliche Veranstaltungsformate
– Vorträge, Konferenzen, Workshops und Filmscreenings – nutzbar gemacht.
BIBLIOTHEK DER PSYCHOANALYSE #FREUD2020 Um den
bedeutenden Wissenschaftstandort Berggasse 19 lebendig zu halten wurde auf der Plattform
RESPEKT.NET die Aktion „Freud spenden auf respekt.net“ initiiert – helfen auch
Sie mit, das Wissen der „Wiener Wissenschaft“ Psychoanalyse für unsere Zukunft
nutzbar zu machen: respekt.net/freudspenden
Zur Verfügung gestellt vom Freud-Museum