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Dienstag, 23. Dezember 2014

Die Toten des Holocaust werben für die Grazer Museumsakademie


Holocaust-Deknmal Berlin als Teaser der Museumsakademie des Universalmuseum Joanneum auf deren Webseite
Ein Teaser [tiːzɐ] (von engl. tease „reizen, necken“) oder Anrisstext ist in der Werbe- und Journalismussprache ein kurzes Text- oder Bildelement, das zum Weiterlesen, -hören, -sehen, -klicken verleiten soll. Der Begriff Teaser stammt aus dem Marketing. Teaser sollen den Kunden neugierig machen und zur gewünschten Aktion führen. (Wikipedia)

Dienstag, 31. Juli 2012

1000 Posts

Dies ist der 1000. Post seit ich am 8. Dezember 2009 den Blog begonnen habe. Wäre ich Politiker, würde ich mich bei meinen Lesern (Wählern) bedanken, wäre ich Wissenschafter, müsste ich mich genieren. Denn, so habe ich gelesen, als Wissenschafter darf man nicht täglich posten. Sonst macht man sich in Wissenschaftskreisen verdächtig.

Mach ich ja nicht, vor allem nicht in letzter Zeit. Aber fast. Das hat aber nichts mit täglichem Posten zu tun, sondern mit einem großen Fundus an Notizen, der schon lange vor dem Blog da war. Und mit einem großen Fundus an Fotos, der ständig größer wird. Wohl mehr als die Hälfte aller Posts besteht aus kaum mehr als einer Abbildung und allenfalls einem kurzen Text oder einer Bildunterschrift.
Das hat auch damit zu tun, daß ich drunter leide, daß Museologie, eine Art von Bildwissenschaft, nahezu ohne Bilder / Abbildungen und Bild (Ausstellungs)Analysen auskommt. Also gibt es hier viele Bilder, auf deren Aussagekraft ich vertraue, ohne ihnen zu viel Text zuzumuten.

In wissenschaftlichen Kreisen gilt Bloggen als unvornehm, degoutant bis verabscheuungswürdig. Das galt für das Ausstellungsmachen auch lange, vor etwa 30, 40 Jahren. Mich interessiert aber dieses Urteil und das Maß nehmen am wissenschaftlichen Schreiben nicht.

Mich fasziniert die Möglichkeit, die auch eine Schwierigkeit ist, knapp und möglichst genau Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, Fragen zu entwickeln. Es wird oft der Mangel an Ausstellungskritik oder Museumskritik beklagt; darum geht es hier auch. Um Kritik und Reflexion.

Bei meinen Lesern kann ich mich insofern nicht bedanken, wie ein Politiker nach gewonnener oder auch verlorener Wahl, weil ich meine LeserInnen nicht kenne, mit wenigen Ausnahmen. Ich weiß nicht mal so recht, wie viele es sind, weil ja, wie in Museen, nicht Besucher sondern Besuche gezählt werden. Alles was ich weiß ist, daß es ein paar tausend Besuche pro Monat gibt und, was das Bloggen signifikant von anderen Möglichkeiten des Veröffentlichens unterscheidet, daß diese Besuche 'aus aller Welt' gemacht werden. Selbstverständlich haben deutschsprachige Leser den Vorrang, aber ich staune, aus wie vielen Ländern es Interesse an dem Blog gibt.

Was ich schade finde, ist das Bloggen generell wenig geeignet scheint für Auseinandersetzungen, Debatten, Feedback. Obwohl das nur einen Klick weit weg wäre - jeder Post hat ja eine Kommentarecke, die leicht zugänglich ist. Das wird wenig genutzt, meist sehr unspezifisch. ich wundere mich über die Euphorie, die bezüglich der neuen Medien in Museumskreisen herrscht (Museum 2.0 und so), auch meine Erfahrungen mit Facebook sprechen massiv gegen die Qualität des Bloggens als Diskussionsmedium.

Ich träume von einer Internationalisierung. Die Leser, die ich in Ungarn, Litauen, den USA (dort erstaunlich viele), Südafrika oder Neuseeland habe, die könnten doch etwas von ihren Erfahrungen, aus ihren Institutionen berichten? Was wäre so eine Tauschbörse der Informationen nicht toll. Denn wirkliche Internationalität gibt es in der Museologie auch nur in einem extrem schmalen Sektor - wer weiß schon wirklich etwas über Museen, Museumspolitik, Museumsstandards usw. in Japan oder Indien oder Albanien?

Wahrscheinlich werden viele auch durch das Individuelle und Private eines Blogs abgeschreckt, selbst etwas beizutragen. Durch das Verrückte, Bunte, Unübersichtliche. Das Verrückte stört mich nicht, das Unübersichtliche ein wenig. Ein Blog ist kaum zu strukturieren, damit verliert man die Möglichkeit, Themen zu verfolgen, zu verknüpfen. Ein Leser aus den USA hat sich unlängst bei mir beschwert. Ja, sorry, es geht kaum anders. Ich habe schon an eine Restaurierung meiner Webseite gedacht samt Verknüpfung mit dem Blog. Ist aber zu aufwendig, zu zeitraubend.

Dabei ist ein Blog, anders als man denkt und anders als es gesagt wird, kein ganz so flüchtiges Medium. Einerseits werden auch Posts, die vor langer Zeit erschienen sind, noch immer abgerufen, zum Beispiel einige von denen, die im Zusammenhang mit der Zerstörung der Hologramme im Jüdischen Museum der Stadt Wien erschienen sind. Und es ist erstaunlich, daß auch lange Texte, die ich versuchsweise eingegeben haben, gelesen (wahrscheinlich ausgedruckt) werden. Die Analyse zur ehemaligen Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien, die ich zusammen mit Sabine Offe verfasst habe und die zuerst in einer Zeitschrift erschien, gehört zu den meistgelesenen Posts.

Apropos Jüdisches Museum. Die zwei Monate andauernde Debatte war ein Musterbeispiel für das Potential des Bloggens. Für tausende Leser war der Blog ein zentrales Informationsmedium, das angesichts des eklatanten Versagens vieler Tageszeitungen alternative Nachrichten und Infos bot, wobei die besondere Stärke eines Blogs, praktisch unmittelbar reagieren und agieren zu können, für ein zwei Dutzend Personen für eine bestimmte Zeit zum 'Umschlagplatz' der Auseinandersetzung wurde. Übrigens: Anders als es immer wieder unterstellt wurde, vor allem aus dem Museum, war das keine organisierte Gruppe, sondern genau das, was neue Medien dann eben doch bieten, lose Verbindungen und Kooperationen auf Zeit einzugehen.

Irgendwann wird den LeserInnen langweilig werden, oder mir. Oder allen. Dann höre ich auf. Man wird sehen.

Ich habe mich in diesem Blog nie vorgestellt. Weils so eine 'Jubiläumsanlass' ist, mach ich das mal kurz. Auch um einige Mißverständnisse zu beiseitigen, mit denen ich in Anschreiben per e-mail konfrontiert werde.

Ich habe mich während des Studiums mit (Kunstgeschichte und alleds mögliche mehr) mit der Frage Was ein Museum ist konfrontiert und dfie ersten Antworten, die ich darauf bekam, waren so, daß dieses Fragen nicht mehr aufgehört hat. Schon an meinem ersten Arbeitsplatz, der (damals so genannten) Hochschule für Angewandte Kunst, hatte ich die Möglichkeit, mit in Forschung und Lehre mit dem zu beschäftigen, was heute meist Museologie genannt wird.

Dann wurde ich eingeladen, an einem interuniversitären Institut Lehrgänge, später eine eigne kleine Abteilung einzurichten, die Arbeitsgruppe Museologie. 1999 ermöglichten gute Kontakte die Gründung der Internationalen Sommerakademie Museologie, ehe dann die Einladung des (damals noch so genannten) Landesmuseum Joanneum zur Einrichtung einer 'Museumsakademie' kam. Aus gesundheitlichen Gründen kam mir die Verringerung meiner Arbeitszeit in Form der sogenannten 'Altersteilzeit' sehr entgegen, was für mich, nur noch 20 Stunden angestellt, auch bedeutete, die Leitung der Museumsakademie niederzulegen. Ebenfalls auf mein Betreiben hin bin ich dann kurze Zeit danach ganz aus der Museumsakademie ausgeschieden und nun einfacher Mitarbeiter des Universalmuseum Joanneum, im letzten meiner Arbeitsjahre.




Freitag, 22. Juli 2011

Fortsetzung folgt. Die Sommerakademie Museologie


Film: Theresa Zifko

Wer sich für die Sommerakademie 2011 interessiert, kann sich noch an Theresa Zifko, Museumsakademie Joanneum wenden.

Freitag, 27. August 2010

Sommerakademie 2010









































Einige Bemerkungen zur Sommerakademie haben mich veranlasst, Julia Debelts, freie Ausstellungsmacherin und Teilnehmerin, zu bitten, ausführlicher über Ihre Erfahrungen mit der diesjährigen Sommerakademie zu schreiben:

Die Ankündigung der Sommerakademie liest sich interessant. Ich stelle mir vor, sie behandelt das Verhältnis von Museum und Text mal grundlegender als gewöhnlich, also ohne Grammatik und Hierarchie, Zeilenlänge und Lesehöhe. Keine Schreibwerkstatt, steht in der Ankündigung. Das könnte heißen: a) keine Schreibwerkstatt à la Drosendorf und b) dass keine Museumstexte um-, neu oder besser geschrieben werden. Gut so.
Die Fotos sehen vielversprechend aus, Sommer, gutes Wetter, ein bisschen Schloss, Liegestühle, gruppenorientiertes Arbeiten. Auch das Programm klingt gut, interessante Leute, interessante Museen, über das Projekt wissen&museum wollte ich immer schon mal mehr wissen. Ich vermute, dass sich hauptsächlich am Diskurs interessierte Praktiker und ein paar zurzeit Promovierende anmelden werden. Beim Stöbern in den Ankündigungen und Programmen der vorhergehenden Sommerakademien entdeckte ich das Veranstaltungsschema wieder, oft auch die gleichen Referenten, die Generalthemen sind grundsätzlich ähnlich. Hat sich also wohl in dieser Form bewährt.

Die Sommerakademie ist immer auch ein bisschen wie Urlaub, hast du gesagt. Immerhin liegt sie am Rande des Hochsommers, unglücklicherweise aber ohne Abstimmung mit den niedersächsischen Sommerferien. An deren Ende sind nämlich gerade alle aus den Urlauben zurück und fangen das Arbeiten wieder an; ein paar EU-Abrechnungstermine-Termine liegen außerdem im September, so dass im August hektisches Berichte-Schreiben und Abrechnen ansteht, auch bei uns. Ich reiche meinen Antrag auf freie Tage für den Sommerakademie-Besuch in der Agentur ein, stehe dem aber gleichzeitig sehr skeptisch gegenüber, eine ganze Woche raus…, aber die anderen sagen, das machen wir schon, fahr du nur. Also fahre ich. 

Nachher

Mit Urlaub hatte das wenig zu tun, denke ich nach der Sommerakademie. Das ist einerseits ein persönliches Problem, weil ich Urlaub mit Entspannung und nicht mit der eigentlichen Definition des Wortes, mit berechtigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz gleich setze; außerdem war es kein Versprechen der Ankündigung. Andererseits las sich das Programm in der Vorankündigung weniger dicht als es tatsächlich war. Vielleicht habe ich in der einen Woche Arbeitszeit zwischen meinem Sommerurlaub und der Sommerakademie auch nur zu viele Nachtschichten gemacht, aber mir fehlte zwischendrin mehr Raum für mich. Auch zum Sacken-Lassen und Verdauen. Viel Transfer passiert normalerweise auch in den Gesprächen im abendlichen Nachgang, - das ging aber nicht, denn da stand Arbeitsgruppenarbeit auf dem Programm, die andrerseits auch wieder viel Spaß gemacht hat.

Erwartet habe ich eine stärkere Konzentration auf das Thema Text. Die Referenten haben sehr stark mit der Frage nach den grundlegenden Texturen gearbeitet, ich hatte die Ausschreibung aber stärker als Frage nach dem Text bzw. der Rolle des Textes in der Textur (einer Ausstellung, nicht eines Konzeptes Museum) verstanden. Das war zwar in den Beiträgen immer wieder auch Gegenstand, insgesamt war  die Akademie aber eher aus einem deduktiven, museologischen Fokus heraus angelegt, was sich bei mir manchmal damit biss, dass ich eher die handfest-konkret-praktischen Themen zum Abarbeiten erwartet habe.

Gut im Sinne von erwartungskonform fand ich z. B. die Exkursion und Fragen wie Was macht Text mit den Ausstellungen? (vor allem bei Roswita Muttenthaler und bei dir). Was ich mir sonst so vorgestellt hatte an Fragen, wurde mir aber oft nicht explizit genug eingeholt, das schwang eher hintergründig mit, war nicht Leitfrage der Beiträge sondern eher so nebenbei. Wie die Frage nach Text als Objekt (auch bei Literaturausstellungen, aber vor allem auch bei objektreduzierten Ausstellungen, die stark über Textobjekte, wie Ursula Gillmann das nannte, funktionieren) und wie es sich verhält mit der Beziehung von Schauen und Lesen (Das hätte ich gerne von Heike Gfrereis noch vertiefter und deutlicher gehabt, fand ich dafür dann bei Ursula Gillmann am Rande, in diese Richtung ein paar Stunden weiter wäre wahrscheinlich viel von dem, was ich erwartete, aufgetaucht.) und überhaupt die Frage von Text und bzw. als Architektur, die irgendwie zu kurz kam, da wäre Till Velten vielleicht noch interessant geworden, das war halt schade, dass er krank wurde.

In der allmählichen Verdichtung beim Schreiben sehe ich, dass das, was ich erwartet hatte, zwar schon (mehr oder weniger deutlich) da war, ich es aber in der Veranstaltung nicht so richtig gemerkt habe. Ich hätte also benötigt, dass mich die erkenntnisleitende Grundströmung mehr in diese Richtung trägt. Ging das nur mir so? Im Verlauf der Sommerakademie hab‘ ich mit einzelnen TeilnehmerInnen gesprochen, von denen sich einzelne auch eher konkrete Textarbeit erwartet hatten; da finde ich dann schon, dass das in der Ausschreibung deutlich ausgeschlossen war. Am Ende war die Zufriedenheit und auch das Glücksgefühl, das man hat, wenn man spannende Fragen bewegt, bei mir (und in der Gruppe, soweit ich das gesehen habe) groß. Interessant fand ich die übrigens die Zusammensetzung der Gruppe, einfach nur, weil ich sie mir anders vorgestellt hatte.

Die besondere Qualität der Sommerakademie, das Anregende, die engagierte Diskussion auch mit den Referenten (was ja im Zwischenfeedback sogar als manchmal zu dominant kritisiert wurde, fand ich aber nicht) und das konzentrierte Arbeiten an einem museologischen Thema über einen längeren Zeitraum, was ja auch Luxus ist und vielleicht vor allem das Besondere ausmacht, versteckt sich in der Ausschreibung gut hinter eher trockenen Worten. Habe ich, wie angekündigt wurde, eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis erreicht? Naja, das passt schon. Mindestens hab ich eine schöne Bescheinigung darüber bekommen.

Um abschließend auf deine Frage zurück zu kommen: War die Sommerakademie das, was ich erwartet habe?
Nein, gar nicht. Dazu hatte ich eine viel zu genaue Vorstellung davon, was ich gerne hören wollte. Das macht aber gar nichts. Wenn man sich immer alles so genau vorstellen könnte, wär das ziemlich langweilig.
Und ja, die Sommerakademie war genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte. In einer geschlossenen und konzentrierten Atmosphäre lustvoll über mehrere Tage an einem museologischen Thema zu arbeiten, ist einfach toll, anregend, inspirierend …


Mittwoch, 2. Juni 2010

12. Internationale Sommerakademie Museologie - Ausschreibung und Programm

Museumstexturen
Lesarten des Museums





7. bis 14. August 2010
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)

Im Museum geht es um das Zeigen und nicht um das textliche Erklären („Was zu sehen ist“). Dennoch nähern wir uns dem Museum dieses Mal vom Text her, quasi hinterrücks.
Denn: Text wird gebraucht. Vor der Ausstellungs- und Museumspräsenz hilft er, durch Sprachbilder und Formulierungen die Ausstellungsräume vorab im Kopf entstehen zu lassen. Text wird in Raum übersetzt. Text wird üblicherweise gebraucht, um bei einer stehenden Ausstellung Evidenz zu erzeugen, um die Exponate und die Präsentation zu erklären, um Vorstellungen zu erzeugen, um die Ausstellung, das Museum zu vermitteln, zu verkaufen, interessant zu machen. Die Textebene ist v.a. der dokumentarischen Seite des Museums zugeordnet und dem Text haftet per se eine stärkere Glaubwürdigkeit und Objektivität an als den Objektarrangements.

Aber die Sommerakademie ist nicht als Schreibwerkstatt gedacht, sondern als Wahrnehmungsschule und Museumswerkstatt, in der wir den Fokus auf die Bedeutungsdimensionen und Konstellationen von Texten im Ausstellungs-KonText richten, auf die Texturen des Museums.

Das Museum, das der Verständigung über Geschichte, Identität, über Werte und Bedeutungen dient, betreibt eine Spurenlese und fordert gleichzeitig selbst verschiedene Lesarten seiner Struktur und Funktion heraus. Es ruft bestimmte Interpretationen hervor, kann sie geradezu erzwingen oder zu verhindern und zu blockieren versuchen.

Als Einstieg in die sommerliche Reflexion über das Museum werden wir uns damit beschäftigen, wie man ein Museum/eine Ausstellung ‚liest‘ – im Sinne der Analyse und Kritik. Wir fragen insbesondere nach der Funktion von Texten im Verhältnis zu Bildern und Objekten innerhalb des Narrativ Museum. Das Museum changiert zwischen Dokumentation und Fiktion. Über die Auseinandersetzung mit Texten (z. B. Literatur) als Ausstellungsgegenstand werden wir uns der Frage nach dem Museum als Ort der Illustration zuwenden. Illustrieren die Objekte/Bilder die erzählte(n) Geschichte(n) oder geben die Texte vor, was und wie etwas zu sehen ist? In der diesjährigen Sommerakademie werden wir uns zudem mit der Frage beschäftigen, wie eine Geschichte/Erzählung erzeugt, gefunden wird, die dann in der Ausstellung ‚aufgeführt‘‚ inszeniert‘ wird bzw. ob und welche Erzählungen von den Objekt-Raum-Konstellationen ausgehen können.

Schließlich wenden wir uns Texten/Literatur im Museum zu und werden auch literarische Texte über das Museum einbeziehen.

Während über das Museum oft unter organisatorischen Gesichtspunkten gesprochen und nachgedacht wird – inventarisieren, sammeln, konservieren, restaurieren, verleihen, schützen, deponieren –, werden wir uns in der Sommerakademie ganz auf die museologische Reflexion konzentrieren. Wie immer werden wir das mit unterschiedlichsten Arbeitsweisen tun, Arbeiten in Gruppen, Ausstellungsanalysen, der Erarbeitung einer Ausstellung, der Recherche auf Exkursionen, dem Vergleich von sachlichen und poetisch/künstlerischen Zugangsweisen zum Museum.

Die Internationale Sommerakademie Museologie ist seit 1999 ein anerkanntes Forum zum Erfahrungsaustausch über das Arbeitsfeld Museum und Ausstellung und will die Reflexion der musealen Praxis anregen, aktuelle museologische Inhalte vermitteln und in einem werkstattartigen Kontext zum Erproben der neu gewonnenen Einsichten ermutigen.











In einer konzentrierten einwöchigen Klausur in der wunderbaren Atmosphäre von Schloss Retzhof gelingt die Verknüpfung des Angenehmen mit dem Nützlichen. Die Diskussion der Museumspraxis auf der Grundlage aktueller museologischer Theorie mit den eingeladenen Referenten/innen und dem begleitenden Team sowie der Teilnehmer/-innen untereinander ermöglicht eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis.

Mit
Renate Flagmeier, Leitung der Sommerakademie. Leitende Kuratorin Werkbundarchiv - Museum der Dinge Berlin (D)
Monika Flacke, Sammlungsleiterin Deutsches Historisches Museum Berlin (D)
Gottfried Fliedl, Museumsakademie Joanneum, Graz (A)
Heike Gfrereis, Leiterin Literaturmuseum der Moderne, Marbach (D)
Ursula Gillmann, Prof. für Ausstellungsdesign Hochschule Darmstadt (D)
Beat Gugger, freier Ausstellungskurator, Basel (CH)
Roswitha Muttenthaler, Kuratorin am Technisches Museum Wien und Museologin (A)
Thomas Thiemeyer, BMBF-Projekt wissen&museum, Marbach/Tübingen (D)
Till Velten, Künstler & Leiter des Masterstudiengangs Master of Arts in Fine Arts, Luzern (CH) (angefragt)

Organisation
Theresa Zifko, Museumsakademie Joanneum, Graz (A). Sie steht Ihnen unter sommerakademie@museum-joanneum.at für Ihre allfälligen Fragen zur Verfügung.

Kontakt
Museumsakademie Joanneum
Schloss Eggenberg, Eggenberger Allee 90, 8020 Graz
E-Mail: museumsakademie@museum-joanneum.at
Tel.: 0316 / 8017-9805
Fax: 0316 / 8017-9808

Veranstaltungsort
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)

Zertifikat
Im Anschluss an die Teilnahme an der Sommerakademie 2010 wird ein Abschlusszertifikat verliehen.

Kosten
Teilnahmegebühr: € 900,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension, ermäßigt € 580,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension für Studierende und Arbeitssuchende.
Inklusivleistungen: 7 Tage Seminar, schriftliche Unterlagen und sonstige Materialien, Eintritte, Unterkunft und Vollpension in Schloss Retzhof an der Südsteirischen Weinstraße, Exkursion mit Busfahrt und Eintritt sowie Besuch einer steirischen Buschenschank.

Bewerbungsmodalitäten
Das Bewerbungsformular finden Sie hier.

Ihre Bewerbung richten Sie bitte an sommerakademie@museum-joanneum.at oder Fax +43-316/8017-9808 oder senden Sie per Post.
Teilnehmer/innen vorangegangener Sommerakademien sind herzlich willkommen.

Ende der Bewerbungsfrist
Dienstag, 15. Juni 2010


Programm

SA 7. August
ANKOMMEN


17:00 Vorstellungsrunde & Organisatorisches
Einführung: Museum in der Literatur
18:00 Abendessen
19:30 Vorstellung der „Wochenaufgabe“
Das Ausstellungsprojekt
Renate Flagmeier


SO 8. August
MUSEUM 3D/ IN ECHT/REAL > EXKURSION GRAZ

09:00 Abfahrt Retzhof nach Graz
10:00–12:00 Ausstellungsbesuch der Alten Galerie,
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Astrid Edlinger

12:00–14:00 Picknick im Garten der Museumsakademie
14:00–16:00 Ausstellungsbesuch des Archäologiemuseums
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Barbara Porod

16:30 Abfahrt Eggenberg nach Leibnitz
18:00 Abendessen
19:30Ausstellungsprojekt


MO 9.August
EINFÜHRUNG IN DIE MUSEUMSANALYSE
R. MUTTENTHALER -SCHWERPUNKT NARRATIV

09:00–10:00 Resümee der Exkursion
10:00–12:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil1
12:00–14:00 Mittagspause
14:00–17:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil 2
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

DI 10. August
GESCHICHTE/N IM MUSEUM (DIE KURATORENPOSITION)

09:30–10:30 MonikaFlacke -Historisches Museum
10:30–12:00 Renate Flagmeier -Objekte und Text
12:00–14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Beat Gugger -Geschichten im Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

MI 11. August
TEXTE ÜBER DAS MUSEUM

09:00 -12.00 Gottfried Fliedl -Funktion und Ideologie von Museumstexten
12:00–14:00 Mittagessen
14:00–16:00 Zur freien Verfügung

17:30Abfahrt Buschenschank -Weingut Pichler-Schober
ca. 22:00 Rückkehr zum Schloss


DO 12. August
LITERATUR/TEXTE ALS AUSSTELLUNGSGEGENSTAND

09:00–12:00 Heike Gfrereis -Das Literaturmuseum der Moderne
12:00–14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Thomas Thiemeyer –Wissen und Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

FR 13. August
GESTALTERISCHE & KÜNSTLERISCHE ARBEIT MIT TEXTEN

09:00–12:00 Ursula Gillmann -Text als Aufgabe der Ausstellungsgestaltung
12:00-14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Till Velten -Das Gespräch als Forschungsmittel und Basis künstlerischer Arbeit
17:00 Vernissage der Ausstellungsprojekte
19:00 Abendessen

SA 14. August
ABSCHLUSSDISKUSSION

09:00–10:30 Schlusspunkt: Museumstexturen /
Lesearten des Museums
10:30 Brunch und Zertifikatsverteilung
12:00 Verabschiedung

Donnerstag, 15. April 2010

Neue Webseite der Museumsakademie Joanneum












               








Die Museumsakademie Joanneum hat eine eigene Webseite betrieben. Nun ist die Museumsakademie auf die Webseite des Universalmuseums - in gewohnten Umfang - übersiedelt und ab sofort dort erreichbar.

Die Adresse bleibt im übrigen dieselbe: www.museumsakademie-joanneum.at 

Die nächste Veranstaltung der Museumsakademie beschäftigt sich mit dem Wandel des Kuratorenberufes. Nähere Information hier.

Ausserdem läuft die Ausschreibung zur 12. Internationalen Sommerakademie. Nähere Informationen hier oder direkt in diesem Blog hier.

Mittwoch, 31. März 2010

Ausschreibung 12. Internationale Sommerakademie Museologie





Museumstexturen / Lesarten des Museums

12. Internationale Sommerakademie für Museologie

7. – 14. August 2010
Schloss Retzhof/Leibnitz










Die 12. Sommerakademie, die vom 15. bis 22. August stattfindet, gilt den Museumstexturen / Lesarten des Museums.
Ausgangspunkt und Fokus der 12. Sommerakademie, die von 7. bis 14. August 2010 in Schloss Retzhof bei Leibnitz stattfindet, ist das Museum als Textur.
Das Museum, das der Verständigung über Geschichte, Identität, Werte und Bedeutungen dient und Spurenlese betreibt, fordert selbst verschiedene Lesarten seiner Struktur und Funktion heraus. Es ruft bestimmte Interpretationen hervor, erzwingt sie geradezu oder versucht sie zu verhindern und zu blockieren.

Als Einstieg in die sommerliche Reflexion über das Museum werden wir uns damit beschäftigen, wie man ein Museum / eine Ausstellung ‚liest‘ – im Sinne der Analyse und Kritik. Wir fragen insbesondere nach der Funktion von Texten im Verhältnis zu Bildern und Objekten innerhalb des Narrativ Museum. Über die Auseinandersetzung mit Texten (z.B. Literatur) als Ausstellungsgegenstand werden wir uns der Frage nach dem Museum als Ort der Illustration zuwenden. Illustrieren die Objekte/Bilder die erzählte(n) Geschichte(n) oder geben die Texte vor, was und wie etwas zu sehen ist. In der diesjährigen Sommerakademie werden wir uns zudem mit der Frage beschäftigen, wie eine Geschichte/Erzählung erzeugt, gefunden wird, die dann in der Ausstellung ‚aufgeführt‘‚ inszeniert‘ wird bzw. ob und welche Erzählungen von den Objekt-Raum-Konstallationen ausgehen können.
Schließlich wenden wir uns Texten / Literatur im Museum zu und werden auch literarische Texte über das Museum einbeziehen.

Während über das Museum oft unter organisatorischen Gesichtspunkten gesprochen und nachgedacht wird – inventarisieren, sammeln, konservieren, restaurieren, verleihen, schützen, deponieren – werden wir in der Sommerakademie uns ganz auf die museologische Reflexion konzentrieren. Wie immer werden wir das mit unterschiedlichsten Arbeitsweisen tun, Arbeiten in Gruppen, Ausstellungsanalysen, der Erarbeitung einer Ausstellung, der Recherche auf Exkursionen, dem Vergleich von sachlichen und poetisch/künstlerischen Zugangsweisen zum Museum.

Die Internationale Sommerakademie Museologie ist seit 1999 ein anerkanntes Forum zum Erfahrungsaustausch über das Arbeitsfeld Museum und Ausstellung und will die Reflexion der musealen Praxis anregen, aktuelle museologische Inhalte vermitteln und in einem werkstattartigen Kontext zum Erproben der neu gewonnenen Einsichten ermutigen.
In einer konzentrierten einwöchigen Klausur in der wunderbaren Atmosphäre von Schloss Retzhof gelingt die Verknüpfung des Angenehmen mit dem Nützlichen. Die Diskussion der Museumspraxis auf der Grundlage aktueller museologischer Theorie mit den eingeladenen Referenten/innen und dem begleitenden Team sowie der Teilnehmer/-innen untereinander ermöglicht eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis.

Beteiligte
MA Renate Flagmeier, Leitung der Sommerakademie. Leitende Kuratorin Werkbundarchiv - Museum der Dinge Berlin (D)
Dr. Monika Flacke, Sammlungsleiterin Deutsches Historisches Museum Berlin (angefragt)
Dr. Gottfried Fliedl, Leiter Museumsakademie Joanneum, Graz (A)
Dr. Heike Gfrereis, Leiterin Literaturmuseum der Moderne, Marbach (D)
Prof. Ursula Gillmann, Ausstellungsgestaltung Basel (CH), Hochschule Darmstadt
Beat Gugger, freier Ausstellungskurator, Basel (CH)
Dr. Roswitha Muttenthaler, Kuratorin am Technisches Museum Wien und Museologin (A)
Dr. Thomas Thiemeyer, BMBF-Projekt wissen&museum, Marbach/Tübingen (D)

Organisation: Mag. Theresa Zifko, Museumsakademie Joanneum, Graz

Zertifikat: Im Anschluss an die Teilnahme an der Sommerakademie 2010 wird ein Abschlusszertifikat verliehen.

Kosten
Teilnahmegebühr: € 1.170,-
Ermäßigt: € 850, - für Studierende
Inklusivleistungen: 7 Tage Seminar, Schriftliche Unterlagen und sonstige Materialien
Eintritte, Unterkunft und Vollpension in Schloss Retzhof an der Südsteirischen Weinstraße, Exkursion mit Busfahrt und Eintritt

Bewerbungsmodalitäten
Ihre Bewerbung richten Sie bitte mittels beiliegendem Anmeldeformular per E-Mail an sommerakademie@museum-joanneum.at oder per Post an die unten stehende Adresse (Auch Teilnehmer/-innen vorangegangener Sommerakademien sind herzlich willkommen.)

Ende der Bewerbungsfrist
Dienstag, 15.Juni 2010

Veranstaltungsort
Bildungshaus Schloß Retzhof/Leibnitz
Dorfstraße 17
8430 - Leitring / Leibnitz

Kontakt und Anmeldung
Mag. Theresa Zifko
Internationale Sommerakademie Museologie
Museumsakademie Joanneum. Kompetenzzentrum für Museologie und Kunst
Schloss Eggenberg
Eggenberger Allee 90, 8020 Graz
T +43 (0) 316/8017-9805, Fax -9808
sommerakademie@museum-joanneum.at
http://www.museumsakademie-joanneum.at/

Dienstag, 30. März 2010

Stadtmuseen im Umbau? Zu einer Tagung in Graz

Die folgenden Überlegungen sind nicht als Protokoll oder als Bericht gedacht; als Moderator der Veranstaltung war ich viel zu sehr involviert, als daß ich objektivierende Distanz im Nachhinein wahren könnte. ich möchte das auch gar nicht. Meine eigene Neugier wird von einer dichten Diskussion, wie sie diesmal zustandekam, abgelenkt und inspiriert, zerstreut und gesammelt. 
Ich spreche hier von dem, was mich interessiert hat, was mir aufgefallen ist und woran ich Lust hatte und habe, weiterzudenken. Ein Protokol müsste allen Wortmeldungen gerecht werden, eine Bericht eine gewisse Vollständigkeit haben. Beides versuche ich erst gar nicht. Ich wünsche mir, daß die Diskussion weitergeht.

Der Untertitel der Berliner Tagung „Die Stadt und ihr Gedächtnis“, "Zur Zukunft der Stadtmuseen“ (23./24.April 2009) signalisierte weniger Aufbruch, denn Sorge, wie diese Zukunft aussehen könnte und sollte. Von Krise und Scheideweg war in einem Tagungsbericht zu lesen, wobei die Krisensymptome nicht unbedingt nur für Stadtmuseen zutreffen: Wegbrechen eines bürgerlichen Bildungspublikums, Probleme der Finanzierung aus immer leerer werdenden kommunalen Kassen, Verschärfung der Konkurrenz zu medial gehätschelten Großmuseen.
Was an Krise genau nur der Stadtmuseen auszumachen ist, scheint ein schrumpfendes Selbstbewusstsein zu sein. ‚Klein‘, ‚provinziell‘, unbeachtet', und ‚Endlager schwach strahlende Dinge‘ (Peter Sloterdijk), das kränkt nicht als Außensicht, sondern verstört als Selbsteinschätzung.

Eine Folgeveranstaltung in Graz nahm den Krisendiskurs mit etwas verschärfter Rhetorik noch einmal an. „Im Umbau ratlos?“ war das Kernstück des Titels, unter dem vor allem Leiter und Mitarbeiter von Stadtmuseen vertreten sein sollten, die sich in Neugründung oder Umplanung befinden und Vertreter diverser Wissenschaftsdisziplinen, deren Forschungen die Diskussion verbreitern und unterstützen sollte.
Gastgeber war das Stadtmuseum in Graz in Kooperation mit der Museumsakademie des Universalmuseum Joanneum. Das Grazer Museum ist ein Anschauungsbeispiel für die genannten Symptome. In bescheidenen Räumen und mit bescheidener Sammlung soll hier eine neue Dauerausstellung auf Wunsch der Politik realisiert werden, die aber viel zu knappe Mittel bereitstellt. Und die Konkurrenzsituation ist ohnehin singulär. Das Landesmuseum – seit kurzem ein ‚Universalmuseum‘ -, ein Museumskonzern, neben dem in der Steiermark und erst recht in der Hauptstadt jedes andere Museum buchstäblich klein aussieht, konkurriert thematisch und um ein- und dieselben Besucher, und das mit ungleich mehr Ressourcen. Das Frankfurter Museum hat nicht ein Museum, sondern gleich deren 60 in der Stadt als 'Rivalen'.

Konkurrenz erwächst den Stadtmuseen aber nicht nur aus anderen Museen. Das kulturelle Angebot in den Städten wächst und differenziert sich noch immer und droht historische Museen zu marginalisieren. Das Historische Museum der Stadt Wien hat unter neuer Leitung zuerst mal Name und Image geändert, aber als WienMuseum läuft es, trotz großer Sammlung, attraktiver Bestände und einem beachtlichen Mitarbeiterstab vor allem hinter Kunstmuseen, Kunsthallen und Museen Moderner Kunst hinterher. In den Medien gilt ihm noch immer nicht eine vergleichbare Aufmerksamkeit. Mit dem Auftreten von Konzernen und Privaten, die eigene Ausstellungshäuser betreiben, wurde gerade in Wien die klassische Moderne und die kanonisierte Avantgarde zum Nabel der Aufmerksamkeit.

Daß das auf der Tagung geäußerte Aperçu, daß das Alleinstellungsmerkmal der Mittelstädte ihre Mittelmäßigkeit sei, auf die diese Städte repräsentierenden Museen übergreifen könnte, ängstigt also nicht nur in Graz und Wien.
Die Krise des Stadtmuseums geht aber tiefer und wäre, präzise diagnostiziert, wohl auch ein Hinweis auf eine Lösungsstrategie: was an Wandel bedrohlich erscheint, ist nicht so sehr das, was das Museum ist, sondern was es repräsentiert beziehungsweise zusehends nicht mehr zu repräsentieren imstande ist. Der Wandel der Stadt läuft den Museen gewissermaßen thematisch davon und die Modi der musealen Repräsentation von Stadt und Stadthistorie reichen hinten und vorne nicht mehr. Die Imagepflege der Städte, ihr Branding, ihre komplexe mediale Vermarktung lassen die Bürgerstuben, die Handwerksnostalgie oder die lokalen Alltagsgeschichten der Dauerausstellungen von anno dazumal ziemlich alt aussehen.
Wie aber Stadtmuseen zu neuen Themen kommen, das war eher nicht so klar. "Dass eigentlich alles interessant ist", diese symphatische Position einer Kuratorin, hat auch die bedrohliche Kehrseite, dass dieser Wunsch nach 'totaler Repräsentation' in Erfüllung gehen könnte. Barbara Krugers Motto "Bewahre mich vor dem, was ich wünsche", möchte man der Sehnsucht nach totalisierender Wunscherfüllung entgegenhalten. Museen sind so schon bedroht von einem Erstickungstod an ihren immer weiter wachsenden Sammlungen. Wer aber, auch pro futuro, daran denkt, Kriterien der Entscheidung zu entwickeln, was gesammelt und gezeigt werden soll, kommt in ein, so weit ich sehe, nicht wirklich auflösbares Dilemma. Was künftige Generationen für bedeutsam, sehenswert oder überlieferungswürdig halten werden, wissen wir nicht. Das festlegen zu wollen, hieße auch, die Zukunft so zu präformieren wie eine künftige Generation bindende und belastende Wirtschaftspolitik. Auch das wäre ein "Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit" (Alexander Kluge).
Und ob es denn eine spezifische Themenkompetenz der Stadtmuseen gäbe, das blieb offen. Die wie selbstverständliche Aneignung des Themas "(Im)Migration" zum Beispiel - mit welcher Kompetenz und Legitimität beanspruchen Museen dieses Thema? Sind Museen zu allem geeignet oder immer das geignetste Mittel, um ein Thema zu bearbeiten und zu kommunizieren? Urbanität wurde genannt, naheliegenderweise, aber es wurde bloß Stadtplanung darunter verstanden. Was aber ist "Stadt", was war das einmal, was ist es heute, was wird es künftig sein? Wäre das nicht die 'Urfrage' für Stadtmuseen? In der möglichsten präzisen Beschreibung des Stadtwandels und seiner veränderten (Selbst)Darstellung könnte das Museum Sach- und Darstellungskompetenz zurückgewinnen.

Museen sind visuelle Medien und sie müssen sich daher so oder so im Feld des (öffentlich) Visuellen positionieren. Die Stärken des Museums liegen darin, daß es ein analoges und performatives Medium ist, darin unterscheidet es sich von anderen visuellen Medien. (Roswitha Muttenthaler). Die Kunst des Museums läge darin, Medienkompetenz bereitzustellen und zu vermitteln, sich also aktiv und produktiv auf die Rolle und Funktion von Medien einzulassen, ohne seine spezifischen Möglichkeiten zu vergessen. Können Museen Orte der kritischen Verarbeitung des (immer vielfältiger) werdenden Medienangebotes sein, könnten sie dazu beitragen, die Lesbarkeit und Deutbarkeit der visuellen Umwelt wieder herzustellen?
Dem vielberedeten Wunsch des Publikums, vorgeblich Authentizität erleben zu wollen, müsste ohne den verführerischen Rückfall in den spezifisch musealen Objektfetischismus, Ausstellen als selbstreflexiv auf seine eigene Medialität bezogen und reflektierend entgegengehalten werden.

Dieses Ziel dürfte aber nicht ohne eine zweite Perspektive angestrebt werden. Nämlich neue Formen der Kommunikation und auch der Beteiligung des Publikums zu erproben. Diese Frage wurde auf der Tagung breit diskutiert.
Stadtmuseen haben möglicherweise bessere Chancen auf Kooperationen und Einbeziehungen von bestimmten Gruppen als andere Museen. Die Tagungsdiskussion spannte die Möglichkeiten zwischen punktueller und eher an der Oberfläche ansetzender Partizipation einerseits und autonomer Museumsarbeit durch ‚Externe‘ andrerseits. Es liegt auf der Hand, daß diese Frage polarisiert – zwischen den Befürwortern einer gesellschaftlichen Öffnung einerseits und den auf ihrer Kompetenz beharrenden Kuratoren andrerseits. Schon auf der Berliner Tagung hatte Udo Gößwald davor gewarnt, daß Laien Kuratoren werden könnten. Das führe bloß zu Amateurisierung und damit Entwertung der Museumsarbeit.
Freilich, das Bild, das Museen von ihren Besuchern entwerfen, ist nicht immer ermutigend. Die abstrakte und technizistische Sprachregelung signalisiert Distanz, wenn nicht, wie in der Runde mal bemerkt wurde, Geringschätzung. Wer von 'Nutzerbedürfnissen' spricht, oder von 'bildungsfernen Schichten', sollte umgehend mit der reziproken Frage behelligt werden, wie 'besucherfern' denn das Museum selbst agiert.
Besorgeniserregend ist auch, wie sehr gelegentlich auf dieses Dilemma, ohne groß darüber nachzudenken, mit der scheinbar Besuchern entgegenkommenden Ermäßung jeglicher Bildungsanstrengung reagiert wird. Man möchte verständlicher, unterhaltender, populärer, erlebnisorientierter werden. Dieser Strategie kommen auch jüngere Entwicklungen in der Gestaltung von Museen entgegen: inszenierte, immersive Räume, wo das Erleben wichtiger ist, als die Information und Reflexion. Hier schlägt die Stunde so mancher spezialisierter Büros und einer Spielart der Szenografie, die Museumsverantwortliche mit schickem Design fürs Wohlfühlmuseum bedient. Wie diese Gestaltungen wirklch etwas zur Vermittlung von Inhalten beitragen, das will man gar nicht so genau wissen und die Verantwortung dafür, die genau an der wichtigen Schnittstelle von Museum / Publikum / Öffentlichkeit liegt, wird aus dem Museum "ausgelagert".

In der ambitioniert geführten Diskussion wurde der kleinen Utopie einer gleichsam mundgerechten, kulinarischen Verpackung anspruchsvoller Inhalte entgegengeträumt. Konkret wurde niemand, ermutigende Beispiele blieben aus. Es war aber auch von einer Unterforderung und Unterschätzung des Publikums die Rede und Felicitas Heimann-Jelinek fügte einen - für mich überraschenden aber höchst bedenkenswerten Einwand hinzu: ihr Credo sei, mit einem Publikum zu arbeiten, das von sich aus bereit sei, sich eigenverantwortlich mit Geschichte beschäftigen zu wollen. Das scheint mir eine starke Gegenposition zur Tendenz zu sein, das Publikum nur noch als Konsument von Dienstleistungen zu sehen und bedutet, dem Publikum eine Mitverantwortung am Arbeiten an der Geschichte abzuverlangen.

Das Reagieren auf Interessen und Bedürfnisse von Besuchern ist schon praktisch schwierig genug. Das Frankfurter Stadtmuseum, kann nicht der Tatsache ausweichen, daß der Römerberg, das Quartier in dem das Museum liegt, eine der touristischesten Regionen Europas ist. Und die Gründung eines Stadtmuseum Stuttgart - ohne einschlägige Tradition und von der Politik lanciert, nicht von der Bürgerschaft -, trifft, so zitierte Anja Dauschek zum Amusement der Runde, auf eine geschichtsferne Mentalität von "...konvertierten Kannibalen, die ihre Abstammung verleugnen...". Museumskuratoren in der Rolle von Missionaren, Kolonisatoren oder Ethnologen?

Mein Eindruck ist, daß in der Museumspraxis überall dort Neues entsteht, wo neue Kommunikationsformen gesucht werden. Für das neue Historische Museum in Frankfurt sind Environments und Anreize neuer Beteiligungsformen von Besuchern vorgesehen und lanciert wird dafür das Wort ‚Labor‘ (Jan Gerchow und Susanne Gesser). Das Stapferhaus Lenzburg, auf der Grazer Tagung von Beat Hächler vertreten, macht zum Beispiel Ausstellungen ohne Sammlungen. Das ist möglich mit Leihgaben, aber nicht in erster Linie mit von Institutionen erborgten, sondern von Bewohnern auf Zeit erbetenen. Mit dem ‚Tausch‘ solcher ‚Gaben‘ entsteht ein von herkömmlicher Museumsarbeit grundsätzlich unterschiedener Beziehungsmodus zwischen Institution und Publikum, und Publikum und Exponat, über den weiter nachzudenken sich unbedingt lohnt. Im Publikum wurde auch ein Museum genannt, das auf Dauer nach diesem Prinzip funktioniert, das Stadtmuseum Melbourne.

Trotz vieler einschlägiger empirischer Erhebungen, scheint es noch immer für Museen schwierig zu sein, abzuschätzen, wer das Publikum eigentlich ist und vor allem, was es will. Oder anders gesagt: wie man ein Gespür dafür entwickelt, "was gerade verhandelt wird" - und wer an diesem Verhandeln beteiligt ist.
Möchte man über bloß manipulative Sozialtechnologien hinausgehen (Kundenbindung, Attraktivitätssteigerung, Marketing als Instrument der ‚Optimierung‘ der Besuchszahlen usw.), muß man neue, anerkennende, einladende Strategien entwickeln. Die lebhafte Diskussion zu diesem Punkt und die Beispiele dazu, z.B. von Anja Dauschek vom im Aufbau befindlichen Stadtmuseum Stuttgart, schienen mir noch zaghaft. Vor allem geht mir eine entschiedene Analyse und Anerkennung der Tatsache ab, daß Museen Orte der massiven, sehr diskreten aber darum auch wirkungsvollen sozialen Distinktion bereits sind. Bevor man selbstermutigend Phantasmen des universalen Zugangs pflegt und vollmundig ankündigt, und von Partizipation heilserwartend schwärmt, sollte man erst einmal anerkennen, daß der weitaus größere Teil einer Bevölkerung vom Museum kategorisch ausgeschlossen ist und darüber sprechen, wie man mit der hegemonialen Produktion von kulturellem ‚Wert‘ und ‚Sinn‘ aktuell umgeht. Wer an Strategien und Techniken der Populariserung bastelt, bastelt meist ohne jede Reflexion nur an einer Vertiefung hegemonialer kultureller Konzepte. Die Gedankenlosigkeit, die im Umgang mit diesem besonderen Thema an den Tag gelegt wird, ist erstaunlich.

Daß ein wohlhabendes, zukunftsoptimistisches und selbstbewußtes Bürgertum, das mit Stolz seine Vergangenheit erzählte und sich so in ihrem Status und Erfolg spiegeln konnte, als Träger der Museumsidee zunehmend abhandenkommt, trifft Stadtmuseen besonders, weil ihnen genau diese ihre genuine Trägerschaft - im ideologischen wie materiellen Sinn -, abhanden kommt. Daß sich diese Museen neuen Gruppen öffnen wollen und müssen, wurde auch auf dieser Tagung deutlich und es geht in die Richtung, in die schon in Berlin Wolfgang Kaschuba ermutigt hatte: man muß sich vom Stadtbürgermythos verabschieden und die Stadt als so thematisieren, wie sie nun mal geworden ist: „offen, migrantisch, szenisch, authentisch“. Museen sollen an der „imaginativen Stadtbildung und Identitätsbildung arbeiten“.

Wenige Problem schienen die Tagungsteilnehmer damit zu haben, daß zur Erreichung dieser Ziele neue Strategien der Vermittlung oder der Teilhabe, der Arbeit mit Minderheiten oder – als relativ jungem Thema – mit Migranten den Rahmen des konventionellen Museumsverständnisses sprengen.
Eine gewisse Entgrenzung des Museums ist ohnehin im Gang, in methodischer Hinsicht, institutionell, hinsichtlich des Objektbegriffs, der Arbeitsformen, oder was die Definition seines – architektonischen und sozialen – ‚Ortes‘ betrifft. Der Leiter des Grazer Stadtmuseums, Otto Hochreiter, hat das so formuliert: „An Stadtmuseen können Erfahrungen des Örtlichen als Ressource für zivilgesellschaftliche Prozesse organisiert werden.“
Mir scheint auch die zivilisatorische, vergesellschaftende Funktion des Museums (das es strukturell auszeichnet) denjenigen Aufgaben übergeordnet zu sein, die man normalerweise als ‚essentiell‘ ansieht (Objekte zu sammeln, zu bewahren und zu zeigen). Es geht im Museum nicht – auch wenn das das Museumsbild so vieler verstören mag -, nicht ‚ums Objekt‘, sondern um Beziehungen und Bedeutungen (Angela Janelli). Die Arbeit daran, das Spiel der identitären Beziehungen im individuellen wie im kollektiven Maßstab zuzulassen und zu organisieren, das öffnet der Museumsarbeit ungeahnte und reiche Möglichkeiten. Museen müssten etwas von ihrer institutionellen Körperpanzerung ablegen und anerkennen lernen, daß sich im Ausstellen „Deutungsabsichten von Ausstellenden, Bedeutungen des Ausgestellten und Bedeutungsvermutungen von Besuchern“ kreuzen (Sabine Offe). Hier erst entsteht Reflexionskompetenz und Orientierungswissen, das auch handlungsanleitend und –ermöglichend sein kann.

Ich hätte da wenig Angst vor einer Verschiebung der Bedeutung des Museums. Denn als definitorischer Kern bliebe dem Museum möglicherweise nicht so sehr die Vorstellung vom ‚festen Haus‘ und der Sammlung authentischer Objekte, sondern als einer eines einzigartigen zivilisierenden Rituals, als das das Museum seit etwa 1780 als Projekt der (europäischen) Moderne entstanden ist.
Möglich war dieses Modell des Museums der Moderne im Kontext von Aufklärung und Revolution nur im Medium diskursiver, bürgerlicher Öffentlichkeit. Besitz aller an den kulturellen Gütern und deren Genuss als verbrieftes Recht sind komplementäre Erbschaften dieser Idee des wohlfahrtsstaatlichen Museums.

Mit der Zersetzung bürgerlicher, diskursiver Öffentlichkeit ist nicht nur das Museum gefährdet, es ist auch das Medium gefährdet, in dem allein wir über solche und andere Entwürfe des Museums überhaupt weiter reden können. In dieser Hinsicht scheint es mir besorgniserregend, wie wenig Widerstand, gerade aus den Museen selbst, der Entwertung und Zerstörung diskursiver Öffentlichkeit entgegengesetzt wird. Ökonomisierung, Privatisierung, Gleichgültigkeit der Politik, das Fehlen eines formierten zivilgesellschaftlichen Interesses an Museen und die Unentschlossenheit so vieler Museumsmitarbeiter gegenüber den Herausforderungen, das alles lässt nicht nur um die Voraussetzungen so vieler neuer Ideen fürchten, die in der Tagung geäußert wurden. Um so erfreulicher, daß manches Statement, mancher Bericht aus der Praxis, Optionen auf ein Museum als analytischem und diskursiven gesellschaftlichen Ort erschloß.


Stadtmuseen: Im Umbau ratlos oder wie erzählt man eine Stadt? 25./26.3.2010, Stadtmuseum Graz in Zusammenarbeit mit der Museumsakdemie Joanneum

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