Museumstexturen
Lesarten des Museums
7. bis 14. August 2010
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)
Im Museum geht es um das Zeigen und nicht um das textliche Erklären („Was zu sehen ist“). Dennoch nähern wir uns dem Museum dieses Mal vom Text her, quasi hinterrücks.
Denn: Text wird gebraucht. Vor der Ausstellungs- und Museumspräsenz hilft er, durch Sprachbilder und Formulierungen die Ausstellungsräume vorab im Kopf entstehen zu lassen. Text wird in Raum übersetzt. Text wird üblicherweise gebraucht, um bei einer stehenden Ausstellung Evidenz zu erzeugen, um die Exponate und die Präsentation zu erklären, um Vorstellungen zu erzeugen, um die Ausstellung, das Museum zu vermitteln, zu verkaufen, interessant zu machen. Die Textebene ist v.a. der dokumentarischen Seite des Museums zugeordnet und dem Text haftet per se eine stärkere Glaubwürdigkeit und Objektivität an als den Objektarrangements.
Aber die Sommerakademie ist nicht als Schreibwerkstatt gedacht, sondern als Wahrnehmungsschule und Museumswerkstatt, in der wir den Fokus auf die Bedeutungsdimensionen und Konstellationen von Texten im Ausstellungs-KonText richten, auf die Texturen des Museums.
Das Museum, das der Verständigung über Geschichte, Identität, über Werte und Bedeutungen dient, betreibt eine Spurenlese und fordert gleichzeitig selbst verschiedene Lesarten seiner Struktur und Funktion heraus. Es ruft bestimmte Interpretationen hervor, kann sie geradezu erzwingen oder zu verhindern und zu blockieren versuchen.
Als Einstieg in die sommerliche Reflexion über das Museum werden wir uns damit beschäftigen, wie man ein Museum/eine Ausstellung ‚liest‘ – im Sinne der Analyse und Kritik. Wir fragen insbesondere nach der Funktion von Texten im Verhältnis zu Bildern und Objekten innerhalb des Narrativ Museum. Das Museum changiert zwischen Dokumentation und Fiktion. Über die Auseinandersetzung mit Texten (z. B. Literatur) als Ausstellungsgegenstand werden wir uns der Frage nach dem Museum als Ort der Illustration zuwenden. Illustrieren die Objekte/Bilder die erzählte(n) Geschichte(n) oder geben die Texte vor, was und wie etwas zu sehen ist? In der diesjährigen Sommerakademie werden wir uns zudem mit der Frage beschäftigen, wie eine Geschichte/Erzählung erzeugt, gefunden wird, die dann in der Ausstellung ‚aufgeführt‘‚ inszeniert‘ wird bzw. ob und welche Erzählungen von den Objekt-Raum-Konstellationen ausgehen können.
Schließlich wenden wir uns Texten/Literatur im Museum zu und werden auch literarische Texte über das Museum einbeziehen.
Während über das Museum oft unter organisatorischen Gesichtspunkten gesprochen und nachgedacht wird – inventarisieren, sammeln, konservieren, restaurieren, verleihen, schützen, deponieren –, werden wir uns in der Sommerakademie ganz auf die museologische Reflexion konzentrieren. Wie immer werden wir das mit unterschiedlichsten Arbeitsweisen tun, Arbeiten in Gruppen, Ausstellungsanalysen, der Erarbeitung einer Ausstellung, der Recherche auf Exkursionen, dem Vergleich von sachlichen und poetisch/künstlerischen Zugangsweisen zum Museum.
Die Internationale Sommerakademie Museologie ist seit 1999 ein anerkanntes Forum zum Erfahrungsaustausch über das Arbeitsfeld Museum und Ausstellung und will die Reflexion der musealen Praxis anregen, aktuelle museologische Inhalte vermitteln und in einem werkstattartigen Kontext zum Erproben der neu gewonnenen Einsichten ermutigen.
In einer konzentrierten einwöchigen Klausur in der wunderbaren Atmosphäre von Schloss Retzhof gelingt die Verknüpfung des Angenehmen mit dem Nützlichen. Die Diskussion der Museumspraxis auf der Grundlage aktueller museologischer Theorie mit den eingeladenen Referenten/innen und dem begleitenden Team sowie der Teilnehmer/-innen untereinander ermöglicht eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis.
Mit
Renate Flagmeier, Leitung der Sommerakademie. Leitende Kuratorin Werkbundarchiv - Museum der Dinge Berlin (D)
Monika Flacke, Sammlungsleiterin Deutsches Historisches Museum Berlin (D)
Gottfried Fliedl, Museumsakademie Joanneum, Graz (A)
Heike Gfrereis, Leiterin Literaturmuseum der Moderne, Marbach (D)
Ursula Gillmann, Prof. für Ausstellungsdesign Hochschule Darmstadt (D)
Beat Gugger, freier Ausstellungskurator, Basel (CH)
Roswitha Muttenthaler, Kuratorin am Technisches Museum Wien und Museologin (A)
Thomas Thiemeyer, BMBF-Projekt wissen&museum, Marbach/Tübingen (D)
Till Velten, Künstler & Leiter des Masterstudiengangs Master of Arts in Fine Arts, Luzern (CH) (angefragt)
Organisation
Theresa Zifko, Museumsakademie Joanneum, Graz (A). Sie steht Ihnen unter sommerakademie@museum-joanneum.at für Ihre allfälligen Fragen zur Verfügung.
Kontakt
Museumsakademie Joanneum
Schloss Eggenberg, Eggenberger Allee 90, 8020 Graz
E-Mail: museumsakademie@museum-joanneum.at
Tel.: 0316 / 8017-9805
Fax: 0316 / 8017-9808
Veranstaltungsort
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)
Zertifikat
Im Anschluss an die Teilnahme an der Sommerakademie 2010 wird ein Abschlusszertifikat verliehen.
Kosten
Teilnahmegebühr: € 900,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension, ermäßigt € 580,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension für Studierende und Arbeitssuchende.
Inklusivleistungen: 7 Tage Seminar, schriftliche Unterlagen und sonstige Materialien, Eintritte, Unterkunft und Vollpension in Schloss Retzhof an der Südsteirischen Weinstraße, Exkursion mit Busfahrt und Eintritt sowie Besuch einer steirischen Buschenschank.
Bewerbungsmodalitäten
Das Bewerbungsformular finden Sie hier.
Ihre Bewerbung richten Sie bitte an sommerakademie@museum-joanneum.at oder Fax +43-316/8017-9808 oder senden Sie per Post.
Teilnehmer/innen vorangegangener Sommerakademien sind herzlich willkommen.
Ende der Bewerbungsfrist
Dienstag, 15. Juni 2010
Programm
SA 7. August
ANKOMMEN
17:00 Vorstellungsrunde & Organisatorisches
Einführung: Museum in der Literatur
18:00 Abendessen
19:30 Vorstellung der „Wochenaufgabe“
Das Ausstellungsprojekt
Renate Flagmeier
SO 8. August
MUSEUM 3D/ IN ECHT/REAL > EXKURSION GRAZ
09:00 Abfahrt Retzhof nach Graz
10:00–12:00 Ausstellungsbesuch der Alten Galerie,
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Astrid Edlinger
12:00–14:00 Picknick im Garten der Museumsakademie
14:00–16:00 Ausstellungsbesuch des Archäologiemuseums
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Barbara Porod
16:30 Abfahrt Eggenberg nach Leibnitz
18:00 Abendessen
19:30Ausstellungsprojekt
MO 9.August
EINFÜHRUNG IN DIE MUSEUMSANALYSE
R. MUTTENTHALER -SCHWERPUNKT NARRATIV
09:00–10:00 Resümee der Exkursion
10:00–12:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil1
12:00–14:00 Mittagspause
14:00–17:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil 2
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt
DI 10. August
GESCHICHTE/N IM MUSEUM (DIE KURATORENPOSITION)
09:30–10:30 MonikaFlacke -Historisches Museum
10:30–12:00 Renate Flagmeier -Objekte und Text
12:00–14:00 Mittagessen
14:00–17:00 Beat Gugger -Geschichten im Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt
MI 11. August
TEXTE ÜBER DAS MUSEUM
09:00 -12.00 Gottfried Fliedl -Funktion und Ideologie von Museumstexten
12:00–14:00 Mittagessen
14:00–16:00 Zur freien Verfügung
17:30Abfahrt Buschenschank -Weingut Pichler-Schober
ca. 22:00 Rückkehr zum Schloss
DO 12. August
LITERATUR/TEXTE ALS AUSSTELLUNGSGEGENSTAND
09:00–12:00 Heike Gfrereis -Das Literaturmuseum der Moderne
12:00–14:00 Mittagessen
14:00–17:00 Thomas Thiemeyer –Wissen und Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt
FR 13. August
GESTALTERISCHE & KÜNSTLERISCHE ARBEIT MIT TEXTEN
09:00–12:00 Ursula Gillmann -Text als Aufgabe der Ausstellungsgestaltung
12:00-14:00 Mittagessen
14:00–17:00 Till Velten -Das Gespräch als Forschungsmittel und Basis künstlerischer Arbeit
17:00 Vernissage der Ausstellungsprojekte
19:00 Abendessen
SA 14. August
ABSCHLUSSDISKUSSION
09:00–10:30 Schlusspunkt: Museumstexturen /
Lesearten des Museums
10:30 Brunch und Zertifikatsverteilung
12:00 Verabschiedung
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