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Montag, 4. September 2023
Sonntag, 20. August 2023
ARTEM NON ODIT NISI IGNARUS. Eine Petitesse zur Museumspolitik als Diskriminierung
Ehedem Neues Museum, heute Museum für Vor- und Frühgeschichte. Berlin. |
Die Inschrift über dem Neuen Museum lautet: Artem non odit nisi ignarus. Übersetzt wird das mit: Nur der Unwissende verachtet die Kunst.
Eine Inschrift die erstaunt. Denn sie feiert nicht die Institution oder ihre Aufgabe, sondern ein Kriterium der Distinktion. Es gibt Wissende und Unwissende. Selbstverständlich ist das eine soziale Distinktion. Bildung hat, wer entsprechend (schulisch) ausgebildet wurde und in der Familie mit Bildung infiziert wurde. Und es hängt fast ausschließlich vom sozialen Status ab, in welche Gruppe man heineinwächst.
Verächter der Kunst - das stellt, wohl auch heute noch, aber Mitte des 19.Jahrhunderts, als das Museum erbaut wurde, erst recht eine klare Disqualifikation dar. Kunst liebt doch jeder, hat jeder zu würdigen. Wer das nicht tut, macht einen Schritt heraus aus der Gemeinschaft der Gebildeten und Wissenden. Es ist ein Ausschluß.
Die Inschrift feiert einen Ausschluß.
Man sollte meinen, daß das Wissen über die ungleiche Verteilung der Bildungsgüter inzwischen gerade dort gut verankert wird, wo diese Ungleichheit produziert und reproduziert wird.
Mitnichten.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz schreibt anläßlich der Eröffnung des rekonstruierten Neuen Museums als Museum für Vor- und Frühgeschichte: "Zwei Großprojekte in der Mitte Berlins stehen in ganz besonderer Weise für die Verbindung von Wissenschaft und Kunst in Vergangenheit und Zukunft und werden sie in ganz besonderer Weise beleben. Das eine
von beiden ist vollendet, das andere im Entstehen begriffen: Neues Museum und Humboldt-Forum. »Artem non odit nisi ignarus« – dieser programmatische Sinnspruch des Neuen Museums krönt nun nicht mehr eine Ruine, sondern wird wieder mit Geist und Anschaulichkeit erfüllt."
Ein klares Bekenntnis zum distinktiven Sinn der Inschrift. Ist das Herrn Parzinger bloß "passiert", oder ist er der Meinung, daß es im Museum noch immer um ein Hochamt von Kunstbeflissenheit und Bildungswissen geht? Daß es noch immer bürgerlicher kultureller Hegemonie verpflichtet ist.
(Hermann Parzinger: "Artem non dit nisi ignarus". Museen als Orte von Wissenschaft und Kunst.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
https://edoc.bbaw.de › files › 04_Parzinger)
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