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Freitag, 5. Juli 2019

Wien bekommt mit dem Heidi-Museum ein Privatmuseums-Bermuda-Viereck

Hocherfreut nimmt der Museumskonsument die geplante Errichtung eines Heidi-Horten-Museums gegenüber dem Helmut-Batliner-Klaus-Albrecht-Schröder Museum unter der Leitung von Agnes Husslein-Arco zur Kenntnis und damit die Expansion der Privatsammler im Bermuda-Vierck mit der Haselsteiner-Essl-Sammlung im Künstlerhaus und dem Augenarzt-Leopold-Schatzthaus im Museumsquartier.
Aber wer ist Heidi Horten? Darüber gab schon mal im Vorjahr Matthias Dusini im Falter ausführlich Auskunft und er hat seinen Artikel nun wieder online gestellt. (Hier)
Die Diskussion "Wieviel Kunstmuseen braucht Wien" wird in die Verlängerung gehen. und vielleicht gibts ja auch mal eine Diskussion über die Privatisierung der Museen.

Donnerstag, 30. März 2017

Kaum glaublich...

Aus einem Call for papers der TU Berlin, wo eine Tagung zu privaten Museen vorbereitet wird:

According to the International Council of Museums (ICOM), there are now more private
museum spaces in the world than public ones. The majority of these museums are in China, South Korea, the US and Germany, though private museums have been established also in Benin, Brazil, Canada, Denmark, Egypt, India, Japan, Cameroon, Lebanon, Mexico, New Zealand, Norway, Russia, South Africa, among other countries.

Freitag, 13. November 2015

Die Sammlung Essl. Wie geht es weiter?

Das ist kein Post mit Informationen, sondern einer mit Fragen. Seit etwa zwei Wochen ist der Baumax-Konzern definitiv zerschlagen, der die materielle Grundlage für seine Besitzer Karl-Heinz und Agnes Essl bot, Kunst zu sammeln und ein Museum zu errichten.
Die beiden müssen mit dem durch Gutachten ausgewiesenen Makel leben, dass der Konzern nicht unverschuldet, durch wirtschaftliche unbeeinflussbare Rahmenbedingungen zugrundeging, sondern durch ihre Managementfehler.
Und auch die Kunstsammlung ist ihrem Einfluss - wie weit eigentlich? - entglitten. Viel zu spät kam der Rettungsversuch, die Sammlung dem Staat anzubieten. Dann sollten große Teile versteigert werden bis ein anderer Unternehmer einsprang. Hans-Peter Haselsteiner gehören 60% Anteile an der Sammlung. Karl-Heinz Essl ist künstlerischer Leiter des Museums. Aber wie kann sich das Museum erhalten und kann die Sammlung vermehrt, weiterentwickelt werden?
Und worüber kann Essl entscheiden? Haselsteiner dürfte demnächst das Recht erhalten, Teile des Künstlerhauses, dessen Sanierung er bezahlt, bespielen zu dürfen. Mit der Sammlung Essl unter anderem, wie er schon mehrfach gesagt hat. Der Standort in Klosterneuburg sei ungünstig, meint er, die Sammlung Essl gehöre in Wien gezeigt.
Und er bemühe sich weiter um die Kooperation mit der Albertina, die seiner Meinung nach einen zweiten Standort brauche. Wie? Wieso soll wenige hundert Meter von der Albertina, die über enorme, teuer zu bespielende Ausstellungsflächen verfügt, eine Filiale entstehen? Wozu? Mit welchem Programm? Und mit welcher Rückwirkung auf die Sammlung Essl?
Gut, es geht um private Sammler und Sammlungen, um deren Spielzeuge und das rangieren von Besitztümern. Da hat die Öffentlichkeit ihr Recht verloren. Und nebenbei geht's um ein Scheibchen Privatisierung. Das Erdgeschoss des Künstlerhauses wird künftig ihm, Haselsteiner, Baunternehmer, Westbahn-Betreiber, Kunstssammler, zur Verfügung stehen. Der Bund und die Stadt Wien sehen zu und lassen zu. Programmatische Privatisierung um Steuergeld zu sparen? Kultur- und museumspolitische Mut- und Phantasielosigkeit?
Ich habe wie gesagt diesmal nur Fragen.

Dienstag, 20. Oktober 2015

Staat oder Privat? Auch eine Museumsfrage

Chris Dercon hat kürzlich in DIE ZEIT die Eröffnung eines der größten Privatmuseen der Welt, des Broad-Museum in Los Angeles, zum Anlass genommen über das Verhältnis von staatlichen und privaten Museen nachzudenken (Chris Dercon: Strukturwandel des Kunstbetriebs. Viele Sammler träumen vom eigenen Museum, manche bauen es sogar. Wie das die Kunstwelt verändert. In: DIE ZEIT, 24. September 2015, online).
Auch an der österreichischen Entwicklung kann man beobachten, daß private Sammler in immer stärkere Konkurrenz zu den staatlichen Museen treten, laut Dercon „Zeichen eines globalen Strukturwandels des Kunstbetriebs.“ Zwar hat der spektakuläre Konkurs des Baumarktkonzerns von Karlheinz Essl das bedeutendste Projekt eines Privatmuseums in Österreich in große Schwierigkeiten gebracht, aber die Ursache der Krise liegt im Missmanagement des Konzerns, nicht in der Entwicklung der Sammlung und des Museums. Die Umstände der Rettung durch den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und dessen Konsequenzen für einen weiteren prominenten Kunstplatz zeigen indes annähernd was sich in Zukunft entwickeln könnte: Haselsteinen tauschte die Übernahme der Sanierungskosten des Künstlerhauses in Wien mit dem Recht ein, dort seine eigene Sammlung, die Sammlung Essl zu zeigen und Ausstellungen in Kooperation mit staatlichen Einrichtungen wie der Albertina. Es sind genau diese Facetten, die Dercon in seinem Essay diskutiert.

Doch steht hinter der Frage Staat oder Privat eine ganz grundsätzliche Frage. Denn seit es ab dem späten 14.Jahrhundert Sammlungen kultureller Artefakte überhaupt gibt, sind sie strikt und mit raren Ausnahmen immer privat gewesen bis gegen Ende des 18.Jahrhunderts das Modell des (national)staatlichen, öffentlichen (das heißt staatlich unterhaltenen) Museum entstand. Und das als gesellschaftliches Instrument, bei dem das allgemeine Eigentum am Sammlungsgut, Sammeln im öffentlichen Auftrag und Interesse, unbegrenzter und rechtlich verbriefter Zugang Bedingungen einer gesellschaftlichen Zwecksetzung waren: dem Wohl der Gesellschaft zu dienen. Es blieben dabei immer parallel dazu private Sammlungen und Museen oder etwa Vereinswesen alternative Konzepte, aber erst unter den Bedingungen einer globalisierten und ökonomisierten Kultur erhalten private Sammlungen und Museumsgründungen einen neuen Status.

Die Newport Street Gallery in London. Das jüngst eröffnete Privatmuseum von Damian Hurst. Seine Sammlung junger britischer Kunst könnte, so meinen Kunstkritiker, kein britisches Museum je aufbringen. Hurst, "teuerster" zeitgenössischer Künstler, agiert sowohl auf dem Kunstmarkt - auf dem er selbst präsent ist -, als auch innerhalb der Museumsszene, als Künstler, Kunsthändler, Museumsleiter und Ausstellungskurator. Eine neue Entwicklung.

Private Museen beginnen in Konkurrenz zu staatlichen zu treten und gefährden deren Daseinsberechtigung z.B. durch Übermacht am Kunstmarkt. Wenn kürzlich das Rijksmuseum und die National Gallery gemeinsam eine Gemälde erworben haben, dann ist der bislang einzigartige Fall einer geteilten Erwerbung (die ein geteiltes Ausstellen an zwei Orten nach sich zieht) dieser Entwicklung geschuldet. Museen können - selbst diese beiden Flaggschiffe der Museumslandschaft nicht -, die Preise nicht mehr bezahlen, die zur Weiterentwicklung der Sammlung nötig wären. Das ist nur eine Facette der Entwicklung, die andere, bei Museen zeitgenössischer Kunst, daß Künstler eher mit finanziell potenten Privaten zusammenarbeiten, als mit staatlichen Museen.

Dercon unterstellt Privaten durchaus aggressive Strategien, nämlich Kontrolle über den Kunstmarkt und indirekt damit über staatliche Museen zu bekommen. Und: „Manche Privatmuseen müssen zudem als Manifestationen eines Projekts des Spektakels betrachtet werden. Ihre Betreiber haben begriffen, dass weder jahrelange Erfahrung noch die historische Rekonstruktion, noch das Gedächtnis in Zukunft als Bestandteile der kulturellen Praxis nötig sein werden. Außerdem haben sie die Tauglichkeit der Kunst als Mittel zur Konsumdifferenzierung und Produktivitätssteigerung erkannt.“ Was die Privatisierung mit sich bringt sind „…uferlose Akkumulation von Kunst und die Expansion einer orientierungslosen Vielfalt; die Verschwiegenheit im Hinblick auf Organisation, Vermögen, Kosten und Gehälter; eine geschäftsmäßige Auswahl und von Beratern gesteuerte Ankäufe; Insiderhandel und andere aggressive Geschäftsbeziehungen.“

Worin unterscheiden sich staatliche Institution von diesen Strategien und Ambitionen? „Die Daseinsberechtigung staatlicher Museen“ schreibt Dercon, „besteht darin, die Verfügbarkeit und Sichtbarkeit von Kunstwerken auf lange Zeit zu gewährleisten. Ihr zentraler Auftrag ist es, ein möglichst breites Publikum zu bilden. Das bedeutet heutzutage auch, Urteilsfähigkeit zu vermitteln: einerseits über das ungeheuer weite Feld der zeitgenössischen Kunstproduktion, die immer deutlichere Parallelen zur Produktion von Luxusgütern offenbart, und andererseits über jene Werke, die wirklich eine Kultur formen. (…) Anders als die privaten Sammlungen dürfen wir uns auch nicht erlauben, die Kunst als mögliches Renditeobjekt zu betrachten. Wir produzieren Gedächtnis, das ist unsere Aufgabe. Die staatlichen Museen sind in dieser Sicht das Heilmittel – und nicht eine Ergänzung zum Privatmuseum.“

Was läßt sich gegen die Entwicklung aufbieten? Dercons Rezept ist kurz und prägnant: „Wir (müssen) ganz neue Regeln für die Kooperation zwischen Privatsammlern und staatlichen Museen aufstellen. Diese Kooperation kann nicht nur auf Dankbarkeit und gutem Glauben beruhen. Der Privatsammler, der mit einem staatlichen Museum kooperiert, muss es als einen Hort für einen auf lange Zeit angelegten symbolischen, nicht ökonomischen Wert akzeptieren. Die Museen ihrerseits sollten nur solche Privatsammler ansprechen, die diese Überzeugung teilen. Das staatliche Museum soll den Privatsammler pflegen, der nicht nur die Künste und die Künstler unterstützt, sondern auch die Kultur des staatlichen Museums stärkt. Kultur nämlich entsteht erst durch vereinte Anstrengungen.“

Dercon appelliert somit an zwei strukturelle Elemente des staatlichen Museums, seiner Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber (vereinte Anstrengung) und dem Freihalten eines Raumes vor der Durchdringung rein ökonomischer Rationalität (symbolischer Wert).


Dercon bezieht seine Erfahrungen aus der Tätigkeit an Kunstmuseen (zuletzt an der Tate Modern London). Man kann seine Beobachtungen erweitern, vor allem, wenn man einräumt, daß das Modell des staatlichen Museums nicht nur von außen, sondern auch von innen her bedroht ist. Der Einzug eines Managementdenkens, das die Institution von der Spitze her verstärkt einer wirtschaftlichen Rentabilität unterwirft, massiver Ausbau des Marketing, um sich in Konkurrenz zu anderen Institutionen auf dem „Markt der Aufmerksamkeit“ zu behaupten, die Sorglosigkeit wenn nicht Willfährigkeit bei Kooperationen mit Sponsoren und anderes mehr sind Indizien dieser Entwicklung. Das manische Berufen auf die Besucherzahlen kommt überwiegend aus den Museen selbst bzw. wird als ultimative Rechtfertigung ihrer Existenzberechtigung verheerenderweise allgemein akzeptiert.

Hinter der Maximierung der „Quote“ steht aber auch Rentabilität als Maß: denn damit soll nachgewiesen sein, daß die staatlichen Gelder (Steuergelder) insofern gerechtfertigt nur dann sinnvoll eingesetzt worden sind, wenn das „Produkt“ Museum sich über die Quote als angemessen wertvoll erweist. Gerade das aber ist bei steuerlicher Finanzierung kultureller Einrichtungen unmöglich. Es gibt keinen Geldwert, sondern nur einen symbolischen, und der erweist sich als resistent, in einen ökonomischen umgedeutet zu werden.

Daher: Ob es es „uns“ (einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft, die ein Museum betreibt) Wert ist, dieses oder jenes Museum zu erhalten, hinge von einer gesellschaftlich vermittelten Entscheidung ab, welches Museum wir bräuchten und welches nicht, und von nichts anderem.
Insofern Museen genau diese Diskussion verweigern, aus Unvermögen oder Angst, daß diese Debatte sich gegen sie wenden könnte, aus Blindheit oder aus dem Fehlen jeglichen Verantwortungsgefühls gegenüber der Öffentlichkeit, und insofern kaum eine fachliche und kaum eine zivilgesellschaftliche Debatte dazu existieren, sieht es für eine widerständige, innovative Museumspolitik nicht gut aus.