"Mexiko will Montezumas Federkrone nur ausborgen", beruhigte uns Barbara Petsch gleich mit der Schlagzeile eines Artikels der im Jänner 2011 erschien. Damals hatte es ja noch geheissen, daß man an eine Ausleihe auf Zeit denken könne, aber nur dann, wenn es keine konservatorischen Bedenken gäbe, und man ahnte schon damals, weiles ja konservatorische Bedenken immer geben kann, daß das mit dem Herborgen nichts werden würde. Tatsächlich, wir erfahren nun, fast zwei Jahre später, daß das nichts wird. Die Federkrone ist zu fragil, ein Schiffstransport käme nicht in Frage und ein vibrationsfreier Flug sei nur mit einem etwa dreihunder Meter langem Flugzeug machbar (sic!).
Es natürlich blöd, wenn man voll des guten Willesn ist, daß ein solches Flugzeug nicht existiert. 76 Meter ist das längste Flugzeug derzeit, da wird es also noch dauern mit dem Verborgen.
Die Federkrone war schon bei ihrer "Wiederentdeckung" eine Ruine. Achtlos lag sie Jahrzehnte in einem Schrank des Naturhistorischen Museums und drohte zu Staub zu zerfallen, als jemand entdeckte, daß das ein ganz ungewöhnliches Objekt sein müsse. Noch war niemand in der Lage, es zweifelsfrei zu identifizieren und so wurde eine eingreifende Restaurierung, die partiell eine Neuanfertigung war, auf der Grundlage unsicherer, wie sich später herausstellte irriger Annahmen gemacht. Die Identifizierung als Kopfschmuck durch eine US-Forscherin gegen Ende des 19. Jahrhunderts ermöglichte dann die projektive Übertragung auf Montezuma.
Was nun? Also, stellen wir halt nach jahrelanger Pause die Federkrone wieder mal aus, in Wien, im Völkerkundemuseum, schließlich gehört er, wie auch der Kultursprecher der Grünen versichert, "uns". "Pracht und Passion" wird die Ausstellung heißen, in die der "Penacho" (eine neue Sparchregelung, die hilft, die Peinlichkeit zu umschiffen, wieviel Montetzuma denn nun wirklich an dem Objekt hängt - die richtige Antwort wäre: nichts, kein Funserl). Das mit der "Pracht" verstehe ich ja, aber welche "Passion" bitte?
Die Webseite des Völkerkundemuseums kündigt ihre Ausstellung mit Sätzen an, die zum Feinsten an Verdrehung gehören, was ich so im Zusammenhang mit der Federkrone gelesen ababe. "Steht der Federkopfschmuck tatsächlich in Verbindung mit dem legendären
Aztekenfürsten Moctezuma," heißt es da "wie dies in Mexiko noch heute gerne behauptet
wird? War er der Kopfschmuck eines Hohepriesters bei rituellen
Handlungen? Wie und durch wen kam er wirklich nach Österreich? Dies sind
nur einige von vielen Fragen, Mythen und Legenden, die sich um das
kostbare Artefakt ranken."
Also einmal spekuliert man selbst noch immer, obwohl das längst, auch durch museumseigene Forschungen widerlegt ist, mit einer Verbindung des Objekts zu Montezuma. Gleichzeitig macht man aber dafür Mexiko verantwortlich, was angesichts des jahrzehntelangen Umgangs des Musuems mit der Herkunft des Exponats schon atemberaubend ist. Nicht zuletzt weil "Federkrone des Montezuma" so eine Art Marke war, mit der Museum reüssieren konnte, wurde damit immer wieder aufgewartet, wiewohl die Forschung das längst nicht mehr deckte. Wenn man nun die Verantwortung auf Mexiko schiebt, impliziert das auf paradoxe Weise, daß dies ja wahrheitswidrig sein könne. Dann würde Mexiko selbst für die Entwertung des Objekts als königlicher Kopfschmuck verantwortlich werden.
Damit belasse ich es mal. Vielleicht habe ich Gelegenheit die Ausstellung zu sehen. Dann mehr davon.
Gottfried Fliedl: "...Das Opfer von ein paar Federn". Die sogenannte Federkrone Montezumas als Objekt nationaler und musealer Begehrlichkeiten. Wien 2001, ISBN 3-85132-313-0.
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Donnerstag, 15. November 2012
Montag, 19. September 2011
Echt nicht
Aus einem Grund, den ich nicht angeben kann, dachte ich, das mit dem Kunstfälschen ist vorbei (fortschreitende Techniken der Untersuchung, Vernetzung von Informationen, Voranschreiten der Dokumentation und so...). Dabei geistern derzeit diverse, z.T. sehr ausgedehnte und kompliziert verschleierte Kunstfälschereinen auf, wo man denkt: gibts nicht.
Ein Campendonk erweist sich als Fälschung, peinlich für das Sprengel-Museum, doch das Bild gehört zu einem Puzzle einer offenbar lange zurückreichenden, sehr durchdachten Fälschungsserie, das derzeit Kunstmuseen und Medien in Deutschland beschäftigt.
In China enttarnen Studenten einer Kunstuni ein Werk, das um über acht Millionen Euro auktioniert wurde, als Seminararbeit ihrer Universität. (Muß ja nicht schlecht sein, die Ausbildung, wenn schon Seminararbeiten mit Spitzenwerken chinesischer Gegenwartskunst 'verwechselbar' sind).
Erst durch chemische Amalyse konnte der Campendonk als "bis zum Holzwurmloch" (eine Zeitung) gefälscht entlarvt werden.
Was so kränkend an diesen Fällen ist, ist die Aufweichung eines Gründungsmythos des (Kunst)museums. Echtheit und Authentizität des 'Werks'. Gerade in Zeiten schleichender Virtualisierung (Museum 2.0) muß das Distiktionsmerkmal der Museen verteidigt werden: "Wir haben das Original". Das behauptete der ehemalige Direktor in einer Plakatkampagne des Heeresgeschichtlichen Museums. Nur. Die Direktoren lassen nicht nur den Kauf eines frischen Campendonk zu, sie sind auch sonst nicht immer drauf erpicht, es genau wissen zu wollen.
Gekränkt wird auch der Sachverstand und die Methodik der Kunsthistoriker, die über die "Autopsie des Originals" (wie es zu Zeiten meines Studiums hieß), also sozusagen über einen durch Gelehrsamkeit, Einübung und Talent vermittelten Augenschein, über echt und unecht entscheiden woll(t)en.
Wenn überhaupt, scheinen nur naturwissenschaftliche Untersuchungen und Indizien im kriminoplogischen Sinn Gewissheit zu vermitteln. Wenn man es denn überhaupt genau wissen will.
Ich erinnere mich an die kuriose 'Enttarnung' einer Ausstellung des Hamburger Museums für Völkerkunde, bei der sich die Figuren der berühmten Reiterarmee aus dem chinesischen Kaisergrab als Nachbildungen. Der Direktor verteidigte sich damals mit den schönen Worten, er habe erst im Lexikon nachsehen müssen, was das Wort 'authentisch' bedeutet. Das auch als Fußnote zum Stand der Museologie in Deutschland.
Ein Campendonk erweist sich als Fälschung, peinlich für das Sprengel-Museum, doch das Bild gehört zu einem Puzzle einer offenbar lange zurückreichenden, sehr durchdachten Fälschungsserie, das derzeit Kunstmuseen und Medien in Deutschland beschäftigt.
In China enttarnen Studenten einer Kunstuni ein Werk, das um über acht Millionen Euro auktioniert wurde, als Seminararbeit ihrer Universität. (Muß ja nicht schlecht sein, die Ausbildung, wenn schon Seminararbeiten mit Spitzenwerken chinesischer Gegenwartskunst 'verwechselbar' sind).
Erst durch chemische Amalyse konnte der Campendonk als "bis zum Holzwurmloch" (eine Zeitung) gefälscht entlarvt werden.
Was so kränkend an diesen Fällen ist, ist die Aufweichung eines Gründungsmythos des (Kunst)museums. Echtheit und Authentizität des 'Werks'. Gerade in Zeiten schleichender Virtualisierung (Museum 2.0) muß das Distiktionsmerkmal der Museen verteidigt werden: "Wir haben das Original". Das behauptete der ehemalige Direktor in einer Plakatkampagne des Heeresgeschichtlichen Museums. Nur. Die Direktoren lassen nicht nur den Kauf eines frischen Campendonk zu, sie sind auch sonst nicht immer drauf erpicht, es genau wissen zu wollen.
Gekränkt wird auch der Sachverstand und die Methodik der Kunsthistoriker, die über die "Autopsie des Originals" (wie es zu Zeiten meines Studiums hieß), also sozusagen über einen durch Gelehrsamkeit, Einübung und Talent vermittelten Augenschein, über echt und unecht entscheiden woll(t)en.
Wenn überhaupt, scheinen nur naturwissenschaftliche Untersuchungen und Indizien im kriminoplogischen Sinn Gewissheit zu vermitteln. Wenn man es denn überhaupt genau wissen will.
Ich erinnere mich an die kuriose 'Enttarnung' einer Ausstellung des Hamburger Museums für Völkerkunde, bei der sich die Figuren der berühmten Reiterarmee aus dem chinesischen Kaisergrab als Nachbildungen. Der Direktor verteidigte sich damals mit den schönen Worten, er habe erst im Lexikon nachsehen müssen, was das Wort 'authentisch' bedeutet. Das auch als Fußnote zum Stand der Museologie in Deutschland.
Montag, 8. November 2010
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