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Donnerstag, 31. August 2023

Sitzen und Schauen (Sitzen im Museum)

 

Sitzgelegenheit im Asien-Teil des Ethnologischen Museums im Humboldt-Forum. Foto: G.F. - Dieses gigantische Sitzmöbel hat kein Gegenüber. Man starrt gegen Wand und Fenster. Ein "Kontemplationsmöbel" oder eine "Datingecke"?

Sonntag, 21. November 2021

Corona und die Folgen: Panikkonsumismus

 

Das Arbeiten mit Versäumnisangst findet sich im Kultur- und Museumsbereich bislang nur in Form von dringender Verlautbarung von Ausstellungen, die man keinesfalls versäumen sollte, weil man so etwas nie wieder sehen werde. Neu ist die Anwendung dieses Prinzips auf den Museumskonsum, resp. den Shop. Kaufen Sie, so lange sie noch können und dürfen. 

Montag, 18. Februar 2019

Der Korridor des Staunens im Wiener Weltmuseum



Als jüngsten Ausstellungsteil hat das Weltmuseum eben einen "Korridor des Staunens" eröffnet. Etwa achthundert Objekte sind in drei Räumen unter drei thematischen Stichworten ausgestellt. Menschenbilder, Musikinstrumente, Die Welt im Kleinen, womit Modelle vorwiegend von Behausungen und Booten gemeint sind.
Es gibt knapp gehaltene Raumtexte, keine Objektbeschriftung. Kurzum, es handelt sich um ein Schaudepot.
Das soll einladen zum Staunen, zum Verweilen, zum Sich-Verlieren in der Vielfalt der Sammlung.

Ich fand diesen Korridor des Staunens eher enttäuschend. Das liegt an den sehr kühlen Räumen, an der Nüchternheit der weißen Wände, der Sterilität der Vitrinen. Die "pragmatische Lagerung" stehe hier im Vordergrund, liest man in einem der Raumtexte. Ist "Lagerung" ein Thema, das (in dieser Form) ein Publikum interessieren muß?

Es wird etwas verschärft, was in Teilen der Daueraussetllung schon ein Problem ist: ethnologische Objekte entziehen sich, versammelt und gezeigt in Europa unter den Bedingungen europäischer Museumskultur, weitgehend unserem Verständnis. Selbst dort wo es Erläuterungen durch Texte, Interviews, Medien gibt. Ganz mit ihnen allein gelassen, geben die Objekte wenig, oft nahezu nichts her und auch die Konfrontation von Unterschiedlichem hilft uns nicht - es bleibt rätselhaft wie eine Gleichung mit zwei Unbekannten.

Vielleicht hätte ein feinmaschigeres Netz inhaltlich motivierter Gruppiereungen mehr ergeben, so wie man es etwa in der (aus dem 19.jahrhundert stammenden) Sammlungsordnung des Oxforder Pitt Rivers Museum vorfindet: Objekte, die im Fliegen Geräusche erzeugen...

Da kann vielleicht noch etwas kommen, es gibt leere Vitrinen, in denen mal etwas über Forschungen zu sehen sein wird, Freiraum auch für Experimentelles und Mikroausstellungen bleibt oder für Neuerwerbungen.



Mittwoch, 17. Oktober 2018

Lisl Ponger "The Master Narrative"

Zum Eindrucksvollsten, was das "neue" Weltmuseum in Wien zu bieten hat, gehört eine Videoinstallation von Lisl Ponger, "The Master Narrative". Eine große Erzählung zum Kolonialismus, die im Museum mit Fotografien zu einer Rauminstallation erweitert wurde (hier auf der Webseite von Lisl Ponger).
Nicht weniger acht Stunden Erzählung kann man hier konsumieren, wobei man als Hörer/Seher keine Wahl hat, an welcher Stelle man in die Geschichte einsteigt. Und wer drückt sich schon auf einer extraharten Sitzgelegenheit platt, um alles in einem Zug zu hören?! Jetzt gibt es "The Master Narrative" auf Vimeo (hier).
Die Erzählung, die Frau Ponger auf Grund langer und offenbar unglaublich detailgenauer Recherchen verfasst hat, folgt keiner Chronolgie, sondern thematischen Schwerpunkten, in denen es Zeitsprünge und Querverbindungen jeder nur erdenklichen Art gibt, die sehr überraschend und instruktiv sein können. Es ist kein wissenschaftliches Handbuch des Kolonialismus, sondern ein dichtes Gewebe an Informationen aus vielen und sehr unterschiedlichen Quellen, eine originelle Erzählform, die zu verfolgen sehr spannend ist. Teil eins etwa spannt sich zwischen James Cooks erster, als wissenschaftliche noch relativ "unschuldige" Expedition einerseits und der Südessee-Sehnsucht der europäischen Künstler, die nur noch Ruinen dessen vorfanden, von dem, was sie sich erhofft hatten.
Große Empfehlung! 

Samstag, 13. Oktober 2018

Zwischen Eigensinn und Anpassung. Eine Veranstaltung im Museum der Völker Schwaz



Das MUSEUM DER VÖLKER in Schwaz beherbergt eine ethnografische Sammlung, die sich vor allem aus westafrikanischen und südostasiatischen Objekten zusammensetzt und das Interesse der Sammler widerspiegelt. Mitten im Prozess der Neuausrichtung laden wir zu einer öffentlichen Tagung und einem anschließenden Workshop ein, um den Weg, den das Museum seit der Wiedereröffnung im Herbst 2017 beschritten hat, zu reflektieren.
Dabei sollen ...

... aktuelle Fragen in Bezug auf Sammlungsobjekte außereuropäischer Provenienz, wie Verflechtungen von Kunstmarkt und privaten wie musealen Sammlungen, Kriterien wie Echtheit, Authentizität oder einem näher zu definierenden Kunstbegriff, zu brisanten Artefaktgruppen, die auf koloniale Strukturen verweisen, thematisiert werden.

Wesentlich ist ...

... die Diskussion über Entwicklungspotentiale kulturhistorischer und -anthropologischer Ausrichtungen der Museumstätigkeiten „am Land“. Wir wollen der Frage nachgehen, welchen Beitrag das Museum zur Beziehungsarbeit hier gelebter Kulturen – so genannter autochthoner wie neu hinzukommender – und jener, deren Sammlungsobjekte sich im Museum befinden, leisten kann.


PROGRAMM


MONTAG, 22. OKTOBER 2018
ÖFFENTLICHE VORTRÄGE MIT DISKUSSION
12.00 – 18.30 UHR

12.00 Eintreffen, Kennenlernen

13.00 Begrüßung
Hans Lintner,
Bürgermeister der Stadt Schwaz
Lisa Noggler-Gürtler,
Direktorin Museum der Völker

13.30 Steven Engelsman
Zur Neuorientierung Ethnologischer Museen (Vortrag und Diskussion)

14.30 Pause

15.00 – 17.30 Kurzvorträge
(max. 15 min. mit Diskussion 15 min.)
Regina Wonisch
Zur Lage der ethnologischen Provenienzforschung
Regula Tschumi
Ethnologische Museen und Kunstmarkt am Beispiel Ghana
Alexander Zanesco
Mission und ethnographische Sammlung am Beispiel Tiroler Franziskanermissionen in Guarayos/Bolivien
Stefania Pitscheider Soraperra
Das Museum „am Land“ - ein Ort gesellschaftlicher Relevanz am Beispiel des Frauenmuseum Hittisau

18.00 Résumé

Gottfried Fliedl, Moderation
Anita Berner, Graphic Recording


DIENSTAG, 23. OKTOBER 2018
GESCHLOSSENER WORKSHOP
9.00 – 13.00 UHR

Gottfried Fliedl, Lisa Noggler-Gürtler Moderation

Mit den Vortragenden, weiteren Gästen, dem wissenschaftlichen Kuratorium des Museums zu folgenden Themen:

Was kann und soll ein Museum „auf dem Land“ vermitteln?

Wie lässt sich das Konzept, übergreifender „ethnologischer“ und historisch-anthropologischer Fragen zu thematisieren, weiter entwickeln – wie entwickeln sich „postkoloniale“ ethnologische Museen?

Wie geht man mit der grundlegenden doppelten (durch Musealisierung und Herkunft vermittelten) Fremdheit der Objekte um?

Beratung bezüglich Expertise zu einzelnen Sammlungsgruppen

(bei Interesse senden wir gerne ein „Ergebnisprotokoll“)


VERANSTALTUNGSORT

Museum der Völker
St. Martin 16, A-6130 Schwaz
Tel. +43 (0)5242 66 090
info@museumdervoelker.com
www.museumdervoelker.com


ÖFFNUNGSZEITEN
Donnerstag - Sonntag
10.00 - 17.00 h
letzter Einlass 16.15 h







Sonntag, 31. Dezember 2017

Das Museum des Jahres 2017: Das Weltmuseum in Wien

Das Weltmuseum hat mich überrascht. So umfassend habe ich den selbstkritischen Umgang mit der Geschichte und der Aufgabe des Hauses nicht erwartet. Dabei rechtfertigt sich das Museum nicht als notorisch als Museumstyp in Frage gestelltes ethnologisches Museum, sondern erläutert facettenreich Geschichte, Sinn und Fragwürdigkeit dieses Museumstyps an sich selbst.

Für ein Bundesmuseum ist eine solche Haltung völlig neu. Die Selbstbefragung erstreckt sich auf die Herkunft der Sammlungen, die wissenschaftlichen Grundlagen, die Praktiken des Ausstellens und vieles andere. Dabei ist das Museum ausgesprochen vielstimmig. Nicht nur weil alle Kuratoren ausführlich ihre Standpunkte und ihre Neugierde - in einer eigenen - Ausstellung artikulieren, sondern weil in Dutzenden von Videoclips Menschen zu Wort kommen - mit ihrem professionellem Wissen oder ihrem lebensgeschichtlichen Umgang mit Fragen und Objekten. 

Der Kolonialismus, die Fragen einer ethnologischen Restitution, der Umgang mit tabuisierten Objekten, die Frage nach der Autorität der Sprecherposition, die Frage der Teilhabe von wie auch immer Betroffener, eine praktische Kritik selbst die herkömmlichen Sammelstrategien, alles wird zur Diskussion gestellt.

Das wird in einem geglückten Wechselspiel von Dauerausstellung und (zeitlich begrenzten) „Trabantenausstellungen“ geleistet. Lisl Ponger z.B. bietet uns eine unglaublich dichte vielstündige Collage zum Thema Kolonialismus an, die unter anderem den großen Vorzug hat, nicht bloß die politische Geschichte des Kolonialismus detailliert aufzurollen, sondern dessen populäre und mediale Verarbeitung vorzuführen, Film, Malerei, (Trivial)Literatur.

Von Freunden und Kollegen habe ich sehr unterschiedliche Reaktionen zu hören bekommen, eine sehr schroffe und ablehnende, andere vorsichtig ambivalente und vorläufige. Man könne sich auch konsequentere Reaktionen auf die Probleme ethnologischer Museen vorstellen. Das kann ich auch, aber ich sehe am Beispiel etwa des Humboldt-Forums vergleichsweise die Qualität des Wiener Museums. Dort ist über der Restitutionsfrage und dem unvermeidlichen Neokolonialismus des Projekts eine sehr heftige öffentliche Debatte entstanden, ohne daß klar geworden ist, wie man damit umzugehen gedenkt. In Wien ist man schon weiter, hier wurde manches praktisch angepackt, was in Berlin erst debattiert wird.

Ich sehe wie andere auch Schwächen, z.B. dort, wo auf bewährte Ausstellungsweisen zurückgegriffen wird, auratisierend, vereinzelnd, Objekte in den Status von Kunst verwandelnd. Da hilft dann oft die textliche und auditive Information wenig oder ist unzulänglich umgesetzt. Allerdings ist es für so manche Sammlungen gelungen, sie geschickt mit neuen Narrativen zu durchkreuzen. Die drei habsburgischen „Sammlerschicksale“ werden sehr anschaulich dargestellt und verweisen über die konkreten Geschichten hinaus auf obsessives und possesistisches Sammeln, also auch auf Grundlagen von Musealisierung. An anderer Stelle lernen wir an Sammlerbiografien, daß es jenseits kolonialer Habgier und Militanz auch - so weit es überhaupt denkbar ist -, vorbehaltlose Neugier gab und Bereitschaft, sich dem Fremden zu stellen oder sich ihm gar anzuverwandeln.

Die Verwandlung eines Völkerkundemuseums in ein Weltmuseum hat sich nicht als graduelle Verbesserung vollzogen, sondern als Wandel der Haltung des Museums. Es problematisiert ethnologisches Ausstellen nicht bloß auf der Ebene der Zeigepraktiken, es stellt die Grundlagen der Institution in Frage und stellt diese Fragen zur Diskussion, bieten den Besuchern, Möglichkeiten, den Prozess der Selbstbefragung mitzuvollziehen. Der hegemoniale europäische Blick ist nicht ganz verschwunden, aber man erkennt die Bereitschaft, sich den Problemen dieses Museumstyps zu stellen und praktisch zu erproben, wie andere Zugänge möglich sind.

Das Museum hat eine alles was ich von österreichischen Museen kenne übertreffende Webseite mit über 4000 in eine mächtige Suchmaschine eingebettete Objekte, die vorzüglich abgebildet werden und sich auch mit dem Ort verknüpfen lassen, an dem sie derzeit gezeigt werden. Ein schönes Angebot, vorher oder nachträglich eine Besuch zu vertiefen, bequem vom Sofa aus. 

Ich war oft und lange im Museum, meist in Begleitung. Und jedes Mal entstanden intensive Diskussionen, oft sofort vor Ort, oder im Cafe des Museums. Und jedes Mal bin ich mit dem Wunsch weggegangen, bald wiederzukommen und die Entdeckungsreise durchs Museum erneut aufzunehmen. Bei aller Ambivalenz, die ich in Urteilen anderer finde und auch bei mir selbst, ich glaube nicht, daß ich mich bei weiteren Besuchen noch so sehr enttäuschen werde, um von der derzeitigen Einschätzung abzugehen: Dem Direktor des Museums und dem Museumsteam ist etwas sehr Erstaunliches gelungen, für Österreich nahezu einmalig, und, so weit ich das beurteilen kann, im europäischen Vergleich etwas selbstbewußt Vergleichbares und Fortgeschrittenes.

Freitag, 24. November 2017

Und noch eine sokratische Frage (Sokratische Fragen 28)

Welche Geschichten 
würdest Du keinem Fremden erzählen?

Wie auch die vorherige sokratische Frage stammt auch diese nicht von mir. Ich habe sie in der Ausstellung "Ware & Wissen" (or the stories you wouldn't tell a stranger) des Weltkulturen Museum Frankfurt/M. entnommen.

Dienstag, 16. Mai 2017

Eröffnung des Weltmuseums. Mit André Heller! Da kommt Freude auf!!

Am 25. Oktober wird das Weltmuseum in Wien wiedereröffnet. Das wurde heute bekanntgegeben. Und: Das Eröffnungsfest wird André Heller gestalten. Eine geschmackssichere Wahl, denn Hellers "Afrika! AFrika!"-Show wurden nicht nur das Festhalten an Klischees, das Transportieren von Stereotypen vorgeworfen, sondern sogar eine bis zu den Völkerschauen zurückreichende neokoloniale Tradition. Außerdem übten beteiligte Künstler und Medien am Umgang der Verantwortlichen mit den Mitwirkenden, finanzielle Ausbeutung inklusive, heftig Kritik. Heller hat sich rasch vom Manager distanziert. Hatte e r denn keinerlei Verantwortung? Die Show ging weiter und wird weitergehen. Darf man hoffen, daß die Museumsleitung von KHM und Weltmuseum bei Heller keine in Baströkchen gekleidete "Afrikaner" bestellt haben?
Wie auch immer, es wird ein Auftakt mit und als "Event". Der Museumskritiker Walter Grasskamp hat unlängst in einer Diskussion die Abkehr der Museen vom Bildungsauftrag als iihrer genuinen gesellschaftlichen Aufgabe konstatiert und das Ausweichen auf völlig museumsfremde Aktionen, Events, Ereignisse, Projekte. Von der Kinderparty über Picknicks im Museumspark bis zur Tanzperformance und so weiter. Da passt natürlich Heller. Grantig und spaßverderbend wie ich nun mal bin, denke ich mir, wie wärs mal mit einer musealen Bildungserfahrung, die Spaß macht? Oder wird das Weltmuseum das dann ohnehin bieten? Ab dem Vierundzwanzigsten?