Dienstag, 30. März 2010

Stadtmuseen im Umbau? Zu einer Tagung in Graz

Die folgenden Überlegungen sind nicht als Protokoll oder als Bericht gedacht; als Moderator der Veranstaltung war ich viel zu sehr involviert, als daß ich objektivierende Distanz im Nachhinein wahren könnte. ich möchte das auch gar nicht. Meine eigene Neugier wird von einer dichten Diskussion, wie sie diesmal zustandekam, abgelenkt und inspiriert, zerstreut und gesammelt. 
Ich spreche hier von dem, was mich interessiert hat, was mir aufgefallen ist und woran ich Lust hatte und habe, weiterzudenken. Ein Protokol müsste allen Wortmeldungen gerecht werden, eine Bericht eine gewisse Vollständigkeit haben. Beides versuche ich erst gar nicht. Ich wünsche mir, daß die Diskussion weitergeht.

Der Untertitel der Berliner Tagung „Die Stadt und ihr Gedächtnis“, "Zur Zukunft der Stadtmuseen“ (23./24.April 2009) signalisierte weniger Aufbruch, denn Sorge, wie diese Zukunft aussehen könnte und sollte. Von Krise und Scheideweg war in einem Tagungsbericht zu lesen, wobei die Krisensymptome nicht unbedingt nur für Stadtmuseen zutreffen: Wegbrechen eines bürgerlichen Bildungspublikums, Probleme der Finanzierung aus immer leerer werdenden kommunalen Kassen, Verschärfung der Konkurrenz zu medial gehätschelten Großmuseen.
Was an Krise genau nur der Stadtmuseen auszumachen ist, scheint ein schrumpfendes Selbstbewusstsein zu sein. ‚Klein‘, ‚provinziell‘, unbeachtet', und ‚Endlager schwach strahlende Dinge‘ (Peter Sloterdijk), das kränkt nicht als Außensicht, sondern verstört als Selbsteinschätzung.

Eine Folgeveranstaltung in Graz nahm den Krisendiskurs mit etwas verschärfter Rhetorik noch einmal an. „Im Umbau ratlos?“ war das Kernstück des Titels, unter dem vor allem Leiter und Mitarbeiter von Stadtmuseen vertreten sein sollten, die sich in Neugründung oder Umplanung befinden und Vertreter diverser Wissenschaftsdisziplinen, deren Forschungen die Diskussion verbreitern und unterstützen sollte.
Gastgeber war das Stadtmuseum in Graz in Kooperation mit der Museumsakademie des Universalmuseum Joanneum. Das Grazer Museum ist ein Anschauungsbeispiel für die genannten Symptome. In bescheidenen Räumen und mit bescheidener Sammlung soll hier eine neue Dauerausstellung auf Wunsch der Politik realisiert werden, die aber viel zu knappe Mittel bereitstellt. Und die Konkurrenzsituation ist ohnehin singulär. Das Landesmuseum – seit kurzem ein ‚Universalmuseum‘ -, ein Museumskonzern, neben dem in der Steiermark und erst recht in der Hauptstadt jedes andere Museum buchstäblich klein aussieht, konkurriert thematisch und um ein- und dieselben Besucher, und das mit ungleich mehr Ressourcen. Das Frankfurter Museum hat nicht ein Museum, sondern gleich deren 60 in der Stadt als 'Rivalen'.

Konkurrenz erwächst den Stadtmuseen aber nicht nur aus anderen Museen. Das kulturelle Angebot in den Städten wächst und differenziert sich noch immer und droht historische Museen zu marginalisieren. Das Historische Museum der Stadt Wien hat unter neuer Leitung zuerst mal Name und Image geändert, aber als WienMuseum läuft es, trotz großer Sammlung, attraktiver Bestände und einem beachtlichen Mitarbeiterstab vor allem hinter Kunstmuseen, Kunsthallen und Museen Moderner Kunst hinterher. In den Medien gilt ihm noch immer nicht eine vergleichbare Aufmerksamkeit. Mit dem Auftreten von Konzernen und Privaten, die eigene Ausstellungshäuser betreiben, wurde gerade in Wien die klassische Moderne und die kanonisierte Avantgarde zum Nabel der Aufmerksamkeit.

Daß das auf der Tagung geäußerte Aperçu, daß das Alleinstellungsmerkmal der Mittelstädte ihre Mittelmäßigkeit sei, auf die diese Städte repräsentierenden Museen übergreifen könnte, ängstigt also nicht nur in Graz und Wien.
Die Krise des Stadtmuseums geht aber tiefer und wäre, präzise diagnostiziert, wohl auch ein Hinweis auf eine Lösungsstrategie: was an Wandel bedrohlich erscheint, ist nicht so sehr das, was das Museum ist, sondern was es repräsentiert beziehungsweise zusehends nicht mehr zu repräsentieren imstande ist. Der Wandel der Stadt läuft den Museen gewissermaßen thematisch davon und die Modi der musealen Repräsentation von Stadt und Stadthistorie reichen hinten und vorne nicht mehr. Die Imagepflege der Städte, ihr Branding, ihre komplexe mediale Vermarktung lassen die Bürgerstuben, die Handwerksnostalgie oder die lokalen Alltagsgeschichten der Dauerausstellungen von anno dazumal ziemlich alt aussehen.
Wie aber Stadtmuseen zu neuen Themen kommen, das war eher nicht so klar. "Dass eigentlich alles interessant ist", diese symphatische Position einer Kuratorin, hat auch die bedrohliche Kehrseite, dass dieser Wunsch nach 'totaler Repräsentation' in Erfüllung gehen könnte. Barbara Krugers Motto "Bewahre mich vor dem, was ich wünsche", möchte man der Sehnsucht nach totalisierender Wunscherfüllung entgegenhalten. Museen sind so schon bedroht von einem Erstickungstod an ihren immer weiter wachsenden Sammlungen. Wer aber, auch pro futuro, daran denkt, Kriterien der Entscheidung zu entwickeln, was gesammelt und gezeigt werden soll, kommt in ein, so weit ich sehe, nicht wirklich auflösbares Dilemma. Was künftige Generationen für bedeutsam, sehenswert oder überlieferungswürdig halten werden, wissen wir nicht. Das festlegen zu wollen, hieße auch, die Zukunft so zu präformieren wie eine künftige Generation bindende und belastende Wirtschaftspolitik. Auch das wäre ein "Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit" (Alexander Kluge).
Und ob es denn eine spezifische Themenkompetenz der Stadtmuseen gäbe, das blieb offen. Die wie selbstverständliche Aneignung des Themas "(Im)Migration" zum Beispiel - mit welcher Kompetenz und Legitimität beanspruchen Museen dieses Thema? Sind Museen zu allem geeignet oder immer das geignetste Mittel, um ein Thema zu bearbeiten und zu kommunizieren? Urbanität wurde genannt, naheliegenderweise, aber es wurde bloß Stadtplanung darunter verstanden. Was aber ist "Stadt", was war das einmal, was ist es heute, was wird es künftig sein? Wäre das nicht die 'Urfrage' für Stadtmuseen? In der möglichsten präzisen Beschreibung des Stadtwandels und seiner veränderten (Selbst)Darstellung könnte das Museum Sach- und Darstellungskompetenz zurückgewinnen.

Museen sind visuelle Medien und sie müssen sich daher so oder so im Feld des (öffentlich) Visuellen positionieren. Die Stärken des Museums liegen darin, daß es ein analoges und performatives Medium ist, darin unterscheidet es sich von anderen visuellen Medien. (Roswitha Muttenthaler). Die Kunst des Museums läge darin, Medienkompetenz bereitzustellen und zu vermitteln, sich also aktiv und produktiv auf die Rolle und Funktion von Medien einzulassen, ohne seine spezifischen Möglichkeiten zu vergessen. Können Museen Orte der kritischen Verarbeitung des (immer vielfältiger) werdenden Medienangebotes sein, könnten sie dazu beitragen, die Lesbarkeit und Deutbarkeit der visuellen Umwelt wieder herzustellen?
Dem vielberedeten Wunsch des Publikums, vorgeblich Authentizität erleben zu wollen, müsste ohne den verführerischen Rückfall in den spezifisch musealen Objektfetischismus, Ausstellen als selbstreflexiv auf seine eigene Medialität bezogen und reflektierend entgegengehalten werden.

Dieses Ziel dürfte aber nicht ohne eine zweite Perspektive angestrebt werden. Nämlich neue Formen der Kommunikation und auch der Beteiligung des Publikums zu erproben. Diese Frage wurde auf der Tagung breit diskutiert.
Stadtmuseen haben möglicherweise bessere Chancen auf Kooperationen und Einbeziehungen von bestimmten Gruppen als andere Museen. Die Tagungsdiskussion spannte die Möglichkeiten zwischen punktueller und eher an der Oberfläche ansetzender Partizipation einerseits und autonomer Museumsarbeit durch ‚Externe‘ andrerseits. Es liegt auf der Hand, daß diese Frage polarisiert – zwischen den Befürwortern einer gesellschaftlichen Öffnung einerseits und den auf ihrer Kompetenz beharrenden Kuratoren andrerseits. Schon auf der Berliner Tagung hatte Udo Gößwald davor gewarnt, daß Laien Kuratoren werden könnten. Das führe bloß zu Amateurisierung und damit Entwertung der Museumsarbeit.
Freilich, das Bild, das Museen von ihren Besuchern entwerfen, ist nicht immer ermutigend. Die abstrakte und technizistische Sprachregelung signalisiert Distanz, wenn nicht, wie in der Runde mal bemerkt wurde, Geringschätzung. Wer von 'Nutzerbedürfnissen' spricht, oder von 'bildungsfernen Schichten', sollte umgehend mit der reziproken Frage behelligt werden, wie 'besucherfern' denn das Museum selbst agiert.
Besorgeniserregend ist auch, wie sehr gelegentlich auf dieses Dilemma, ohne groß darüber nachzudenken, mit der scheinbar Besuchern entgegenkommenden Ermäßung jeglicher Bildungsanstrengung reagiert wird. Man möchte verständlicher, unterhaltender, populärer, erlebnisorientierter werden. Dieser Strategie kommen auch jüngere Entwicklungen in der Gestaltung von Museen entgegen: inszenierte, immersive Räume, wo das Erleben wichtiger ist, als die Information und Reflexion. Hier schlägt die Stunde so mancher spezialisierter Büros und einer Spielart der Szenografie, die Museumsverantwortliche mit schickem Design fürs Wohlfühlmuseum bedient. Wie diese Gestaltungen wirklch etwas zur Vermittlung von Inhalten beitragen, das will man gar nicht so genau wissen und die Verantwortung dafür, die genau an der wichtigen Schnittstelle von Museum / Publikum / Öffentlichkeit liegt, wird aus dem Museum "ausgelagert".

In der ambitioniert geführten Diskussion wurde der kleinen Utopie einer gleichsam mundgerechten, kulinarischen Verpackung anspruchsvoller Inhalte entgegengeträumt. Konkret wurde niemand, ermutigende Beispiele blieben aus. Es war aber auch von einer Unterforderung und Unterschätzung des Publikums die Rede und Felicitas Heimann-Jelinek fügte einen - für mich überraschenden aber höchst bedenkenswerten Einwand hinzu: ihr Credo sei, mit einem Publikum zu arbeiten, das von sich aus bereit sei, sich eigenverantwortlich mit Geschichte beschäftigen zu wollen. Das scheint mir eine starke Gegenposition zur Tendenz zu sein, das Publikum nur noch als Konsument von Dienstleistungen zu sehen und bedutet, dem Publikum eine Mitverantwortung am Arbeiten an der Geschichte abzuverlangen.

Das Reagieren auf Interessen und Bedürfnisse von Besuchern ist schon praktisch schwierig genug. Das Frankfurter Stadtmuseum, kann nicht der Tatsache ausweichen, daß der Römerberg, das Quartier in dem das Museum liegt, eine der touristischesten Regionen Europas ist. Und die Gründung eines Stadtmuseum Stuttgart - ohne einschlägige Tradition und von der Politik lanciert, nicht von der Bürgerschaft -, trifft, so zitierte Anja Dauschek zum Amusement der Runde, auf eine geschichtsferne Mentalität von "...konvertierten Kannibalen, die ihre Abstammung verleugnen...". Museumskuratoren in der Rolle von Missionaren, Kolonisatoren oder Ethnologen?

Mein Eindruck ist, daß in der Museumspraxis überall dort Neues entsteht, wo neue Kommunikationsformen gesucht werden. Für das neue Historische Museum in Frankfurt sind Environments und Anreize neuer Beteiligungsformen von Besuchern vorgesehen und lanciert wird dafür das Wort ‚Labor‘ (Jan Gerchow und Susanne Gesser). Das Stapferhaus Lenzburg, auf der Grazer Tagung von Beat Hächler vertreten, macht zum Beispiel Ausstellungen ohne Sammlungen. Das ist möglich mit Leihgaben, aber nicht in erster Linie mit von Institutionen erborgten, sondern von Bewohnern auf Zeit erbetenen. Mit dem ‚Tausch‘ solcher ‚Gaben‘ entsteht ein von herkömmlicher Museumsarbeit grundsätzlich unterschiedener Beziehungsmodus zwischen Institution und Publikum, und Publikum und Exponat, über den weiter nachzudenken sich unbedingt lohnt. Im Publikum wurde auch ein Museum genannt, das auf Dauer nach diesem Prinzip funktioniert, das Stadtmuseum Melbourne.

Trotz vieler einschlägiger empirischer Erhebungen, scheint es noch immer für Museen schwierig zu sein, abzuschätzen, wer das Publikum eigentlich ist und vor allem, was es will. Oder anders gesagt: wie man ein Gespür dafür entwickelt, "was gerade verhandelt wird" - und wer an diesem Verhandeln beteiligt ist.
Möchte man über bloß manipulative Sozialtechnologien hinausgehen (Kundenbindung, Attraktivitätssteigerung, Marketing als Instrument der ‚Optimierung‘ der Besuchszahlen usw.), muß man neue, anerkennende, einladende Strategien entwickeln. Die lebhafte Diskussion zu diesem Punkt und die Beispiele dazu, z.B. von Anja Dauschek vom im Aufbau befindlichen Stadtmuseum Stuttgart, schienen mir noch zaghaft. Vor allem geht mir eine entschiedene Analyse und Anerkennung der Tatsache ab, daß Museen Orte der massiven, sehr diskreten aber darum auch wirkungsvollen sozialen Distinktion bereits sind. Bevor man selbstermutigend Phantasmen des universalen Zugangs pflegt und vollmundig ankündigt, und von Partizipation heilserwartend schwärmt, sollte man erst einmal anerkennen, daß der weitaus größere Teil einer Bevölkerung vom Museum kategorisch ausgeschlossen ist und darüber sprechen, wie man mit der hegemonialen Produktion von kulturellem ‚Wert‘ und ‚Sinn‘ aktuell umgeht. Wer an Strategien und Techniken der Populariserung bastelt, bastelt meist ohne jede Reflexion nur an einer Vertiefung hegemonialer kultureller Konzepte. Die Gedankenlosigkeit, die im Umgang mit diesem besonderen Thema an den Tag gelegt wird, ist erstaunlich.

Daß ein wohlhabendes, zukunftsoptimistisches und selbstbewußtes Bürgertum, das mit Stolz seine Vergangenheit erzählte und sich so in ihrem Status und Erfolg spiegeln konnte, als Träger der Museumsidee zunehmend abhandenkommt, trifft Stadtmuseen besonders, weil ihnen genau diese ihre genuine Trägerschaft - im ideologischen wie materiellen Sinn -, abhanden kommt. Daß sich diese Museen neuen Gruppen öffnen wollen und müssen, wurde auch auf dieser Tagung deutlich und es geht in die Richtung, in die schon in Berlin Wolfgang Kaschuba ermutigt hatte: man muß sich vom Stadtbürgermythos verabschieden und die Stadt als so thematisieren, wie sie nun mal geworden ist: „offen, migrantisch, szenisch, authentisch“. Museen sollen an der „imaginativen Stadtbildung und Identitätsbildung arbeiten“.

Wenige Problem schienen die Tagungsteilnehmer damit zu haben, daß zur Erreichung dieser Ziele neue Strategien der Vermittlung oder der Teilhabe, der Arbeit mit Minderheiten oder – als relativ jungem Thema – mit Migranten den Rahmen des konventionellen Museumsverständnisses sprengen.
Eine gewisse Entgrenzung des Museums ist ohnehin im Gang, in methodischer Hinsicht, institutionell, hinsichtlich des Objektbegriffs, der Arbeitsformen, oder was die Definition seines – architektonischen und sozialen – ‚Ortes‘ betrifft. Der Leiter des Grazer Stadtmuseums, Otto Hochreiter, hat das so formuliert: „An Stadtmuseen können Erfahrungen des Örtlichen als Ressource für zivilgesellschaftliche Prozesse organisiert werden.“
Mir scheint auch die zivilisatorische, vergesellschaftende Funktion des Museums (das es strukturell auszeichnet) denjenigen Aufgaben übergeordnet zu sein, die man normalerweise als ‚essentiell‘ ansieht (Objekte zu sammeln, zu bewahren und zu zeigen). Es geht im Museum nicht – auch wenn das das Museumsbild so vieler verstören mag -, nicht ‚ums Objekt‘, sondern um Beziehungen und Bedeutungen (Angela Janelli). Die Arbeit daran, das Spiel der identitären Beziehungen im individuellen wie im kollektiven Maßstab zuzulassen und zu organisieren, das öffnet der Museumsarbeit ungeahnte und reiche Möglichkeiten. Museen müssten etwas von ihrer institutionellen Körperpanzerung ablegen und anerkennen lernen, daß sich im Ausstellen „Deutungsabsichten von Ausstellenden, Bedeutungen des Ausgestellten und Bedeutungsvermutungen von Besuchern“ kreuzen (Sabine Offe). Hier erst entsteht Reflexionskompetenz und Orientierungswissen, das auch handlungsanleitend und –ermöglichend sein kann.

Ich hätte da wenig Angst vor einer Verschiebung der Bedeutung des Museums. Denn als definitorischer Kern bliebe dem Museum möglicherweise nicht so sehr die Vorstellung vom ‚festen Haus‘ und der Sammlung authentischer Objekte, sondern als einer eines einzigartigen zivilisierenden Rituals, als das das Museum seit etwa 1780 als Projekt der (europäischen) Moderne entstanden ist.
Möglich war dieses Modell des Museums der Moderne im Kontext von Aufklärung und Revolution nur im Medium diskursiver, bürgerlicher Öffentlichkeit. Besitz aller an den kulturellen Gütern und deren Genuss als verbrieftes Recht sind komplementäre Erbschaften dieser Idee des wohlfahrtsstaatlichen Museums.

Mit der Zersetzung bürgerlicher, diskursiver Öffentlichkeit ist nicht nur das Museum gefährdet, es ist auch das Medium gefährdet, in dem allein wir über solche und andere Entwürfe des Museums überhaupt weiter reden können. In dieser Hinsicht scheint es mir besorgniserregend, wie wenig Widerstand, gerade aus den Museen selbst, der Entwertung und Zerstörung diskursiver Öffentlichkeit entgegengesetzt wird. Ökonomisierung, Privatisierung, Gleichgültigkeit der Politik, das Fehlen eines formierten zivilgesellschaftlichen Interesses an Museen und die Unentschlossenheit so vieler Museumsmitarbeiter gegenüber den Herausforderungen, das alles lässt nicht nur um die Voraussetzungen so vieler neuer Ideen fürchten, die in der Tagung geäußert wurden. Um so erfreulicher, daß manches Statement, mancher Bericht aus der Praxis, Optionen auf ein Museum als analytischem und diskursiven gesellschaftlichen Ort erschloß.


Stadtmuseen: Im Umbau ratlos oder wie erzählt man eine Stadt? 25./26.3.2010, Stadtmuseum Graz in Zusammenarbeit mit der Museumsakdemie Joanneum

Exposé und Programm als pdf zum Herunterladen:

2 Kommentare:

  1. Die angesprochenen Fragen beschäftigen mich schon seit einiger Zeit - allerdings einige Ebenen "darunter", im Bereich der (wirklich) kleinen lokalen Museen. Mein Eindruck ist oft, dass gerade in dieser Museumsszene - also jener ohne namhafte Budgets, ohne nennenswerte Vorgaben, aber mit interessierten Laien der nächsten Generation (jener nach den Museumsgründern!) - ungemein spannende Auseinandersetzungen mit Sammelbeständen und der Stellung des jeweiligen Museums im Ort stattfinden bzw. möglich sind.

    Danke übrigens für die ausgesprochen anregenden Beiträge in diesem Blog.

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  2. Ausflüge

    Erstaunlich finde ich, dass auch bei dieser Tagung „das (heilige) Objekt“ zum Diskussionspunkt wurde, da ich mich dunkel an so manch andere Tagungen und ähnliche Diskussionen erinnere – eine endlose Debatte? Weiterzuverfolgen ist mit Sicherheit Janelli’s Herangehensweise, die nicht nur nach dem Objekt und der Sache fragt, sondern vielmehr nach den Objekt-Beziehungen und Sachverhalten.

    Vielleicht blicke ich auch gerade deshalb verwundet nach Shanghai zur EXPO, wohin dieser Tage die kleine Meerjungfrau in den Dänischen Pavillon überstellt wird, mit dem Ziel „rund 70 Millionen Menschen das berühmte Symbol der dänischen Hauptstadt mit eigenen Augen sehen“ zu lassen (s. http://www.boersennews.de/nachrichten/artikel/daenemark-schickt-die-kleine-meerjungfrau-auf-die-reise-nach-shanghai/140090360). Möchte man Weltausstellungen als Pioniere des Handwerks „Ausstellung“ verstehen, so könnte man die Weltreise der Meerjungfrau als Aufruf „zurück zum Original“ deuten. Letzten Endes ist zu fragen, wer eigentlich die EXPOs kritisch hinterfragt.

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