Ich möchte mich den bereits veröffentlichten Diskussionsbeiträgen anschließen und meine Bestürzung über die Zerstörung der Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien ausdrücken. Die Wiener Ausstellung war einzigartig unter den Ausstellungen in Jüdischen Museen in Europa. Sie fusste auf den Einsichten der “New Museology”, machte sowohl die gestaltende Stimme der Kuratorin als auch die Sinnbildung durch die Besucher transparent und führte eindrücklich vor Augen, dass jüdische Geschichte in Europa heute nur mit dem Wissen um die Ermordung jüdischer Menschen und die Zerstörung jüdischer Kulturen zu studieren ist. Andere Museen möchten den Holokaust aus der Darstellung jüdischer Geschichte vor 1933 ausblenden, um einen vermeintlich unverstellten Blick auf jüdische Geschichte vor dem Genozid zu ermöglichen. Dass dies nicht möglich ist zeigen die solchen Ausstellungen folgenden Kontroversen. Auch die Ausstellung in Wien war nicht unumstritten, doch konnte sie auf Kritik durch ihren selbstkritischen Ansatz positiv reagieren.
Es ist tragisch, dass dieser vielversprechende Ansatz und Diskussionsbeitrag zur musealen Darstellung jüdischer Geschichte in Europa nun unwiederbringlich verloren ist. Selbstverständlich sind Ausstellungen immer auch Produkte ihrer Zeit und müssen erneuert und verändert werden. Vielleicht ist die Zeit gekommen, der Öffentlichkeit einen neuen Ansatz zu zeigen und diesen zu diskutieren. Doch zeugt die Zerstörung der bisherigen Ausstellung von einer Geschichtsvergessenheit, die mich erstaunt und schockiert. Dass die neue Leitung ein eigenes Konzept und eine neue Ausstellung entwickeln möchte, ist grundsätzlich zu begrüßen, denn es ist notwendig, frische Ansätze zu wagen. Dies jedoch ohne die Archivierung der bisherigen Ausstellung zu tun, scheint mir problematisch. Es deutet darauf hin, dass die Arbeit der vorhergehenden Direktion damit missachtet und nicht als ein wichtiger (international anerkannter und gepriesener) Schritt auf dem Wege der Ausstellungsgeschichte des Jüdischen Museums der Stadt Wien verstanden wird.
Dr K. Hannah Holtschneider
Jewish Studies
University of Edinburgh
http://khannahholtschneider.net
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