Unlängst bin ich mit Beat Gugger, der als Kurator an der kommenden Ausstellung im Südtiroler Archäologiemuseum mitgearbeitet hat, zusammengesessen. Er hat mir Geschichten über Geschichten von seinen Recherchen erzählt, warum man den Ötzi überhaupt gefunden hat, wie man ihn zuerst für einen verunglückten Skifahrer hielt, welche Theorien es für den gewaltsamen Tod gibt. Dann von Interviews mit Reinkarnationen von Ötzi, von brachliegenden Archiven, von Forschungsarbeiten, von genealogischen Theorien, von den Sicherheitsvorkehrungen in Österreich und Italöien anlässlich der "Überführung" der "Mumie" nach Bozen...
Ja, diese Geschichten hatten mich von Anfang an an dem "Fund" und der Resonanz, die er auslöste, fasziniert, diese nicht zu bändigenden Phantsamen, in den sich uralte Sehnsüchte nach Wissen um die Herkunft und um den "Vater" zeigten, Wunschphantasien von einem kollektiven, sogar einem nationalen "Wir", das der Mann aus dem Eis bediente. Und vor allem, Phantsamen des Überdauerns, der Unsterblichkeit, der Einschreibung in das scheinbar unabschließbare Gedächtnis von Wissenschaft und Museum...
Jetzt scheint sich das Museum entschlossen zu haben, sich von den rationalisierenden Zugriffen der Wissenschaften und der Museumsdeutungen ein wenig zu emanzipieren. Ab 1. März hat dann die Ausstellung geöffnet, die unter dem Titel Life Science Fiction Reality - Ötzi 20 - die Mythologien um Ötzi zum Thema machen wird.
Gerade zur richtigen Zeit kommt da eine neueste Rekonstruktion, die mir gestern bei Lektüre der Morgenzeitung entgegen..., nein, Lachen kann Ötzi nicht. Da sah er eher aus wie ein verknitterter Hartz IV - Empfänger mit vernachlässigter Kopfhygiene. Kamm muss er aber schon gehabt haben, denn woher sonst der sauber gezogene Linksscheitel? Und der mißtrauische Blick? Gilt den Museologen, oder?
(Foto oben: Ausschnitt aus der Einladung. -- Ötzi als Wiedergänger? Gespenst? in Faschingslaune? Vor der Denkmalenthüllung? - Foto unten: Die neueste Ötzi-Rekonstruktion, wie sie derzeit durch so gut wie alle Medien wandert).
Hier zum Post "Ötzi darf nicht sterben".
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