Vorbemerkung: Das folgende Schreiben zirkulierte seit einigen Tagen, ohne daß die Herkunft der Veröffentlichung klar gewesen wäre. Ich habe deshalb den Text nicht in den Blog gestellt, obwohl der Stil des Briefes offensichtlich auf eine breite Öffentlichkeit - und nicht nur für Frau Spera - berechnet war und ist.
Inzwischen wurde das Schreiben tatsächlich öffentlich gemacht. Und zwar vom Jüdischen Museum in Form einer Art von Presseunterlage (zusammen mit einer 'Mitteilung' des Museums - sie Post oberhalb) der nur wenige Tage geöffneten Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung", wo ein Exemplar der Serie verkleinerter, vereinfachter Hologramme ausgestellt worden war.
Ich verzichte auf jede Kommentierung des Schreibens - bis auf einen Aspekt: Das Jüdische Museum erneuert mit der Publizierung des Schreibens erneut die Unterstellung, die Kritik am Vorgehen des Museums habe mit dem Umstand zu tun, daß die Chefkuratorin des Hauses nicht Direktorin geworden sei. Es ist nicht nur die Unhaltbarkeit dieses Vorwurfs bemerkenswert, sondern auch die Tatsache, daß das Museum sich nicht selbst deklariert, sondern dieses Schreiben benutzt, um den Vorwurf zu erneuern. Unerträglich finde ich dieses Vorgehen, weil Felicitas Heimann-Jelinek vom Museum aus untersagt ist, sich zu Museumsangelegnheiten zu äußern und daher nicht die geringste Chance hat, sich gegen diese und andere Vorwürfe und Unterstellungen zu wehren.
veranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis."
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In einer APA-Aussendung vom 17.2. teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte
"Im Namen ihrer Mandantin Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Chefkuratorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien", mit, daß teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte, Wien, mit: daß "Aufgrund der zahlreichen Anfragen von Medien sehen wir unsveranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis."
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E-Mail von Prof. Dr. Wilfried Seipel, Präsident ICOM Österreich, an Dr. Danielle Spera, 14. 02. 2011:
Sehr geehrte Frau Kollegin!
Mit Erstaunen, ja Betroffenheit habe ich die gegen Sie gerichteten Stellungnahmen, offenen Briefe und medialen Verurteilungen zur Kenntnis genommen. Ein uninformierter, fachfremder Leser muss den Eindruck gewinnen, dass Sie mit der Beseitigung der Hologramme aus dem Jüdischen Museum Wien ein nicht wieder gut zu machendes Vergehen gegen die Welt der jüdischen Museen insgesamt begangen haben, dass Sie sich an dem Kulturerbe dieses Museums vergangen und somit der Entwicklungsgeschichte dieses Hauses schweren, ja nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt hätten.
In einem in der Museumsgeschichte zumindest der jüdischen Museen, aber wie ich meine weit darüber hinaus einzigartig dastehenden Fall ist es zu einem Schulterschluss von Kollegen und Direktoren der jüdischen Museen Österreichs, Deutschlands und zuletzt sogar des AEJM gekommen, die in offenen Briefen unisono mit zum Teil apokalyptischen Formulierungen ("Mentekel") bzw. die Schamgrenze überschreitenden Hinweisen (Shoa) eine Hinrichtung Ihrer Person vorzunehmen versuchen, ohne sich auch nur im Geringsten mit Ihren Argumenten, die von jedem vernünftigen Museumsmann unterschrieben werden können, sachlich auseinander zu setzen. Dabei kann man wohl davon ausgehen, dass keineswegs alle schreibenden und unterschreibenden Kollegen die Corpora Delicti jemals zu Gesicht bekommen haben.
Der in verschiedenen Stellungnahmen mehrfach gegebene kritische Verweis auf die ethischen Richtlinien von ICOM bzw. deren in den Raum gestellte Missachtung durch Ihre Vorgangsweise veranlassen mich freilich mit aller Entschiedenheit der Instrumentalisierung durchdachter und sinnvoller Richtlinien, die von der internationalen Museumsgemeinschaft zum Nutzen und zur Qualitätssicherung der Museen formuliert wurden, zu Gunsten offensichtlich weitgehend persönlicher und damit sachfremder Argumente entgegen zu treten. Den notwendigen und ethisch selbstverständlich begründbaren Erhalt des Sammlungsguts eines Museums, wie es bei ICOM gefordert wird, in Beziehung zu setzen mit einem schon zum Zeitpunkt seiner Verwendung im JMW (1996 ) veralteten museumsdidaktisch und technisch keineswegs befriedigenden optischen Anschauungsmaterial ist nicht nur unverständlich sondern grenzt an Fahrlässigkeit der argumentierenden Personen. Es fällt mir schwer hier nicht schärfere Worte zu verwenden.
Wer immer diese Hologramme von Anbeginn betrachtet hat, wird vor allem in den letzten Jahren eine schleichende Verschlechterung des Fotomaterials beobachtet haben, wie auch der vernachlässigte Gesamtzustand der Dauerausstellung jedem Besucher als mehr als sanierungsbedürftig erschienen sein dürfte. Hologramme waren seit ihrer Erfindung oder Entdeckung 1947 in den 60er und 70er Jahren gern verwendete Anschauungsmittel vor allem in kleineren Museen, die als Ausgleich für fehlende spektakuläre Sammlungsobjekte zu optischen Tricks, also zu Hologrammen gegriffen haben-ohne Zweifel in dieser Zeit ein legitimes Anschauungsmaterial. Aber eben nur als Anschauungsmaterial, nicht mehr und nicht weniger.
Ganz abgesehen, dass der notwendig sich einstellende und schon eingetretene Verfall der optischen Qualität des zwischen zwei Glasplatten eingebrachten Films (s. dazu die Stellungnahme des Technischen Museums Wien!) alles andere als ein befriedigendes Anschauungsmaterial darstellte bzw. darstellt (es gibt bekanntlich eine zweite kleinere Serie von Hologrammen mit denselben Darstellungen) sind alle in den Hologrammen gezeigten Objekte vorhanden und können als Original betrachtet werde. Oder will jemand von einer abhanden gekommenen Aura des Hologramms sprechen?
Und wer kann nicht verstehen, dass die in einem an Platzmangel leidenden Museum mehr als Raum greifende Installation der Hologramme, die zuletzt einen erbärmlichen, weil ungepflegten und verstaubten Eindruck bei wohl den meisten Besuchern hinterlassen haben, jetzt durch eine durchgreifende Neugestaltung ersetzt werden? Zu behaupten, dass mit dem Ersatz der Hologramme durch eine Neugestaltung das "wichtigste Medium (des JMW), die Dauerausstellung" vernichtet würde, scheint nicht nur weit hergeholt sondern auf eine ganz andere Begründungsebene zu verweisen, die einfach in der Ablehnung der neuen Direktorin -vor allem durch ihre eigen Chefkuratorin und die von dieser instrumentalisierten Kollegenschaft ihre Antwort finden dürfte. Und wenn einmal unsachliche, weil persönlich begründete Argumente in Stellung gebracht werden, zu einer nicht immer ganz ohne Druck erzielten SolidaritätskampagneAnwürfen an die neue Direktorin verbundenen Eulogien für jene Kuratorin des JMW, die zwar nicht Direktorin geworden ist aber weiterhin als Chefkuratorin im Hause tätig ist, sollte zu denken geben.
Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir der Umstand, dass auch der für die Erstaufstellung zur Eröffnung des JMW verantwortliche Architekt keinerlei Einwände gegen die so ruchlose Beseitigung der Hologramme geäußert hat und diese auch keineswegs für eine Nachnutzung innerhalb der Neuaufstellung in Betracht gezogen hat-Immerhin war er der Gestalter des Hologrammraums!
Es ist zu hoffen, dass diese unselige Diskussion und Diffamierung Ihrer Person allmählich ein Ende findet und Sie sich ganz der erforderlichen Neugestaltung widmen werden können!
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wilfried Seipel Präsident ICOM Österreich
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