Mittwoch, 23. Februar 2011

"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?

Jetzt bin auch noch "investigativer Blogger" geworden, wer hätte das gedacht, und habe ein wenig zu der Frage der Erhaltbarkeit der Hologramme recherchiert. Ich teile nach bestem Wissen und Gewissen mit, was ich herausgefunden habe und stelle fest, daß es, wie so oft, bei offenen Fragen bleibt.
Einen Abtransport großer Bauteile könnte ich mir (siehe unten) - technisch aufwendig und wahrscheinlich teuer - schon vorstellen und ob Hologrammerzeuger und Glasermeister die ultimativen Experten im Umgang mit einem restistenten Klebstoff sind, kann man hinterfragen.
Die technische Erhaltbarkeit der Hologramme stand nie im Zentrum der Argumente der Kritiker des Vorgehens der Museumsleitung. Darauf zu insistieren, es sei einfach technisch unmöglich gewesen, war und ist noch immer ein entlastendes Argument. Wer auf der Frage der technischen (Un)Lösbarkeit beharrt, erspart sich alle museologischen, ausstellungspolitischen und historiografischen Fragen.
Ganz praktisch für die Defensive, aber - wie die Informationen unten zeigen - kaum tauglich, um die weitere Diskussion um den Umgang des Museums mit seinem 'technischen Gedächtnis' Ausstellung und um die Zukunft des 'lebendigen Gedächtnisses' seiner Ausstellungsproduktion und -politik abzublocken.



Über seinen Kommentar zu einem der Posts zum Jüdischen Museum der Stadt Wien bin ich mit Irmfried Wöber in Kontakt gekommen. Herr Weber hat in Niederösterreich eine Firma, die Hologramme herstellt und er war seinerzeit an der Produktion der Hologramme für das Jüdische Museum beteiligt. Auf der Grundlage von Plänen von Martin Kohlbauer und Felicitas Heimann Jelinek wurden von ihm jene Fotografien hergestellt (ein technisch und logistisch aufwendiges Verfahren), die in einer nicht mehr existierenden Firma in München (Holovision) in Hologramme 'verwandelt' wurden. Die Hologramm-Filme wurden nach Wien gebracht und hier zwischen Glasplatten (wegen der günstigeren Lichtbrechung wurde Sicherheitsglas und nicht billigeres Plexiglas verwendet) montiert.
In einem Mail schreibt er: "Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden, nur der holografische Film aus Stabilitätsgründen. Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen."
Im Gespräch wird deutlich, daß Herr Wöber diese spezielle Anfertigung und Montage der Hologramme als Installation als weltweit einmalig einschätzt: Ein Ensemble von frei im Raum stehenden Hologrammen, zwischen denen man sich bewegen konnte und die, die untereinander und mit dem Betrachter interagierten, und die um ihre Wirkung zu entfalten, ein äußerst ausgeklügeltes Belichtungssystem benötigten. Deshalb seien diese Hologramme unter Holografen weltweit bekannt gewesen und und auch - wegen ihrer technischen Eigentümlichkeit und Einzigartigkeit - von vielen Spezialisten besucht worden.
Das zweite Set der Hologramme, erwähnt Herr Wöber, wurde im Zuge der Produktion in München hergestellt - als sogenannte 'Testbelichtungen'. Qualitativ selbstverständlich weitaus schlechter als die unikalen Originale.
Da der schlechte Zustand der Hologramme selbst mehrmals als Rechtfertigung für deren Abbau genannt wurde, frage ich Herrn Wöber nach der Haltbarkeit von Hologrammen generell. Hologramme, wenn sie sorgfältig hergestellt wurden, hätten eine sehr lange Haltbarkeit. Nur wenn, ähnlich wie beim Entwickeln eines Films, nicht sorgfältig gearbeitet werde, könne es zum Nachdunkeln kommen. Herr Wöber führt als Argument die aus den 60er-Jahren stammenden, ältesten existierenden Hologramme an, die noch immer intakt seien. Wir sind uns einig (beide haben wir die Hologramme relativ kurz vor ihrer Demontage gesehen), daß wir keine Beeinträchtigung der Wirkung und Funktion der Hologramme bemerkt hätten.
Herr Wöber erwähnt gesprächsweise, er sei jetzt in der fraglichen Angelegenheit nicht vomMuseum kontaktiert worden und das sei seinem Wissen nach auch nicht mit ehemaligen Mitarbeitern der erwähnten (nicht mehr existierenden) münchner Firma geschehen.
Abschließend schreibt Herr Woeber in seinem Mail vom 22.2.2011: "Es existieren keine Fotosequenzen mehr und vor allem sind die Masterhologramme (zur Vergrößerung zum endgültigen Format) nicht mehr vorhanden. Ich meine damit, daß diese Installation endgültig in dieser Qualität verloren ist. Schade. Sollte man in einer Geschichte vollständig dokumentieren. Ein Meilenstein in der Geschichte der Holografie existiert leider nicht mehr. Es ist zum Heulen."
Da Herr Wöber bei der Montage der Holgramme im Raum nicht dabei war, wende ich mich telefonisch an die Firma Briza, die ja schön öfter genannt wurde. Sie war mit der Demontage von Vitrinen im Museum beauftragt und wurde - offenbar spontan - beigezogen, als sich die Schwierigkeiten bei der Hologramm-Demontage abzeichneten. Herr Briza betont, daß man diese Glasart nicht schneiden könne und daß wohl die Verschraubung (also die Hologramme vom Boden) bereits gelöst war, aber der Kleber nicht bearbeitbar war.
Das widerspricht teilweise der Erinnerung von Herrn Wöber: "Auch Rudi de Jongh (einer der an der Produktion der Hologramme Beteiligten GF) ist meiner Meinung einer lösbaren Demontage. Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden (…) Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen. Die Aluminiumprofile sind mit dem Fußboden durch entsprechende Dübel angeschraubt worden. Das heißt, man konnte die gesamte Einheit demontieren und dann in einer Fachwerkstätte entsprechend zerlegen. Laser, Wasserstrahl und ähnliche technische Geräte."
Herr Briza hingegen sagt (in einem Telefonat vom 23.2.2011), daß die Hologramme zwar vom Boden bereits gelöst waren, allerdings waren die einzelnen Komponenten wegen der Verklebung nicht voneinander trennbar. Deshalb seien schwere, händisch nicht mehr transportierbare und große Teile entstanden, die man nicht durch das Haus hätte abtransportieren können. Er betont nochmal, die Gläser hätte man mit keiner Technik ab- oder zerschneiden können.
Das Museum sei am beschädigungsfreien Abbau der Hologramme und ihrer Erhaltung interessiert gewesen, aber es habe sich die Undurchführbarkeit während der Demontage herausgestellt.
Den veröffentlichten Brief seiner Firma nennt er eine Stellungnahme, das sei kein Gutachten, dazu sei er nicht befugt.


Ich danke Herrn Wöber und Herrn Briza für ihre Informationen.

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