Posts mit dem Label Jüdisches Museum Wien werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Jüdisches Museum Wien werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 14. März 2011

Offener Brief zur Entwicklung und Zukunft des Jüdischen Museums


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Häupl,
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin Vassilakou,
Sehr geehrte Frau Stadtrat Brauner,
Sehr geehrter Herr Stadtrat Mailath-Pokorny,

Die UnterzeichnerInnen dieses offenen Briefes  wenden sich aus tiefer Besorgnis um die Entwicklungen bzw. um die Zukunft des Jüdischen Museums der Stadt Wien (JMW) an Sie bzw. an die für das Jüdische Museums der Stadt Wien verantwortlichen Gremien.

·       Zur Vorgeschichte: In Reaktion auf die Zerschlagung der Hologramme, dem Kernstück der bisherigen Dauerausstellung des JMW, hatten 25 Direktoren/Direktorinnen jüdischer Museen und WissenschaftlerInnen in einem Brief an  die Direktorin des JMW, Danielle Spera, ihrer Besorgnis über die künftige Positionierung des JMW Wien in der internationalen Museumslandschaft Ausdruck verliehen.
http://museologien.blogspot.com/2011/02/zerstorung-ist-selbst-thema-unserer.html

·       Die Zerschlagung dieser Ausstellungsobjekte erschien vielen als Fanal:  als ein – womöglich nicht einmal bewusster –  Akt der Zerstörung dessen, was das internationale Standing des JMW als Ort der Reflexion über die Frage der (musealen) Darstellbarkeit von (jüdischer) Geschichte (im Besonderen nach der Shoah) ausgemacht hat. Es war gerade diese Form der „Übersetzung“ von wissenschaftlich-intellektuellen Debatten in die Praxis des Ausstellens, auf der die besondere Position des JMW – trotz relativ beschränkter Mittel – in der internationalen Topographie jüdischer Museen beruhte.

·       Das in diesem Schreiben eröffnete Angebot, in einen Dialog mit Frau Spera zu treten, wurde allerdings nicht aufgegriffen, ganz im Gegenteil: Die Reaktion der Leitung des JMW hat sich bislang nicht in inhaltlichen Positionen, sondern in persönlichen Diffamierungen der KritikerInnen und einer generellen Intellektuellen-Feindlichkeit erschöpft: als „Verkopfungen, die sich selbst richten“, wurden kritische Reflexionen  denunziert.
http://science.orf.at/stories/1676061/

·       Auch auf die Entkräftung des Arguments, man habe die Hologramme nicht abbauen können, durch jene renommierte Firma, die sie hergestellt hat, hat die Leitung des JMW bis heute keine adäquate Antwort gegeben.

Einen neuen Höhepunkt hat diese Diffamierung mit den Äußerungen des Prokuristen des JMW Peter Menasse  in seiner – offenkundig auch für die öffentliche Kommunikation des Museums bestimmten – Facebook-Seite erreicht. Die dortigen Äußerungen haben mittlerweile einen Grad an Öffentlichkeit erlangt, der eine Reaktion erforderlich erscheinen lässt.
 Im Facebook-Eintrag von Peter Menasse heißt es wörtlich über die UnterzeichnerInnen des Briefes an die Direktorin des JMW:
„Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue."
http://museologien.blogspot.com/2011/03/peter-menasse-es-kotzt-mich.html

Mit dem Wahlspruch der SS Direktorinnen und Direktoren Jüdischer Museen zu verhöhnen – damit ist eine Grenze überschritten, ein Tabu gebrochen, damit verlässt der Prokurist des Jüdischen Museums Wien den kommunikativen Raum, in dem eine Debatte um Ziele, Inhalte und Konzepte für die Zukunft des JMW im internationalen Kontext sinnvoll und möglich erscheint.
Peter Menasse hat diesen einen Satz „Unsere „Ehre heisst Treue“ mittlerweile zwar zurückgezogen, bezichtigt die KritikerInnen aber nach wie vor, eine „Hetzjagd“ gegen ihn zu führen, an anderer Stelle spricht er von „Menschenjagd“. Diese und weitere Anschuldigungen und Diffamierungen auf seiner Facebook-Seite hat Peter Menasse nicht zurückgenommen.
Wir, die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen dieses Schreibens, erklären uns solidarisch mit den Direktorinnen und Direktoren Jüdischer Museen und verwehren uns gegen diese unfassbare Entgleisung auf das Entschiedenste. Besorgt und bestürzt nehmen wir zu Kenntnis, dass sich das JMW durch solche Äußerungen selbst disqualifiziert.
Diese Polemik lenkt auch von der eigentlichen Frage ab: der Zukunft des Jüdischen Museums der Stadt Wien und den diesbezüglichen Vorstellungen der Museumsleitung. Daher möchten wir anregen, den Dialog darüber, der bereits im Schreiben der Museumsdirektorinnen und -direktoren vorgeschlagen wurde, zu beginnen.


Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Mag. Petra Bernhardt, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Univ. Prof. Dr. Hans Goldenberg, Vorstand des Instituts für Medizinische Chemie der Universität Wien

Dr. Louise Hecht, Kurt-und-Ursula-Schubert Institut für Jüdische Studien, Olomouc, CZ
Otto Hochreiter, Direktor stadtmuseumgraz
Dr. K. Hannah Holtschneider, University of Edinburgh
Doz. Dr. Ela Hornung-Ichikawa, Wien
Dr. Martha Keil, Direktorin, Institut für jüdische Geschichte Österreichs


Dr. Gerald Lamprecht, Leiter des Centrums für Jüdische Studien, Universität Graz
Univ. Prof. Dr. Gerhard Langer, stellvertretender Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien
Univ. Prof. Dr. Albert Lichtblau, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte
Thomas Mang, Wien
Univ.Doz.Dr. Wolfgang Maderthaner. Verein f. Geschichte d. Arbeiterbewegung

Dr. Gerhard Milchram, Kurator, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Sabine Offe, Institut für Religionswissenschaft, Universität Bremen
Mag. Petra Paolazzi, Ausstellungs- und Museumskonzeption, Innsbruck
Mag. Herbert Posch, Institut für Zeitgeschichte, Wien

Peter Putz, Wien
Dr. Gabriele Rath, Museumskonzeption und –beratung, Innsbruck
PD Dr. Dirk Rupnow, Leiter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck
Univ.Doz. Dr. Anna Schober, Kulturwissenschafterin, Wien/ Verona
Dr. Monika Sommer, Wien

Dr.in Claudia Andrea Spring, Wien
PD Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte
Mag. Elisabeth K. Wappelshammer, Historikerin, Wien
Bruno Winkler, Schruns

Mag. Regina Wonisch, Wien
Dr. Heidrun Zettelbauer, Institut für Geschichte, Universität Graz
Luisa Ziaja, Wien


Stand der Unterschriften:  16.3.2011

Wenn Sie sich dem Offenen Brief anschließen wollen, genügt eine formlose Zustimmung in Form eines Kommentars (unter dem Post).



Donnerstag, 10. März 2011

Peter Menasse - Es kotzt mich an

Peter Menasse - "Es kotzt mich an" (1)

18.2.: Es finden sich immer mehr Intellektuelle, die besser als einfache Glaserer wissen, wie man Glas behandelt. Merke: Wer das Wort führt, weiß über alles besser Bescheid als das Volk.
Ach kotzen mich diese Besserwisser an.
8.3.: Es ist ganz einfach: der Glasermeister weiss, dass man die glasplatten nicht entfernen kann. Ich verwende für Glasermeister das Synonym "Volk" Museumsdirektoren wissen es besser als der Glasermeister. Sie wissen eben einfach alles besser. S...ie haben das authentische Bescheidwissen Qua Studium mit dem Löffel gegessen. Da kann sich der Glaserer brausen gehen.
Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue.(2)

‎8.3.: @Bernhard: Deine Lebenserfahrung kann wohl Nr begrenzt als Maßstab genommen werden. Einem Glasexperten, der vor Ort Platten, die verklebt sind nicht voneinander lösen kann, ist mir glaubwürdiger als Leute, die vollkommen ahnungslos sind, u...m was es geht. Unterstützt wird diese Ansicht durch das inzwischen eingeholte Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen.
Beleidigt bin ich gar nicht, aber fassungslos darüber, dass Leute, die sich mit der Geschichte der großen Menschenhatz befassen, daraus für sich selbst null gelernt haben.

8.3.: Peter Menasse
‎@bea: Nein, nein, nein: Die Glaser haben die Stahltraversen geöffnet und einen Klebestoff gefunden, von dem sie nichts wissen konnten. Die Montagefirma von seinerzeit hat ein Isoliermittel implementiert, dass offensichtlich nach 15 Jahren ...zu einem Klebstoff geworden ist. Das konnte niemand vorher sehen (verborgen) und wissen.

Nein, nein, nein: Die Entscheidung umzubauen war so dringend, wir nur irgend möglich. Die 30 Jahre alte Klimaanlage war förmlich verrottet, sodass die Kunstgegenstände in akuter Gefahr waren. Termperatur und Feuchtigkeit der Luft waren nicht mehr beherrschbar. Es gab da überraschenderweise in den letzten Jahren nie einen Aufschrei aus dem Inneren.

Man kann aber nicht zusperren und sanieren, dann ein Jahr später wieder zusperren und eine neue Dauerausstellung machen. Dafür hat die öffentliche Hand - wie ich denke, zu Recht - keine Budgetmittel.

Nein, nein, nein: Nirgends steht was von antisemitisch. Ich rate dir schon, genauer zu lesen, bevor du mir so etwas unterstellst.

Die Beschäftigung mit jüdischem Schicksal sollte halt nur dazu führen, dass man sich im Heute anders verhält, wenn einer mit einer Petition daherkommt und dich auffordert zu unterschreiben. Man kann ja auch vorher recherchieren und nicht in einen kollektiven Machtrausch verfallen.

Nein, nein, nein: Ich gestehe keinem Judaisten, Historiker, oder anderen Wissenschaftler, wenn er nicht Chemiker ist, zu, mehr über Glasisolierung und die beschädigungslose Entfernung von verklebten Sicherheitsgläsern zu wissen, als die dafür ausgebildeten ExpertInnen.

Nein, nein, nein: Es gab keinen Streit mit der Kuratorin. Sie wusste, dass die Hologramme entfernt werden würden. Sie hat einseitig eine Menschenjagd ausgerufen. Zum Streiten gehören zwei. WIr haben uns mäßigend verhalten und erleben, wie jene, die das Feuer entzündet haben, ständig Öl nachgießen. Es ist einfach grauslich, dabei bleibe ich.

10.3.:
‎@alle: Den Vergleich "Meine Ehre heißt Treue" für die Aktion der MuseumsdirektorInnen ziehe ich hiermit mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Er ist nicht angemessen. Sorry für meine überschäumenden Gefühle. Die Hetzjagd der letzten Wochen war nicht ohne, rechtfertigt aber den Satz nicht.


(1) Alle Zitate zu finden auf: http://www.facebook.com/peter.menasse?sk=wall
(Stand 10.3.2011 16:40). Nachtrag 12.3.2011: Peter Menasse hat diesen Teil seines Facebooks inzwischen gelöscht. Seine Äußerungen sind aber von öffentlichem Belang und sind auch in einem öffentlichen Medium publiziert worden, daher bleiben sie auch hier gleichsam archiviert.
(2) „Meine Ehre heißt Treue“ war der Wahlspruch der Schutzstaffel (SS). Seit 1932 wurde der Wahlspruch in die Koppelschlösser der Allgemeinen SS und ihrer Nebenverbände (SS-Verfügungstruppe, SS-Totenkopfverbände und später aus diesen bewaffneten SS-Verbänden entstandenen Waffen-SS) geprägt. Der SS-Wahlspruch oder Abwandlungen davon sind in einigen Ländern strafbar, in Deutschland durch das Strafgesetzbuch (§ 86 a, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), in Österreich durch das Verbotsgesetz von 1947. Quelle: Wikipedia

Peter Menasse ist Prokurist des Jüdischen Museum der Stadt Wien

Sonntag, 6. März 2011

Erneuerung durch Zerstörung? Eine Zusammenfassung der Vorgänge um den Abbruch der Hologramme des Jüdischen Museum der Stadt Wien

Zusammenfassung der Vorgänge um den Abbruch der Hologramme des Jüdischen Museum der Stadt Wien

1
Die öffentliche Diskussion um den Abbruch des im ersten Stock gelegen Teils der Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien beginnt Anfang Februar. Drei Freunde hatten mir fast gleichzeitig Fotografien von den zerstörten Hologrammen zugeschickt, Bilder eines – buchstäblich – Scherbenhaufens. Obwohl ich lange mit dem Abbau der Dauerausstellung gerechnet hatte, weil die Äußerungen von Frau Spera dazu unmissverständlich waren (siehe Post vom 29.3.2010) und auch Freunde aus dem Museum davon ausgingen, schockierten mich diese Bilder. Schockierend war nicht die Tatsache des Abbaus, schockierend war die symptomatische Qualität der Fotografien. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß man keinen Weg hätte finden können, zu mindestens Teile der Installation zu bergen und aufzubewahren.

Ich stellte also am 2.2.2011 die Bilder mit einem Kommentar und unter dem Titel „Erneuerung durch Zerstörung? Das Jüdische Museum der Stadt Wien vernichtet sein wichtigstes Medium, die Dauerausstellung“ in meinen Blog.

Anders als es mir vor allem die von der bald einsetzenden Kritik Betroffenen unterstellten, begann damit noch nicht was sie „Hexenjagd“ nennen würden (Peter Menasse im Mail vom 15.2.2011 an mich, übrigens nachdem ich ihn eingeladen hatte, jederzeit meinen Blog für die Darstellung seiner Sicht der Dinge zu nutzen und ihm zu diesem Zweck einen Account für die freie und unbegrenzte Nutzung des Blogs zugeschickt hatte). Da bedurfte es erst der Berichterstattung in den Medien, die ihrerseits das Interesse auf den Blog zurücklenkten.

Ab diesem Zeitpunkt, als die ‚Entdeckung‘ des Blogs als Umschlagplatz für Informationen (am 4.2. und ab dem 7. Und 8. Februar ganz massiv)  und Diskussionen, meldeten sich mehr und mehr Personen kritisch zu den Vorgängen.

2
Ich hatte mich für das Jüdische Museum der Stadt Wien bereits in der Phase vor seiner definitiven Gründungen interessiert und kannte es von Anfang an. Ich schätze die Dauerausstellung ebenso wie die von den verschieden Kuratoren gemachten Ausstellungen. Genauer gesagt, ich lernte diese Arbeit nach und nach immer besser kennen und schätzen, weil manche der Ausstellungen meine Vorstellungen vom Museum forderten und veränderten. Besuche mit Freunden, Kollegen, Seminaren während meiner Lehrtätigkeit, mit Gästen wie Irit Rogoff und zahllose Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus und selbstverständlich mit Felicitas Heimann Jelinek, schärften mein Wissen über die besonderen Aufgaben, Herausforderungen, an denen ein Jüdisches Museum sich abzuarbeiten hatte. Geschärft wurde die Beschäftigung mit den geschichtstheoretischen und museologischen Herausforderungen dieses Museumstyp durch die Beschäftigung mit dem Jüdischen Museum Hohenems, das sich zur selben Zeit zu einem ebenfalls bedeutsamen, weit überregional ausstrahlenden Museum entwickelte und das glücklicherweise immer noch ist.

Vor dem Hintergrund dieser aus langer Beschäftigung mit dem Wiener Museum gewachsenen Wertschätzung fand ich die Bestellung von Daniel Spera zur Leiterin des Museums, wie viele andere auch, befremdlich und unverständlich. Jemanden der in öffentlicher Verantwortung treuhänderisch eine Bildungsinstitution leitet, nach Kompetenz, Verantwortung oder Plänen und Konzepten zu fragen, ist weder „Intrige“ noch „Kampagnisierung“ (Zitate aus Thomas Trenklers Artikel im (Online)Standard vom 10.2.2011 (hier)) und auch kein „Abreagieren primitiver Gefühle“, wie Peter Menasse in dem erwähnten Mail an mich und „den Menschen auf dem Blog unterstellt“. Es ist schwierig, in einem medialen Umfeld zu argumentieren, das von Personalisierung lebt und von der ‚Skandalisierung’ von Personen. Man kann aber deswegen ja nicht einfach darauf verzichten, die Frage nach der fachlichen Kompetenz zu stellen.

Aber die politische Entscheidung war nun einmal gegen zweifellos hervorragend qualifizierte Bewerber gefallen und für die ORF-Journalistin Danielle Spera. Deshalb hatte ich schon eher resigniert am 8.12.2009 über die Berufung berichtet: Jüdisches Museum der Stadt Wien - Ein Opfer populistischer Kulturpolitik? (hier) < >und am< > 29.3.2010 eher nur noch melancholisch über das Verschwinden einer Dauerausstellung nachgedacht, die ich so sehr schätzte. (Die Dauerausstellung des Jüdischen Museums Wien wird verschwinden - hier).

Die Fragen, die ich (mir) damals gestellt habe, sind noch immer nicht beantwortet: „Bei allem Respekt für die Ziele und Vorstellungen von Frau Spera, ihre museologischen Ideen sind dünn und konventionell und fallen weit hinter das Konzept der noch existierenden Dauerausstellung zurück. Selbstverständlich ist es legitim, eine Dauerausstellung zu erneuern. Aber dann muß es ein überzeugendes neues Konzept geben. Nur wenn es besser ist als das alte, ist die Erneuerung vernünftig.“

Im Mai des Vorjahres machte ich einige Collagen aus Fotos der Hologramminstallation, ein kleiner persönlicher Abschied von der Dauerausstellung (Das wahre Bild der Vergangenheit – erstaunlicherweise ist das inzwischen einer der meistabgerufenen Posts - hier) und dann ging ich noch einmal ins Museum und machte möglichst viele Fotos, um für mich zu dokumentieren, was wahrscheinlich bald verschwinden würde. Diese Fotos findet man als begleitenden Bildkommentar zum Aufsatz den Sabine Offe und ich vor vielen Jahren geschrieben haben, und den ich ungekürzt in den Blog aufgenommen habe, um klar zu machen, worum es so vielen Kritikern der Vorgänge am Jüdischen Museum geht, worin die einzigartige Qualität der Dauerausstellung und der Hologramm-Installation lag. (Entgleitende Bilder, Post vom 7.2.2011 – hier).

3
Als die Bilder im Blog und dann in den Medien veröffentlicht waren und der erste, außerordentlich verdienstvolle Bericht von Duygu Özkan (Jüdisches Museum zerstört Exponate. 7.2.2011 in DIE PRESSE – hier) erschienen war, melden sich viele Kuratoren, Museumsleiter und Wissenschaftler zu Wort, die genau jene sachliche Debatte zu führen begannen, die bis heute von den Medien kaum aufgegriffen wurde (stattdessen klebt man am vorgeblichen Klebstoff der Hologramme) oder deren Existenz bestritten wird („‘Ich hoffe, dass nun alle Beteiligten wieder von der emotionalen Diskussionsebene zu einer konstruktiven und auf die Zukunft des Jüdischen Museums Wien ausgerichteten Arbeit zurückkehren können‘, so Wien Holding-Geschäftsführer Komm.-Rat. Peter Hanke“). Presseaussendung der Wien Holding, siehe Post vom 2.3.2011 - hier).
Am 3.2. reagierte Martha Keil (hier), am 4.2. >Sabine Offe (Erneuerung durch Zerstörung? "Bedenkenlosigkeit gegenüber ästhetischer, gesellschaftspolitischer und ethischer Verantwortung..." (hier), Heidemarie Uhl und Dirk Rupnow. („Die Bilder erschrecken mich…“. (hier)
Sabine Offe und ich> unseren einige Jahre alten Aufsatz zur Dauerausstellung des Jüdischen Museums im Blog, als eine weitere Grundlage der sachlichen Diskussion („Entgleitende Bilder. Über die Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien“ - hier)

Hanna Holtschneider reagierte auf die Meldungen von der Zerstörung der Hologramme am 8.2. mit einer Stellungnahme unter dem Titel „Geschichtsvergessenheit“ (hier) und meldete sich dann noch einmal mit einer am 15.2.2011 geposteten englischen Zusammenfassung, Recent events at the Jewish >Museum Vienna – a summary“ (hier).
>Am 10.2. - „Sprachlos“ - und 16.2.2011 schrieb Heidrun Zettelbauer, im zweiten Post aus Anlaß der „Repliken der Museumsleitung des JMW auf die Kritik einer museologisch-wissenschaftlichen Museums-Öffentlichkeit“ (hier).

Am 14.2. erschien „>Wertigkeiten und Fertigkeiten. Die Museologin Roswitha Muttenthaler zur Bedeutung der Hologramme des Jüdischen Museums“ (hier).
Und am >16.2. konnte Gerald Lamprecht (zuerst in ORF.at) nur noch einen „Nachruf auf die Hologramme des JMW“ schreiben.

Zwei Tage später folgte eine sehr ausführliche englischsprachige Auseinandersetzung von Ruth Eilen Gruber „Vienna - controversy over destroyed Holograms during renovations“, die in: jewish-heritage-travel am Donnerstag 17. Februar 2011 erschien war (hier).

Den Versuch, die Vorgänge im Jüdischen Museum in den weiteren Zusammenhang der Museumsdiskussionen und –politik in Wien zu stellen, hat bisher, wenn ich es richtig sehe, nur die Wiener Zeitung gemacht. Brigitte Borchhardt-Birbaumer: Wenig Gesprächskultur im Museum. In der heimischen Museumslandschaft liegt trotz neuen Leitern einiges im Argen – ein kritischer Streifzug.
Gleichzeitig bildete sich ein loses Netzwerk von Wissenschaftlern, Kuratoren, Museologen, Leitern namhafter Museen und Wissenschaftseinrichtungen, die sich schließlich in einem gemeinsamen Brief an das Museum und die Öffentlichkeit wandten. Der Brief brachte noch einmal das Museum verstärkt in die Medien und machte endgültig klar, daß sich das Museum nicht nur mit dem Abbruch der Hologramme Gegner geschaffen hatte, sondern auch mit einer defensiven Kommunikationspolitik, in der die Bedeutung der Hologramme massiv herabgestuft und deren Zerstörung fast ausschließlich als technischer Sachzwang behandelt wurde. Das beschädigte aber erneut die ohnehin schon angegriffene Position der Direktorin, die doch ihre Berufung an das Museum mit ihrer aus ihrem früheren Beruf erworbenen Kommunikationskompetenz gerechtfertigt hatte.

„Nein, sie habe bisher keine Ausstellung kuratiert, sagt Spera. (...) Und die museologische Qualifikation? ‚Ich habe mich nicht nur im Rahmen meiner Konversion intensiv mit dem Judentum beschäftigt.’ Gemeinsam mit einer Gruppe engagierter Frauen besuche sie jede Woche eine Lerneinheit des Oberrabbiners. Museen sind für sie in erster Linie Kommunikationsmedien. ‚Und Kommunikation ist meine Stärke.’“ (Danielle Spera im Interview mit Matthias Dusini in der Stadtzeitung FALTER vom 14.7.2010 (hier).

Was in der Kritik am Vorgehen des Museums sichtbar wurde, war also einerseits die hohe Wertschätzung des ‚früheren’ Museums und andrerseits die harsche Kritik an der neuen Leitung, ein Vertrauensverlust, der schließlich auch die beiden materiellen und ideellen Träger des Museums, die Wien Holding (während der Kulturstadtrat, für die Subvention des Museums zuständig, nach seit Wochen so gut wie sprachlos ist) und die Israelitische Kultusgemeinde auf den Plan rief und zu einer Vorstandssitzung führte.
Mir ist kein vergleichbarer Fall erinnerlich, wo aus dem Kreis einander eng verbundener Institutionen und Personen derart ungeschminkt Kritik an der Leitungskompetenz einer einzelnen Person geübt wurde.

4
Hier nun der Brief der Museumsleiter, Kuratoren und Experten zu den Vorgängen am Jüdischen Museum der Stadt Wien (Stand der Unterschriften < >9. Februar 2011, 13 Uhr). Ich füge ich hier noch einmal alle Namen der Erstunterzeichner an, und zwar deshalb, weil diese internationale Reaktion in den medialen Reaktionen oft bagatellisiert wurde.

Fritz Backhaus, Programmdirektor, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Monika Berthold-Hilpert, Jüdisches Museum Franken - Inka Bertz, Jüdisches Museum Berlin - Daniel Dratwa, Conservateur, Musée Juif de Belgique - Daniela Eisenstein, Direktorin, Jüdisches Museum Franken - Jutta Fleckenstein, Jüdisches Museum München - Michal Friedlander, Jüdisches Museum Berlin - Ulrike Heikaus, Jüdisches Museum München - Anne-Hélène Hoog, Musée d’art et d’histoire du Judaisme, Paris - Cilly Kugelmann, Programmdirektorin, Jüdisches Museum Berlin - Dr. Hanno Loewy, Direktor, Jüdisches Museum Hohenems - Dr. Tobias G. Natter, Direktor, Vorarlberger Landesmuseum - Bernhard Purin, Direktor, Jüdisches Museum München - Mag. Johannes Reiss, Direktor, Österreichisches Museum Eisenstadt - Dr. Benigna Schönhagen, Direktorin, Jüdisches Kulturmuseum Augsburg - Dr. Emile Schrijver, Leiter der Bibliotheca Rosenthaliana, Universiteit van Amsterdam - Christiane Twiehaus, Jüdisches Museum Franken - Dr. Johannes Wachten, Oberkustos, Jüdisches Museum Frankfurt am Main - Dr. Mirjam Wenzel, Jüdisches Museum Berlin - Prof. Dr. Johannes Heil, Leiter der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg - Dr. Martha Keil, Direktorin, Institut für jüdische Geschichte Österreichs - Univ. Prof. Dr. Gerhard Langer, stellvertretender Institutsvorstand Institut für Judaistik, Universität Wien - Univ. Prof. Dr. Albert Lichtblau, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte - Dr. Sabine Offe, Institut für Religionswissenschaft, Universität Bremen - Dr. Dirk Rupnow, Leiter, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck - Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte

Der Brief endete mit einem Gesprächsangebot an Danielle Spera, die dieses mit Auflagen annahm, die wiederum den Betroffenen unakzeptabel erschien. Sie reagierten daher mit diesem Schreiben (auf das dann meines Wissens keine weitere Reaktion der Direktion erfolgte.)


Für die Reaktion der Medien auf diese Internationalisierung und Verbreiterung der Kritik am Vorgehen hier, hier und noch hier und hier nur einige Reaktionen für viele.

Unter den österreichischen Medienreaktionen ragte die von Marianne Enigl im profil durch eigene Recherche heraus:
Die Aufsichtsratssitzung brachte keine klare Beurteilung der Situation und keine Information darüber, was sich der Aufsichtsrat zur weiteren Entwicklung vorstellte. Das lag offensichtlich an der unterschiedlichen Beurteilung durch die beiden im Aufsichtsrat vertreten Interessensgruppen, zwischen der Wien Holding und der Israelitischen Kultusgemeinde. Während die Wienholding (der ‚Wirtschaftsbetrieb’ der Stadt, an deren Spitze Renate Brauner steht, Vizebürgermeisterin und Finanz- und Wirtschaftsstadtrat, die als diejenige gilt, die Danielle Spera zur Museumsleiterin ‚gemacht’ hat; die Wien Holding betreibt vier Museen, das Haus der Musik, das Jüdisches Museum Wien, das Kunst Haus Wien sowie das Mozarthaus Vienna, nicht aber das älteste und wichtigste, das Wien Museum) sich vor die Leitung stellte und ihr das redliche Bemühen um einen Erhalt der Hologramme zuerkannte, ließ die Kultusgemeinde mit einer Reihe von ‚Erwartungen’ – oder soll man sagen – ‚auflagen’ – aufhorchen.

Die Aufsichtsratssitzung im Spiegel des ORF Radio Mittagsjournal vom 23.02.2011 und > dem der Tageszeitung DIE PRESSE, sowie im Wortlaut einer öffentlichen Erklärung der IKG.

5
Eine Fußnote zur Entwicklung ist ein persönlich an Danielle Spera gerichtetes Mail. Darin äußert sich Wilfried Seipel, ehemaliger Generaldirektor des Kunsthistorischen Museum, empört über die Kritik am Museum und an Frau Spera, die er meint gegen ungerechtfertigte Angriffe in Schutz nehmen zu müssen. Seipel spricht aber nicht bloß als aufgeregter Bürger, sondern als Präsident von ICOM Österreich, einem Verein, der sich, genau wie die andere Museums-Organisation, der Österreichische Museumsbund, so gut wie nie zu drängenden öffentlichen Museumsfragen äußert – wobei wir beiden Organisationen zugute halten wollen, daß dies ausschließlich aus diplomatischer Rücksicht so gehandhabt wird und die noble öffentliche Absenz die Voraussetzung dafür ist, die Lösung der dringendsten Museumsprobleme umso gedeihlicher in den verschwiegenen ministeriellen Amtsstuben einer Lösung zuführen zu können.

Der Brief wäre weiter nicht der Rede wert, wenn er nicht, schon so abgefasst wie ein zur Veröffentlichung bestimmter Text, in Umlauf gebracht und dann vom Jüdischen Museum, ähnlich einem Pressetext, in einer Ausstellung in der Dependance am Judenplatz an die Besucher ausgeteilt worden wäre. Diese Ausstellung zeigte ein Beispiel aus einer Serie verkleinerter ‚Arbeitskopien’ der zerstörten Hologramme, die seinerzeit im Produktionsprozess entstanden waren. Den Titel der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" (sie war nur wenige Tage, vom16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 zu sehen) und die Ausstellung selbst empfanden viele Kritiker als Verhöhnung ihres Bemühens um sachliche Diskussion.
Hier die “Medieninformation” des Museums, die in der Ausstellung zusammen mit dem Brief von Wilfried Seipel verteilt wurde.

6
(Post vom 21.2.2011) Um zu verstehen, warum seit nahezu einem Monat die Frage im Mittelpunkt steht, ob der zerstörungsfrei Abbau der Hologramme und ihre Konservierung nun technisch möglich gewesen seien oder nicht, muß man sich ansehen, daß und wie die Direktion des Museums von Anfang an diese Frage zum Zentrum ihrer Rechtfertigung machte. Etwa in dem Sinn: Man habe stets sorgsam und um Erhaltung bemüht gehandelt, alle Möglichkeiten nach bestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft, sei aber – gestützt auf Gutachten und den Rat von einschlägigen Firmen – des Schlechteren belehrt worden. Man könne die Hologramme nicht ohne deren Zerstörung abbauen. Am 9.2.2011 wird die Bedeutung der Hologramme bestritten: "’Das waren keine Exponate’". Danielle Spera antwortet auf die Kritik an der Zerstörung der Hologramme. Die schon erwähnte „Medieninformation“ (Post vom 21.2.2011) des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist eine sehr ausführliche Darstellung, aus der ich zitieren möchte, weil sich die Frage nach der Glaubhaftigkeit der Rechtfertigung der Museumsleitung im Licht der jüngsten Äußerung zweier in die Produktion der Hologramme involvierten Firmen wieder und schärfer als bisher bestellt.
So heißt es in der Erklärung: „Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile. ">Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.

Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).

Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor." (Die Firma Briza wird später bestreiten, je ein Gutachten verfasst zu haben. Siehe unten) Und weiter: „In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.

Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht< > durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.“ (Nach der Aufsichtsratssitzung gibt die IKG u.a. bekannt, daß die für das Konzept der Dauerausstellung seinerzeit verantwortliche Chefkuratorin über den bevorstehenden Abbau nicht informiert wurde)". (…)

„Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.“ (Eine der an der Produktion der Hologramme beteiligte Firma, bestreitet, daß Hologramme ein solches ‚Ablaufdatum’ hätten und schätzt den Zustand der Hologramme auf Grund eigenen Augenscheins relativ kurz vor ihrem Abbruch als intakt ein.)

„Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt. (Es wird nicht mitgeteilt, daß die Firma, die seinerzeit den Aufbau gemacht hat, ein Anbot zum Abbau gelegt hatte, das nicht berücksichtigt wurde und es wird nicht mitgeteilt, daß ausgerechnet diese Firma nicht konsultiert wurde).
>„Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.“ (Dem wird später die genannte Firma, die die Hologramme aufgebaut hat widersprechen: die Konstruktion sah die Abbaubarkeit vor).
„Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.“ Das ist ein Satz der also (s.o.) von falschen Voraussetzungen ausgeht aber offenbar noch eine zweite Funktion haben soll. Nämlich die, zu unterstellen, daß auch die ‚Urheber’ dieses Ausstellungsteils in den Hologrammen nichts anderes gesehen haben, als das sie auch die Leitung sieht, als ‚Instrumente’ oder ‚Technologie’, also als etwas was ‚heute überholt’ gut und gerne mit moderneren Medien gemacht werden könnte, also die Hologramme ersetzbar und entbehrlich macht.“

Merkwürdig und eher peinlich ist der Satz, weil er jedem, der etwas von Museumsarbeit weiß, zeigt, daß er unbedarft von einer Grundstruktur des Ausstellens spricht: so gut wie alles, egal wie man es nennt, kann im Museum zum Träger von Bedeutungen werden. Daraus läßt sich keine ‚Diskriminierung’ der Hologramme ableiten.

Der Standard (Post vom 12.2.) gab die Position der Museumsleitung wieder >(Angriff als Verteidigung. Und noch einmal: die Leitung des Jüdischen Museums erklärt uns, daß alle im Unrecht sind). >So heißt es dort: „Erst später, im Zuge der Abbauarbeiten, habe sich herausgestellt, dass die raumhohen Sicherheitsglasscheiben mit den Hologrammfolien aufgrund der massiven Verankerung im Boden unrettbar seien.“ (Sowohl ein Mitarbeiter am Aufbau der Hologramme und die Glasfirma Briza werden später bestätigen, daß die Hologramme samt ihrer Verankerung bereits aus dem Boden gelöst gewesen seine; das scheint nicht das Problem gewesen zu sein, sondern, daß die sehr schweren und großen Teile – ob tatsächlich oder angeblich, das ist umstritten – nicht weiter zerlegbar und damit nicht abtransportierbar waren). „Danielle Spera und Prokurist Peter Menasse betonen, dass es sich nicht, wie die Kritiker behaupten, um "Kunstwerke" gehandelt habe: Die Hologramme von Porträts und Objekten wurden 1996 für die Dauerausstellung angefertigt - im Auftrag der Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und des Architekten Martin Kohlbauer (er ist der Mann von Gabriele Kohlbauer-Fritz, einer Kuratorin des Museums). Auch die Neuaufstellung hätten Heimann-Jelinek und Kohlbauer betreuen sollen. ‚Bei den Gesprächen waren die Hologramme und die Demontage nie Thema’, sagt Spera. Sie ist menschlich enttäuscht. Heimann-Jelinek und Kohlbauer werden nun, nach den Vorfällen, nur mehr den zweiten Stock gestalten. Dadurch komme es, so Menasse, zu weiteren Verzögerungen beim Umbau.“

Wenn aber inzwischen festgestellt wurde (in der erwähnten Erklärung der IKG), daß Felicitas Heimann-Jelinek über den Abbruch der Hologramme nicht informiert wurde, wie konnte sie dann die Leiterin des Museums ‚menschlich enttäuschen’, indem sie ihr bevorstehende Schwierigkeiten beim Abbruch ‚verschwieg’? Und wie kommt dann Frau Direktor Spera dazu – kann man den Satzteil anders verstehen – ihre Chefkuratorin (und den Architekten) mit dem Entzug der Planung für den ersten Stock zu entziehen und sie für die Verzögerung beim Umbau verantwortlich machen?

Eine Woche später modifiziert die Museumsleitung ihre Rechtfertigung. Peter Menasse, der Geschäftsführer, nicht Frau Direktor Spera, lässt erstmals Bedauern erkennen. Das Jüdische Museum der Stadt Wien äußert sich zu den Vorgängen - erstmals auch mit Bedauern >(Post vom 18.2.2001). Auch das 'Um-Bautagebuch' auf der Webseite des Jüdischen Museums, das während der Sanierung geführt werden sollte, wird seit etwa 14 Tagen nicht mehr geführt.

Seither, so nehme ich es wahr, gibt es keine signifikanten öffentlichen Äußerungen der Museumsleitungen mehr. Die Öffentlichkeitsarbeit scheint seit der genannten Aufsichtsratssitzung vorübergehend die Wien Holding an sich gezogen zu haben.

7
Mit „Es nervt“ meldete sich erstmals ein am Aufbau der Hologramme beteiligter Mitarbeiter (Post vom 11.2) >und bestritt, daß die Hologramme nicht abbaubar gewesen sein sollen. Völlig unbeindruckt von seiner Information, daß man die Hologramme selbstverständlich samt ihrer Verankerung im Boden hätte herauslösen können, blieb die weitere Debatte. Trotz der Bestätigung durch die am Abbau beteiligte Glasfirma Briza, daß die Hologramme bereits vom Boden gelöst waren. Allerdings konnte man sie nicht weiter zerlegen, weil der Kleber nicht lösbar war.

Mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund bestreitet auch der Besitzer einer Hologramm-Firma, die an der Produktion der Hologramme des Jüdischen Museums beteiligt war und der insofern auch über die Konstruktion informiert ist, die Unmöglichkeit der Demontage. Post vom 23.2.2011, < >"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?

Heinz Haring, Verantwortlich für die Montage der Hologramme, Eigentümer der Fritsch Stiassny Glastechnik, gestattete nun die Veröffentlichung eines Mails an Direktor Spera, die plötzlich viele ihrer Äußerungen in neuem Licht erscheinen ließen. Er stellt unmissverständlich klar, daß die Firma ein Anbot zum Abbau gelegt habe, daß ihm aber am 25.1.2011 mitgeteilt worden wäre, daß sich sein Anbot erledigt hätte. Vier Tage nachdem der Abbruch der Hologramme erfolgt ist.

Die Konstruktion sei bereits mit der Auflage gewählt worden, daß sie einmal wieder abgebaut werden könne, ein Klebemittel sei nicht verwendet worden. (Post vom 2.3.2011) Die sachkundige und klare Darstellung von Herrn Haring, die mir nach zwei Telefonaten, die er freundlicherweise mit mir führte, absolut glaubwürdig erscheint, erschüttert die Darstellung von Frau Direktor Spera in zwei zentralen Punkten: 1.) Die Hologramme waren so konstruiert, daß man sie wieder abbauen konnte und sie müssen auch zum Zeitpunkt ihrer Zerstörung abbaubar gewesen sein 2.) Seine Firma, die, die am besten mit der Konstruktion der Hologramm-Halterung vertraut war wurde weder ausreichend konsultiert, noch trotz Anbots mit dem Abbau beauftragt.
Es gab eben genau das nicht, was die Wien Holding meinte, als sie Frau Spera bescheinigte „gewissenhaft alle Abbau-Varianten geprüft“ zu haben.

Die Wien Holding muß von dem zirkulierenden Mail von Herrn Haring gewußt und seine Brisanz richtig eingeschätzt haben, denn noch bevor dessen Brief irgendwo veröffentlicht wurde, berichtete sie in einer Presseaussendung von einem ‚entlastenden’, der Darstellung Herrn Harings widersprechendem (bis dahin unbekannten, also offenbar sehr kurzfristig eingeholten) Gutachten vom 28.2. (Blog vom 2.3.).

Man muß sich schon die Mühe machen, den Zeitablauf im Auge zu behalten, um die Brisanz des ganzen Vorgangs über den eklatanten Widerspruch zwischen der Information der Firma und den Informationen der Museumsleitung begreifen zu können. >Am 12. Februar gibt Frau Spera bekannt, daß sie im Juni 2011 das wegen der Sanierung geschlossene Haus wieder für Besucher öffnen wolle. Aufgrund ihres Anbots soll es zu einer Besichtigung durch die Firma Stiassny kommen, aber die angebotenen Termine, wahlweise 20. oder 21. 1., kann die Firma wegen ihrer Verpflichtungen nicht wahrnehmen. (s. Artikel von Thomas Trenkler vom 2.3.2011 in Der Standard online). Am 21. schreibt das Museum an die Firma, daß es für eine erbetene Verschiebung knapp werde.

Der 21. ist aber der Tag des Abbruchs der Hologramme...

Mittwoch, 2. März 2011

Die Hologramme des Jüdischen Museum hätten demontiert werden können. Die Errichtungsfirma meldet sich zu Wort.


Den folgenden Brief veröffentliche mit Zustimmung seines Autors. Er stellt klar, daß die Konstruktion der Hologramme einen Abbau möglich gemacht hätten. Der Brief zirkuliert spätestens seit gestern und dürfte die APA-Meldung über ein Gutachten ausgelöst haben, die heute die Wien-Holding aussenden ließ. Auf den Brief von Herrn Haring an Frau Direktor Spera reagierte eben auch Thomas Trenkler in Der Standard.

23.2.2011

Sehr geehrte Frau Doktor Spera!

Sie schreiben an die Fritsch Stiassny Glastechnik GmbH, Herrn Ing. Wech, es würden im Zusammenhang mit den Hologrammen im Jüdischen Museum Wien „öffentliche Behauptungen“ aufgestellt und fordern ihn auf technische Erläuterungen bekanntzugeben. Erlauben Sie mir, dass ich dazu folgende Erklärungen abgebe: Mein Name ist Heinz Haring und ich war von 1986 bis 2006 Betriebsleiter und Geschäftsleiter der Fa. Fritsch Stiassny Glastechnik am Czerninplatz 1 in 1020 Wien. Nach erfreulich verlaufenden Verhandlungen mit dem Eigentümer der Gesellschaft, der französisschen Saint Gobain Gruppe, werde ich mit 1.3.2011 die Aktivitäten der Fritsch Stiassny Glastechnik GmbH übernehmen.

Mein Ziel ist es, das Unternehmensportfolio und die Marke mit seiner mehr als 100-jährigen Geschichte im besten Sinne der handwerklichen Tradition, verbunden mit meinem persönlichen Know How und dem Einsatz modernster Technologien weiterzuführen. Mit diesem Verständnis hat sich Fritsch Stiassny schon in den vergangenen Jahren zu einem hervorragenden, kompetenten Fachbetrieb und einem zuverlässigen, wertvollen Partner für Architekten, Bauherren und Künstler entwickelt.

Auf unserer Referenzliste stehen zahlreiche prominente Objekte wie die Vienna Twin Towers, die Ringstrassengalerien, das Palais Coburg, das Palmenhaus im Burggarten, die Österreichische Nationalbank und auf dieser Ebene sind wir stolz darauf, dass auch Ihr geschätztes Haus zu unseren Referenzen zählt.

Im Jahr 1995 durften wir in Zusammenarbeit mit Herrn Architekt Martin Kohlbauer für das Jüdische Museum Wien die Stahl-Glaskonstruktionen für die Aufnahme von Hologrammen entwickeln. Auf Grundlage der Architektenplanung sowie statischer Berechnungen haben wir damals die Gesamtkonstruktion im Detail geplant, geliefert und montiert. Die Glashalterungen wurden dabei in Form von horizontalen, linienförmigen Einspannungen konstruiert. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Teile zu einem späteren Zeitpunkt demontiert werden können. Die Konstruktion wurde aus einseitig am Boden verschraubten Winkelkonsolen mit entsprechenden Gegenplatten gebaut. So wurde erreicht, dass die Glasplatten in die Glashaltekonstruktion „eingeklemmt“ werden können und dadurch die erforderliche Festigkeit ohne weitere Befestigung erzielt wurde. Und zwar ohne eine Verklebung einzusetzen. Als Zwischenlagen wurde Klingersil eingesetzt. Dieses Material gewährleistet eine optimale Druckverteilung und verhindert punktuellen Druck auf das Glas, klebt jedoch nicht.

Kurz gesagt: Die gesamte Konstruktion war geschraubt. Lediglich die Verankerung der feststehenden Bodenkonsole wurde geklebt. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Demontierbarkeit der Glaselemente. Beim Versuch der Demontage hätte es genügt, die Schrauben der Gegenplatte zu öffnen um feststellen zu können, dass keine kraftschlüssige Verklebung vorliegt. Kurz vor Weihnachten 2010 hat Ihnen Fritsch Stiassny Glastechnik auf die Anfrage aus Ihrem Haus die Demontage der Gläser mit den Hologrammen angeboten. Noch am 21.1.2011 wurde eine gemeinsame Besichtigung für die KW 4 in Aussicht gestellt (Ihr Schreiben vom 21.1.2011). Zwei Arbeitstage nach diesem Schreiben haben Sie dann per E-Mail am 25.1.2011 mitgeteilt, dass sich der Termin bezüglich der Demontage der Hologramme im JMW mittlerweile erübrigt hätte.

Sehr geehrte Frau Doktor Spera, was auch immer dazu geführt hat, dass die Arbeiten nicht im Sinne Ihrer ursprünglichen Anfrage und unseres Angebotes ausgeführt wurden: Das liegt nicht in unserer Verantwortung und nicht an der von uns errichteten Konstruktion. Wenn wir von jemandem gefragt werden, können wir dies natürlich nur wahrheitsgemäß beantworten, egal ob öffentlich oder nicht. Schließlich leben wir von unserer Kompetenz im Glasbau. In diesem Zusammenhang verstehen Sie sicherlich auch, dass ich Sie ersuchen muss nicht öffentlich zu behaupten, dass die Anlage nicht demontierbar gewesen sei. Diese Behauptung unterstellt eine unsachgemäße Errichtung durch uns und könnte deshalb unseren Ruf und unser Fortkommen beeinträchtigen.

Gerne erwarte ich die Richtigstellung aller diesbezüglichen Aussagen seitens des JMW, insbesondere auf der Website des JMW.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass wir gerade im Kunst- und Museumsbereich über entsprechende Erfahrung und besonderes Know How verfügen. Ausstellungen und Installationen im In- und Ausland, unter anderem für Eva Schlegel, Dan Graham, Brigitte Kowanz, Monica Bonvicini / Sam Durant u. a. konnten wir immer gut im Sinne unserer Auftraggeber realisieren. Ich stehe Ihnen und Ihren Fachverantwortlichen für ein persönliches Gespräch zur Verfügung und hoffe, dass ich mit meiner Erklärung den Sachstand aufklären konnte. Der Ordnung halber möchte ich betonen, dass ich diese Zeilen nicht in meiner Eigenschaft als Sachverständiger sondern als zukünftiger Eigentümer des betroffenen Unternehmens an Sie richte.

Mit besten Grüßen 
Heinz Haring
Paniglgasse 24
1040 Wien

Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Glaserarbeiten, Glasbearbeitung, Isolierglas, Glaskonstruktionen und Verglasungen Fachgebiete 74.21, 74.23, 74.30, 74.40

Kommentar in DIE PRESSE online
Kommentar in Der Standard online
Kommentar in Wiener Zeitung online
Kommentar ORF.at 

Sonntag, 27. Februar 2011

Jüdisches Museum: Wer sprechen darf und wer nicht.

Fast völlig auf die "Personalfrage" zugespitzt reagierte das ORF Mittagsjournal vom 23.02.2011 auf die Vorgänge im Jüdischen Museum.
Dorothee Frank referierte in einem vergleichsweise zu anderen Medienberichten äußerst sachlichen Beitrag die unterschiedlichen Positionen. Plötzlich scheint unbestritten, daß man sich bemühen muß, Felicitas Heimann-Jelinek am Museum zu halten.
Allerdings kommen in dem dreieinhalbminütigen Beitrag Ariel Muzikant, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde zu Wort, der Leiter der Wien Holding, Peter Hanke und die Direktorin des Museums, Danielle Spera, nicht aber die Betroffene, die offenbar ein so lückenloses Sprechverbot hat, daß ihr auch gegenüber dem ORF keine eigene Meinung zugestanden wurde.

Der Beitrag kann hier nachgelesen und nachgehört werden.

"IKG-Aufsichtsräte besorgt, Wien Holding vertraut"

Jüdisches Museum: IKG-Aufsichtsräte besorgt, Wien Holding vertraut

(Derzeitige Information der Israelitischen Kultusgemeinde auf ihrer Webseite http://www.ikg-wien.at/?p=5504)

Besorgnis seitens der IKG-Aufsichtsräte, aber Rückendeckung durch die Wien Holding erfährt die Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Danielle Spera, in der Causa der beim Umbau zerstörten Hologramme. Wien Holding-Chef Peter Hanke forderte heute, Mittwoch, in einer Aussendung, eine Rückkehr zur “Sachlichkeit” in der Diskussion. Die Aufsichtsräte der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) hatten in einer Erklärung nach der Aufsichtsratssitzung am Montagabend “nachdrücklich” ihre Sorge über die Zukunft des Hauses ausgedrückt.
Dem Museum könnten “ernsthafte Probleme” entstehen, sollte Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek aufgrund der emotional aufgeladenen Situation um die Hologramme das Museum verlassen. Heimann-Jelinek, deren Idee die Hologramme ursprünglich waren, war über die Zerstörung nicht informiert worden und hatte dann die Fotos der Scherbenhaufen ohne Absprache mit der Direktion veröffentlicht. Sie müsse nun mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen. “Dann verliert das Museum eine einzigartige Fachfrau”, so Ariel Muzicant heute im “Ö1"- Mittagsjournal. Sowohl Hanke als auch Spera betonten allerdings, mit der Kuratorin Gespräche über die Zukunft führen zu wollen.
Die Hologramme, die Szenen aus dem Alltag jüdischen Lebens darstellen, hätten dem Umbau-Konzept zufolge eigentlich abgebaut und gelagert werden sollen. In der Wien Holding zeigte man sich überzeugt, dass Direktorin Spera “gewissenhaft alle Abbau-Varianten geprüft hat und letztendlich – nachdem alle Versuche zum Abbau der Installation, ohne diese zu beschädigen, gescheitert waren – nur mehr der vollständige Abbruch der Hologramme als Alternative geblieben ist”. Spera, die seit dem Sommer 2010 an der Spitze des Hauses steht, genieße daher “unser volles Vertrauen”. Es sei eine Tatsache, “dass diese Installation am Ende ihrer Lebensdauer angelangt war”, die Entfernung sei im Gesamtkonzept “mit allen abgestimmt” gewesen.

Die "Ahnungsschatten" der Geschichte. Die Auslandspresse zum Jüdischen Museum Wien

Paul Jandl findet offenbar Peter Noevers Mutterliebe interessanter, als das Jüdische Museum. Wer reif fürs Museum ist in Welt Online 26.2.2011 ist zwar launig geschrieben aber nicht eben tiefschürfend. Mit Michael Frank, der in der Süddeutschen (25.2.2011) sich gleich nur Peter Nover beschäftigt, "Mutig aber zu selbstherrlich", scheint er in der Diagnose einer Tendenz einig: "Die Zeit der monumentalen Herrscher über Wiens Museen ist endgültig vorbei.". Bei Jandls ist das so formuliert: "In der Stadt, wo Museumsdirektoren bisher gerne auch Komödianten oder Charakterdarsteller waren, gewöhnt man sich nur langsam ans Berufsbild des dezent im Hintergrund werkenden Kunstarbeiters."
Wer in den namhaften deutschen Zeitungen Artikel zu den Vorgängen um das Jüdische Museum sucht, wird am elaboriertesten derzeit in DIE ZEIT (Ausgabe 24.2.2011, der artikel scheint nicht online zu sein) bedient.
Joachim Riedl findet, daß hier im Bemühen einer neuen Leitung, einem Museum seinen Stempel aufzudrücken, zu weit gegangen wurde. Man kann nicht etwas machen, was die Identität des Hauses unwiderbringlich schädigt. "Genau dies geschah im Fall des Jüdischen Museums der Stadt Wien." Riedl würdigt ausführlich die komplexe Funktion der "Ahnungsschatten", wie er die Hologramme nennt. Was die Museumsleitung hier aber an Neubeginn setzte, nennt er eine "Dekonstruktion" mit dem "Vorschlaghammer". Zu retten scheint nichts mehr. Zwar sei die Option einer neuen (Dauer)Ausstellung zum Judentum zwischen "historischer Tiefe" einerseits oder Society-kompatibles Accessoire" nach wie vor offen. Aber die Lücke, die durch die Zerstörung der Hologramme entstanden sei, könne nicht mehr geschlossen werden. "Wenn die Scherben längst weggefegt worden sind, bleibt in dem nunmehr dekonstruierten Museum ein virtueller Scherbenhaufen bestehen."
Das Schweizer Jüdische Wochenmagazin "tachles" bringt (25.2.2011, Link hier) die Vorfälle aus Wien auf ihre Titelseite und Valerie Wendenburg fasst die Ereignnise sachlich und übersichtlich zusammen, nicht ohne sich über die Reaktion der Musuemsleitung nach dem Aufflammen der Kritik zu wundern. Ähnlich wie Joachim Riedl scheint sie die Verabschiedung vom "bisherigen erfolgreichen Konzept" als endgültig einzuschätzen.
In "aufbau" (vom 25.2.2011), einem weiteren Jüdischen Monatsmagazin, stellt Yves Kugelmann unter dem Titel "Wiener Kristallnächte und -tage" die Frage "Was haben Silvio Berlusconi, lic. iur. Karl-Theodor zu Guttenberg und Danielle Spera gemeinsam?". Seine Antwort lesen Sie besser selber nach, unter diesem Link. 

Mittwoch, 23. Februar 2011

"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?

Jetzt bin auch noch "investigativer Blogger" geworden, wer hätte das gedacht, und habe ein wenig zu der Frage der Erhaltbarkeit der Hologramme recherchiert. Ich teile nach bestem Wissen und Gewissen mit, was ich herausgefunden habe und stelle fest, daß es, wie so oft, bei offenen Fragen bleibt.
Einen Abtransport großer Bauteile könnte ich mir (siehe unten) - technisch aufwendig und wahrscheinlich teuer - schon vorstellen und ob Hologrammerzeuger und Glasermeister die ultimativen Experten im Umgang mit einem restistenten Klebstoff sind, kann man hinterfragen.
Die technische Erhaltbarkeit der Hologramme stand nie im Zentrum der Argumente der Kritiker des Vorgehens der Museumsleitung. Darauf zu insistieren, es sei einfach technisch unmöglich gewesen, war und ist noch immer ein entlastendes Argument. Wer auf der Frage der technischen (Un)Lösbarkeit beharrt, erspart sich alle museologischen, ausstellungspolitischen und historiografischen Fragen.
Ganz praktisch für die Defensive, aber - wie die Informationen unten zeigen - kaum tauglich, um die weitere Diskussion um den Umgang des Museums mit seinem 'technischen Gedächtnis' Ausstellung und um die Zukunft des 'lebendigen Gedächtnisses' seiner Ausstellungsproduktion und -politik abzublocken.



Über seinen Kommentar zu einem der Posts zum Jüdischen Museum der Stadt Wien bin ich mit Irmfried Wöber in Kontakt gekommen. Herr Weber hat in Niederösterreich eine Firma, die Hologramme herstellt und er war seinerzeit an der Produktion der Hologramme für das Jüdische Museum beteiligt. Auf der Grundlage von Plänen von Martin Kohlbauer und Felicitas Heimann Jelinek wurden von ihm jene Fotografien hergestellt (ein technisch und logistisch aufwendiges Verfahren), die in einer nicht mehr existierenden Firma in München (Holovision) in Hologramme 'verwandelt' wurden. Die Hologramm-Filme wurden nach Wien gebracht und hier zwischen Glasplatten (wegen der günstigeren Lichtbrechung wurde Sicherheitsglas und nicht billigeres Plexiglas verwendet) montiert.
In einem Mail schreibt er: "Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden, nur der holografische Film aus Stabilitätsgründen. Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen."
Im Gespräch wird deutlich, daß Herr Wöber diese spezielle Anfertigung und Montage der Hologramme als Installation als weltweit einmalig einschätzt: Ein Ensemble von frei im Raum stehenden Hologrammen, zwischen denen man sich bewegen konnte und die, die untereinander und mit dem Betrachter interagierten, und die um ihre Wirkung zu entfalten, ein äußerst ausgeklügeltes Belichtungssystem benötigten. Deshalb seien diese Hologramme unter Holografen weltweit bekannt gewesen und und auch - wegen ihrer technischen Eigentümlichkeit und Einzigartigkeit - von vielen Spezialisten besucht worden.
Das zweite Set der Hologramme, erwähnt Herr Wöber, wurde im Zuge der Produktion in München hergestellt - als sogenannte 'Testbelichtungen'. Qualitativ selbstverständlich weitaus schlechter als die unikalen Originale.
Da der schlechte Zustand der Hologramme selbst mehrmals als Rechtfertigung für deren Abbau genannt wurde, frage ich Herrn Wöber nach der Haltbarkeit von Hologrammen generell. Hologramme, wenn sie sorgfältig hergestellt wurden, hätten eine sehr lange Haltbarkeit. Nur wenn, ähnlich wie beim Entwickeln eines Films, nicht sorgfältig gearbeitet werde, könne es zum Nachdunkeln kommen. Herr Wöber führt als Argument die aus den 60er-Jahren stammenden, ältesten existierenden Hologramme an, die noch immer intakt seien. Wir sind uns einig (beide haben wir die Hologramme relativ kurz vor ihrer Demontage gesehen), daß wir keine Beeinträchtigung der Wirkung und Funktion der Hologramme bemerkt hätten.
Herr Wöber erwähnt gesprächsweise, er sei jetzt in der fraglichen Angelegenheit nicht vomMuseum kontaktiert worden und das sei seinem Wissen nach auch nicht mit ehemaligen Mitarbeitern der erwähnten (nicht mehr existierenden) münchner Firma geschehen.
Abschließend schreibt Herr Woeber in seinem Mail vom 22.2.2011: "Es existieren keine Fotosequenzen mehr und vor allem sind die Masterhologramme (zur Vergrößerung zum endgültigen Format) nicht mehr vorhanden. Ich meine damit, daß diese Installation endgültig in dieser Qualität verloren ist. Schade. Sollte man in einer Geschichte vollständig dokumentieren. Ein Meilenstein in der Geschichte der Holografie existiert leider nicht mehr. Es ist zum Heulen."
Da Herr Wöber bei der Montage der Holgramme im Raum nicht dabei war, wende ich mich telefonisch an die Firma Briza, die ja schön öfter genannt wurde. Sie war mit der Demontage von Vitrinen im Museum beauftragt und wurde - offenbar spontan - beigezogen, als sich die Schwierigkeiten bei der Hologramm-Demontage abzeichneten. Herr Briza betont, daß man diese Glasart nicht schneiden könne und daß wohl die Verschraubung (also die Hologramme vom Boden) bereits gelöst war, aber der Kleber nicht bearbeitbar war.
Das widerspricht teilweise der Erinnerung von Herrn Wöber: "Auch Rudi de Jongh (einer der an der Produktion der Hologramme Beteiligten GF) ist meiner Meinung einer lösbaren Demontage. Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden (…) Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen. Die Aluminiumprofile sind mit dem Fußboden durch entsprechende Dübel angeschraubt worden. Das heißt, man konnte die gesamte Einheit demontieren und dann in einer Fachwerkstätte entsprechend zerlegen. Laser, Wasserstrahl und ähnliche technische Geräte."
Herr Briza hingegen sagt (in einem Telefonat vom 23.2.2011), daß die Hologramme zwar vom Boden bereits gelöst waren, allerdings waren die einzelnen Komponenten wegen der Verklebung nicht voneinander trennbar. Deshalb seien schwere, händisch nicht mehr transportierbare und große Teile entstanden, die man nicht durch das Haus hätte abtransportieren können. Er betont nochmal, die Gläser hätte man mit keiner Technik ab- oder zerschneiden können.
Das Museum sei am beschädigungsfreien Abbau der Hologramme und ihrer Erhaltung interessiert gewesen, aber es habe sich die Undurchführbarkeit während der Demontage herausgestellt.
Den veröffentlichten Brief seiner Firma nennt er eine Stellungnahme, das sei kein Gutachten, dazu sei er nicht befugt.


Ich danke Herrn Wöber und Herrn Briza für ihre Informationen.

Wie Thomas Trenkler im Standard die Welt sieht...

Der Artikel von Thomas Trenkler im Standard (hier sein Beitrag) zur Aufsichtsratssitzung vom vergangenen Montag lohnt die Lektüre nur, wenn man nicht erwartet, sachlich informiert zu werden, sondern Einblicke in das Funktioneren des 'Standard'-Kulturjournalismus gewinnen möchte. Es ist bedauerlich, daß ein Redakteur, der sich derart verdienstvoll in Restitutionsfragen engagiert hat, sich auf ein solches Niveau begibt.

Dienstag, 22. Februar 2011

"Fehler" und Fehler. Die Israelitische Kultusgemeinde greift in die Debatte um das Jüdische Museum ein.

In der heutigen Presse (22.02.2011) berichtet Rainer Nowak von der extra einebrufenen Sitzung des Aufsichtsrates des Jüdischen Museum der Stadt Wien, in dem Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde und der Wien Holding vertreten sind.
Der Autor des Presse-Artikels, Rainer Novak greift zu Anführungszeichen, um bereits in der Überschift aus Fehlern "Fehler" zu machen und hat auch nur Proteste "in Kreisen jüdischer Gelehrter und Museumsangehöriger" registriert.
Aber die Kultusgemeinde hat eine Presserklärung verfasst aus der Novak zitiert. Nämlich daß die Umstände und die Notwendigkeit des Abbruchs nicht zu klären sind, daß es ein Fehler war, die Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und den Architekten Martin Kohlbauer nicht einzubinden.
Neu (für mich) ist, daß die IKG vom (bereits erfolgten?) Abgang mehrerer Kuratoren spricht. Bis Ende März muß Frau Spera ein Konzept für die Dauerausstellung vorlegen und erläutern, mit welchen Mitarbeitern, sie dieses realisieren will. Frau Spera habe zugesagt, einen Beirat einzurichten.
Wen man bedenkt, daß sich Leiter und Kuratoren großer Jüdischer Museen ungewöhnlich deutlich zu den Vorgängen am Museum geäußert haben und ein Museum bereits eine Ausstellungskooperation abgesagt hat, ist das insgesamt eine schwierige Situation. Auch darauf nimmt die IKG bezug und fordert die dringliche Wiederherstellung der Beziehung zu den Jüdischen Museen.

ICOM Mitglieder antworten auf den ICOM-Präsidenten

An die
Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich
c/o Leopold Museum Privatstiftung
Museumsplatz 1
1070 Wien


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage (hier) möchten wir Ihnen ein Schreiben von Herrn Prof. Dr. Wilfried Seipel in dessen Funktion als Präsident von ICOM Österreich an die Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Frau Dr. Danielle Spera, zur Kenntnis bringen, in dem er zu der Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien Stellung bezieht. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Kontroverse verfolgt haben. Ausführlich dokumentiert ist sie u.a. hier:

Dieses Schreiben wurde ab Mittwoch, 16.02.2011 im Rahmen der Präsentation eines "Ersatzhologramms" im Museum Judenplatz in fotokopierter Form an die Presse verteilt.

Als institutionelle bzw. individuelle Mitglieder von ICOM Österreich ergeben sich für uns aus diesem Vorgang einige Fragen an den Vorstand von ICOM Österreich:

1. Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens?

2. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll,
dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind,
einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?

3. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM
vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt
zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls
langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig
Partei ergreift und der Chefkuratorin in - wie wir meinen -
diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?

Ihrer Stellungnahme blicken wir mit Interesse entgegen.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Monika Gärtner, Inssbruck
Nike Glaser-Wieninger, Wien
Mag. Andreas Gugler, Wien
Mag. Christine Haupt-Stummer, Wien
Heiderose Hildebrand, Wien
Dr. Michaela Kronberger, Wien
Mag. Elisabeth Limbeck-Lilienau, Wien
Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems
Mag. Gerhard Milchram, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Andreas Nierhaus, Wien
Dr. Martina Nußbaumer, Wien
Dr. Herbert Posch, Wien
Mag. Bernhard Purin, München - Rosenburg am Kamp
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr. Claudia Spring, Wien
Nora Sternfeld, M.A., Wien
Mag. Susanne Winkler, Wien
Annina Zwettler, Wien

Gesprächsangebot an Danielle Spera

Sehr geehrte Frau Dr. Spera, liebe Frau Kollegin,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren offenen Brief vom 9. Februar 2011 und das darin enthaltene Angebot, mit zwei der Unterzeichneten ein Gespräch zu führen.

Da wir weder ein Verein noch  eine Bürgerinitiative, sondern einfach nur ein ad-hoc gebildeter Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus einschlägigen Museen, Hochschulen und Forschungsinstituten verschiedener europäischer Länder sind, die sich Sorge um die Zukunft des Jüdischen Museums Wien machen, sehen wir uns außer Stande, zwei „Delegierte“ zu entsenden, die ein Gespräch mit Ihnen in Vertretung aller Unterzeichner führen.

Unser Angebot am Ende unseres offenen Briefes, mit Ihnen in ein Gespräch zu treten, haben wir vielmehr als Angebot und Einladung zu einem kontinuierlichen Austausch verstanden. Selbstverständlich muss es dabei Ihnen überlassen sein, welche Formen des Dialogs Sie dafür als geeignet halten. Die Abhaltung von Kolloquien, die Einsetzung eines wissenschaftlichen Beirates oder Evaluationsprozesse haben sich, so ist unsere Erfahrung bei vielen Neustrukturierungsprozessen, immer wieder bewährt.

Wir können in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, dass die jüngsten Reaktionen aus Ihrem Haus wie etwas das Beharren darauf, die Ausstellungsinstallation hätte keinesfalls künstlerischen Charakter und sei eine „veraltete Technologie“ sowie der Versuch, diese im Rahmen einer viertägigen Präsentation unter dem Titel „Geschichte einer österreichischen Aufregung“ ins Lächerliche zu ziehen, unsere Sorge nicht kleiner gemacht haben.

Gerade auch deshalb stehen die Unterzeichneten für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.

Im Namen der Unterzeichner des ersten Briefes,
mit besten Grüßen,
Cilly Kugelmann

Montag, 21. Februar 2011

"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Marianne Enigl im "profil". Und ich habe immer noch Fragen...

Unter dem Titel "Scherbenhaufen" schreibt im heute erscheinenden "profil" Marianne Enigl (der Artikel ist inzwischen hier online zugänglich) zur "Zerstörung der Dauerausstellung" im Wiener Jüdischen Museum.

"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.

Marianne Enigl im Profil: "Die Homepage des Museums zeigt Spera vor einem unansehnlichen Plexiglas-Duplikat der Hologramme. Dieses war allerdings verdreht montiert worden, sodass die darauf schillernden Flaggen Österreichs und Israels liegend wehten"
Marianne Enigl interpretiert die Zerstörung der Hologramme als Effekt eines zu raschen und ehrgeizigen Versuchs, so schnell wie möglich die Sanierung des Gebäudes und die Errichtung einer neuen Dauerausstellung zu realisieren. Und sie zitiert den ehemaligen Geschäftsführer des Museums, der die Erhaltung der Hologramme als wohl möglich gewesen einschätzt.

Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.

Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."

Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."

Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:

Eine der Bildseiten in "First", die im Artikel erwähnt werden
"Spera kommt der Vorgabe (der Politik; GF) mit Elan nach – und macht sich auch selbst zum Exponat. Schulen dürfen sie zu „Director’s Visits“ laden. Um Lesern des Celebrity-Magazins „First“ das Jüdische Museum nahezubringen, ließ sie sich in beigestellter Designermode vor Artefakten ablichten, die der Zerstörung durch den Nationalsozialismus entgangen waren."

Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.

Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?

Medieninformation des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"

Medieninformation, Februar 2011

Aufgrund des aktuellen großen Interesses an den Hologrammen des Jüdischen Museums wird das zweite Set der Hologramme an einem Beispiel der Öffentlichkeit präsentiert. Unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist ein ausgewähltes Hologramm von 16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 im Museum am Judenplatz zu sehen.

"Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"
von 16.2.2011,10 Uhr bis 20.2.2011, 18 Uhr
Museum Judenplatz, Judenplatz 8,1010 Wien
Öffnungszeiten: So bis Do 10 bis 18 Uhr
Freitag 10 bis 14 Uhr, Samstag geschlossen

Zweiter Satz Hologramme geht in die USA
Alle Hologramme werden wir gleich nach Eröffnung unseres Haupthauses in der Dorotheergasse 11 in einigen Monaten für kurze Zeit der Öffentlichkeit zugänglich ausstellen, danach werden die Hologramme für ein halbes Jahr an ein Museum in den USA verliehen. Durch die Probleme beim Abtransport der Hologramme hat sich unser Zeitplan erheblich verzögert, die Wiedereröffnung wird sich daher vermutlich um zwei Monate verschieben. Im September werden wir Sie gerne wieder in der Dorotheergasse 11 begrüssen.

Stationen der Geschichte einer österreichischen Erregung

Die Fakten vorweg - Die Hologramme
Im 2. Stock des Jüdischen Museums Wien befanden sich 21 Hologramme. Jedes bestand aus zwei Glasplatten mit einer dazwischen fixierten Folie. Die Glasplatten waren rund 3,00 Meter hoch und 2,00 Meter breit. Das Gewicht dieser jeweils zwei Platten betrug rund 360 Kilogramm. Gefertigt waren die Platten aus einem Sicherheitsglas, das sich physikalisch nicht schneiden lässt. Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile.
Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.
Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).
Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor.

Genes der Aufregung

Juli 2010
Danielle Spera beginnt ihre Tätigkeit als Direktorin. Sehr rasch muss sie erkennen, dass sämtliche Anforderungen an den Schutz der Kunstgegenstände in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr gegeben waren.
Die Klima- und Befeuchtungsanlage, die noch aus den 1980er Jahren stammt, war nicht mehr geeignet, Bedingungen herzustellen, die für sensible Artefakte notwendig sind. Die Kunstwerke waren in Gefahr!
Die Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek befürchtete sogar, dass in naher Zukunft kein anderes Museum dem Haus mehr Leihgaben zur Verfügung stellen würde.

August 2010
Während der heißen Tage des Sommers brach die Klimaanlage nahezu täglich zusammen. Die Reparaturen beliefen sich rasch auf mehrere zehntausend Euro. Es stellte sich heraus, dass die Anlage mit einem Kühlmittel betrieben wurde, dass nach EU-Richtlinien nicht mehr zulässig ist und auch nicht mehr nachgekauft werden kann.
Beide Aufzüge, Personenlift und Lastenlift entsprachen nicht mehr den gesetzlichen Auflagen. Immer wieder kam es auch zu Defekten, die kostenaufwendig repariert werden mussten.
Die neue Leitung suchte daraufhin bei der Stadt Wien um eine Bausubvention an, die im Dezember 2010 gewährt wurde.
Herbst 2010
In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.
Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht
durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.
Durch Hintergrundbeleuchtung und einem Spiegelsystem entsteht für den Betrachter, der vor den Glasplatten steht, ein dreidimensionales Bild. Die Hologramme zeigten Bilder von Objekten und Gemälden, die sich zum Großteil im Besitz des Jüdischen Museums befinden.
Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.

Planung Herbst 2010
Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt.
Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.
Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.

Die Suche nach einer neuen Heimat - Herbst/Winter 2010
Nachdem geklärt war, dass die Hologramme nach der Funktionssanierung nicht mehr aufgestellt werden würden, weil sie technisch ausgedient hatten, ging es darum, sie einzulagern, um sie als Stücke der Museumsgeschichte zu erhalten.

Die Direktorin Danielle Spera machte sich auf die Suche und konnte - nach vielen Absagen schließlich die Zusage des Technischen Museums erhalten, zwei der Tafeln zu übernehmen allerdings nicht für Ausstellungszwecke, da die Qualität dazu nicht mehr ausreichend war, sondern um sie in einem Depot des Technischen Museums aufzubewahren. Für die restlichen 19 Tafeln wurde das Lager einer Kunstspedition angemietet, in das die Glasplatten nach dem Abbau gebracht hätten werden sollen.

Abbauversuch Jänner 2011
Beim Versuch die Hologramme abzubauen und in das Depot zu bringen, stellte sich heraus, dass es keine Methode gab, sie abzumontieren oder abzusägen (siehe oben I/Die Fakten vorweg - die Hologramme).

Das zweite Set
Das Jüdische Museum Wien verfügt über ein zweites Set an kleineren Hologrammen aus Plexiglas.
Durch sie ist gewährleistet, dass dieses Instrument als Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt und damit ein wichtiger Teil der Geschichte des Jüdischen Museums Wien trotz der enormen Probleme um den Abbau der Originale in Erinnerung bleiben kann.
Diese so genannten Reisehologramme werden - nach heutigem Informationsstand - im Jahr 2012 für
sechs Monate in einem Museum in den USA ausgestellt werden.

Die neue Dauerausstellung
Das Jüdische Museum Wien wird die Erinnerung und die Zukunft weiterhin - mit anderen
Instrumenten als Hologrammen - zum Thema machen. Eines der Hologramme trug einen Satz von
Horkheimer und Adorno: "Nicht um die Konservierung der Vergangenheit, sondern um die
Einlösung der vergangenen Hoffnung ist es zu tun."

Rückfragehinweis:
Mag. Peter Menasse
Prokurist Jüdisches Museum Wien
Tel: 01 535 04 31134
E-Mail: peter.menasse@jmw.at
Dr. Alfred Stalzer
Presse & PR Jüdisches Museum Wien
Tel: 0664 506 4900
E-Mail: pr@stalzerundpartner.com