Dienstag, 12. April 2011

Der ICOM Vorstand antwortet Mitgliedern "betreffend Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien ."

Ende Februar haben Mitglieder von ICOM Österreich an den Vorstand ein Schreiben addressiert (hier), in dem um eine Stellungnahme zu einem Brief des ICOM Österreich-Präsidenten Wilfried Seipel (hier) ersucht wurde. Nun gibt es diese Stellungnahme.

Vorstand ICOM Österreich
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Herrn
Mag. Bernhard Purin
Austrian National Committee Comité National Autrichien Comité Nacional Austriaco ICOM – Österreichisches Nationalkomitee p.A. Burgring 5 1010 Wien
icom@icom-oesterreich.at www.icom-oesterreich.at

Wien, 11.04.2011

Stellungnahme des Vorstandes von ICOM Österreich
betreffend Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Ihr Schreiben an die Mitglieder des ICOM Österreich Vorstandes wurde in unserer Vorstandssitzung am 28.03.2011 eingehend diskutiert. Wir möchten Ihnen Ihre Frage wie folgt beantworten.

Frage 1: Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens? (bezogen auf das Schreiben von Präsident Prof. Dr. Wilfried Seipel an Frau Direktor Danielle Spera vom 14.02.2011)
Antwort: Alle anwesenden Vorstandsmitglieder haben diese Frage mit „Ja“ beantwortet. Hologramme werden als eine Form der Gestaltung und Inhaltsvermittlung angesehen, deren Veränderung oder Entfernung im Rahmen von Um- oder Neugestaltungen möglich sein muss. Hologramme werden von den anwesenden ICOM Vorstandsmitgliedern nicht als „unersetzliche Objekte“ verstanden.

Frage 2: Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll, dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind, einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?
Antwort: Auch diese Frage wird mit „Ja“ beantwortet. Es muss einem Präsidenten von ICOM Österreich zugestanden werden, seine Meinung öffentlich zu äußern. Eine Kopie des Schreibens an Frau Direktor Spera vom 14.02.2011 wurde vom Präsidenten mit der Bitte um Kenntnisnahme allen Vorstandsmitgliedern zugesandt.

Frage 3: Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig Partei ergreift und der Chefkuratorin in – wie wir meinen – diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?
Antwort: Ihre Frage enthält eine Anschuldigung, die wir zurückweisen müssen. Die im Rahmen der laufenden Diskussionen zitierten Ethischen Richtlinien von ICOM stehen nicht im Gegensatz zu Umgestaltungen im Schaubereich von Museen. Unterschiedliche Standpunkte von KuratorInnen und DirektorInnen sind in der Welt der Museen nicht gerade selten. Sie werden aber meist intern ausdiskutiert, wobei es sicherlich auch der Fall sein kann, das die/der letztverantwortliche
Direktorin/Direktor sich über fachliche Argumente der Kuratorin/des Kurators hinwegsetzt. Es ist menschlich verständlich, dass dies schmerzt und frustriert. Das Schreiben unseres Präsidenten richtet sich lediglich gegen die Art, wie Frau Direktor Spera öffentlich an den Pranger gestellt wird, wobei unter anderem ICOM Richtlinien zitiert werden. Die Unterstellung „niederer Motive“ in „diffamierender Weise“ (die Worte Ihres Schreibens) können wir im Schreiben unseres Präsidenten nicht erkennen.

Der Vorstand von ICOM Österreich ist sich bewusst, dass alle ICOM Mitglieder selbstverständlich in gleichem Maße zu vertreten sind und ist daher um Sachlichkeit bemüht. Er ist aber kein Schiedsgericht. Im vorliegenden Falle hat der Präsident einer in der Öffentlichkeit schwer angegriffenen Kollegin seine persönliche Solidarität bekundet. Er hat auch seine Betroffenheit über die Art der öffentlichen Diskussion geäußert. Selbstverständlich hat er dabei Partei ergriffen. Es ist nicht zu leugnen, dass dies nicht nur „privat“ geschehen ist, sondern auch in seiner Funktion als ICOM Präsident von Österreich. Er hat diese Stellungnahme aber nicht als akkordierte Meinung des Vorstandes von ICOM Österreich deklariert, welche es zum Zeitpunkt des Verfassens des Schreibens an Frau Direktor Spera auch nicht war und sein konnte. In der Vorstandssitzung vom 28.03.2011 wurde diese Vorgangsweise des Präsidenten allerdings von den anwesenden Vorstandsmitgliedern ausdrücklich akzeptiert.
Im vorliegenden Fall wäre es wohl zielführend gewesen, sich rechtzeitig als ICOM Mitglied an den Vorstand zu wenden, wenn die Sorge bestand, dass eine geplante Aktion ICOM Richtlinien verletzen könnte. Vermutlich wäre in einem gemeinsamen Gespräch bereits im Vorfeld Vieles geklärt worden.
In der Hoffnung, dass das Jüdische Museum Wien auch in Zukunft seinen wichtigen Aufgaben gut und erfolgreich nachkommen kann verbleiben wir
mit kollegialen Grüßen
die Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich

Mag. Carl Aigner
Dr. Christian Hölzl
Mag. Heimo Kaindl
Dr. Peter Keller
Dr. Hartmut Prasch
Dr. Brigitta Schmid
Prof. Dr. Gerhard Tarmann
Mag. Armine Wehdorn
Ing. Mag. Peter Weinhäupl
Mag. Udo B. Wiesinger

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