Mittwoch, 20. Januar 2010

In der Krise eine Krise des Museums? Oder doch nicht?

Gibt es in der Krise eine Museumskrise? Hier ein imaginäres Gespräch zwischen Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und Michael Eissenhauer Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und Präsident des Deutschen Museumsbundes, zusammengestellt aus rezenten öffentlichen Äußerungen beider.
Google kennt übrigens die Antwort: wenn man "Museumskrise" eintippt wird am gefragt, ob man nicht in Wirklichkeit nach "Museumskarte" sucht. 



Roth: Museen leisten vor allem eine unermessliche Bildungsarbeit für unsere Kinder und Enkel. Das ist nicht zum Nulltarif zu haben. Was aber ist davon zu halten, wenn der Staat sich in der Rettung bankrotter Unternehmen ergeht und die Kultur geht leer aus? Wie könnten alle Museen gemeinsam – mit nur einem geringen Teil dieser Mittel – europäische Kulturgeschichte, europäisches Wissen und Wertesystem feiern.

Eissenhauer: Die Finanzierung der deutschen Museen ist Gott sei Dank nie auf die Finanzierung der Sponsoren gegründet gewesen. Die haben uns zum Teil ein sehr üppiges Kürprogramm ermöglicht. Worauf wir uns besinnen müssen, ist, dass Museen einen fundamentierten Stellenwert in der Gesellschaft haben, Bestandteil unserer kulturellen Überlieferung sind, Bestandteil auch kultureller Bildung in Deutschland sind, und diese Finanzierung bricht im Augenblick nicht weg.

Roth: Der Staat zwingt Museen, sich an Sponsoren und Mäzene zu wenden, was dazu führen kann, daß er sich aus seiner finanziellen Verantwortung zurückzieht.  (...) Deutschlands Museen sind nicht aufgestellt, alles dem Spiel der Marktkräfte zu überlassen. Denn schließlich ist nicht Wettbewerbsfähigkeit Zweck der Museen. Sie haben einen Wirtschaftswert, der sich nicht auf Besucherzahlen reduzieren oder mittels Zahlen erfassen lässt.

Eissenhauer: Ich habe nie erlebt, dass sich Sponsoren in inhaltliche Fragen eingemischt hätten oder inhaltliche Forderungen gestellt hätten. Ich habe aber eigentlich immer Verständnis dafür aufgebracht, dass Sponsoren aus ihrer Sicht ihr Interesse vertreten, das für sie der werbliche Aspekt ist des Engagements. Insofern gehören zu dieser Vermählung in den Private Public Partnerships eigentlich immer zwei dazu, und ich habe nie verstanden Kolleginnen und Kollegen, die darüber klagten, dass sie vielleicht mit Forderungen konfrontiert sind, die sie für zu weitgehend halten.

Roth: Der Staat muss als Garant für die Museen in die Pflicht genommen werden (können). Er fördert, sichert und bewahrt damit den eigenen Staatsschatz. Er ist mit seinen Steuergeldern der Hauptgeldgeber und das wird er auch künftig bleiben (müssen). Wenn der Staat es zur Bedingung macht, dass Museen private Gelder einwerben, dann stellt er seine eigene Aufgabe in Frage und führt sich selbst ad absurdum.

Eissenhauer: Dass daran sich etwas durch die Krise geändert haben sollte, kann ich nicht erkennen. Ich habe das schon vorher und früher immer propagiert und habe gesagt, zu schlechtem Verlauf von Sponsorpakten gehören immer zwei dazu, einer, der es macht, und einer, der es mit sich machen lässt. Und insofern besteht Partnerschaft eigentlich immer auf Augenhöhe, wenn sie gut ist, und zu dieser Augenhöhe gehört auch ein Selbstbewusstsein.

Roth: Wir haben hier einfach ein falsches Verhältnis zu unserer eigenen Kunst, zu unserer eigenen Kultur, in unserem eigenen Staat. Also das heißt, wir haben so ein Verhältnis zu dem Reichtum entwickelt, den wir nun mal alle gemeinsam besitzen, nämlich zu unserem enormen Kunst- und Kulturreichtum in diesem Land - weltweit beinahe einzigartig -, indem wir sagen, na ja, es halt schön, dass wir das haben, kostet aber auch eine ganze Menge und vielleicht können wir es uns ja gar nicht mehr leisten. Dabei ist das unsere Zukunft. Das ist Bildung, das ist Geschichte, das ist das, woraus man Zukunft macht, das ist das, was wir unseren Enkeln weitergeben. Da dürfen wir doch nicht drüber nachdenken, ob man sich das leisten kann oder wer dafür bezahlt, sondern das ist unsere gemeinsame Verantwortung! Und ich habe wenig Verständnis dafür, dass wir Aufgaben, die wirklich der Staat - und noch mal, der Staat ist nicht eine abstrakte Größe, sondern das sind wir, das ist sozusagen das von uns gewählte, in einem demokratischen System gewählte Repräsentantentum ... dass wir dieses zu unserer eigenen Aufgabe machen und uns auch wirklich sicher sind, dass wir das in Zukunft auch noch unterstützen und haben wollen, weil das können wir nicht an die Wirtschaft delegieren, die wenig damit anfangen kann. Und vor allen Dingen, für die Wirtschaft ist das ein Fremdgeschäft, das ist ein nettes Marketing, aber das kann nicht das ersetzen, was der Staat zu leisten hat.

Eissenhauer: Dass die Mittel nicht mehr so selbstverständlich fließen, glaube ich, daran werden wir uns gewöhnen müssen. Da müssen wir uns sicherlich mit auseinandersetzen. Aber im Augenblick bricht meines Erachtens nicht die Welt zusammen, sondern (...) wir müssen einfach klarer auch uns darin positionieren und auch klarer herausarbeiten, wofür wir stehen, was wir anbieten können, wo unsere Stärke als Partner auch für Sponsoren und aber auch als Partner des uns alimentierenden Staates sind.

Roth: Nur wenn wir gemeinsam deutlich machen, dass die Mitarbeiterzahlen jenseits des Zulässigen sind, dass die reduzierten Mannschaften sich selbst ausbeuten und dass der daraus resultierende Verlust an Kultur einhergeht mit der Zerstörung der eigenen Identität, haben wir überhaupt eine Chance.

Eissenhauer: Wir haben, um es für die Staatlichen Museen zu Berlin zu formulieren oder Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu sagen, wir haben ein Finanzierungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den 16 Ländern, die unsere Finanzierung festgeschrieben haben. Da gibt es leider, leider, leider keine Zuwachsraten, aber es gibt auch nicht die Befürchtung eines Abbaus, eines Schmälerns. Insofern ist da eine sehr verlässliche Grundlage.

Roth: Es ist nun aber an der Zeit dem Staat einmal mehr zu erklären, was er aufgibt, wenn er ihnen diese Aufgabe vollkommen überlässt. Es muss Schluss sein mit erdbodentiefen Verbeugungen und Betteleien der Museen und deren Direktoren. Museen  tun sich schwer mit der Sprache der Ökonomie, und sie tun gut daran. Es ist eine Sprache, der Museen nicht unterliegen sollten und die zu sprechen von ihnen nicht vorausgesetzt werden darf. Diese Sprache geht den Museen an die Substanz.

Eissenhauer: Den Staat daran zu erinnern, dass er hier in der Verantwortung steht, das ist sicherlich gut, jeden Tag zu tun, ob Krise oder nicht Krise. Diese Verantwortung besteht. Und diese Verantwortung hat der Staat meines Erachtens auch zu keiner Phase in Zweifel gezogen oder zur Debatte gestellt.

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