Für Nina Gorgus, der ich viele inspirierende Texte, Unterstützung als Neo-Blogger und die Entdeckung neuer Museen verdanke. Gottfried Fliedl
Wohnhaus, Studio, Archiv, Galerie, Antikensammlung, Bibliothek, Gruft? Von allem etwas, aber sicher nicht das was wir landläufig unter Museum verstehen. Zu Lebzeiten seines Schöpfers war es das auch nicht, sondern Wohnsitz der Familie Soane. Dieses Hybrid von Räumen, Gängen, Treppen, Schächten, Durchblicken, Vexierbildern ist – heute – John Soane’s Museum. Eines der merkwürdigsten, bizarrsten, interssantesten Museen überhaupt.John Soane (1753 - 1837) galt bereits zu Lebzeiten und gilt bis heute als einer der bedeutendsten englischen Architekten. Von dem Einkommen, das er aus seinen Projekten bezog - darunter war eine der wichtigsten und größten Bauaufgaben seiner Zeit, der Neubau der Bank of England –, und auf Grund von Erbschaften konnte er sich, als angesehener und wohlhabender Mann, im Londoner Lincoln's Inn Fields niederlassen.
Er erwarb dort das Haus Nr.12 und nach und nach zwei benachbarte Häuser und baute sie in Etappen aus. Zum Entsetzen seiner Erben vermachte er alles dem Staat und bestimmte in einer testamentarischen Verfügung, dieses Ensemble unverändert als Museum der Öffentlichkeit zu bewahren - for the benefit of Amateurs and Students of Painting, Sculpture and Architecture. Dieser Wunsch wurde nach Soanes Tod erfüllt, das Museum öffnete noch in seinem Todesjahr und so blieb dieser einzigartige Ort seither weitgehend unverändert erhalten.
Er erwarb dort das Haus Nr.12 und nach und nach zwei benachbarte Häuser und baute sie in Etappen aus. Zum Entsetzen seiner Erben vermachte er alles dem Staat und bestimmte in einer testamentarischen Verfügung, dieses Ensemble unverändert als Museum der Öffentlichkeit zu bewahren - for the benefit of Amateurs and Students of Painting, Sculpture and Architecture. Dieser Wunsch wurde nach Soanes Tod erfüllt, das Museum öffnete noch in seinem Todesjahr und so blieb dieser einzigartige Ort seither weitgehend unverändert erhalten.
Nicht genug damit. Soane hatte eine Vorliebe für in die Decke eingelassene, gewölbte, runde Konvexspiegel, die den umliegenden Raum wie in einem Brennglas fangen und Raum und Ausstattung verfremden.
Der Grundriss sieht recht überschaubar aus, aber es scheint der Architekt alles unternommen zu haben, um über diesem rationalen Raster ein Reich der überraschenden Übergänge, der beständigen Verwandlung, der Auflösung der festen Grenzen, des flutenden Lichts zu schaffen. Die Räume sind auf recht unterschiedliche Weise untereinander verbunden, nicht alle kann man betreten, aber man kann in sie hineinsehen und andere bilden überlegt inszenierte Blicke auf Räume, Raumteile oder ein bestimmtes Arragement von Objekten.
Soane scheint sein Haus wie ein Regisseur genutzt zu haben, das er Interessierten wie eine Bühne öffnete, aber nur wenn das ihm geeignet scheinende Licht herrschte, lumiére mysterieuse, das den Dingen ein eigentümliche Zwischendasein zwischen Schatten und Helligkeit verleiht.
Tatsächlich gibt es all die einzelnen Funktionen, die man von einem (gutbürgerlichen) Haus erwartet – die wohnlichen Räume, einen Ankleideraum, einen Speiseraum usw., aber auch ein Studio, in dem Soane mit seinen Architekturstudenten arbeitete, die Bildergalerie (picture room), die durch eine ingeniöse Anordnung verschiebbarer und aufklappbarer Wände in einem verhältnismäßig kleinen Raum viele Werke aufnehmen kann, dann aber auch eine Art Binnenhof, monks parlour, der mit einschlägigen Spolien bestückt, Soane als Bühne für gesellige Zusammenkünfte diente. In der 'mittelalterlichen' Mönchszelle - die von manchen Interpreten als Parodie auf die zeitgenössiches Gotik-Mode gedeutet wird -, mit ihren bleiverglasten Fenstern und einer morbiden Ausstattung wie einem hölzernen Skelett, versammelte Soane die Gäste zum Nachmittagstee.
Wie in durch Foucalts Zitierung berühmt gewordnen Text Borges’, ist es auch hier so, daß das einzig Gemeinsame der Dinge das Fehlen eben eines Gemeinsamen ist, insofern ist es ein unvollendbares Universum, das erst mit dem Tod des Sammlers zum Stillstand kam.
Wie im ganzen Haus geht es auch hier weder um eine historische, chronologische oder taxonomische Anordnung, sondern um eine ästhetische, um geheime Verwandtschaften und Beziehungen unter den Dingen, die man als Besucher in einer nie enden wollenden Entdeckungsreise zu entziffern – oder einfach zu genießen - aufgefordert ist. Es sind nicht in erster Linie, die Dinge, auf die es hier ankommt, sondern um die Beziehungsmöglichkeiten, die durch ihre Anordnung zueinander, durch ihre Platzierung im Raum und durch die Beziehung zum Betrachter bestimmt werden.
Daß das Museum unter anderem 'modern' ist, insofern dies Transformation oder Zivilisierung notwendigerweise immer unabgeschlossen bleiben muß, das macht Soanes kaleidoskopische Maschinerie deutlich.
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