Agnes und Karl-Heinz Essl haben irgendwann begonnen, einen Teil des Gewinnes ihres großen Baumarktunternehmens in Kunstankäufe zu investieren. Teile der Kunstsammlung wurden in der Firmenzentrale in Klosterneuburg-Weidling ausgestellt – wo auch heute noch Ausstellungen stattfinden. Kennzeichnend für die mäzenatische und altruistische Haltung des Sammlerehepaares ist, daß man schon damals versuchte, auch die Belegschaft der Firma für moderne Kunst zu interessieren.
Als das Museumsquartier in Wien in Planung und kontroverser Diskussion stand, tauchte kurz die Idee auf, die Sammlung Essl dort anzusiedeln und ihm ein Museum zu widmen. Ich weiß nicht, ob das Scheitern dieser Pläne den Ausschlag gab, aber man entschloss sich, auf eigene Kosten ein Museum zu errichten, nur wenige hundert Meter vom Firmensitz entfernt, und geplant von demselben Architekten der auch schon das Bürohaus geplant hatte: Heinz Tesar.
Das ist einer der Gründe, warum ich das Museum mag – seine unprätentiöse Architektur, die mit einem Minimum an musealem Pathos auskommt und, so nehme ich es wahr, mit Eleganz und Entspanntheit einen wunderbaren Rahmen für den Museumsbesuch bietet.
Der Museumsbesuch beginnt mit einem beispiellosen Understatement. Wo andere, moderne oder historische Museen, den liminalen Übergang vom Stadt- zum Museumsraum mehr oder wenig dramatisch akzentuieren, gibt es hier nur eine Rampe mit selbstöffneder Metalltür und dann steht man in einem Raum, der rechter Hand die Kassa und Garderobe aufnimmt, während man linker Hand Treppe und Lift findet. Die Anmutungsqualität dieses nüchternen Empfangsraumes läßt einen umso überraschter den ersten Stock, mit seinen im unregelmäßigen Rechteck angeordneten Ausstellungsräumen, entdecken. Ein begrünter Innenhof, viel Glas, Licht und Blickfreiheit vermitteln jenes Minimum an räumlicher Alterität, ohne die vielleicht doch kein Museum auskommen kann. Über einem der Ausstellungsflügel liegt dann noch der größte der Ausstellungssäle, daneben ein Cafe und ein kleiner Bookshop. Im Niemandsland zwischen Bahntrasse und Straße einerseits und Donauau andrerseits gelegen, ist der Bau mit diversen Ausblicken in der Umgebung verankert, vor allem von einer Art Belvedere aus mit der Vedute des Stiftes, die seit je her so etwas wie ein das die Stadt Klosterneuburg repräsentierendes ‚Ikon’ ist.
Das Museum habe ich am Beginn als Nachhilfeunterricht für zeitgenössiche österreichische Kunst genossen. Wie nirgends sonst, gab es hier die Möglichkeit, die Arbeiten der jüngsten Generationen kennenzulernen. Sammlungsausstellungen wechselten und wechseln bis heute mit thematischen für die gelegentlich externe Kuratoren herangezogen werden. Das Spektrum der Interessen des Sammlerehepaares hat sich inzwischen beträchtlich erweitert und Ausstellungen zur zeitgenössichen Kunst Chinas, Indiens oder Osteuropas wetteifern mit den Strategien größerer und staatlicher Kunstmuseen.
Eine Besonderheit des Museums, der Haltung von Agnes und Karl-Heinz Essl geschuldet, ist die strikte Verantwortlichkeit gegenüber Publikum und Öffentlichkeit. Von Anfang an gab es eine große Vermittlungsabteilung (meiner Einschätzung nach die größte in Relation zur Größe des Museums in Österreich), eine Abteilung, die ein breites Spektrum von Methoden, Angeboten und Projekten entwickelt hat. Das Team ist offenbar sehr gut integriert, wie kaum ein vergleichbares anderswo; die Hierachien scheinen im Haus flach zu sein, die Grenzen zwischen Kuratoren, Vermittlern und den auch kuratorisch tätigen Sammlern sehr durchlässig. Das heißt, daß die Vermittler an der Produktion von Ausstellungen beteiligt sind und auch selbst welche kuratieren.
Für Österreich ist das selbstlose Engagement der Sammler beispiellos. Dafür gibt es hiezulande kaum Tradition. Es ist ein sehr besonderer Ort entstanden, an dem man, so ist es mir oft gegangen, wunderbare Entdeckungsreisen durch die Gegenwartskunst machen kann.
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