Freitag, 8. März 2013

Der immer noch sterbende Kaiser. Maximilian von Mexico, ausgestellt

Als Schulkind war ich ein veritabler Maximilian von Mexico - Experte. Ich hatte nämlich alle fünf Bände des Kolportageromans gelesen, der ursprünglich Waldröschen hieß und dessen Autor sich Capitain Ramon Diaz de la Escosura nannte. In der Buchhandlung meiner Kindheit, in der ich nach und nach Schloß Rodriganda, Die Pyramide des Sonnengottes, Benito Juarez, Trapper Geierschnabel und endlich Der sterbende Kaiser (das war Maximilian) um einige Groschen entlehnte, wurden die Bände freilich unter dem Namen des wirklichen Autors entliehen - Karl May.


Mein Expertentum verblasste, Kolportageromane des 19. Jahrhunderts vermögen offenbar bei mir kein nachhaltiges Geschichtsbewußtsein zu stiften. An den Inhalt habe ich keinerlei Erinnerung mehr, aber Wikipedia, dieses supranationale Großgedächtnis ließ einige Gedächtnissplitter wieder aufblitzen: An Karl Sternau, den Namen des Arztes aus Deutschland erinnerte ich mich, der den spanischen Grafen Emanuel de Rodriganda heilen und dessen Tochter Rosa heiraten soll, was aber vom ruchlosen Schurken Cortejo beinahe vereitelt wird indem er Sternau in Mexiko in eine Pyramide einsperrt. Zuvor hatte er seinen eigenen Sohn gegen den Erben des Grafen ausgetauscht, um Rodriganda in seine Hand zu bekommen. Es geht klarerweise alles gut aus - bis auf den leidigen Umstand, daß der Kaiser erschossen wird.
 
Diese Geschichte ist auch ein Kolportageroman, denn daß sich die Europäischen Großmächte (mit Ausnahme Frankreichs, das die Idee dazu lieferte) und vor allem Mexico selbst mit der Idee anfreunden könnten, daß ein Mitglied des österreichischen Herrscherhauses mal rasch mit einem Schiff übersetzt um dort drüben in Südamerika Kaiser zu werden, das konnte doch nicht mal Maximilian selbst ernsthaft glauben. Hat er aber. Aber nur kurz.
Mexico war ein selbständiges und selbstbewusstes Land, das einen beliebten Präsidenten hatte, der die Politik der Unabhängigkeit gegenüber Europa energisch vorantrieb (erinnert ja an was, oder?). Also, lange hat das nicht gedauert, das mit dem Kaisertum. Maximilian wurde verhaftet, vor Gericht gestellt, verurteilt und erschossen. Mit einem Schiff nach Österreich gebracht und in der Kapuzinergruft beigesetzt.

Und? Nun, er ist ausstellungstauglich geworden. Und das Hofmobiliendepot oder auch Möbel Museum Wien genannt, das so manches Relikt dieses Maximilian besitzt (sein Sombrero hatte es mir schon immer angetan, schon als er nur ein beiläufig abgelegtes Depotobjekt und anderen war) zeigt eine Ausstellung, noch bis zum 18. August dieses Jahres. Samt zerschossenem Rock und richtigem Sarg,
Und wenn Edouard Manet nicht ein weltberühmtes Bild von der Erschießung gemalt hätte, wer weiß, wer sich noch an Maximilian erinnerte? Karl Mays Kolportagen liest wohl niemnd mehr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen