Das Museo della Civiltà Romana gehört zum Kuriosesten, was ich unter Museen kenne. Das riesige Museum besteht fast ausschließlich aus Repliken, Modellen, Abgüssen und veranschaulicht mit ihrer Hilfe das, was in Museen eher selten zu sehen ist: die zivilisatorische Seite der geschichtlichen Entwicklung. Das Römische Reich war bekanntlich gerade in dieser Hinsicht sehr nachhaltig wirksam. Rechtssprechung, Straßenbau, Verwaltung uvam. bilden bis heute wirkende Grundlagen der europäischen Geschichte. Davon erzählt das Museum.
Wir finden in den weiten Sälen daher kaum etwas zur politischen Geschichte und wenig zu Kunst und Literatur – es sei denn, sie taugen als Zeugnisse für materielle Verhältnisse, Organisation des Handels und einschlägige Bauten, militärische Bauwerke, Häfen, Brücken, Straßen, Bäder, Aquädukte, Hausbau, Tempelbau, Medizin, Pharmazie und so weiter. Ein Highlight ist ein riesiges Modell des antiken Rom, das zwischen 1933 und 1937 hergestellt wurde.
Das Museum steht in einer langen Tradition der Instrumentalisierung des Römischen Reiches für jeweils aktuelle politische Zwecke: 1911 wurde eine archäologische Ausstellung in den Diocletians-Thermen veranstaltet. Der Anlaß war der 50. Jahrestag der Italienischen Einheit. 1929 wurde das aus unter anderem für diese Ausstellung hergestellten Modellen und Repliken geschaffene Museo dell'Impero Romano eröffnet, als ein Archiv und Studienzentrum der Römischen Welt. Daß sich der Italienische Faschismus der Geschichte des Römischen Reiches bemächtigte, ist nicht überraschend. Im zu diesem Zweck umgebauten, aus dem 19. Jahrhundert stammenden Palazzo delle Esposizioni wurde 1937 eine Augustus-Ausstellung, Mostra Augustea della romanità, ausgerichtet.
Für 1942, zur Feier von zwanzig Jahren Faschismus in Italien, sollte endlich ein permanentes Museum die diversen Sammlungen zusammenfassen. Die Errichtung eines Museumsbaues (Architekt: Pietro Aschieri) war im Komplex der Esposizione Universale di Roma (der von Mussolini geplanten Weltausstellung) vorgesehen, stockte wegen des Krieges und wurde nach 1945 mit finanzieller Unterstützung des FIAT-Konzerns fertig gebaut und eingerichtet. 1952 gab es eine Teileröffnung, das gesamte Museum war ab 1955 zugänglich.
Über den historischen, politischen und städtebaulichen Kontext schweigt sich das Museum weitgehend aus. Die heutige Benennung des auf den faschistischen Stadtplan zurückgehenden Bebauung, Quartiere XXXII. Europa, tilgt ebenfalls die Geschichte. Dabei ist das Umfeld, die modernen Nachkriegsbauten und die bis 1942 realisierten Bauten der EUR, interessant, allen voran der Bau, der dann die Zivilisationsgeschichte bis zum Faschismus zeigen sollte, der Palazzo della Civiltà Italiana.
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