Alle Jahre wieder tauchen die Besuchszahlen der Österreichischen Bundesmuseen auf, dann, wenn der letzte Kulturbericht veröffentlicht wurde. Dann gibts eine Presseaussendung und einschlägige Artikel in den Blättern der Hochintelligenz. Die Statistik ist immer erfreulich, immer ist irgendetwas gestiegen, immer ist irgendjemand besser geworden, immer hat irgendwer einen Rekord eingestellt.
Gestern durften wir im Standard (hier) wieder einen solchen Artikel lesen, wobei Entwicklungen seit 2002 berücksichtigt wurden. Und immer werden gleich mehrere gravierende Sachverhalte ignoriert, deren Berücksichtigung freilich diese Art des statistischen Vergleichs ad absurdum führte.
Zunächst mal - wie oft ist das schon gesagt worden -, was man zählt, sind nicht Besucher, sondern Besuche. Das ist insofern alles andere als egal, als solche Statistiken, wenn man diese Unterscheidung nicht trifft, die sehr ungleiche Nutzung der unterschiedlichen sozialen Gruppen unterschlägt. Streng genommen könnte ein mehr an Besuchen nicht unbedingt ein mehr an Besuchern bedeuten.
Der zweite gravierende Einwand: die Zahl der Besuche korreliert selbstverständlich mit der Zahl der Ausstellung und mit ihrer Attraktivität. Da die Museen bei der Erhebung der Zahlen keinen Unterschied zwischen der permanenten Ausstellung und den Sonderausstellungen machen können oder wollen, macht die ganze Vergleicherei freilich sehr wenig Sinn.
Der Autor des Standard-Artikels, Thomas Trenkler, nennt selbst den Einfluß etwa der Klimt-Ausstellung in der Österreichischen Galerie oder der van Gogh-Ausstellung in der Albertina.
Drittens: Unberücksichtigt bleiben Schließzeiten, vorübergehende Einschränkungen des Dauerausstellungsbetriebes, wie etwa beim MMK, das Wachsen oder Schrumpfen von Museen durch Ein- oder Ausgliederungen, wie etwa beim KHM oder der Österreichischen Galerie. So wird weder aus der Statistik noch aus dem Artikel klar, ob etwa das Museum des XXI.Jahrhunderts berücksichtigt wurde oder nicht, während beim KHM etwa das Völkerkundemuseum nicht mitgezählt wurde. Die Struktur der Museen hat sich im dargestellten Zeitraum immer wieder verändert. Hingewiesen wird nur auf die Schließzeit der Albertina und des MUMOK.
Viertens: Alle wissen es, kaum jemand redet darüber. Die Zahlen werden geschönt. Jetzt läßt sich das etwas leichter behaupten, da ja die Manipulation der Erhebung am MAK unter der Direktion Noever bekannt wurde. Nicht nur ich kenne Museen, die ein- und denselben Besucher zweimal oder sogar dreimal zählen, wenn er etwa in ein- und demselben Museum Sonderausstellungen und die Dauerausstellung besucht. Apropos: Ob die bekannt gewordenen Manipulationen an den Zahlen des MAK in der Statistik noch drinstecken oder nicht, auch das erfährt man nicht.
Fünftens und zum Schluß und bis zum Überdruß: Alle machen immer auf die Sinnlosigkeit der Quotenzählung hin, die Kuratoren, die Journalisten, und alle machen mit, veröffentlichen die Zahlen, versehen sie mit jubilatorischen Aufmachern, als hätte grade der Finanzminister einen Budgetüberschuß verkündet.
Und niemand diskutiert über Qualität und Inhalte und über alternative und sinnvolle Möglichkeiten, die Arbeit von Museen (die ja nicht bloß im Ausstellen besteht) zu bewerten. Es ist trostlos.
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