Musée national d'Art moderne, Paris. 2014 Foto: GF |
Dienstag, 30. September 2014
Das Musée Jay-Cognac in Paris und eine Frage von Bertold Brecht
Wird man in 120 Jahren die Sammlungen aserbaidschanischer Oligarchen, liechtensteinischer Steuerberater oder hongkonger Tycoone in städtischen oder staatlichen Museen besichtigen und bestaunen, wie man das heute in Museen mit Sammlungen von Stahlbaronen, Kurfürsten oder Großbürgern tun kann? Gut möglich. Und wird die wunderbare museale Transformation auch das Gedächtnis an diese Personen so verwandeln, daß nur ein ehrendes Gedenken an ihr kulturelles Engagement übrigbleibt, die schiere humane Geste ihr Erbe an die Nachwelt? Wahrscheinlich. Um diesen erwünschten sozialen Sublimierungsprozess geht es ja in erster Linie dabei, oder?
Das kleine Musée Jay-Cognac in Paris ist so eine Sublimations- und Transformationsmaschine. Wenngleich das Ausmaß der wirtschaftlichen Tätigkeit, aus deren Erträgen kaum kriminell oder korrupt gewesen sein dürfte und außerdem vergleichsweise bescheiden. Eine Ehepaar, das grade mal ein Grosskaufhaus (Samaritaine) besitzt, aber keine Kinder hat und nicht vererben wird, sammelt barocke Kunst. Zwischen 1900 und 1925. Beziehungsweise läßt Sammeln, weil es die einschlägige Kompetenz nicht hat und auch nicht erwerben will.
Immerhin führt dieses Sammeln-Lassen im überschaubaren und - wiederum - bescheidenen Ausmaß dazu, daß sich in der Sammlung von Gemälden und Plastiken zusammenfinden, die auch heute noch als qualitätvoll eingeschätzt werden und für Besucher als interessante Kunstwerke gelten. Gemälde gibt es da etwa von Fragonard, Boucher, Robert, Corot, Canaletto, Tiepolo usw. und sogar eins von Rembrandt und Plastiken, Büsten, Möbeln und Geschirre, zusammengestellt so wie sie möglicherweise das Wohnambiente des Paares gebildet haben mögen, die nicht nur „Barock“ sammelten, sondern es ganz gerne „barock“ um sich haben wollten - es gibt auch einen authentischen und voll eingerichteten barocken Salon, heute nur noch Schaustück, vor dem Betreten mit Kordeln geschützt. Kurzum, man bewegt sich sowohl in einem Museum, aber in einem, dessen period style auch ein Dokument der Wohnkultur des begüterten Paares ist.
Das Testat der erbenlosen Kaufhausbesitzer hat die Stadt Paris 1928 angenommen, die Sammlung zusammengehalten und, nachdem man es 1990 übersiedelte, in einem beachtlichen Renaissancebau, dem Hôtel Donon von circa 1575 ausgestellt. Eine andere Rezpetion, als die der kunstkennerschaftlichen, des ästhetischen Flanierend, ist kaum möglich. Die Räume sind als ein Stück Testamentskultur auf ihrem Überlieferungsdatum festgefroren, kaum etwas durchbricht die historisierende Atmosphäre mit der Dokumentation der Geschichte der Sammlung.
Mit meiner Frage, die ich mir auch vor den Schätzen des Dresdners Kurfürsten stelle oder den Zimelien der sogenannten Kunstkammer im Wiener Kunsthistorischen Museum (ich könnte hier mehr Orte aufzählen), bin ich auch im Musée Jay-Cognac allein. Die lautet sinngemäß wie die Bertold Brechts: Hatten die nicht auch einen Koch dabei?
Das kleine Musée Jay-Cognac in Paris ist so eine Sublimations- und Transformationsmaschine. Wenngleich das Ausmaß der wirtschaftlichen Tätigkeit, aus deren Erträgen kaum kriminell oder korrupt gewesen sein dürfte und außerdem vergleichsweise bescheiden. Eine Ehepaar, das grade mal ein Grosskaufhaus (Samaritaine) besitzt, aber keine Kinder hat und nicht vererben wird, sammelt barocke Kunst. Zwischen 1900 und 1925. Beziehungsweise läßt Sammeln, weil es die einschlägige Kompetenz nicht hat und auch nicht erwerben will.
Immerhin führt dieses Sammeln-Lassen im überschaubaren und - wiederum - bescheidenen Ausmaß dazu, daß sich in der Sammlung von Gemälden und Plastiken zusammenfinden, die auch heute noch als qualitätvoll eingeschätzt werden und für Besucher als interessante Kunstwerke gelten. Gemälde gibt es da etwa von Fragonard, Boucher, Robert, Corot, Canaletto, Tiepolo usw. und sogar eins von Rembrandt und Plastiken, Büsten, Möbeln und Geschirre, zusammengestellt so wie sie möglicherweise das Wohnambiente des Paares gebildet haben mögen, die nicht nur „Barock“ sammelten, sondern es ganz gerne „barock“ um sich haben wollten - es gibt auch einen authentischen und voll eingerichteten barocken Salon, heute nur noch Schaustück, vor dem Betreten mit Kordeln geschützt. Kurzum, man bewegt sich sowohl in einem Museum, aber in einem, dessen period style auch ein Dokument der Wohnkultur des begüterten Paares ist.
Das Testat der erbenlosen Kaufhausbesitzer hat die Stadt Paris 1928 angenommen, die Sammlung zusammengehalten und, nachdem man es 1990 übersiedelte, in einem beachtlichen Renaissancebau, dem Hôtel Donon von circa 1575 ausgestellt. Eine andere Rezpetion, als die der kunstkennerschaftlichen, des ästhetischen Flanierend, ist kaum möglich. Die Räume sind als ein Stück Testamentskultur auf ihrem Überlieferungsdatum festgefroren, kaum etwas durchbricht die historisierende Atmosphäre mit der Dokumentation der Geschichte der Sammlung.
Mit meiner Frage, die ich mir auch vor den Schätzen des Dresdners Kurfürsten stelle oder den Zimelien der sogenannten Kunstkammer im Wiener Kunsthistorischen Museum (ich könnte hier mehr Orte aufzählen), bin ich auch im Musée Jay-Cognac allein. Die lautet sinngemäß wie die Bertold Brechts: Hatten die nicht auch einen Koch dabei?
Montag, 29. September 2014
Wir gehen ins Museum
Wir
gehen ins Museum!
In
vielen Pariser Museen ist nicht mehr die Kassa oder der Infopoint das erste,
was man passiert auf seinem Weg zur Sammlung. Meist direkt im Eingang,
unmittelbar nach dem Eingangstor wird man von zwei kräftigen Uniformierten
einem Sicherheitscheck unterzogen. Der fällt weit einfacher als am Flughafen
aus und er ist sogar so lachhaft oberflächlich, daß man sich fragen muß, ob
seine Bedeutung nicht bloß symbolisch ist. Was einem signalisiert wird ist: Du
könntest ein Sicherheitsrisko sein und: das Museum ist überhaupt durch dich und
seine Besucher gefährdet. In „Zeiten wie diesen“ passt das in die allgemeine
Angst und paranoide Überwachung, daß auch Museen ihre Sicherheitsvorkehrungen
vervielfachen und auch so weit sichtbar machen, daß man es als Besucher
bemerken soll. Das verändert selbstverständlich den Besuch. Er ist nicht mehr
so zwanglos und selbstverständlich wie vordem, das Museum ist kein Ort des
freizügigen Aufenthalts. Im Musée Carnavalet befand sich nahezu in jedem
Ausstellungsraum eine Aufsichtsperson. Da stellt sich ein Gefühl ein, als ob
man in jeder Bewegung eingeschätzt würde, eine Frage, ob man sich denn
angemessen verhalte und nur ja nichts falsch mache.
Es
geht auch ganz anders. Nach einem kleinen Kiosk, an dem man das Ticket erwirbt,
betritt man das Museum, passiert ein Podest auf dem ein prachtvoller
Blumenstrauss steht und der zugleich den Strom der Besucher in solche die
kommen und solche die gehen teilt, und hat schon den Blick auf den ersten und
großen Saal mit seinen Kunstwerken frei, den man - ohne eine Tür oder eine
andere Schwelle zu passieren – betreten kann. Hier steht eine junge Frau, deren
ans Kleid geheftetes Schildchen sie als Auskunftsperson ausweist.
Gut,
ich rede hier von einem besonderen, von „meinem schönsten Museum“, der Sammlung
Beyeler in Basel, einem außen wie innen eleganten und subtil proportionierten
Pavillon, der einem schon durch seine Architektur und den alten Park der ihn
umgibt, Wohlbefinden vermittelt. Aber die Aufmerksamkeiten, die einem hier
zuteil werden, machen aus dem Besucher nicht Verdächtige mit Kontrollpflicht
sondern willkommene Gäste.
In
einem Land, das eine diesbezüglich grundsätzlich gepflegtere Museumskultur hat
als anderswo, in den Niederlanden, gibt es eine kleine Steigerung. Im Staedelijk
Museum in Amsterdam war bei meinem letzten Besuch (noch im alten Bau, der
provisorisch während des Umbaus für einige Zeit geöffnet worden war) nicht nur
ein Blumengesteck als ersten Willkommensgruß, sondern eine Mitarbeiterin kam
auf mich und meine Begleiterin zu und fragte uns, wie und ob sie uns helfen und
Auskunft geben dürfe. Aktives Bemühen – das ist sowieso die Königsdisziplin der
Öffentlichkeitsarbeit von Museen. Öffedntlichkeitsarbeit? Ja. Schade, daß das
Wort so besetzt ist, eigentlich eher nur das Arbeiten mit der medialen
Öffentlichkeit meint, knapp neben oder ohnehin fast ident mit Marketing,
während es für die Bemühungen um den Museumsgast vor Ort eigentlich kein Wort
gibt. Auch „Vermittlung“ (das sich an die Stelle der „Pädagogik“ gesetzt hat)
ist nicht geeignet, um zu beschreiben, worum es geht. Zum Beispiel darum, daß
Mitarbeiter des van Gogh Museums mitbekommen, daß da jemand mit Gehbehinderung
mehrfach ihr Museum besucht und sie schon beim zweiten Mal unaufgefordert dafür
sorgen, daß der einfache, nicht allgemein nutzbare Zugang bereitsteht. (Schon
mal mit Rollstuhl im obersten Ausstellungsstockwerk der Albertina gewesen?).
Im
modernen Museumsbauten sind die martialischen architektonischen Gesten, die
Einschüchteruns-Inszenierung (wie Wachen hoheitlich auf uns herabblickende allegorische
Statuen, hohe Stufen, übergroße Tore, gestaffelte Raumfolgen usw.) fast ganz
verschwunden. Stattdessen gibt es ebenerdige Zugänge, fließende Übergänge in
hellen Räumen, Barrierefreiheit, Transparenz. Die Kämmerchen oder Häuschen, in
denen ein Kassier die Karten ausdruckte und das Geld durch ein Fensterchen in
der Verglasung entgegennahm sind fast völlig verschwunden, außer man hält an
ihnen der Pietät wegen an der historischen Architektur fest, wie im Wiener
Kunsthistorischen Museum, was dazu führt, dass sich Besucherschlangen- und
–Gruppen wechselseitig behindern.
Heute
tritt man an frei stehende Möbel, die Service und Information signalisieren,
trifft auf MitarbeiterInnen, bekommt Informationen, mündlich oder schriftlich
und erste Orientierung. Den Ehrgeiz, sich dabei von Empfangsräumen großer Arztpraxen
oder Lobbys von Autohäusern zu unterscheiden haben die Museen noch wenig
entwickelt. Dabei hat man in Autohäusern meist schon ein Lockangebot oder ein
Luxusprodukt im Auge, während auch die moderne Museumsarchitektur dem Besucher
alles vorenthält, was an Museum gemahnen könnte, also vor allem eins:
Museumsobjekte. Seltsam, wie Museen es vermeiden, sich dort wo es wichtig und
sinnvoll wäre, es vermeiden, sich als Museen darzustellen. Die architektonisch
inszenierte Liminalität schuf immer schon Distanz zwischen dem Stadtraum und
den Ausstellungsräumen. Allerdings gab es dann, wieder ist das Wiener
Kunsthistorische Museum ein Beispiel, zeitgenössische Kunst, Fresken,
Skulpturenausstattung usw., die dem Bau seine besondere Rolle bezeugten. Heute
fehlt diese zeitgenössische Ausstattung meist und viele Empfangsräume haben den
Charme von Verwaltungsarchitekturen.
Ausnahmen
bestätigen die Regel. Das nach Plänen von 1963 von Gerrit Rietveld posthum
gebaute Van Gogh-Museum in Amsterdam ist ein wunderbar transparenter Bau, der
die Kommunikation im Inneren und zur Stadt hin ermöglicht und dennoch
ausreichend Räume und Flächen für den allberühmten Maler bereitstellt. Ritveld
entwickelte die Ausstellungsräume um eine Art von Lichthof mit offenen Umgängen
oder Emporen und findet trotzdem noch Platz großzügige Fenster in die Stadt zu
öffnen. Und: Hier hat man schon vom Eingang her den Blick auf den ersten Ausstellungsraum
frei und damit auf die ersten Werke - und auf die Besucher, die hier ihre
Selfies mit van Gogh knipsen. (Zu allem Überfluss, um die Annehmlichkeiten
dieses Museums vollständig zu würdigen, seis gesagt, gibt es hier ein sehr
gutes und freundlich geführtes Café).
Inzwischen
gibt es eine Beraterindustrie, Infodesigner, Museumssoziologen usw., die sich
mit Besucherverhalten, -bindung, -partizipation und was weiß ich nicht alles
beschäftigt. Ihr zum trotz hält sich hartnäckig dort, wo es am wichtigsten
wäre, die Schlamperei, Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit im Umgang mit dem
Wichtigsten, was das Museum hat: den Besuchern. Ich wundere mich immer, wie
Museen mit schlampigen oder Grundinformationen über das was und wo der
Ausstellung im Haus vergraulen und auf eine Art Schnitzeljagd schicken. Der
Blick eines Portiers, der einen taxiert, ob man Störenfried oder Ladendieb sein
könnte, kann einem das ganze Willkommen vermiesen, ein Messie-Ambiente
(Sitzmöbel wie aus dem Sperrmüll, Topfpflanzen wie aus dem Arbeitsamt,
Anschläge wie aus einem Gefängnis, Hausordnungen aus einer verflossenen
Diktatur...) sagen, daß es sich um ein Museum handelt, dessen Leitung sich und
das Haus schon aufgegeben hat.
Die
alten Museen suchten den das Haus betretenden Besucher einzuschüchtern,
signalisierten Bildungspflicht und hohe kulturelle Werte, sie breiteten die
soziale Distinktion, die das Museum vermittelt, opulent und unübersehbar aus. Neuere
Museen gerieren sich wie Dienstleister, cool, effizient, elektronisch, so als
ob sie einen Kulturkonsum im Modus des „cultural window shopping“ einzuleiten
hätten.
Alternativen
findet man nicht so oft. Hier ist eine. Ein Museum, das mit Spaß, Intelligenz
und Humor begrüßt. Das Kleine, feine Musée de la chasse et de la nature in Paris
(unbedingt hingehen!) hält in seinem Foyer einen witzig gemachten
Animationsfilm bereit, in dem man mit den „Regeln des Museumsbesuchs“
bekanntgemacht wird. Zum Beispiel diese: „Prefer speaking to the museum staff
rather than your mobile phone“. Also, (wenig) Zeigefinger mit Witz, aber
eigentlich ganz und gar nicht bevormundend. Man erfährt z.B., wo und wie man zu
Informationen kommt, was man mit Rücksicht auf Objekte und andere Besucher
lieber nicht tun sollte, was einem das Museum zumuten will und das alles
augenzwinkernd und pfiffig gemacht. Das Museum überwacht übrigens auch. Mit
einer aus Holz gedrechselten und geschnitzten „Überwachungskamera“, die an
einem kleinen, aus der Wand ragenden Ast auf den Besucher blind (und
augenzwinkernd?) herablugt.
Was
das Museum seinen Besuchern wünscht, erfährt man am Ende des erwähnten kurzen
Intro. Nämlich daß man das Museum mit neuen Fragen verlassen soll und – mit
frischen Träumen. Willkommen in unserem Museum!
Sonntag, 28. September 2014
Samstag, 27. September 2014
ICOM Österreich "evaluiert" die Museums-Weiterbildung
ICOM Österreich beabsichtigt, wie im bislang letzten Newsletter mitgeteilt wird, eine Art von Akkreditierung für Ausbildung im Museumsbereich einzuführen. Natürlich kann man die Unterscheidung nicht so weit treiben, daß man dies erlaubt und jenes verbietet, aber man setzt auf die Autorität des Vereins, gibt einen Fragebogen aus und wird dann Empfehlungen aussprechen - oder auch nicht.
Ein Betroffener, der Weiterbildung anbietet: "Das werden alle bekommen, wie beim Museumsgütesiegel."
So kann man's auch sehen.
Allerdings auch so: ICOM hat sich nie für Aus- und Weiterbildung stark gemacht, hat nie Diskussionen zur Professionalität der Museumsberufe abgehalten, hat kaum wo je einschlägige Initiativen unterstützt. ICOM hat in seinem Vorstand keine nennenswerte Expertise in diesem Feld, es bleibt unklar, wer eigentlich beurteilen soll, wer "zugelassen" wird, es existieren auch keine Kriterien, dafür was wünschenswert ist und wonach denn bewertet wird.
Offenbar wird auch keine Rücksicht auf die völlig unterschiedlichen Organisationsformen, Trägerschaften oder Zielgruppen, die es auf dem weiten Feld der Weiterbildung nun mal gibt.
Es gibt einen Fragebogen, der solche Zielkriterien nicht erkennen läßt, jedenfalls nicht explizit. Fragen beziehen sich z.B. darauf, ob man ICOM-Mitgliedern Ermäßigung gewähre oder ob man ICOM-Mitglieder einlade, was auf eine Vermischung der "Evaluation" mit Vereinsinteressen nahelegt.
Möglich, daß der zitierte Betroffene recht hat und alles bleibt wie es ist.
Und nicht nur in dieser Hinsicht darf man sich fragen, wozu das alles gut sein soll. Denn das ganze findet unter der "Schirmherrschaft" einer ICOM-Präsidentin statt, die nie eine Museumsausbildung erhalten hat. Und ihren Job doch ganz toll macht.
Ein Betroffener, der Weiterbildung anbietet: "Das werden alle bekommen, wie beim Museumsgütesiegel."
So kann man's auch sehen.
Allerdings auch so: ICOM hat sich nie für Aus- und Weiterbildung stark gemacht, hat nie Diskussionen zur Professionalität der Museumsberufe abgehalten, hat kaum wo je einschlägige Initiativen unterstützt. ICOM hat in seinem Vorstand keine nennenswerte Expertise in diesem Feld, es bleibt unklar, wer eigentlich beurteilen soll, wer "zugelassen" wird, es existieren auch keine Kriterien, dafür was wünschenswert ist und wonach denn bewertet wird.
Offenbar wird auch keine Rücksicht auf die völlig unterschiedlichen Organisationsformen, Trägerschaften oder Zielgruppen, die es auf dem weiten Feld der Weiterbildung nun mal gibt.
Es gibt einen Fragebogen, der solche Zielkriterien nicht erkennen läßt, jedenfalls nicht explizit. Fragen beziehen sich z.B. darauf, ob man ICOM-Mitgliedern Ermäßigung gewähre oder ob man ICOM-Mitglieder einlade, was auf eine Vermischung der "Evaluation" mit Vereinsinteressen nahelegt.
Möglich, daß der zitierte Betroffene recht hat und alles bleibt wie es ist.
Und nicht nur in dieser Hinsicht darf man sich fragen, wozu das alles gut sein soll. Denn das ganze findet unter der "Schirmherrschaft" einer ICOM-Präsidentin statt, die nie eine Museumsausbildung erhalten hat. Und ihren Job doch ganz toll macht.
Montag, 15. September 2014
Das Hessische Landesmuseum in Darmstadt ist wieder geöffnet
Unter dem Titel "Wimmelnde Welt" hat Christian Thomas dem nach vieljähriger Schließung und Sanierung heute wieder geöffneten Hessischen Landesmuseum in Darmstadt in der Frankfurter Rundschau einen schönen Artikel gewidmet.
So umfassendes Einlassen auf das Konzept des Museums und seine Umsetzung findet man nicht so oft - und der Artikel macht Lust aufs Hinfahren und Anschauen.
So umfassendes Einlassen auf das Konzept des Museums und seine Umsetzung findet man nicht so oft - und der Artikel macht Lust aufs Hinfahren und Anschauen.
Samstag, 13. September 2014
Museumsszene
Lecture Hall, Mechanics’ Institution, Derby, 1839
Hand Coloured Lithograph Print, from a drawing by Samuel Rayner
Image © and courtesy of Derby Museum & Art Gallery
|
Montag, 8. September 2014
Seltene Kritik am Heeresgeschichtlichen Museum
Via Anton Tantner und das Facebook werde ich mit dem Auszug einer Kritik an den laufenden Weltkriegsausstellungen bekannt. Seiner Einschätzung, daß der Text im "Augustin" von Robert Sommer eine "vernichtende" Kritik sei, kann ich nicht folgen. Es sind Anmerkungen und Beobachtungen, aber eine Kritik müsste wesentlich umfassender sein. Immerhin: Das Heeresgeschichtliche Museum verdiente jede Menge kritik und seltsamerweise gibt es die praktisch nicht. Die Historikerzunft ist bei Museums- und Ausstellungskritiken sowieso ziemlich absent.
DEshalb gebe ich hier die Passage wieder, die ohnehin schon über Facebook zirkuliert, als Anstoß, daß sich doch mal jemand dem Heeresgeschichtlichen Museum annehmen sollte.
Robert Sommer im "August" (Nr. 373, 3.9.2014, S.24f): "Das HGM hatte 5 Millionen Euro zur Verfügung, um die Ausstellungsräume 'Erster Weltkrieg' zu erneueren. Eine Chance wurde vertan. (...) Radetzky, Gottvater des österreichischen Militarismus, scheint mit seiner Präsenz das Einsickern zivilen Geistes ins Arsenal zu überwachen. Die Military-Modeschau - Vitrinen voller fesch herausgeputzter Ulanen, Dragoner, Militärgeistlicher, Pioniere, Infanteristen, Militärrechnungsbeamter, Landesschützen oder Gardewachtmeister - nimmt die Hälfte der Fläche ein. (...) Keinem Besucher, keiner Besucherin entgeht, was der eigentliche Hochaltar der Weltkriegsausstellung im Arsenal ist. Es ist die plankgeputzte, 80 Tonnen schwere 38-cm-Haubitze aus den Pilsener Skodawerken, die vom Rapidplatz aus das Horr-Stadion beschießen hätte könne, um die Reichweite zu veranschaulichen. Ein großer Teil der Kosten für die Neugestaltung des Teils zum Ersten Weltkrieg wurde für die Absenkung des Museumsniveaus verwendet. Erst dadurch ereichte man eine Saalhöhe, die nötig war, um die Haubitze in voller Pracht aufzustellen. (...) Wenn dieses letztlich versagende Unding den Hochaltar abgibt, so bilden das Sarajewo-Attentats-Originalauto (...) und Albin Egger-Lienz' berühmtes riesigformatiges Kriegspropagandagemälde 'Den Namenlosen 1914' quasi die Seitenaltäre."
DEshalb gebe ich hier die Passage wieder, die ohnehin schon über Facebook zirkuliert, als Anstoß, daß sich doch mal jemand dem Heeresgeschichtlichen Museum annehmen sollte.
Robert Sommer im "August" (Nr. 373, 3.9.2014, S.24f): "Das HGM hatte 5 Millionen Euro zur Verfügung, um die Ausstellungsräume 'Erster Weltkrieg' zu erneueren. Eine Chance wurde vertan. (...) Radetzky, Gottvater des österreichischen Militarismus, scheint mit seiner Präsenz das Einsickern zivilen Geistes ins Arsenal zu überwachen. Die Military-Modeschau - Vitrinen voller fesch herausgeputzter Ulanen, Dragoner, Militärgeistlicher, Pioniere, Infanteristen, Militärrechnungsbeamter, Landesschützen oder Gardewachtmeister - nimmt die Hälfte der Fläche ein. (...) Keinem Besucher, keiner Besucherin entgeht, was der eigentliche Hochaltar der Weltkriegsausstellung im Arsenal ist. Es ist die plankgeputzte, 80 Tonnen schwere 38-cm-Haubitze aus den Pilsener Skodawerken, die vom Rapidplatz aus das Horr-Stadion beschießen hätte könne, um die Reichweite zu veranschaulichen. Ein großer Teil der Kosten für die Neugestaltung des Teils zum Ersten Weltkrieg wurde für die Absenkung des Museumsniveaus verwendet. Erst dadurch ereichte man eine Saalhöhe, die nötig war, um die Haubitze in voller Pracht aufzustellen. (...) Wenn dieses letztlich versagende Unding den Hochaltar abgibt, so bilden das Sarajewo-Attentats-Originalauto (...) und Albin Egger-Lienz' berühmtes riesigformatiges Kriegspropagandagemälde 'Den Namenlosen 1914' quasi die Seitenaltäre."
Sein sechstes und letztes Museum. Reinhold Messner gründet und baut wieder
In den Dolomiten wird derzeit am sechsten der Messner Monutain Museums (so der Sammelname und die Marke) Reinhold Messners gebaut. Anstatt einer eigenen Charakterisierung gebe ich hier den Text der messnerschen Webseite wieder, in der er unter anderem Zaha Hadid als talentiert bezeichnet und auch sons recht schön sagt, was es denn nun mal wird..."ein Erfolgsrezept".
Schon Paul Grohmann, Erstbesteiger vieler anspruchsvoller Dolomitengipfel, schrieb einst: "Es besteht für mich kein Zweifel, dass die Rundschau vom Kronplatz eine der schönsten in den Dolomiten ist, und kein Gipfel, den ich kenne, vereinigt wieder die beiden Gegensätze Marmolata und Zillertaler Ferner in solcher Weise mit der schönsten Talaussicht, die man sich denken kann. "
Die einzigartige Lage des Kronplatz war es, die Reinhold Messner dazu bewogen hat, sein sechstes und letztes Museum hier zu eröffnen – eingebettet zwischen dem UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten und der Zillertaler Bergwelt in einem Schmelztiegel der deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Kulturgruppen.
Das Thema des Museums wird der "Fels" und das Leben der Bergsteiger sein. Der Fels und das Leben der Bergsteiger werden die zentralen Themen des Messner Mountain Museums sein, veranschaulicht anhand von einzigartigen Sammlungen, Bildern und verschiedenen Gegenständen, die Reinhold Messner in seinem Leben als Grenzgänger gesammelt hat.
Die architektonische Umsetzung der Ideen wurde dem weltbekannten Architekturbüro Zaha Hadid anvertraut. Zaha Hadid zählt zu den talentiertesten und innovativsten Architektinnen der Gegenwart. Reinhold Messner, Zaha Hadid und Kronplatz – ein Erfolgsrezept, das die Presse bereits jetzt beschäftigt.
Schon Paul Grohmann, Erstbesteiger vieler anspruchsvoller Dolomitengipfel, schrieb einst: "Es besteht für mich kein Zweifel, dass die Rundschau vom Kronplatz eine der schönsten in den Dolomiten ist, und kein Gipfel, den ich kenne, vereinigt wieder die beiden Gegensätze Marmolata und Zillertaler Ferner in solcher Weise mit der schönsten Talaussicht, die man sich denken kann. "
Die einzigartige Lage des Kronplatz war es, die Reinhold Messner dazu bewogen hat, sein sechstes und letztes Museum hier zu eröffnen – eingebettet zwischen dem UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten und der Zillertaler Bergwelt in einem Schmelztiegel der deutsch-, italienisch- und ladinischsprachigen Kulturgruppen.
Das Thema des Museums wird der "Fels" und das Leben der Bergsteiger sein. Der Fels und das Leben der Bergsteiger werden die zentralen Themen des Messner Mountain Museums sein, veranschaulicht anhand von einzigartigen Sammlungen, Bildern und verschiedenen Gegenständen, die Reinhold Messner in seinem Leben als Grenzgänger gesammelt hat.
Die architektonische Umsetzung der Ideen wurde dem weltbekannten Architekturbüro Zaha Hadid anvertraut. Zaha Hadid zählt zu den talentiertesten und innovativsten Architektinnen der Gegenwart. Reinhold Messner, Zaha Hadid und Kronplatz – ein Erfolgsrezept, das die Presse bereits jetzt beschäftigt.
Überaltert bis zur Morbidität: Das Musée Carnavalet in Paris
Das Museum - eine stehengebliebene Uhr... |
Das Musée
Carnavalet, das Pariser Stadtmuseum, könnte
man sich gut als Schauplatz für
Vladimir Nabokovs unheimliche Erzählung
"Ein Museumsbesuch" vorstellen. Es wären
nur einige Handgriffe eines Filmarchitekten, eines geschickten Kulissenmachers
nötig, eines „Szenografen“
nötig,
um seine ohnehin starke Atmosphäre
von Verlassenheit, Verstaubtheit und Überholtheit zuzuspitzen und ihm eine Färbung Bedrohlichkeit oder
Melancholie zu verleihen.
Ich stellte mir Nabokovs seltsam geisterhaftes Museum immer als
eines jener "aufgegebenen" Museen vor, wie es sie ja in Wirklichkeit noch
immer und nicht selten gibt und für
das das Carnavalet ein Beispiel ist. Unter "aufgegeben" verstehe ich
ein Museum, das von den Verantwortlichen aufgegeben, das heißt, nicht mehr ausreichend gepflegt,
nicht mehr genügend betreut wird, das uns den Eindruck vermittelt, es würde
sich niemand mehr um es kümmern. Dem Besucher begegnen veraltete
Anschläge,
ein lädiertes
Leitsystem, Staub, Dämmrigkeit,
lustlose Mitarbeiter, ungepflegte Räume, veraltete Installationen,
halbblinde Vitrinen.
Im Carnavalet trifft man gleich zu beginn, im Treppenhaus, auf
eine abgeschabte Gipsstatue, sehr zweifelhafter ästhetischer und dokumentarischer
Qualität,
dann auf aus einem Gebäude gerettete vergoldete Wandtäfelungen,
ein sonderbar scheußliches
Nashorn auf einem undatierbaren Gemälde,
eine Wachsbüste unsicherer
Zuschreibung, Vitrinen ohne Beleuchtungen, einen Raum ganz ohne Licht, unzählige handgeschriebene
Zettelchen, die die Abwesenheit von Gemälden
oder Plastiken rechtfertigen. Orientierung sucht man im weitläufigen
Gebäude
vergeblich, es sei denn man kann Evakuierungspläne lesen, die aushängen.
Ich kenne das Museum schon lange. Es war nie anders. Inzwischen
ist es noch abgenutzter, noch vernachlässigter,
noch morbider denn je. An der Kassa ein Schild, die englischsprachige Museums-Broschüre sei leider vergriffen, man möge sie sich im Internet
runterladen. Wäre ganz
praktisch, so ein Museumsleitfaden, denn im Museum werden einem nur
Objektbeschriftungen geboten. Da die Chronologie überhaupt die „Ordnung“,
die das Museum hat, manchmal unklar ist, hat man auch keine Chance, sich aus
den Aberhunderten von Objekten so etwas wie eine Erzählung zusammenzubasteln.
Das Carnavalet ist ein Stadtmuseum und als solches würde man ein historisches Museum
erwarten. Aber wie bei vielen anderen Stadtmuseen auch, stützt es sich überwiegend auf Kunstwerke, Gemälde, Plastiken, Stiche, Pläne, Modelle, die in erster Linie
als vereinzelte und um ihrer Ästhetik willen ausgestellt sind. Sinnhafte,
visuelle Stützung von historischen Zusammenhängen, Ereignissen,
Strukturen, gibt es nicht. Nirgendwo ist durch sinnhafte Zusammenstellung so
etwas wie eine Information zu erkennen, es sei denn, die Zusammenstellung eines
Bettes und eines Stadtmodelles verweisen auf einen Architekten, der seine Pläne noch einmal überschläft. Die Gemälde,
die Raum um Raum füllen und große
Zeitabschnitte vollkommen dominieren, sind von oft unterirdischer ästhetischer und fragwürdiger oder nicht erkennbarer dokumentarischer
Qualität. Wie man in einer
Stadt der bedeutendsten Kunstmuseen eine solch inferiore Auswahl treffen kann,
ist rätselhaft.
Nirgendwo habe ich eine solche Diskrepanz von Ort und Museum
erlebt. Paris, eine Stadt wie keine, die „Hauptstadt des XIX.Jahrhunderts“.
Nichts davon hier. Stadtplanung, Stadterweiterung, Haussmann? Die Stadt der
Literatur, der Grand Opera, der sozialen Gegensätze
und Revolutionen? Nichts oder herzlich wenig. Weltausstellungen? Nahezu nichts.
Aufklärung, Geschichte der
Wissenschaft, das Theater. Nichts. Das XX. Jahrhundert findet nur in Genre- und
Porträtmalerei statt, und
auch das nur bis etwa zu seiner Mitte. Dann ist Schluss. 1871, Erster
Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, die Besetzung von Paris. Nichts. Nichts zu den
großen Konflikten des
19.Jahrhunderts, nichts zur Affaire Dreyfuss, nichts zum Pariser Judentum. Nichts
zur Entwicklung der Presse, der Erfindung der Fotografie (übrigens:
es findet sich kaum ein Foto unter den ausgestellten Objekten), des Kinos. Absolut
nichts. Nur zufällig oder
wenn man sich schon sehr gut auskennt, findet man interessante Objekte, wie etwa
die Porträts der
Protagonisten der Großen
Revolution, Dokumente zur Commune, interessante Stadtveduten - doch das alles
geht unter im großen
Sammelsurium.
Ein Museum von so umfassender Ignoranz muß man erst einmal zusammenbringen. Und man hat in
Paris keine Alternative, bis auf Splitter der Stadtgeschichte in diversen
Spezialmuseen ist das
d a s Museum über
die Stadt.
Immerhin ist das Museum ein guter Arbeitgeber. In jeder Ecke eine
Aufsichtsperson, die hier einen besonders trostlosen Job machen in einem so
freudlosen und auch architektonisch ungepflegten, sichtlich dahinsiechendem
Haus.
Mir ist der Gedanke durch den Kopf gegangen, vielleicht verfolgt
der Museumsstab die Taktik, seinen zurückhaltend
finanzierenden Träger, die
Stadtverwaltung, durch fortschreitendes Vernachlässigen
sozusagen zur Revision zu nötigen.
So wie Immobilienbesitzer durch Verfall Verwaltung oder Denkmalpflege zwingen
einem Abriss zuzustimmen. Wenn’s so ist, dann war das nicht
erfolgreich, das Museum hat schon vor 25 Jahren so vor sich hin gedöst. Ein neues Stadtmuseum würde
tatsächlich
einem Abriss des Museums nahekommen.
Und ein Café,
in dem man sich von den mannigfachen Schrecken des Hauses etwas erholen könnte, gibt's nicht. Das auch
noch!
Dienstag, 2. September 2014
Breaking news in der causa Essl
Sammlung Essl: Der Industrielle H.P. Haselsteiner soll den Teil der Sammlung Essl mit österreichischer Kunst bereits übernommen haben. Internationale Werke sollen angeblich versteigert werden und der Erlös in die Sanierung des Baumax-Konzerns investiert werden. Ob damit auch die Weiterführung des Museums ermöglicht wurde, wurde nicht berichtet.
Die Presse, hier http://diepresse.com/home/kultur/kunst/3863554/Haselsteiner-rettet-Sammlung-Essl?_vl_backlink=%2Fhome%2Findex.do
Und nun auch der Kurier: http://kurier.at/kultur/kunst/gerettet-haselsteiner-kauft-sammlung-essl/83.385.921
Und am 2. September detaillierter zum Deal Essl - Haselsteiner und zur Versteigerung von Werken aus der Sammlung Esslb bei Christies: http://derstandard.at/2000005076484/Sammlung-heimischer-Kunst-bleibt-erhalten
Die Presse, hier http://diepresse.com/home/kultur/kunst/3863554/Haselsteiner-rettet-Sammlung-Essl?_vl_backlink=%2Fhome%2Findex.do
Und nun auch der Kurier: http://kurier.at/kultur/kunst/gerettet-haselsteiner-kauft-sammlung-essl/83.385.921
Und am 2. September detaillierter zum Deal Essl - Haselsteiner und zur Versteigerung von Werken aus der Sammlung Esslb bei Christies: http://derstandard.at/2000005076484/Sammlung-heimischer-Kunst-bleibt-erhalten
Abonnieren
Posts (Atom)