Ein Möbelstück in einem Kunstgewerbemuseum, ein Fahrzeug in einem Technischen Museum, ein Totem in einem Völkerkundemuseum können ohne Eingriff in ihre materielle Integrität ein Museumsdasein fristen. Ins Naturmuseum aber kommen Dinge, deren soziales wie semantisches Leben ebenso zu ende gegangen sein muß, wie deren biologisches. Dazu ist aber hoher artifizieller Aufwand nötig, weil dort dem Verfall des Stofflichen Einhalt geboten werden muss, um etwas als Exponat zeigen- und das auf Dauer - oder als Objekt deponieren zu können. So ,lebendig‘, wie es nun einmal war. (1)
Der Gemeinplatz, daß es das Museum mit dem Tod zu tun hat, der alltagssprachlich in der pejorativen Verwendung von 'museal' ziemlich tief sitzt, der aber ein Gemeinplatz der Theorie und nicht der musealen Praxis ist, die dieses Faktum verdrängt, gilt nirgendwo so sehr, wie in den sogenannten Naturmuseen. (2)
Die Konservierung, deren Techniken biologisches 'Material' zu erhalten, seit der Mitte des 16. Jahrhundert entwickelt wurden - wovon eindrucksvolle Beispiele in den ältesten tradierten Natursammlungen zeugen, etwa denen der Universität Bologna -, ist nur der erste Schritt. Um Naturhaftigkeit zu erzeugen, bedarf es meist einer Rekonstruktion, Ergänzung, Formung oder gar Inszenierung.
Naturmuseen erzeugen daher oft ein mehr oder minder ausgefeiltes Ambiente. Ein Sandboden kann genügen, um die Illusion eines Meeres zu erzeugen und am anderen Ende der Skala der Illusionstechniken (die diesen Museumstyp verwandt macht mit den ältesten und populärsten Schaustellungspraktiken) stehen komplette Szenen, (3) nahezu naturidente Ausschnitte einer Lebenswelt, bei der selbst die Perspektivität und Räumlichkeit der Wahrnehmung - wie z.B. im Diorama - erzeugt wird.
Das Naturmuseum ist deshalb in gewissem Sinn künstlicher als alle anderen Museumstypen, nicht nur weil es großen Aufwand an Konservierung und Präparation (4) erfordert, sondern weil der Schein ,authentischer‘ Natur aufrecht erhalten werden soll und gleichzeitig der Aufwand der nötig ist, diesen Eindruck zu erzeugen, nicht offensichtlich werden darf.
Dem Naturmuseum hilft dabei, daß wir generell dazu neigen, alles an Gestell, das zum Zeigen, zum Zu-Sehen-Geben im Museum nötig ist, zu 'übersehen'. All die Sockel, Vitrinen, Bühnen, Lichter uvam. blenden wir aus. So dürften wir wie viele Besucher gar nicht recht registrieren, wie groß die Diskrepanz zwischen einer zur 'Familie' zusammengestellten Löwengruppe auf einer angedeuteten Landschaft zur historischen Vitrine aus der Gründerzeit des Museums ist, in der diese Gruppe ihren theatralischen Auftritt hat.
Verschleiert wird der hohe Aufwand im Namen einer ordnenden und klassifizierenden Wissenschaft, die es mit Natur, der sie diese Klassifikation als ihr immanente zu entnehmen glaubt, und mit nichts anderem zu tun haben will.
Eine Konsequenz dieser Spaltung in rationale Ordnungswissenschaft einerseits und ,lebensweltliche‘ Darstellung andrerseits, die selbst ein Museum, das so sehr wie das Wiener von wissenschaftlichen Ordnungssystemen geprägt ist, ist zum Beispiel die Trennung von Sammlung und wissenschaftlicher Arbeit einerseits vom Ausstellen und den nötigen Zurichtungen der Dinge zu Exponaten sowie von der Pädagogik bzw. Vermittlung andrerseits. Daß das Naturhistorische Museum in Wien das erste Bundesmuseum mit einer eigenen Vermittlungsabteilung und einem großen, der Vermittlung reservierten Saal mitten in den Dauerausstellungen war, verstehe ich als Konsequenz der genannten 'Spaltung'.
Bei einem Gang durch das Wiener Museum quert man heute mehrere sehr unterschiedliche Museen, in denen man spürt, wie groß die Versuchung ist, den popularen Schaustellungstechniken im Interesse eines Publikums nachzugeben, das über einschlägige Formate in Kino, TV oder Computeranimationen längst raffinierteste 'Animationstechniken' bzw. im Namen authentischer Bilder die Natur manipulierende Filme gewohnt ist. Wahrscheinlich wird von Besuchern auch erwartet, daß im Museum etwas Adäquates zu sehen ist, während die Verpflichtung auf wissenschaftliche Korrektheit und Kriterien noch bleischwer an den Sammlungen hängt und von den Kuratoren verteidigt wird.
Im Sauriersaal, der jüngst neu gestaltet wurde, kann man den Zwiespalt der Haltungen gut studieren. Es fanden sich hier ohnehin schon, ohne daß einem das bewußt werden musste, Originale Fundstücke, Faksimiles (Abgüsse) und Rekonstruktionen, deren oft sehr hoher spekulativer Anteil nicht so ohne weiteres gewusst werden kann und soll und dementsprechend zurückhaltend kommuniziert wurde und wird. Neu im Saal ist aber nun eine Art Puppe, ein Saurier, der ein wenig den Kopf drehen und brüllen darf, dezent, fast lieb und daher von fragwürdiger Konkurrenzfähigkeit zu Jurrasic Parc.
So geht das Museum mit seinem Widerspruch (5) um, unsicher, unentschlossen, kompromissbereit, notwendgerweise inkonsequent, experimentell.
*
Wenn ein Künstler wie Daniel Spoerri im Naturmuseum auftritt, kann man sicher sein, daß er es partiell wieder in einen Ort des Staunens verwandelt, indem er ihn zu einem Ort des Changierens der Dinge, ihrer Formen und Bedeutungen macht und die Grenze zwischen 'Natur' und Kunst sowie der dem Naturmuseum eigentümlichen Künstlichkeit zwar nicht ignoriert, aber sie verschiebt, thematisiert, bewußt macht, wieder verwischt. Plötzlich tauchen alle stillschweigenden, dem Museum zugrundeliegenden Techniken und Riten, wieder ins Licht der Reflexion, das Sammeln, Auflesen, Zusammenstellen, Benennen, Ordnen, Hierachisieren, Vergleichen.
Ein ganzes Jahr lang stöberte Spoerri, begleitet von zwei Mitarbeitern des Hauses, Margit Berner und Reinhard Golebiowski, in den Speichern und Depots, in den Arbeitsräumen und Schausälen, er erhielt überall Zugang, aber, mit einer Ausnahme, nie das Recht, Objekte 'anzutasten'. Das Museum, auch das Naturmuseum, das ja so viel beherbergt, was ja ohnehin längst Artfakt ist, wacht dennoch über keinem Tabu strenger als über dem der materiellen Unversehrtheit. Was in Kunstmuseen oder historischen Museen im Namen einer potentiellen kulturellen Bedeutung geschieht, die es offenzuhalten gilt, betreibt das Naturmuseum im Interesse ihrer Erkenntnismöglchkeiten. ,Sachbeweise‘ werden dauerhaft für künftige methodische und heuristische Innovationen zur erneuten Befragung bereitgehalten, nicht unbedingt aber um als kulturelle Bedeutungen im öffentlichen und sozialen Raum Museum kommuniziert zu werden.
Man sieht es der Ausstellung „Daniel Spoerri im Naturhistorischen Museum“ (Zur Webseite des Naturhistorischen Museums: http://www.nhm-wien.ac.at/presse/daniel_spoerri_im_naturhistorischen_museum) an, daß auf Ihre Vorbereitung so viel Zeit verwendet wurde. Vor allem im Vergleich mit den teilweise problematischen Ausstellungen, die Spoerri in Österreich gemacht hat, seit er hier lebt, ich meine die in Krems („Alles war sehr gut und lustig. Pensionärs-Avantgarde von Spoerri und Brock in der Provinz. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2010/02/alles-war-sehr-gut-und-lustig.html) und Graz („Grazgeflüster. Ein Musée sentimental, hier: http://museologien.blogspot.co.at/2011/12/grazgefluster.html) , fällt die ungleich reichere Entfaltung von Ideen, die größere Sorgfalt der Konzeption und Ausführung auf.
Die Ausstellung ist ein Kompositum aus älteren Werken Spoerris, Objekten, die er inspiriert von den Museumssammlungen neu gemacht hat, Arrangemts aus Museumsdingen, an denen sowohl er als auch die genannten Kuratoren beteiligt waren. Die relativ große Ausstellung wurde letztendlich nach der der Museumsordnung zugrundeliegenden fachlichen Gliederung, Zoologie, Mineralogie, Botanik usw., gegliedert, verhält sich aber dazu sowohl experimentell-ästhetisch als auch museologisch-reflexiv.
Die Ausstellung fasziniert mit etwas, was man von Sporrri schon kennt, von der überbordenden Phantasie eines physiognomischen Blicks, der Dingen innewohnende Eigenschaften erkennt und ihr Potential für ein Neuaragement, für eine Art von Reanimation, die nichts mit der musealen des Naturmuseums zu tun hat, aber auch etwas abwirft für das Sichtbarmachen seiner Mechanismen. Spoerri hat sich den unbefangenen und staunenden Blick bewahrt, der Dinge jenseits kodifizierter Bedeutungen wahrzunehmen bereit ist und er versteht es, den Besucher mit demselben Blick zu belehnen.
Spoerris Misch- und Fabelwesen sind in erster Linie ästhetisch faszinierend lassen sich aber in gewissen Grenzen auch im Kontext kultureller Bedeutungen lesen. Ein Teil der Faszination hat wohl auch mit Spoerris Respekt vor den Dingen zu tun und mit der Neugier, mit der er der dahinterstehenden wissenschaftlichen aber auch etwa präparatorischen Arbeit umgeht. Spoerris 'Reanimationen' sind subtil, sie gelten allem, was im Museum Ding geworden ist, dem Meteorit oder der Muschel ebenso wie dem Waffeleisen oder der Möbelzierleiste. Animistisches Denken wie im Märchen läßt die Dinge ein spukhaftes Dasein zurückgewinnen, bedrohlich, schrill, skurril, drollig, rätselhaft. Manchmal zielt das direkt auf die Techniken und Riten des Naturmuseums. Galvanisierte Tiere z.B. erhalten eine vermeintlich ewig haltbare Plastizität aber auch eine unheimliche Lebendigkeit durch ihre das Licht reflektierende metallene Oberfläche.
Seine Arbeit ist die Schaffung einer Art von zweiter Natur, die darin vielleicht im Grundsatz mit der artifiziellen Museumsnatur einer solchen Institution eng verwandt ist, aber er kommt zu ganz anderen Resultaten. Was dabei an Kritik, Analyse der institutionellen Praktiken und Riten abfallen könnte dürfte ihn weit weniger interessieren, als die ästhetische Faszination. Darin unterscheidet er sich prinzipiell von Mark Dion (Siehe „Das Büro zur Fernüberwachung von Wildtieren oder Warum gibt es kein Naturmuseum?“. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/search?q=Dion), dessen 'Naturmuseen' weit über das Museum hinaus den gesellschaftlichen Umgang mit Natur und auch damit die Verfasstheit des Naturmuseums zur Disposition stellt. Diese explizit kritische Haltung ist Spoerri fremd, wenngleich er genauso witzig und ironisch sein kann wie Dion.
Was daran an Kritik dennoch abfällt und die Verunsicherung, die davon dem Selbstverständnis eines Wissenschaftsmuseums drohen könnte, begegnet man mit einer räumlichen Separierung und einer gedanklichen. Die Ausstellung wird als ,Sonderschau‘ in getrennten Räumen und nicht etwa als Intervention in der Dauerausstellung präsentiert - Spoerri ist "Kunst" im und für das Haus und nur unter diesen Bedingungen kann und darf sie Gastrecht bekommen. Die Grenzen, die man Spoerris Arbeit setzte, sichern das Museum vor jeder Art der Kontamonation. Dabei wäre vor allem der Prozess selber und dann auch das Resultat, die Ausstellung, eine Chance der institutionellen Selbstbefragung gewesen.
Statt das anzustreben einigte man sich auf eine Art von Stillhalteabkommen mit dem Untertitel der Ausstellung, „Ein inkompetenter Dialog?“. Das Fragezeichen läßt dem Museum das durch das Fragezeichen diplomatischen gemilderten Vorurteil, daß jeder ein Laie, Dilettant ist, der sich nicht der Kriteriologie der Institution unterwirft, während das Fragezeichen für Spoerri das Schlupfloch ist, durch das er seine Kompetenz als Künstler, Zauberer, Erzähler, Arrangeur, Sachensucher, Sammler dennoch ins Museum schmuggelt. (6)
*
Museen sind extrem geschickt und zäh im Festhalten an den Mißverstandnissen, die sie ihrem eigen Tun entgegenbringen. Das gilt ganz besonders für das Naturmuseum. Naturwissenschafter haben meist wenig Verständnis dafür, daß Ausstellungen (wenn es nicht bloß dienstbare Maschinerien zur Propagierung ihrer Forschungsergebnisse sind) kategorial etwas anderes sind als Wissenschaft im Sinne ihrer eigenen Tätigkeit (7), daß das ,museale Zeigen‘ anderen, komplexen Gesetzen unterworfen ist und auch anderen Zielen dient als nur der ,Darstellung‘ von ,Natur‘ und ihrer Erforschung. Selbst der ohnehin milde und respektvolle ,inkompetente Dialog‘, den Spoerri führt, wird aufmerksam in Schranken gehalten.
Dabei wankt die Bastion Naturmuseum längst und es wird nicht lange dauern, bis sich der jetzt noch teddybärenhafte Museumssaurier nicht nur wie im Youtubevideo auf die Jagd nach kleinen Kindernmacht, sondern auf die nach großen Kuratoren...
Das Buch zur Ausstellung, zweisprachig und bibliophil sowie sehr schön bebildert: Daniel Spoerri im Naturhistorischen Museum - ein inkompetenter Dialog? Kerber Art. Bielefeld und New York 2012
Parallel zur Ausstellung zeigt Daniel Spoerri eine von ihm kuratierte in seinem Ausstellungshaus (siehe: http://museologien.blogspot.co.at/2012/07/eat-ab-art-daniel-spoerri-in-hadersdorf.html) in Hadersdorf am Kamp, „Natürlich Natur? Paralipomena“, zu der es eine - ebenfalls sehr schön gestaltete - (gleichnamige) Begleitpublikation gibt.
_______________________________________________________________________
1) Jedes Museum hat es mit ,Lazarisation‘ zu tun. Das größte Problem,
das glaubwürdig zu inszenieren, hat verständlicherweise das
Naturmuseum. Ein spektakulräses Beispiel für die Ambivalenz von musealem
Tod und musealer Auferstehung ist der große Zug der Tiere - ins Museum
als Arche Noah als letzte Rettung oder aus dem Museum als Bewegung zur
Erlösung vom Museum bleibt offen. Siehe: http://museologien.blogspot.co.at/2010/07/der-zug-der-tiere-im-pariser-museum-d.html
Die
Verlebendigung kann freilich in der Übertreibung scheitern, siehe:
http://museologien.blogspot.co.at/2010/06/spazierganger-museumsphysiognomien.html
2) Es gibt aber auch das Naturmuseum, das einen mit beispielloser
Direktheit mit Tod und Sterblichkeit konfrontiert gerade weil es es
seine Ordnung wie skelettiert zeigen möchte. Suehe:
http://museologien.blogspot.co.at/2010/01/musee-des-mondes-perdu.html
3) Früheste Naturmuseen trieben einen Illusionierungsaufwand, der
heutige Inszenierungen in nichts nahesteht, beziehungsweise sie
überbietet. Vom Naturalienkabinett, dem Vorläufer des Naturhistorischen
Museums in Wien, existiert eine ausführliche Beschreibung, die belegt,
daß es schon kurz nach 1800 um die Schaffung ganzheitlicher ,Bilder‘ und
,Biotope‘ ging. Willson Peales Museum in Philadelphia, das als ältestes
der USA gilt, wurde von seinem Autor nicht nur mit sorgfältig
inszenierten Szenen ausgestattet, zeitgenösische Beschreibungen
berichten von erfindungsreichen Maschinerien zu filmähnlicher
Bildprojektion, von echtem Wasser und technisch erzeugter
Hintergrundmusik. Peales wunderbares Selbstporträt - vor seinem Museum,
dessen ,Vorhang er lüftet‘ -, kann man als ingeniöse Auseinandersetzung
mit der hier diskutierten Dialektik von Mortifizierung und Lebendigkeit
lesen. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/search?q=Peale
4) Präparatoren haben ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein von ihrer Tätigkeit als Kunstfertigkeit. Siehe: http://museologien.blogspot.co.at/2012/07/ausgezeichnet-texte-im-museum-000.html
5) Der Widerspruch schlägt sich im Wiener Museum sogar in der Möblierung nieder. Siehe: http://museologien.blogspot.co.at/2012/07/mikromuseum-evolution-des.html
6) „Die Regeln des Museums sind dazu da, um gebrochen zu werden“,
schreibt Alberto Manguel in seinem lesenswerten Essay zum Sammeln und
Ausstellen, hier:
http://museologien.blogspot.co.at/2010/03/dracheneier-und-phonixfedern-das-museum.html
7) In den Worten des derzeitigen Direktors hier: http://museologien.blogspot.co.at/2010/05/saurier-und-forschung-noch-einmal-wie.html und hier: http://museologien.blogspot.co.at/2010/05/da-bekommt-die-mineralogie-sofort.html
Sonntag, 5. August 2012
Freitag, 3. August 2012
Donnerstag, 2. August 2012
Der Elch im Supermarkt. Nicht alles, was eine Intervention ist, ist auch interessant
"Die Künstlergruppe Steinbrener/Dempf nimmt die drastisch gestiegene
Bedeutung des Kulturlandschaftstypus «Stadt» zum Anlass, sich mit der
Koexistenz von Menschen, Tieren und Pflanzen im Rahmen urbaner
Strukturen auseinanderzusetzen und präsentiert das Ausstellungsprojekt
„Freeze!“ im Mai 2012 im Naturhistorischen Museum in Wien. Für das
Aufeinandertreffen von Tier und Mensch wird ein für
naturwissenschaftliche Museen traditionelles Ausstellungsmittel
revitalisiert: das Diorama."
Vollmundig will und das Naturhistorische Museum Wien eine Installation schmackhaft machen, über deren Bedeutung, die man ihr im Museum gibt, der bereitgestellte Ausstellungsort einiges aussagt: das 'Dachstübchen' im zweiten Stockwerk ist der so ziemlich entlegenste Raum des Museums, und das ist auch gut so.
Denn so leer sich die zitierten Sätze der offiziellen Museumswebseite anfühlen, so leer fühlen sich die drei 'Dioramen', die es dort zusammen mit eineigen Fotografien zu sehen gibt. Bildkalauer mit begrenztem Unterhaltungswert, äußerst schwach strahlendem Aufklärungspotential, und außerdem keine Dioramen (für die es übrigens im Museum auch keine Tradition gibt), sondern bloß rasch eingeräumte Guckkästen.
Schmunzelkunst, aber humorlos. Eher nur peinlich im Vergleich zu der gleichzeitig laufenden Ausstellung von Daniel Spoerri.
Vollmundig will und das Naturhistorische Museum Wien eine Installation schmackhaft machen, über deren Bedeutung, die man ihr im Museum gibt, der bereitgestellte Ausstellungsort einiges aussagt: das 'Dachstübchen' im zweiten Stockwerk ist der so ziemlich entlegenste Raum des Museums, und das ist auch gut so.
Denn so leer sich die zitierten Sätze der offiziellen Museumswebseite anfühlen, so leer fühlen sich die drei 'Dioramen', die es dort zusammen mit eineigen Fotografien zu sehen gibt. Bildkalauer mit begrenztem Unterhaltungswert, äußerst schwach strahlendem Aufklärungspotential, und außerdem keine Dioramen (für die es übrigens im Museum auch keine Tradition gibt), sondern bloß rasch eingeräumte Guckkästen.
Schmunzelkunst, aber humorlos. Eher nur peinlich im Vergleich zu der gleichzeitig laufenden Ausstellung von Daniel Spoerri.
In eigener Sache
NEU
Bislang war es nur möglich einzelne Posts zu kommentieren. Hier nun eine e-mail-Adresse extra zur Kommunikation zum Blog:
Mittwoch, 1. August 2012
Canova in Possagno
Wieder in der Gipsoteca in Possagno.
Der wievielte Besuch bei Canova war das jetzt? Aber die "Gypsotheka", wie sie auf der Originalinschrift des Geburtshauses geschrieben wird, ist immer wieder erstaunlich. Und ich zeige das Museum gerne Freunden und Verwandten.
Diesmal lese ich über Canovas Biografie nach.
Er bringt es rasch vom Lehrling diverser Steinmetzen zum Bildhauer in Venedig, auf den man bei einer Ausstellung aufmerksam wird und die erste Förderer anzieht, Personen aus der Nobilität, aus der Diplomatie, der Kirchenhierarchie, nicht nur Italiener. Er lernt zum Beispiel Quatremere de Quincy (den schärfsten Kritiker der jungen Idee des Museums)kennen, und schließt mit ihm eine lebenslange Freundschaft. In Rom ist Winckelmann mit der Sammlung der Villa Albani beschäftigt und die Planungs- und Bauarbeiten am für die päpstliche Antikensammlung Museo Pio Clementino beginnen.
Zu dieser Zeit beginnt der Vatikan Ausgrabungen zu begrenzen und an Lizenzen zu binden und mit Ausfuhrregelungen die Zerstreuung des Kunstbesitzes zu verhindern. Der Verkauf von Teilen der Sammlung der Villa Albani alarmiert und führt zur Einrichtung eines Museums am Kapitol, im Palazzo Nuovo, wo die Antiken für 'ausländische Besucher, Dilettanti und Künstler zugänglich sein sollen.
Canova beginnt und entwickelt seine Karriere aber nicht nur innerhalb der noch vom Klassizismus geprägten Kunstdiskurse der Zeit, sondern steht auch mitten in den politischen Umbrüchen, leidet unter der Eroberung Roms in napoleonischer Zeit und unter der darauffolgenden Plünderung der Kunststätten Roms und Venedigs, die Werke an den Louvre abgeben müssen, profitiert aber gleichzeitig von der Macht und den Aufträgen Napoleons.
Einerseits versucht er, sich aus politisch-ideologischen Auseinandersetzungen herauszuhalten, andrerseits werden Werke wie seine für die Uffizien bestimmte ,Venus Italica‘ zu geradezu subversiv-nationalen Identifikationsobjekten in Zeiten der napoleonischen Besetzung.
Diese Rolle als ,nationaler Heros‘ wird ab 1815 verstärkt und mit der italienischen Oper und der romantischen Dichtung wird Canova zu einem Brennpunkt des nationalen kollektiven Bewußtseins. Und 1815 ist es er, der die Rückführung der nach Paris gebrachten Kunstwerke organisiert.
Zu der Zeit ist er aber schon längst eine Art von Weltstar, der Aufträge aus Wien oder Petersburg bekommt, aber auch einen aus Virginia, wo er gebeten wird, für das dortige Kapitol ein Denkmal George Washingtons zu machen. Diesen anderen Heros, einen einer Republik, stellt er im Augenblick seiner Abdankung dar, wie er zögernd den Stift noch weit entfernt vom Schriftstück hält, und in antiker Kleidung und Pose, einer Muse ähnlich.
Als sich die Bewohner von Possagno, seiner Geburtsstadt, mit der Bitte an ihn wenden, sie bei der Restaurierung der Pfarrkirche zu unterstützen, malt er ein Altargemälde aber dann bietet er an, einen Neubau auf eigene Kosten errichten zu lassen, man darf annehmen, wohl schon mit der Absicht, daß das seine Grabkirche3 werden soll.
Er entwirft die Kirche, die er 'Tempel' nennt selbst und läßt den Bau von Architekten ausführen. Die Kirche wird am Rand der Ortschaft, in den Hügeln, die den Übergang von den Alpen zur Terra ferma bilden, errichten und so am Rande des Dorfes, daß in der Fernsicht der Eindruck entsteht, daß der Bau nicht in eine architektonische Umgebung eingebunden ist, sondern sich scharf und monumental vor dem Natur-Hintergrund abhebt. Eine überbreite Treppe verbindet die Kirche in einer Achse mit seinem Geburtshaus. Der ,Tempel‘-Bau adaptiert drei, auch zeitlich aufeinanderfolgende und drei Kulturen repräsentierende Elemente - die griechische Tempelfassade, das römische Pantheon und die christliche Apsis.
Erst danach wurde nach Plänen von Francesco Lazzari das einschiffige, klassizierende basilikale Museum errichtet, dem Raffaele Sterns Braccio Nuovo im Vatikan als Modell diente.1836 wurde es vollendet und fungiert seither als Refugium der riesigen 1:1-Modelle, der Entwürfe und skulpturalen Skizzen.
1957 wurde Carlo Scarpa eingeladen einen kleinen Annex zu errichten, der eher kleinformatigen Werke einen angemessenen Rahmen bieten sollte. Anders als das nur von oben belichtete ältere Museum öffnet Scarpa seine verschachtelte Raumfolge nach allen Seiten, nach oben, nach außen und in von ihm durchgestaltete Freiräume. Neben dem ungleich umfangreicheren Museum in Verona, dem Hauptwerk Scarpas als Ausstellungs- und Museumsarchitekten, ist das hier eine nicht weniger vertrackte, ingeniöse, detailreiche wunderbare Museumsarchitektur vom Allerfeinsten.
Siehe auch den älteren Post "Canovas Vermächtnis"
Der wievielte Besuch bei Canova war das jetzt? Aber die "Gypsotheka", wie sie auf der Originalinschrift des Geburtshauses geschrieben wird, ist immer wieder erstaunlich. Und ich zeige das Museum gerne Freunden und Verwandten.
Diesmal lese ich über Canovas Biografie nach.
Er bringt es rasch vom Lehrling diverser Steinmetzen zum Bildhauer in Venedig, auf den man bei einer Ausstellung aufmerksam wird und die erste Förderer anzieht, Personen aus der Nobilität, aus der Diplomatie, der Kirchenhierarchie, nicht nur Italiener. Er lernt zum Beispiel Quatremere de Quincy (den schärfsten Kritiker der jungen Idee des Museums)kennen, und schließt mit ihm eine lebenslange Freundschaft. In Rom ist Winckelmann mit der Sammlung der Villa Albani beschäftigt und die Planungs- und Bauarbeiten am für die päpstliche Antikensammlung Museo Pio Clementino beginnen.
Museale Pietät: Utensilien des Bildhauers mit ihm - Totenmaske - im Vitrinengrab bestattet... |
Zu dieser Zeit beginnt der Vatikan Ausgrabungen zu begrenzen und an Lizenzen zu binden und mit Ausfuhrregelungen die Zerstreuung des Kunstbesitzes zu verhindern. Der Verkauf von Teilen der Sammlung der Villa Albani alarmiert und führt zur Einrichtung eines Museums am Kapitol, im Palazzo Nuovo, wo die Antiken für 'ausländische Besucher, Dilettanti und Künstler zugänglich sein sollen.
Modell für ein Napoleon-Denkmal |
Canova beginnt und entwickelt seine Karriere aber nicht nur innerhalb der noch vom Klassizismus geprägten Kunstdiskurse der Zeit, sondern steht auch mitten in den politischen Umbrüchen, leidet unter der Eroberung Roms in napoleonischer Zeit und unter der darauffolgenden Plünderung der Kunststätten Roms und Venedigs, die Werke an den Louvre abgeben müssen, profitiert aber gleichzeitig von der Macht und den Aufträgen Napoleons.
Einerseits versucht er, sich aus politisch-ideologischen Auseinandersetzungen herauszuhalten, andrerseits werden Werke wie seine für die Uffizien bestimmte ,Venus Italica‘ zu geradezu subversiv-nationalen Identifikationsobjekten in Zeiten der napoleonischen Besetzung.
Diese Rolle als ,nationaler Heros‘ wird ab 1815 verstärkt und mit der italienischen Oper und der romantischen Dichtung wird Canova zu einem Brennpunkt des nationalen kollektiven Bewußtseins. Und 1815 ist es er, der die Rückführung der nach Paris gebrachten Kunstwerke organisiert.
Zu der Zeit ist er aber schon längst eine Art von Weltstar, der Aufträge aus Wien oder Petersburg bekommt, aber auch einen aus Virginia, wo er gebeten wird, für das dortige Kapitol ein Denkmal George Washingtons zu machen. Diesen anderen Heros, einen einer Republik, stellt er im Augenblick seiner Abdankung dar, wie er zögernd den Stift noch weit entfernt vom Schriftstück hält, und in antiker Kleidung und Pose, einer Muse ähnlich.
Als sich die Bewohner von Possagno, seiner Geburtsstadt, mit der Bitte an ihn wenden, sie bei der Restaurierung der Pfarrkirche zu unterstützen, malt er ein Altargemälde aber dann bietet er an, einen Neubau auf eigene Kosten errichten zu lassen, man darf annehmen, wohl schon mit der Absicht, daß das seine Grabkirche3 werden soll.
Er entwirft die Kirche, die er 'Tempel' nennt selbst und läßt den Bau von Architekten ausführen. Die Kirche wird am Rand der Ortschaft, in den Hügeln, die den Übergang von den Alpen zur Terra ferma bilden, errichten und so am Rande des Dorfes, daß in der Fernsicht der Eindruck entsteht, daß der Bau nicht in eine architektonische Umgebung eingebunden ist, sondern sich scharf und monumental vor dem Natur-Hintergrund abhebt. Eine überbreite Treppe verbindet die Kirche in einer Achse mit seinem Geburtshaus. Der ,Tempel‘-Bau adaptiert drei, auch zeitlich aufeinanderfolgende und drei Kulturen repräsentierende Elemente - die griechische Tempelfassade, das römische Pantheon und die christliche Apsis.
Erst danach wurde nach Plänen von Francesco Lazzari das einschiffige, klassizierende basilikale Museum errichtet, dem Raffaele Sterns Braccio Nuovo im Vatikan als Modell diente.1836 wurde es vollendet und fungiert seither als Refugium der riesigen 1:1-Modelle, der Entwürfe und skulpturalen Skizzen.
1957 wurde Carlo Scarpa eingeladen einen kleinen Annex zu errichten, der eher kleinformatigen Werke einen angemessenen Rahmen bieten sollte. Anders als das nur von oben belichtete ältere Museum öffnet Scarpa seine verschachtelte Raumfolge nach allen Seiten, nach oben, nach außen und in von ihm durchgestaltete Freiräume. Neben dem ungleich umfangreicheren Museum in Verona, dem Hauptwerk Scarpas als Ausstellungs- und Museumsarchitekten, ist das hier eine nicht weniger vertrackte, ingeniöse, detailreiche wunderbare Museumsarchitektur vom Allerfeinsten.
Siehe auch den älteren Post "Canovas Vermächtnis"
Ein Museum - Museo della Calzatura in Stra
Im kleinen Ort Stra an der Brenta findet man nicht nur die berühmte Villa Pisani sondern eine Ende des 16. Jahrhunderts von Vincenzo Scamozzi geplante, Anfang des 17. vollendete und im 19. Jahrhundert veränderte, ehedem für einen Dogen aus der Familie Foscarini errichtete kleinere Villa.
Die Villa beherbergt ein Schuhmuseum und zwar eines für 'Calzature d' Autore', für Designerschuhe aber auch künstlerische Sammlerstücke, fein säuberlich nach 'Autoren' gegliedert, während die eindrucksvolle Forestiera, das frei im Park stehende 'Gästehaus', heute für diverse Veranstaltungen verwendet wird.
Die Villa beherbergt ein Schuhmuseum und zwar eines für 'Calzature d' Autore', für Designerschuhe aber auch künstlerische Sammlerstücke, fein säuberlich nach 'Autoren' gegliedert, während die eindrucksvolle Forestiera, das frei im Park stehende 'Gästehaus', heute für diverse Veranstaltungen verwendet wird.
Arkaden dere Forestiera |
Forestiera |
Bildunterschrift hinzufügenSchuhobjekt von Daniel Spoerri |
Dienstag, 31. Juli 2012
Eat & Ab Art. Daniel Spoerri in Hadersdorf
2009 erwarb Daniel Spoerri zwei Häuser im niederösterreichischen Hadersdorf am Kamp, die als Gastronomie - Eat Art - und Ausstellungshaus fungieren. Es gibt dort Veranstaltungen und das Refugium ist auch ein Art Depot der Werke des inzwischen in Wien lebenden Künstlers.
Im Ausstellungshaus finden regelmäßig Ausstellungen statt.
Derzeit (und bis 28. Oktober) ist "Natürlich Natur - Paralipomena" zu sehen, eine Art Trabantenausstellung oder Parallelveranstaltung zu der derzeit im Naturhistorischen Museum in Wien zu sehenden Ausstellung, an der Spoerri dort zusammen mit zwei Kuratoren des Hauses ein Jahr lang gearbeitet hat, "Ein inkompetenter Dialog".
Beide Häuser in Hadersdorf bieten aber in den Veranstaltungsräumen wie in den Gärten so etwas wie eine permanente Spoerri-Installation, unter anderem ist die vielteilige Assemblage "Genetische Kette des Flohmarktes" zu sehen.
Ich habe in einem Post mal über die meiner Meinung nach ziemlich mißlungene Variierung des Musée sentimantal geätzt, die Spoerri in Krems gemacht hat und auch seine drei Räume im Stadtmuseum Graz im Kontext der Ausstellung "Grazgeflüster" waren nicht unbedingt restlos glückliche Erfindungen.
Der Wiener Ausstellung, ich hoffe ich komme zu einem ausführlicheren Bericht, merkt man eine lange, sorgfältige Vorbereitung an und Hadersdorf zehrt von den höchst elaboriert und doch nicht überfrachteten wunderbaren Räumen, Häusern wie Gärten - wobei man durch die (offenbar wunderbare) Bewirtung sein irdisches Glück nicht bloß in gepflegter Kunstbetrachtung allein verwirklicht sehen muß.
Hier der Text zu Spoerris (und Bazon Brocks) Ausstellung in Krems, "Alles war sehr gut und lustig..." und hier der Text zur Ausstellung "Grazgeflüster" im Stadtmuseum Graz.
Und hier der Link zum Ausstellungshaus Spoerri in Hadersdorf am Kamp
Im Ausstellungshaus finden regelmäßig Ausstellungen statt.
Derzeit (und bis 28. Oktober) ist "Natürlich Natur - Paralipomena" zu sehen, eine Art Trabantenausstellung oder Parallelveranstaltung zu der derzeit im Naturhistorischen Museum in Wien zu sehenden Ausstellung, an der Spoerri dort zusammen mit zwei Kuratoren des Hauses ein Jahr lang gearbeitet hat, "Ein inkompetenter Dialog".
Beide Häuser in Hadersdorf bieten aber in den Veranstaltungsräumen wie in den Gärten so etwas wie eine permanente Spoerri-Installation, unter anderem ist die vielteilige Assemblage "Genetische Kette des Flohmarktes" zu sehen.
Ich habe in einem Post mal über die meiner Meinung nach ziemlich mißlungene Variierung des Musée sentimantal geätzt, die Spoerri in Krems gemacht hat und auch seine drei Räume im Stadtmuseum Graz im Kontext der Ausstellung "Grazgeflüster" waren nicht unbedingt restlos glückliche Erfindungen.
Der Wiener Ausstellung, ich hoffe ich komme zu einem ausführlicheren Bericht, merkt man eine lange, sorgfältige Vorbereitung an und Hadersdorf zehrt von den höchst elaboriert und doch nicht überfrachteten wunderbaren Räumen, Häusern wie Gärten - wobei man durch die (offenbar wunderbare) Bewirtung sein irdisches Glück nicht bloß in gepflegter Kunstbetrachtung allein verwirklicht sehen muß.
Hier der Text zu Spoerris (und Bazon Brocks) Ausstellung in Krems, "Alles war sehr gut und lustig..." und hier der Text zur Ausstellung "Grazgeflüster" im Stadtmuseum Graz.
Und hier der Link zum Ausstellungshaus Spoerri in Hadersdorf am Kamp
1000 Posts
Dies ist der 1000. Post seit ich am 8. Dezember 2009 den Blog begonnen habe. Wäre ich Politiker, würde ich mich bei meinen Lesern (Wählern) bedanken, wäre ich Wissenschafter, müsste ich mich genieren. Denn, so habe ich gelesen, als Wissenschafter darf man nicht täglich posten. Sonst macht man sich in Wissenschaftskreisen verdächtig.
Mach ich ja nicht, vor allem nicht in letzter Zeit. Aber fast. Das hat aber nichts mit täglichem Posten zu tun, sondern mit einem großen Fundus an Notizen, der schon lange vor dem Blog da war. Und mit einem großen Fundus an Fotos, der ständig größer wird. Wohl mehr als die Hälfte aller Posts besteht aus kaum mehr als einer Abbildung und allenfalls einem kurzen Text oder einer Bildunterschrift.
Das hat auch damit zu tun, daß ich drunter leide, daß Museologie, eine Art von Bildwissenschaft, nahezu ohne Bilder / Abbildungen und Bild (Ausstellungs)Analysen auskommt. Also gibt es hier viele Bilder, auf deren Aussagekraft ich vertraue, ohne ihnen zu viel Text zuzumuten.
In wissenschaftlichen Kreisen gilt Bloggen als unvornehm, degoutant bis verabscheuungswürdig. Das galt für das Ausstellungsmachen auch lange, vor etwa 30, 40 Jahren. Mich interessiert aber dieses Urteil und das Maß nehmen am wissenschaftlichen Schreiben nicht.
Mich fasziniert die Möglichkeit, die auch eine Schwierigkeit ist, knapp und möglichst genau Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, Fragen zu entwickeln. Es wird oft der Mangel an Ausstellungskritik oder Museumskritik beklagt; darum geht es hier auch. Um Kritik und Reflexion.
Bei meinen Lesern kann ich mich insofern nicht bedanken, wie ein Politiker nach gewonnener oder auch verlorener Wahl, weil ich meine LeserInnen nicht kenne, mit wenigen Ausnahmen. Ich weiß nicht mal so recht, wie viele es sind, weil ja, wie in Museen, nicht Besucher sondern Besuche gezählt werden. Alles was ich weiß ist, daß es ein paar tausend Besuche pro Monat gibt und, was das Bloggen signifikant von anderen Möglichkeiten des Veröffentlichens unterscheidet, daß diese Besuche 'aus aller Welt' gemacht werden. Selbstverständlich haben deutschsprachige Leser den Vorrang, aber ich staune, aus wie vielen Ländern es Interesse an dem Blog gibt.
Was ich schade finde, ist das Bloggen generell wenig geeignet scheint für Auseinandersetzungen, Debatten, Feedback. Obwohl das nur einen Klick weit weg wäre - jeder Post hat ja eine Kommentarecke, die leicht zugänglich ist. Das wird wenig genutzt, meist sehr unspezifisch. ich wundere mich über die Euphorie, die bezüglich der neuen Medien in Museumskreisen herrscht (Museum 2.0 und so), auch meine Erfahrungen mit Facebook sprechen massiv gegen die Qualität des Bloggens als Diskussionsmedium.
Ich träume von einer Internationalisierung. Die Leser, die ich in Ungarn, Litauen, den USA (dort erstaunlich viele), Südafrika oder Neuseeland habe, die könnten doch etwas von ihren Erfahrungen, aus ihren Institutionen berichten? Was wäre so eine Tauschbörse der Informationen nicht toll. Denn wirkliche Internationalität gibt es in der Museologie auch nur in einem extrem schmalen Sektor - wer weiß schon wirklich etwas über Museen, Museumspolitik, Museumsstandards usw. in Japan oder Indien oder Albanien?
Wahrscheinlich werden viele auch durch das Individuelle und Private eines Blogs abgeschreckt, selbst etwas beizutragen. Durch das Verrückte, Bunte, Unübersichtliche. Das Verrückte stört mich nicht, das Unübersichtliche ein wenig. Ein Blog ist kaum zu strukturieren, damit verliert man die Möglichkeit, Themen zu verfolgen, zu verknüpfen. Ein Leser aus den USA hat sich unlängst bei mir beschwert. Ja, sorry, es geht kaum anders. Ich habe schon an eine Restaurierung meiner Webseite gedacht samt Verknüpfung mit dem Blog. Ist aber zu aufwendig, zu zeitraubend.
Dabei ist ein Blog, anders als man denkt und anders als es gesagt wird, kein ganz so flüchtiges Medium. Einerseits werden auch Posts, die vor langer Zeit erschienen sind, noch immer abgerufen, zum Beispiel einige von denen, die im Zusammenhang mit der Zerstörung der Hologramme im Jüdischen Museum der Stadt Wien erschienen sind. Und es ist erstaunlich, daß auch lange Texte, die ich versuchsweise eingegeben haben, gelesen (wahrscheinlich ausgedruckt) werden. Die Analyse zur ehemaligen Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien, die ich zusammen mit Sabine Offe verfasst habe und die zuerst in einer Zeitschrift erschien, gehört zu den meistgelesenen Posts.
Apropos Jüdisches Museum. Die zwei Monate andauernde Debatte war ein Musterbeispiel für das Potential des Bloggens. Für tausende Leser war der Blog ein zentrales Informationsmedium, das angesichts des eklatanten Versagens vieler Tageszeitungen alternative Nachrichten und Infos bot, wobei die besondere Stärke eines Blogs, praktisch unmittelbar reagieren und agieren zu können, für ein zwei Dutzend Personen für eine bestimmte Zeit zum 'Umschlagplatz' der Auseinandersetzung wurde. Übrigens: Anders als es immer wieder unterstellt wurde, vor allem aus dem Museum, war das keine organisierte Gruppe, sondern genau das, was neue Medien dann eben doch bieten, lose Verbindungen und Kooperationen auf Zeit einzugehen.
Irgendwann wird den LeserInnen langweilig werden, oder mir. Oder allen. Dann höre ich auf. Man wird sehen.
Ich habe mich in diesem Blog nie vorgestellt. Weils so eine 'Jubiläumsanlass' ist, mach ich das mal kurz. Auch um einige Mißverständnisse zu beiseitigen, mit denen ich in Anschreiben per e-mail konfrontiert werde.
Ich habe mich während des Studiums mit (Kunstgeschichte und alleds mögliche mehr) mit der Frage Was ein Museum ist konfrontiert und dfie ersten Antworten, die ich darauf bekam, waren so, daß dieses Fragen nicht mehr aufgehört hat. Schon an meinem ersten Arbeitsplatz, der (damals so genannten) Hochschule für Angewandte Kunst, hatte ich die Möglichkeit, mit in Forschung und Lehre mit dem zu beschäftigen, was heute meist Museologie genannt wird.
Dann wurde ich eingeladen, an einem interuniversitären Institut Lehrgänge, später eine eigne kleine Abteilung einzurichten, die Arbeitsgruppe Museologie. 1999 ermöglichten gute Kontakte die Gründung der Internationalen Sommerakademie Museologie, ehe dann die Einladung des (damals noch so genannten) Landesmuseum Joanneum zur Einrichtung einer 'Museumsakademie' kam. Aus gesundheitlichen Gründen kam mir die Verringerung meiner Arbeitszeit in Form der sogenannten 'Altersteilzeit' sehr entgegen, was für mich, nur noch 20 Stunden angestellt, auch bedeutete, die Leitung der Museumsakademie niederzulegen. Ebenfalls auf mein Betreiben hin bin ich dann kurze Zeit danach ganz aus der Museumsakademie ausgeschieden und nun einfacher Mitarbeiter des Universalmuseum Joanneum, im letzten meiner Arbeitsjahre.
Mach ich ja nicht, vor allem nicht in letzter Zeit. Aber fast. Das hat aber nichts mit täglichem Posten zu tun, sondern mit einem großen Fundus an Notizen, der schon lange vor dem Blog da war. Und mit einem großen Fundus an Fotos, der ständig größer wird. Wohl mehr als die Hälfte aller Posts besteht aus kaum mehr als einer Abbildung und allenfalls einem kurzen Text oder einer Bildunterschrift.
Das hat auch damit zu tun, daß ich drunter leide, daß Museologie, eine Art von Bildwissenschaft, nahezu ohne Bilder / Abbildungen und Bild (Ausstellungs)Analysen auskommt. Also gibt es hier viele Bilder, auf deren Aussagekraft ich vertraue, ohne ihnen zu viel Text zuzumuten.
In wissenschaftlichen Kreisen gilt Bloggen als unvornehm, degoutant bis verabscheuungswürdig. Das galt für das Ausstellungsmachen auch lange, vor etwa 30, 40 Jahren. Mich interessiert aber dieses Urteil und das Maß nehmen am wissenschaftlichen Schreiben nicht.
Mich fasziniert die Möglichkeit, die auch eine Schwierigkeit ist, knapp und möglichst genau Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, Fragen zu entwickeln. Es wird oft der Mangel an Ausstellungskritik oder Museumskritik beklagt; darum geht es hier auch. Um Kritik und Reflexion.
Bei meinen Lesern kann ich mich insofern nicht bedanken, wie ein Politiker nach gewonnener oder auch verlorener Wahl, weil ich meine LeserInnen nicht kenne, mit wenigen Ausnahmen. Ich weiß nicht mal so recht, wie viele es sind, weil ja, wie in Museen, nicht Besucher sondern Besuche gezählt werden. Alles was ich weiß ist, daß es ein paar tausend Besuche pro Monat gibt und, was das Bloggen signifikant von anderen Möglichkeiten des Veröffentlichens unterscheidet, daß diese Besuche 'aus aller Welt' gemacht werden. Selbstverständlich haben deutschsprachige Leser den Vorrang, aber ich staune, aus wie vielen Ländern es Interesse an dem Blog gibt.
Was ich schade finde, ist das Bloggen generell wenig geeignet scheint für Auseinandersetzungen, Debatten, Feedback. Obwohl das nur einen Klick weit weg wäre - jeder Post hat ja eine Kommentarecke, die leicht zugänglich ist. Das wird wenig genutzt, meist sehr unspezifisch. ich wundere mich über die Euphorie, die bezüglich der neuen Medien in Museumskreisen herrscht (Museum 2.0 und so), auch meine Erfahrungen mit Facebook sprechen massiv gegen die Qualität des Bloggens als Diskussionsmedium.
Ich träume von einer Internationalisierung. Die Leser, die ich in Ungarn, Litauen, den USA (dort erstaunlich viele), Südafrika oder Neuseeland habe, die könnten doch etwas von ihren Erfahrungen, aus ihren Institutionen berichten? Was wäre so eine Tauschbörse der Informationen nicht toll. Denn wirkliche Internationalität gibt es in der Museologie auch nur in einem extrem schmalen Sektor - wer weiß schon wirklich etwas über Museen, Museumspolitik, Museumsstandards usw. in Japan oder Indien oder Albanien?
Wahrscheinlich werden viele auch durch das Individuelle und Private eines Blogs abgeschreckt, selbst etwas beizutragen. Durch das Verrückte, Bunte, Unübersichtliche. Das Verrückte stört mich nicht, das Unübersichtliche ein wenig. Ein Blog ist kaum zu strukturieren, damit verliert man die Möglichkeit, Themen zu verfolgen, zu verknüpfen. Ein Leser aus den USA hat sich unlängst bei mir beschwert. Ja, sorry, es geht kaum anders. Ich habe schon an eine Restaurierung meiner Webseite gedacht samt Verknüpfung mit dem Blog. Ist aber zu aufwendig, zu zeitraubend.
Dabei ist ein Blog, anders als man denkt und anders als es gesagt wird, kein ganz so flüchtiges Medium. Einerseits werden auch Posts, die vor langer Zeit erschienen sind, noch immer abgerufen, zum Beispiel einige von denen, die im Zusammenhang mit der Zerstörung der Hologramme im Jüdischen Museum der Stadt Wien erschienen sind. Und es ist erstaunlich, daß auch lange Texte, die ich versuchsweise eingegeben haben, gelesen (wahrscheinlich ausgedruckt) werden. Die Analyse zur ehemaligen Dauerausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien, die ich zusammen mit Sabine Offe verfasst habe und die zuerst in einer Zeitschrift erschien, gehört zu den meistgelesenen Posts.
Apropos Jüdisches Museum. Die zwei Monate andauernde Debatte war ein Musterbeispiel für das Potential des Bloggens. Für tausende Leser war der Blog ein zentrales Informationsmedium, das angesichts des eklatanten Versagens vieler Tageszeitungen alternative Nachrichten und Infos bot, wobei die besondere Stärke eines Blogs, praktisch unmittelbar reagieren und agieren zu können, für ein zwei Dutzend Personen für eine bestimmte Zeit zum 'Umschlagplatz' der Auseinandersetzung wurde. Übrigens: Anders als es immer wieder unterstellt wurde, vor allem aus dem Museum, war das keine organisierte Gruppe, sondern genau das, was neue Medien dann eben doch bieten, lose Verbindungen und Kooperationen auf Zeit einzugehen.
Irgendwann wird den LeserInnen langweilig werden, oder mir. Oder allen. Dann höre ich auf. Man wird sehen.
Ich habe mich in diesem Blog nie vorgestellt. Weils so eine 'Jubiläumsanlass' ist, mach ich das mal kurz. Auch um einige Mißverständnisse zu beiseitigen, mit denen ich in Anschreiben per e-mail konfrontiert werde.
Ich habe mich während des Studiums mit (Kunstgeschichte und alleds mögliche mehr) mit der Frage Was ein Museum ist konfrontiert und dfie ersten Antworten, die ich darauf bekam, waren so, daß dieses Fragen nicht mehr aufgehört hat. Schon an meinem ersten Arbeitsplatz, der (damals so genannten) Hochschule für Angewandte Kunst, hatte ich die Möglichkeit, mit in Forschung und Lehre mit dem zu beschäftigen, was heute meist Museologie genannt wird.
Dann wurde ich eingeladen, an einem interuniversitären Institut Lehrgänge, später eine eigne kleine Abteilung einzurichten, die Arbeitsgruppe Museologie. 1999 ermöglichten gute Kontakte die Gründung der Internationalen Sommerakademie Museologie, ehe dann die Einladung des (damals noch so genannten) Landesmuseum Joanneum zur Einrichtung einer 'Museumsakademie' kam. Aus gesundheitlichen Gründen kam mir die Verringerung meiner Arbeitszeit in Form der sogenannten 'Altersteilzeit' sehr entgegen, was für mich, nur noch 20 Stunden angestellt, auch bedeutete, die Leitung der Museumsakademie niederzulegen. Ebenfalls auf mein Betreiben hin bin ich dann kurze Zeit danach ganz aus der Museumsakademie ausgeschieden und nun einfacher Mitarbeiter des Universalmuseum Joanneum, im letzten meiner Arbeitsjahre.
Das Wiener Völkerkundemuseum. Was sein neuer Direktor so vorhat
Das Völkerkundemuseum in Wien hat viele Probleme. Es hat zu wenig Geld und es zeigt nur einen Bruchteil seiner Sammlung. Wichtige Sammlungen und Objekte sind schon seit vielen Jahren nicht mehr zu sehen. Eingegliedert in das Kunsthistorische Museum, hat das Museum offenbar einen nur eingeschränkten Handlungsspielraum.
Wer das Museum besucht, spürt, wie sehr das Museum gewissermaßen nur 'ausgedünnt' agieren kann, es gibt wenig Personal, aber auch wenige Besucher, viel Leere.
In dieser Situation wurde eine eigentümliche Bestellung vorgenommen. Steven Engelsmann, als Kurator und Direktor angesehener niederländischer Museen erfolgreich, wurde zum Direktor ernannt. Aber er steht am Ende seiner Karriere und wird, wie er selbst betont, 2017 das Museum wieder verlassen.
Signalisiert das nun Aufbruch oder abgeklärtes Verwalten?
Steven Engelsmann verspricht ein Konzept zum Ende dieses Jahres vorzustellen. Bis dahin kann man sich an einige Äußerungen in Pressekonferenzen halten. Etwa die, daß das Völkerkundemuseum das "unbekannteste Museum Wiens" sei.
Das mag überspitzt sein, drückt aber aus, daß das Museum wie auch das technische oder volkskundliche oder das kommunale historische alle unter der Dominanz der 'Kunst'Museen leiden. Auf sie konzentriert sich schon seit Jahrzehnten das Publikum, die mediale Aufmerksamkeit und die Politik. Und in der scheinbar unvermeidlichen Statistik der Museumsbesuche hat man stets die hinteren Plätze.
Die Antwort darauf, die Engelsmann gibt: das Museum muß unterhaltsamer, sichtbarer werden: „Das Wichtigste ist, dass sich der Besucher nicht langweilt, sondern etwas von den Ausstellungen hat“. Er brauche einen Experten, „der weiß, wie man ein Besuchererlebnis moderieren kann“ und einen fürs „Branding“, für eine neue Positionierung des Museums.
Als Einzelmaßnahmen nannte der Direktor unlängst als "unglaublich wichtig" einen Gastronomiebereich, mit dem, ich zitiere aus dem KURIER, "ein ganz anderes Museum" entstünde und 'optische Locksignale' wie "einen riesigen goldenen Buddha".
Zu einer über Branding angestrebten Neupositionierung gehört offenbar für Museen immer auch eine Namensänderung. Also soll auch der des Völkerkundemuseums geändert werden, denn der derzeitige sei zu "kompliziert". Er überlege als neue Bezeichnungen etwa "Der Kaiser und die Weite Welt" oder "Die Internationale Schatzkammer Österreichs".
Beide Vorschläge sind merkwürdig. Die Internationalität eines Völkerkundemuseums ist nicht bloß ein beliebiges Etikett (welches Völkerkundemuseum ist eigentlich nicht international?), sondern spielt mit dem, was an ihm wesentlich - und problematisch - ist. Mit dem Anderen und Fremden, das einem ja nicht so ohne weiteres als Verdienst in den Schoß gefallen ist, das man marketingtechnisch auswringen kann, sondern das unter oft gewaltförmigen Bedingungen, im Kontext wirtschaftlicher, politischer Überlegenheit, also auch unter rassistischen und kolonialen Bedingungen ‘angeeignet‘ wurde.
Aber das Fremde ist auch das, wesewegen es das Museum gibt und weswegen wir hingehen. Kein anderes Museum ist so sehr, um einen Satz von Peter Sloterdijk in Erinnerung zu rufen, Schule des Befremdens, wie ein ethnologisches. Das Museum entscheidet über die Beziehung mit, die wir zum Fremden eingehen können und repräsentiert selbst einen bestimmte Beziehung.
Genau dort liegt aber das wichtigste aller Probleme die das (und nicht nur dieses) Wiener Völkerkundemuseum hat. Seine Arbeit ist von vielen Widersprüchen geprägt, von patrimonialen Elementen, wissenschaftlicher Distanziertheit, die oft ihrer Vorurteile nicht gewahr wird, von Gedankenlosigkeit - etwa im Umgang mit human remains, der eigensinnigen Medialität von Objekten, zum Beispiel der Fotografie. Die Disziplin Ethnologie scheint oft viel reflektierter und differenzierter, als das das, was man in Ausstellungen des Hauses sehen kann und man fragt sich, warum so wenig von den Debatten um diesen Museumstyp - etwa die, die in den Niederlanden, der Heimat des neuen Direktors -, geführt wurden und werden, eine Wirkung zeigt.
Für ein Schlüsselobjekt, das die Dialektik von Eigenem und Fremden auf immer schon komplexe Weise spiegelte, hat der neue Direktor neue Ideen. War die sogenannte Federkrone Montezumas ein lange Zeit bezüglich der Restituierbarkeit umstrittenes Objekt, das das Museum gegen alle einschlägigen Anmutungen verteidigte, so werde, teilt uns der Direktor mit, nun ,geprüft‘. Eine zeitlich befristete Leihgabe scheint denkbar, aber das Objekt sei nun mal sehr fragil. Falls es nicht ,verreisen‘ könne, werde man es über eine Online-Verbindung ins Museum für Anthropologie in Mexiko City übertragen. Seltsam, diese Bereitwilligkeit, einen virtuellen Ersatz umstandslos mit einem unikalen Objekt gleichzusetzen und damit Mexiko zufriedenstellen zu wollen.
Der zweite Vorschlag für einen geänderten Namen, "Der Kaiser und die Weite Welt", ist ebenfalls höchst fragwürdig. Zwar stammt ein wesentlicher Teil der Sammlungen aus der Zeit des Habsburgerreiches, aber Museumsbesitz war nicht per se Privatbesitz eines Kaisers, außerdem ist das Museum erst 1928 entstanden, also in der Ersten Republik, der Zeit einer ambitionierten aber gescheiterten Museumsreform. Und „Weite Welt“ ist eine reichlich flapsig-beliebige Variante von ,international‘.
Was in den Äußerungen von Steven Engelsmann fehlt, sind inhaltliche und strategische Äußerungen. Wofür soll das Museum seiner Meineung nach stehen, welche Schwerpunkte soll es setzen, wie soll es gegenüber welchem Publikum agieren?
Es scheint nichts schwieriger, als von Wiener Museumsverantwortlichen zu diesen Fragen eine Antwort zu bekommen.
Wer das Museum besucht, spürt, wie sehr das Museum gewissermaßen nur 'ausgedünnt' agieren kann, es gibt wenig Personal, aber auch wenige Besucher, viel Leere.
In dieser Situation wurde eine eigentümliche Bestellung vorgenommen. Steven Engelsmann, als Kurator und Direktor angesehener niederländischer Museen erfolgreich, wurde zum Direktor ernannt. Aber er steht am Ende seiner Karriere und wird, wie er selbst betont, 2017 das Museum wieder verlassen.
Signalisiert das nun Aufbruch oder abgeklärtes Verwalten?
Steven Engelsmann verspricht ein Konzept zum Ende dieses Jahres vorzustellen. Bis dahin kann man sich an einige Äußerungen in Pressekonferenzen halten. Etwa die, daß das Völkerkundemuseum das "unbekannteste Museum Wiens" sei.
Das mag überspitzt sein, drückt aber aus, daß das Museum wie auch das technische oder volkskundliche oder das kommunale historische alle unter der Dominanz der 'Kunst'Museen leiden. Auf sie konzentriert sich schon seit Jahrzehnten das Publikum, die mediale Aufmerksamkeit und die Politik. Und in der scheinbar unvermeidlichen Statistik der Museumsbesuche hat man stets die hinteren Plätze.
Die Antwort darauf, die Engelsmann gibt: das Museum muß unterhaltsamer, sichtbarer werden: „Das Wichtigste ist, dass sich der Besucher nicht langweilt, sondern etwas von den Ausstellungen hat“. Er brauche einen Experten, „der weiß, wie man ein Besuchererlebnis moderieren kann“ und einen fürs „Branding“, für eine neue Positionierung des Museums.
Als Einzelmaßnahmen nannte der Direktor unlängst als "unglaublich wichtig" einen Gastronomiebereich, mit dem, ich zitiere aus dem KURIER, "ein ganz anderes Museum" entstünde und 'optische Locksignale' wie "einen riesigen goldenen Buddha".
Zu einer über Branding angestrebten Neupositionierung gehört offenbar für Museen immer auch eine Namensänderung. Also soll auch der des Völkerkundemuseums geändert werden, denn der derzeitige sei zu "kompliziert". Er überlege als neue Bezeichnungen etwa "Der Kaiser und die Weite Welt" oder "Die Internationale Schatzkammer Österreichs".
Beide Vorschläge sind merkwürdig. Die Internationalität eines Völkerkundemuseums ist nicht bloß ein beliebiges Etikett (welches Völkerkundemuseum ist eigentlich nicht international?), sondern spielt mit dem, was an ihm wesentlich - und problematisch - ist. Mit dem Anderen und Fremden, das einem ja nicht so ohne weiteres als Verdienst in den Schoß gefallen ist, das man marketingtechnisch auswringen kann, sondern das unter oft gewaltförmigen Bedingungen, im Kontext wirtschaftlicher, politischer Überlegenheit, also auch unter rassistischen und kolonialen Bedingungen ‘angeeignet‘ wurde.
Aber das Fremde ist auch das, wesewegen es das Museum gibt und weswegen wir hingehen. Kein anderes Museum ist so sehr, um einen Satz von Peter Sloterdijk in Erinnerung zu rufen, Schule des Befremdens, wie ein ethnologisches. Das Museum entscheidet über die Beziehung mit, die wir zum Fremden eingehen können und repräsentiert selbst einen bestimmte Beziehung.
Genau dort liegt aber das wichtigste aller Probleme die das (und nicht nur dieses) Wiener Völkerkundemuseum hat. Seine Arbeit ist von vielen Widersprüchen geprägt, von patrimonialen Elementen, wissenschaftlicher Distanziertheit, die oft ihrer Vorurteile nicht gewahr wird, von Gedankenlosigkeit - etwa im Umgang mit human remains, der eigensinnigen Medialität von Objekten, zum Beispiel der Fotografie. Die Disziplin Ethnologie scheint oft viel reflektierter und differenzierter, als das das, was man in Ausstellungen des Hauses sehen kann und man fragt sich, warum so wenig von den Debatten um diesen Museumstyp - etwa die, die in den Niederlanden, der Heimat des neuen Direktors -, geführt wurden und werden, eine Wirkung zeigt.
Für ein Schlüsselobjekt, das die Dialektik von Eigenem und Fremden auf immer schon komplexe Weise spiegelte, hat der neue Direktor neue Ideen. War die sogenannte Federkrone Montezumas ein lange Zeit bezüglich der Restituierbarkeit umstrittenes Objekt, das das Museum gegen alle einschlägigen Anmutungen verteidigte, so werde, teilt uns der Direktor mit, nun ,geprüft‘. Eine zeitlich befristete Leihgabe scheint denkbar, aber das Objekt sei nun mal sehr fragil. Falls es nicht ,verreisen‘ könne, werde man es über eine Online-Verbindung ins Museum für Anthropologie in Mexiko City übertragen. Seltsam, diese Bereitwilligkeit, einen virtuellen Ersatz umstandslos mit einem unikalen Objekt gleichzusetzen und damit Mexiko zufriedenstellen zu wollen.
Der zweite Vorschlag für einen geänderten Namen, "Der Kaiser und die Weite Welt", ist ebenfalls höchst fragwürdig. Zwar stammt ein wesentlicher Teil der Sammlungen aus der Zeit des Habsburgerreiches, aber Museumsbesitz war nicht per se Privatbesitz eines Kaisers, außerdem ist das Museum erst 1928 entstanden, also in der Ersten Republik, der Zeit einer ambitionierten aber gescheiterten Museumsreform. Und „Weite Welt“ ist eine reichlich flapsig-beliebige Variante von ,international‘.
Was in den Äußerungen von Steven Engelsmann fehlt, sind inhaltliche und strategische Äußerungen. Wofür soll das Museum seiner Meineung nach stehen, welche Schwerpunkte soll es setzen, wie soll es gegenüber welchem Publikum agieren?
Es scheint nichts schwieriger, als von Wiener Museumsverantwortlichen zu diesen Fragen eine Antwort zu bekommen.
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