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Freitag, 4. April 2014

Unfreundliche Übergabe

Unfreundliche Übergabe. Unter diesem Titel ist ein Text (noch einmal) von mir zum "Transfer" der Sammlung des Generali Konzerns an das Museum der Moderne in Salzburg und die merkwürdigen Begleiterscheinungen in den Texten zur Kunst erschienen. Hier



Donnerstag, 20. März 2014

Der "Coup" um die Generali Foundation. Sabine Folie tritt zurück

Ein weiterer Akt im Zuge der Übersiedlung der Sammlung der Generali-Foundation and das Museum der Modere Salzburg: Sabine Folie, Leiterin der Foundation, ist zurückgetreten. Hier die einschlägige Presseaussendung mit eingehender Würdigung ihrer Arbeit an der Foundation.
Überraschedn kommt dieser Rücktritt ganz und gar nicht. Brüskiert mit einem Deal, von dem sie erst durch die Pressekonferenz erfuhr, auf der Konzernvertreter und Landespolitiker die Übersiedlung öffentlich machten, war damit ihre Position auch strukturell unklar und unhaltbar - und ihr Rücktritt erwartbar.

Zur Sache selbst, dem "Coup", hier.

Mittwoch, 29. Januar 2014

Ein Coup - und was draus werden könnte

Hier (Interview), im "Salzburger Fenster" spricht Sabine Breitwieser ausführlicher als bisher über die Perspektiven ihrer Aufgabe am Museum der Moderne in Salzburg. Weder Interviewerin noch Befragte hatten irgendeine Neigung, sich mit dem zu beschäftigen, was die Koopeartion Generali und Salzburger Museum so fragwürdig macht. Aber es gibt mehr Informationen über das künftige Profil des Museums und die Vorstellungen, die die künftige Leiterin hat.

Freitag, 24. Januar 2014

Ein Coup. Beginnt jetzt erst die Diskussion? Generali Foundation + Museum der Moderne Salzburg

Mehr als ein Dutzend Lehrende der Akademie der Bildenden Künste Wien haben in Der Standard einen Kommentar zur "Fusion" der Generali Foundation publiziert. Der Standard macht dieses Thema nun zu einem Schwerpunkt, der aber - abgesehen von den älteren Beiträgen der Zeitung - vorerst nur in zwei kurzen Kommentaren von Ann Kathrin Fessler besteht.
In ihrem Beitrag "Die Angst vor dem Scherbenhaufen" (hier) wird im Umzug von Wien nach Salzburg eine Rettung der Foundation angesichts der restriktiven Unternehmenspolitik der Generali und damit als Rettung des Werks von Noch-Vorstandsmitglied Karner gedeutet.
Fessler räumt ein, daß der Deal der Generali ziemlich billig kommen wird: "Auch die Behauptung, das Budget für die Foundation werde gleich hoch bleiben, relativierte sich bei der Pressekonferenz auf die Bereiche Ankauf und Ausstellung. Einsparungen ergeben sich durch den Abbau von neun Mitarbeitern. Ob die Generali die Kosten für den Bau des Depots übernimmt, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden."
In ihrem zweiten Kommentar, "Kodex für Institutionen" (hier) stellt sie die Frage "...ob eine Kooperation eines privaten Unternehmens mit einem Museum der ­öffentlichen Hand überhaupt in dieser Art statthaft ist. (...) Für Häuser der öffentlichen Hand sollte geregelt werden, ob nur Schenkungen legitim sind – oder auch Dauerleih­gaben, die in der Erhaltung Geld kosten. Sind zumindest Zeitspannen von 25 Jahren akzeptabel?" Deshalb sei ein Kodex zu fordern.

Der Kommentar (hier) der Lehrenden der Akademie hätte den Titel "Schlauer Umzug?" tragen sollen. Der Standard hat daraus "Ein Schlag ins Gesicht der Wiener Kunstszene" gemacht (was dem Text eine andere und viel engere als die intendierte Bedeutung gibt).
Die Autorinnen und Autoren des Textes bringen einen bislang nicht diskutierten, wie mir scheint gewichtigen Umstand, in Diskussion. Eine über langen Zeitraum entwickelte spezifische und vielfach mit anderen Institutionen, wie der Akademie der Bildenden Künste) vernetzte Öffentlichkeit lasse sich so einfach verpflanzen.
Die Foundation "....ist ein Ort, der sich im Namen eines institutions- und gesellschaftskritischen Diskurses und der damit adressierten Öffentlichkeiten etablieren konnte und der nicht zuletzt durch diese seine Bedeutung erlangt hat. Neben lokalen und überregionalen Kunst- und Kulturszenen gehören dazu auch politische Akteure und Akteurinnen, Autoren und Autorinnen sowie Vermittler und Vermittlerinnen, deren Engagement und inhaltliche Beiträge zum internationalen Ruf der Generali Foundation beigetragen haben. (...) Aber das gilt auch umgekehrt: Es war immer auch die Präsenz einer partizipierenden Öffentlichkeit, ihre Bereitschaft zur Kooperation sowie ihr Engagement bei Konferenzen und Diskussionen, die die Generali Foundation belebt und bereichert haben."
Die Art und Weise, wie die Entscheidung gefällt und kommuniziert wurde, stelle den Ruf der Foundation in Frage.
Der Vorgang wird in einen weit über den einzelnen Fall hinaus größeren Zusammenhang gerückt. Der staatliche Sparkurs zwingt den öffentlichen Einrichtungen - keineswegs nur den Museen - geradezu Kooperationen mit "Privaten" auf. In unterschiedlichen und durchaus kritikwürdigen Bedingungen: "Es stellt sich auch die Frage, in welcher Form öffentliche Museen in Österreich zukünftig mit privatwirtschaftlichen Einrichtungen kooperieren können oder müssen. Wie steht es um die langfristigen kulturpolitischen Folgen, die die Zusammenführung einer öffentlichen und einer privatwirtschaftlichen Institution in einer Hand bedeutet?"

Unter dem Titel "Abschied der Generali Foundation" berichtet Almuth Spiegler in Die Presse (hier) von der Eröffnung der Ausstellung Wäre ich von Stoff, ich würde mich färben. Retrospektive Ulrike Grossarth in der Foundation (der wahrscheinlich vorletzten am Wiener Standort). Aus ihrem Artikel erfährt man, daß die Zukunft des Wiener Foundation-Teams einschließlich die der Leiterin, Sabine Folie, noch immer nicht geklärt ist. Auch sie, die eher wehmütig als kritisch berichtet, wundert sich über den Deal: "Unterm Strich bleibt für die Generali jedenfalls eine saftige Einsparung. Wurden in Wien zwölf Mitarbeiter beschäftigt, sollen in Salzburg nur noch drei finanziert werden. Die Kosten für Infrastruktur und Raum fallen weg – was mit ihm passiert, ist unklar. Nur das Budget für Ausstellungen und Ankäufe bleibt gleich (Summen werden keine genannt)."

Im Bericht der Salzburger Nachrichten Generali Foundation übersiedelt: "Natürlich Einsparung" (hier) wird das Bemühen des Vorstandsmitglieds der Generali, Dietrich Karner hervorgehoben, die von ihm initiierte Foundation angesichts der sich ändernden Konzerpolitik langfristig abzusichern. Er räumt ein, daß sich Generali dabei Geld erspare und daß die Errichtung des Depots und die Infrastruktur Sache des Museums seinen. Er hat sich für den Umgang mit Sabine Folie und dem Team mit dem Hinweis entschuldigt, amn habe alles geheim vorbereitet, um Querschüsse auszuschließen. Dennoch mutet man offenbar ihr und dem Team zu, die Übersiedlung abzuwickeln. Karner verteidigte den Umzug unter anderem mit dem Hinweis auf größere Ausstellungsflächen und größere Besucherzahlen.

In der Wiener Zeitung nimmt Brigitte Borchhardt-Birbaumer ihre Ausstellungsbesprechung, Das Fallen der Würfel ins Grün, zum Anlass kurz auf die Absiedlung der Generali Foundation bezug (hier), wie manche andere Kommentatoren wesentlich unterm Stichwort "Verlust" (für Wien): "Da die Sammlung wesentliche Werke der sechziger Jahre von Valie Export über Isa Genzken und Dan Graham bis Franz West enthält, kann das Wiener Kunstpublikum nur als Zeuge trauernd hinnehmen, wie das heute in der fortschreitenden Verquickung von Wirtschaft mit Kultur und Wissenschaft vor sich geht: Die stärkeren Argumente gewinnen."

24.1. - Der erste Post zum Thema mit diversen Links findet sich hier

Donnerstag, 23. Januar 2014

Kaffee und Sinnbildung (Texte im Museum 452)

Cafeteria des Hauses der Natur in Salzburg. 2009 (Foto: GF)

Das Haus der Natur in Salzburg restituiert Raubgut und arbeitet an derErforschung seiner NS-Geschichte

Zum neuesten Stand der Erforschung, Diskussion und Aufarbeitung der Rolle von Eduard Paul Trat und des von ihm gegründeten naturmuseums durch das Haus der Natur selbst siehe den Post „Das Haus der Natur stellt sich zum ersten Mal seiner Gesichte. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/10/das-haus-der-natur-stellt-sich-zum.html 


Das Haus der Natur in Salzburg hat angekündigt, in der NS-Zeit geraubtes Sammlungsobjekte zu restituieren. Der damalige Museumsleiter (und Gründer) Eduard Paul Tratz hatte Bibliotheken, ganze Sammlungen z.B. kirchlicher Einrichtungen im eigenen Land beschlagnahmen lassen, aber auch aus Sammlungen und Institutionen in Warschau, Krakau, Smolensk u.a.m. kam Raubgut in das Museum.
"Durch Arisierungen" schreiben die Salzburger Nachrichten "gelangten Jagdtrophäen aus dem Besitz des Kunstsammlers Rudolf Gutmann, eine Trophäensammlung von Alphonse und Clarisse Rothschild sowie eine Sammlung südamerikanischer Vögel der Familie Bomstein-Bomi nach Salzburg."
Noch läuft eine umfangreiche wissenschaftliche Untersuchung zur Geschichte des Hauses der Natur in Salzburg unter der Leitung des Zeithistorikers Robert Hoffmann.
Das Haus der Natur feiert heuer seinen 90. "Geburtstag" und plant für dieses Jubiläumsjahr eine Ausstellung zu seiner Geschichte.
Beides, Forschung, Aufarbeitung und Restitution waren überfällig. Das Haus der Natur, das bis 1976 (!) (mit einer Unterbrechung) von dessen Gründer Eduard Paul Tratz, hochaktiver Nationalsozialist der das Haus zur Institution des "Ahnenerbes" gemacht hat, geleitet wurde, leistete auch unter Tratz Nachfolger, Eberhard Stüber, keine Aufarbeitung und hielt des "Erbe" Tratz hoch. Erst mit dem Direktionswechsel zu Norbert Winding begann sich die Haltung des Museums zu ändern.
Der aktuelle Kulturlandesrat Salzburgs, Schellhorn, sagt "es gibt noch viel aufzuarbeiten". Dazu gehört die seit mehr als zehn Jahren unerledigte Debatte um die Aberkennung der Ehrenwürde Paul Tratz', die Ausdehnung der Aufarbeitung auf die Zeit nach 1945 und auf die Direktion Stüber und die dubiose Verleihung des Österreichischen Museumspreises unter ausdrücklicher Würdigung von Tratz "Verdiensten". (1)
An Aufarbeitung zu denken hat nicht nur das Museum guten Grund, den hätten auch viele Naturschutzorganisationen, die sich, z.B. in Form von Benennungen von Preisen und Institutionen (2) nach Paul Tratz, zu einer Geschichte des Naturschutzes bekennen, die auch äußerst fragwürdige Wurzeln hat. Das Naturverständnis, das Teile der Naturschutzbewegung prägt, aber auch die Naturideologie (von Telien) der Grünen, in ihrer Entwicklung durch das 20.Jahrhundert hindurch, also unter ausdrücklichem Einschluß der der NS-Zeit, wäre grade für die auflebende Debatte um den scheinbar apolitischen Naturfundamentalismus der Grünen von großem Interesse.

(1) Die Preisverleihung hat mich veranlasst, zusammen mit Sabine Schleiermacher einen Artikel im "Standard" zu veröffentlichen. Sabine Schleiermacher, Gottfried Fliedl: "Blutgebundene Abhängigkeit" Museumspreis 1991: Eine späte Ehrung für nationalsozialistische Rassenforscher. In: Der Standard, Donnerstag 13. Februar 1992, S.23 Hier in diesem Blog zu finden (mit Links zur Kontroverse des damaligen Landeshauptmannes Katschthaler und dem Zeithistoriker Robert Hoffmann, der erste Ergebnisse einer Untersuchung publiziert hatte) unter: http://museologien.blogspot.co.at/2010/04/blutgebundene-abhangigkeit-das-haus-der.html sowie ein Post aus dem Jänner 2010 "Das Haus der Natur in Salzburg als Institut des SS-Ahnenerbes"
Mitte 2013 habe ich das Thema noch einmal aufgegriffen und die Verlängerung dur selbstverordneten Amnesie des Hauses der Natur vor allem in seiner offiziellen Selbstdarstellung kritisiert (mit weiterführenden Links). http://museologien.blogspot.co.at/2013/06/selbstverordneter-gedachtnisschwund-das.html Auf diese Kritik hat Direktor Norbert Windung prompt reagiert und seither kann man auf der Webseite - zum ersten Mal - etwas über die Geschichte des Huases in der NS-Zeit erfahren. Hier zur Reaktion von Direktor Winding: http://museologien.blogspot.co.at/2013/07/das-haus-der-natur-in-salzburg-reagiert.html
http://museologien.blogspot.co.at/2010/01/das-haus-der-natur-in-salzburg-als.html
(2) Zur Umbenennung einer Forschungsstation nach längerer Kritik siehe hier: http://hausdernatur.wordpress.com/himmlers-darling/

Mittwoch, 22. Januar 2014

Der Salzburger Coup. Zwei neue Stimmen und Äußerungen.

Matthias Dusini

Heute gibt es einer erste eigenständige und substantielle Äußerung eines Kulturjournalisten, fünf Tage nach der Pressekonferenz, in der eine Zusammenarbeit der Generali Fundation unter der Bedingung ihrer Übersiedlung mit dem und Integration in das Museum der Moderne in Salzburg bekanntgegeben wurde.

Matthias Dusini trennt im heute erschienenen Falter strikt zwischen Bericht (ohne jede Wertung verfasst) und persönlich gefärbtem Kommentar.
Die Übereinkunft von Generali und Salzburger Politik nennt er in der Überschrift eine "eiskalte Übernahme", einen "Deal", eine "unfreundliche Übernahme" und, in Hinblick auf die Behandlung der Leiterin und der MirabeiterInnen "jemanden das Hackl ins Kreuz hauen."
Matthias Dusini bedauert, daß die Fundation mit ihrem "kompromisslosen Arbeitsethos" abwandert und "in einem Provinzmuseum" landet. Besser sei sie wohl im MUMOK im Museumsquartier aufgehoben.
Im Kommentar zerstreut er die Sorge, der Konzern könne das Museum in ein " Marketinginstrument" verwandeln. Die Angst davor sei deshalb "unbegründet", "denn die private Foundation (...) inhaltlich weiter links als das öffentliche Museum" stehe. Außerdem werde die Leiterin verhindern, daß "die Kunst einen schicken Hintergrund für glamouröse Festspielpartys abgeben wird".
"Eigentumsfragen werden sich erst dann stellen, wenn der - bisher nicht veröffentlichte - Leihvertrag ausläuft und das Unternehmen die dann deutlich wertvollere Sammlung verkaufen wollen sollte."

Matthias Dusini: Eiskalte Übernahme: Die Generali Foundation zieht nach Salzburg.Nummer 4, 2014

Martin Fritz

Im Facebook hat Martin Fritz einige Zeilen veröffentlicht, die ich interessant fand, weil er er seit langem fundierte Kritik am Museums- und Ausstellungswesen in der Kolumne "causeries du lundi" in artmagazine betreibt. Auf manche seine Artikel und die seines Kollegen Vitus H. Weh (der seit kurzem nicht mehr in der Kolumne schreibt) habe ich verlinkt, weil die "Hauserin" oft übersehene oder unterschätzte Themen aufgegriffen haben. Ich veröffentliche seine Äußerung mit meinen Repliken.

Martin Fritz: Da ich oft gefragt wurde, was ich zur MdM-Generali Kooperation sage: Seriöserweise kann ohne Kenntnis der Verträge nichts gesagt werden. Dauerleihgaben von Privaten können Fluch oder Segen gleichermaßen sein. Die entscheidenden Punkte wären der Mitteleinsatz des Leihgebers für die Laufzeit der Leihgabe, die Verfügungsrechte und – vor allem – die Optionen der Beteiligten bei Beendigung der Partnerschaft. Also grundsätzlich, ob und inwiefern ein fairer Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen gegeben ist. Sicher ist es (überall auf der Welt) eine der Aufgaben von MuseumsdirektorInnen, Wege zu suchen, interessante private Sammlungen (oder Teile davon) langfristig für das eigene Haus zu „bekommen“.

Gottfried Fliedl: Sehr geehrter Herr Fritz! Man kann sich auch ahnungslos stellen. Ohne daß der Vertrag offengelegt ist - warum wohl? Und glauben Sie, er wird es je? - reicht die Pressekonferenz, um sagen zu können, dass alle Vorteile bei Generali liegen. Sie spart sich Personal, sie hat keine Infrastrukturkosten und könnte z.B. Ihre wiener Immobilie veräußern, und die Mittel von Ankäufen könnten sich mit veritabler Rendite nach der Laufzeit der Dauerleihgabe veritabel verzinst haben. Oder glauben Sie im Ernst, Generali schenkt ohne Gegenleistung seine gesamte Sammlung der Republik? Die öffentliche Hand stellt Steuergelder zur Pflege einer privaten Sammlung zur Verfügung, zu deren Beforschung und partiellen Publikation. Sie macht 25 Jahre lang - auch aus Steuergeldern - Imagepflege für einen internationalen Großkonzern, also für eine jener im sogenannten Finanzsektor tätiges Unternehmen, das unglaubliche Gewinne aus Geschäftstätigkeiten lukriert über deren - nun sagen wir - Kollateralschäden wir von Tag zu Tag mehr lernen. Der Leiterin konzedieren sie Handlungsfreiheit, möglicherweise aber im Wissen, daß ihr das absolut Unmögliche des Deals selbst bewusst ist, wie ein älteres Interview im Vergleich zur heutigen Haltung und Praxis von ihr zeigt. Bemerkenswerterweise verlieren Sie kein Wort über den Umgang mit den Mitarbeiterinnen der ja noch existierenden Foundation, kein Wort über den Umgang mit der Leiterin, kein Wort über die komplette Abwesenheit auch nur einer kritischen Zeile in der Kulturberichterstattung und last but not least kein Wort über den immanent institutionenkritischen Charakter der Sammlung, deren Potential durch die aktuelle kulturpolitische und konzernstrategische Entscheidung bis zur Lächerlichkeit degradiert und denunziert wird. Wenn Sie der Meinung sind, man kann ohne Vertrag nichts sagen, dann bemühen Sie sich doch um die Veröffentlichung des Vertrags, wenden Sie sich an die politisch Verantwortlichen, hier geht's ja nicht um klandestine Kabinettspolitik, sondern um eine öffentliche Einrichtung für die der Eigentümer, wir alle, Transparenz einfordern kann. Und zum Strukturellen der ganzen Angelegenheit, zur schleichenden oder auch gar nicht mehr so schleichenden Privatisierung - da hätten gerade Sie sehr viel Kompetenz uns zu helfen zu verstehen, was vorgeht, was wünschbar ist und vor allem, was der Unterschied von privat und öffentlich ist und in Hinsicht auf diese Unterscheidung einfach ganz und gar nicht erwünscht ist und nicht passieren darf.

Martin Fritz: Sollte die Öffentlichkeit den Vertrag kennen? Die Museum der Moderne Rupertinum Betriebsgesellschaft mbH steht im 100% Eigentum des Landes Salzburg und unterliegt der Kontrolle des Landesrechnungshofs. Es ist anzunehmen, dass der Vertrag mit Zustimmung des Gesellschafters abgeschlossen wurde. Es wird allen Beteiligten wohl offen stehen, ihre Auskunfts- und Aufsichtsrechte wahrzunehmen. Der Ball – so einer ein Match will – liegt also jetzt eher in Salzburg.

Gottfried Fliedl: Lieber Herr Fritz! Das ist die formalrechtliche Seite, gut. Umgekehrt gefragt: warum soll jene Öffentlichkeit, die idealster Träger, Finanzier und Nutznießer ist, bestimmte - entscheidende - Vereinbarungen nicht kennen? Gilt sinngemäß etwa auch für Albertina/Batliner, Belvedere/Thyssen. Welche Interessen werden durch Nichtöffentlichkeit geschützt? Und: sollen wir ernstlich unsere Ansprüche an kulturelle Einrichtungen allein via Rechnungshöfe und Betriebsgesellschaften vertreten sehen?

Dienstag, 21. Januar 2014

Ein Coup. Eine gravierende Meinungsänderung. Kommentar 3 zur Kooperation von Generali Foundation und Museum der Moderne Salzburg

Sabine Breitwieser im anlässlich ihrer Bestellung zur Leiterin des Museum der Moderne gegebenen Interview. Tageszeitung Der Standard, 13.August 2013 "...Es  gab an diversen österreichischen Museen, auch am MdM, Ausstellungen privater Sammlungen und Institutionen. In den USA ist es tabu, eine Privatsammlung auszustellen, wenn einem nicht Werke auf Dauer zur Verfügung gestellt oder im Idealfall geschenkt werden. Das ist auch grundsätzlich richtig so: Eine private Sammlung zu zeigen, sozusagen zu ihrem Upgrading beizutragen und sie dann wieder ziehen zu lassen, ist nicht Aufgabe eines öffentlichen Museums. Mein Ziel ist es, eine wichtige Sammlung an das Haus zu binden und im Dialog mit den bestehenden Sammlungen zu entwickeln, welche weiteren Impulse für die Sammlung sinnvoll zu setzen sind."
Sabine Breitwieser weiß natürlich was sie sagt und sie weiß auch jetzt was sie tut. In dem Interview, aus dem ich zitiere, erwähnt sie den Code of Ethics des Museum of Modern Art (von dem sie ja nach Salzburg berufen wurde) und wie strikt der gehandhabt wurde. Es sei dahingestellt, ob wegen eines solchen Codes die Verhältnisse in den Museen der USA wirklich so viel anders sind, als in Europa. Allein die Existenz eines Codes weist ja darauf hin, daß es etwas zu regeln gibt. Und das gilt für keinen Museumstyp mehr, als für Museen moderner Kunst. Die Verflechtung von Museum, Markt, Galerien, Händlern, Experten, Sammlern ist nirgendwo derart eng und dickichhaft verflochten. 
Sabine Breitwieser, weiß was sie tut. Und sie weiß, warum sie ihre Meinung ändern kann. Sie weiß, daß sie in Österreich anders agieren kann als anderswo. An der Albertina und an Klaus Albrecht Schröder gab es mancherlei Kritik, eine gezielte und wirksame an seinem Deal mit dem Ehepaar Batliner ist mir nicht bekannt, eine Auseinandersetzung mit Batliner und seiner Rolle in der Finanzwirtschaft auch nicht. Dabei müsste man z.B. nur die Süddeutsche Zeitung gelesen haben, seinerzeit und rechtzeitig. Als man die Stiftung Leopold einrichtete, statt die Sammlung in ein staatliches Museum zu integrieren, hat man über den Kaufpreis geschrieben. Was die Stiftungskonstruktion bedeutet, dämmert vielen erst jetzt, angesichts des Umgangs mit Restitutionsfragen und der Gründung einer Klimt-Stiftung durch Mitarbeiter des Hauses.
Weil die Verhältnisse so verschlampt sind, weil die Medien nicht reagieren oder auch wegschauen, kann Frau Breitwieser machen was sie eben macht. Was die Politiker betrifft, bleibt die Frage, wissen sie es auch, was sie tun oder haben sie ahnungslos und ohne jede Beratung agiert? Haben sie sich je mit der Frage beschäftigt, was den Unterschied von privat und öffentlich in bezug auf eine Kulturinstitution, auf ein Museum ausmacht?

(21.01.2014)

Der Ausgangstext mit den wesentlichen Informationen, einigen mir bekannt gewordenen Pressereaktionen und einem ersten Kommentar hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-ubernahme-eine.html

Montag, 20. Januar 2014

Ein Coup. Ein zweiter Kommentar. Das Museum der Moderne in Salzburg und die Generali Foundation

Dieser Kommentar bezieht sich auf den gestern verfassten Post zur Kooperation (um das neutralste aller Worte dafür zu verwenden) zwischen der Generali Foundation und dem Museum der Moderne Salzburg. Die durch eine Presseaussendung mitgeteilten Aspekte der Kooperation sollte man dort nachlesen: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-ubernahme-eine.html

Kommentar (2) 

Das Land Salzburg bezahlt den Museumsbetrieb einschließlich Erhaltung des Baues, Lohnkosten der Mitarbeiter, die Errichtung eines Depots, die Kosten der Deponierung, die Kosten der Einrichtung der Dauerausstellung, die Kosten für Marketing und Pressearbeit, für Kataloge u.v.a.m.
Die Generali-Foundation spart sich (einige ihrer bisherigen) Mitarbeiter, den Aufwand für den bisherigen Standort, den sie u.U. als Immobilie verwerten kann, sie bekommt kostenloses Image und ihre Sammlung wird über die Laufzeit der Leihgabe von 25 Jahren eine veritable Wertsteigerung erfahren (und sich damit der Einsatz des Ankaufsbudgets sehr günstig verzinsen), unter andern deswegen, weil sie eine für den Kunstmarkt attraktive "museumsreife" Sammlung eines klassischen öffentlichen Museums besitzt. Womöglich kann die Generali Foundation dann, wenn das im Vertrag nicht untersagt ist (was ich mir nicht vorstellen kann, weil das eine Schmälerung des Verfügungsrechtes über Privateigentum wäre), die Sammlung oder Teile daraus verkaufen, ohne der Öffentlichkeit etwas zu schulden.
Dabei geht es um eine Sammlung, die sich kritisch mit Politik, (Kunst)Markt, Ökonomie auseinandergesetzt hat und in der mit Hans Haacke die direkte Institutionenkritik am Museum und an seinen ökonomischen und machttechnischen Rahmenbedingungen einen prominenten Platz hatte - eine Kritik an genau jenen Machtverhältnissen und -techniken, wie sie sich im gegenständlichen Fall zeigt - einschließlich des inferioren Umgangs mit den bisherigen MitarbeiterInnen der Foundation und ihrer Leiterin, die bis heute Montag, anders als versprochen, nicht über die Absichten der Foundation in Bezug auf ihre Rolle, unterrichtet sind und die nicht über den "Deal", der ihre Arbeit in Wien beendet, unterrichtet wurden.
Nach der Transformation der Grafischen Sammlung Alberten mithilfe der Sammlung des Ehepaares Batliner (die sie dem Museum der Moderne in Salzburg zuvor angeboten hatten, aber an der Kritik an der prominenten wie, nun sagen wir mal, von vielen Jornalisten und Beobachtern als ebenso problematisch eingestuften beruflichen Tätigkeit Herrn Batliners scheiterte) und der Einrichtung der Leopold-Stiftung ist das das dritte Beispiel einer - indirekten und unterschwelligen -, Privatisierung eines öffentlichen Museums.
Es ist eine Übernahme und eine Preisgabe. Aber alle, Initiatoren wie Berichterstatter, sind zufrieden, glücklich oder gar enthusiastisch.
Der Schaden, nimmt man nicht nur diesen aktuellen Fall, sondern die genannten Beispiele ins Auge, ist nachhaltig und wird es bleiben, denn es geht um die Preisgabe eines kulturellen Projekts, das untrennbar mit liberaler und diskursiver Öffentlichkeit, öffentlicher Verwaltung und sorglicher Erhaltung, egalitärer Nutzung im Interesse aller ohne jeden Ausschluss und um auch materiell-rechtlichen Gemeinbesitz an den kulturellen Gütern verbunden war.

Ein dritter Kommentar - zu einer bemerkenswerten Meinungsänderung von Sabine Breitwieser hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-gravierende.html

Sonntag, 19. Januar 2014

Ein Coup. Eine Übernahme. Eine Privatisierung - Das Salzburg Museum wird zum Schauplatz des Generali-Konzerns


Was?
Am Freitag den 17.1. wurde in einer in Salzburg abgehaltenen Pressekonferenz mitgeteilt, daß die Sammlung der Generali Foundation, eines großen Versicherungskonzerns, von Wien ins Salzburger Museum der Moderne übersiedelt. Die Pressekonferenz wurde von den Initiatoren dieses Transfers abgehalten: den Vertretern des Versicherungskonzerns, der Direktorin des Museums der Moderne, Sabine Breitwieser, die 1988 die Institution der Generali Fundation in deren Auftrag gegründet und eröffnet hatte, dann kurzzeitig am Museum of Modern Art New York als Kuratorin tätig war und 2013 zur Leiterin des Salzburger Museums bestellt worden war, sowie Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne).  
Die Vereinbarung sieht eine Dauerleihgabe von 2100 Werken von 250 Künstlern an das Salzburger Museum der Moderne auf 25 Jahre vor, aus der eine immer wieder modifizierte Dauerausstellung gebildet werden soll, die Bereitstellung von Personal, die Übersiedlung auch des dazu gehörigen Archivs und der Bibliothek sowie ein Ankaufsbudget, in nicht genannter Höhe, "um die Sammlung auch in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln." (Die Presse 17.01) Sabine Breitwieser, Gründungsdirektorin der Generali Foundation und bis 2007 für die Sammlung zuständig, leitet seit September 2013 das Museum der Moderne. " Sabine Breitwieser "bringt die einst von ihr gegründete und Wiener Generali Foundation in ihren Einflussbereich zurück. (...) Breitwieser stellte in Abrede, dass sie den Deal schon eingefädelt hatte, als sie 2012 ihren Top-Job als Chefkuratorin im New Yorker Museum of Modern Art zugunsten des Direktorsposten in Salzburg aufgab. Für die gebürtige Welserin ist die Fusion gewiss ein Glücksfall." ("Breitwieser holt Generali-Foundation nach Salzburg" in: Kurier, 17.01)

Warum?
„In Wien", sagte  Peter Thirring, Vorsitzender des Vorstands der Generali Holding Vienna AG, "war es gut, aber an diesem prominenten Standort am Mönchsberg spielen wir in einer anderen Liga“.  (Die Presse 17.01) Dr. Dietrich Karner, Präsident der Generali Foundation und Vorsitzender des Aufsichtsrates der
Generali Holding Vienna AG und der Generali Versicherung AG sagte: "Wir werden uns weiterhin um diese Sammlung bemühen (...) Die Sammlung war für unser Unternehmen immer ein bedeutender Imageträger. Aber in Wien sind wir an Grenzen gestoßen. In Salzburg wissen wir sie in guten Hände, da gibt es viel mehr Platz, große Teile der Sammlung der Öffentlichkeit häufiger zugänglich zu machen." (Die Presse 17.01) Und derselbe in einer Aussendung der Austria Presseagentur: "Diese Partnerschaft ist auch Garant dafür, dass sowohl die Kunstsponsoring-Aktivitäten der Generali Gruppe Österreich als auch die Vermittlung der internationalen Sammlung der Generali Foundation langfristig sichergestellt sind. Ich freue mich sehr, dass die Generali Foundation mit dem Museum der Moderne Salzburg einen so kompetenten Partner unter der visionären Leitung von Dr. Sabine Breitwieser gefunden hat."
Die Museumsdirektorin Sabine Breitwieser: „Wir können mit einem Schlag Defizite der internationalen Kunst der 1960er-Jahre bis zur Gegenwart ausgleichen.“ (Die Presse 17.01) Und dieselbe: "Man müsse Museumsdirektoren wie Chris Dercon, dem Direktor der Londoner Tate Modern, einen Grund geben, nach Salzburg zu kommen." (Der Standrad, 17.01.)
Der Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer begründet den Nutzen, den das Land von der Vereinbarung habe so: Kunstwerke der Generali-Sammlung seien bei internationalen Leihgebern sehr gefragt: „Das bedeutet, dass wir im Gegenzug auch häufig Kunstwerke nach Salzburg holen könne, die wir ohne die Generali-Sammlung nur selten bekommen würden.“  (Die Presse 17.01) Sowie: "Mit der wegweisenden wie stringenten Sammlung Generali Foundation
am Museum der Moderne Salzburg wird das Land Salzburg ein noch stärkerer Anziehungspunkt für Kunstfreunde aus aller Welt". (Aussendung der Austria Presseagentur 17.1.)
Dr. Heinrich Schellhorn, Landesrat für Kultur in Salzburg (Die Grünen): "Die hochkarätige und international anerkannte Sammlung Generali Foundation erweitert das Potenzial des Museum der Moderne Salzburg um ein Vielfaches und bringt inhaltlich und qualitativ Neues. Das wird dem Museum, den Besucher_innen und allen Interessierten zugutekommen. Das Museum kann damit auch seinen Vermittlungs- und Bildungsauftrag verstärkt wahrnehmen. Als Landesrat für Kultur freue ich mich riesig über die Aufwertung des Museum der Moderne und bedanke mich bei der Generali Foundation und allen, die dies möglich gemacht haben." (Austria Presseagentur 17.1.)
Die Tageszeitung Die Presse vom Tag der Bekanntmachung der Vereinbarung nennt noch weitere Bewertungen, wie sie in der Pressekonferenz geäußert wurden: "Strategische Weichenstellung für Salzburg", "Meilenstein", "Aufwertung des Kulturlandes Salzburg", "Liebesheirat."
Ein Problem wird mit der Übersiedlung für das Land Salzburg größer. Das Museum der Moderne hat keine Depoträume. Andere Salzburger Museen benötigen ebenfalls dringend Depotflächen. Nun sei mit der Übersiedlung der Bedarf auf das etwa dreifache gestiegen. Deswegen habe man (Wilfried Haslauer) den schon vorbereiteten Plan Einers Depots auf dem Mönchsberg aufgegeben. Man suche eine verkehrsgünstige Immobilie auf der grünen Wiese und nennt Ende 2015 als Ziel des Einzugs der Sammlungen in das Depot. (Die Presse 17.01)

Wie?
Die Generali Foundation hat vor, ihr Haus im vierten Bezirk in Wien noch bis Ende 2015 bespielen. Keine Pläne hat sie, was mit den Räumen in Wien nach der Übersiedlung geschehen soll. Sowohl einige der Medien (nicht alle) und vor allem viele Postings in den diversen Zeitungen nennen den Umgang mit der Leiterin und dem Team der Generali Fundation irritierend und unverständlich, auch schädigend für den Ruf des Generali-Konzerns: "Auf APA-Nachfrage am Wiener Standort zeigte man sich zunächst überrascht und war seither für keinen Kommentar erreichbar." (Die Presse 17.01). Offenbar wurde die Leiterin der Generali Foundation, Sabine Folie, von der Auflösung der von ihr geleiteten Institution zugunsten einer Partnerschaft mit dem Museum der Moderne in Salzburg vom Generali-Vorstand vor der Pressekonferenz nicht informiert. „Das Haus und seine Mitarbeiter inklusive der Direktorin“ seien vor der Salzburger Pressekonferenz „nicht in Kenntnis gesetzt worden“, hieß es am Freitagnachmittag via ORFNews und Presseaussendung. Zu der "für 2015 ange­setz­ten Umsiedlung der Sammlung der Generali Foundation sowie der Bibliotheks- und Archivbestände in das Museum der Moderne, kann die Generali Foundation keine Stellungnahme abge­ben, da das Haus und seine Mitarbeiter_innen inklu­sive der Direktorin, Dr. Sabine Folie, bis heute zum Zeitpunkt der Pressekonferenz in Salzburg nicht über die Entscheidungen des Vorstandes in Kenntnis gesetzt wor­den sind." APA Aussendung, 17.1. Der Generali-Konzern hat für Montag, den 20.1. eine Information dazu angekündigt. Die Zukunft von Sabine Folie, der derzeitigen Direktorin, wird vom Präsidenten der Foundation als "noch unklar" bezeichnet. „Wir sind dafür bekannt, dass wir mit unseren Mitarbeitern sehr wertschätzend umgehen.“

Pressestimmen
"Gottfried Bechtold, der seine Werke in der Generali Foundation immer gut aufgehoben sah, hat absolut nichts gegen den Ortswechsel. Er traut aber vor allem der neuen MdM-Leiterin viel zu. Wer das Ringen um die Errichtung des Baus verfolgt und immer wieder einmal die attraktiven Ausstellungsräumlichkeiten besucht hat, der kann sich über eine Belebung der Kunsthallenlandschaft nur freuen. Mit dem Kunsthaus Bregenz, dem erwähnten MdM in Salzburg und dem Lentos in Linz wurden Fixpunkte geschaffen. Jetzt sollte nur noch das tolle Kunsthaus Graz etwas deutlicher hervortreten." Christa Dietrich, Vorarlberger Nachrichten, 18.01
"In Salzburg kann die Sammlung der Generali Foundation – für sich und die Stadt als Kunststandort - zum heutigen Zeitpunkt noch wesentlich mehr erreichen. Sie kann einen „luftleeren Raum“ (Sabine Breitwieser, Direktorin MdM) im Museum der Moderne füllen und die Standortvorteile eines bekannten Landesmuseums für sich nutzen. Schließlich sollte das finanzielle Engagement des Generali Konzerns von Anfang an auch der Imagepflege  dienen." Ann Katrin Feßler unter dem Titel "Generalis schlauer Umzug" in: Der Standard, 17.1.
"Ein Deal, den man durchaus als Coup bezeichnen kann." Ann Katrin Fessler, Stefanie Ruep, "Kunstsammlung verlässt Wien", in: der Standard 17.01.
"Es ist ein bisschen so, als hätte im nach dem Finanzskandal von Budgetnöten geplagten Salzburg jemand ein Füllhorn ausgeschüttet: Die Generali Foundation überträgt ihre international beachtete Sammlung als Dauerleihgabe an das Salzburger Museum der Moderne". Claudia Lagler, Die Presse 17.01.

Kommentar
Ein Museum ist dann öffentlich, wenn es von der öffentlichen Hand (Staat, Land, Stadtgemeinde) erhalten und verwaltet wird, in einem gesellschaftlichen Interesse an egalitärem Zugang zu Bildung und an einem sozialen und zivilisierenden Raum, an dem die permanente Auseinandersetzung mit den Grundlagen und Grundfragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und Zusammenhalts stattfinden kann. Dazu ist die Öffentlichkeit des Museums zusätzlich noch bestimmt, nämlich als liberale - bürgerlich traut man sich angesichts dieses Vorganges (und anderer in manchem vergleichbarer) gar nicht zu sagen -, also allgemein zugängliche Sphäre des Diskurses, der Argumentation, der Willens- und Erfahrungsbildung. Materiell ist dazu die staatliche Finanzierung und das allgemeine Eigentum an den Sammlungen zwingend. Jede Partikularisierung, d.h. jede Privatheit steht im strikten Widerspruch zu den Aufgaben und zur Struktur des öffentlichen Museums.
Auch wenn man die Einzelheiten des Vertrages nicht beurteilen kann, der ja nicht oder noch nicht veröffentlicht wurde, so lassen einzelne deklarierte Vereinbarungen und die Sprachregelung der Initiatoren keinen Zweifel daran (auch wenn sie das selbst vielleicht nicht so sehen oder nicht sehen wollen), daß es sich um die Privatisierung eines öffentlichen Museums handelt. Nicht de jure, aber de facto.
Die Wendung des Vorstandes "wir spielen in Salzburg in der ersten Liga" drückt, wahrscheinlich unbeabsichtigt, das Selbstbewusstsein des Konzerns aus, die Entscheidungshoheit und Verfügungsgewalt zu haben. Der Konzern mag Mittel bereitstellen, aber diese fließen in eine Sammlung, die ihm gehört, aus der er expressis verbis Image beziehen will, und die u.U. nach der Laufzeit der Vereinbarung wieder an ihn zurückfallen kann, womöglich auch zur Veräußerung. Das ist bei einem öffentlichen Museum undenkbar. Die aus Steuermitteln gespeiste Infrastruktur kommt nun wesentlich dem Konzerninteresse zugute, Ausstellungen, Sammlungserweiterung, bauliche Investitionen wie die Errichtung des Depots, Medienarbeit und Marketing, - von allem dem profitiert der Konzern.
"Ein Deal, den man durchaus als Coup bezeichnen kann," nennt das eine Journalistin. Ja, ein Coup, auch deswegen, weil mit ihm die Leiterin der Foundation kalt abserviert wird, samt ihrem Team, weil die bisherige Arbeit des Museums abgewertet wird, von der Direktorin selbst, die vom "luftleeren Raum am Mönchsberg" spricht, so als hätten dort nicht namhafte Leiter und exzellente Kuratoren gearbeitet an Ausstellungen, von denen ich von eigenen Besuchen nur schöne und eindrucksvolle Erinnerungen mitgenommen habe. Ja, ein Coup also, ein "frech und kühn angelegtes Unternehmen", ein "Handstreich", so wie es der Duden übersetzt. Eine kalte Enteignung der Öffentlichkeit. Mit Unterstützung ihrer wichtigsten Vertreter, Landeshauptmann und Kulturlandesrat. Ein Coup, der in die Zeit passt, der aber deswegen nicht entschuldbarer oder relativierter würde.
Öffentliche Orte sind kostbare Gefäße. Es bedurfte nicht erst des in Ausmaß und Tragweite kaum abschätzbaren NSA-Skandals, um wieder einmal in Erinnerung zu rufen, wie sehr die Demokratie einer lebendigen, vitalen Öffentlichkeit bedarf und wie fragil und gefährdet sie ist. Deswegen muß man gegen jede Zumutung, auch diese, auftreten.

P.S.: Der Post gibt meinen Informationsstand vom Abend des 19.1. wieder.

Ein inzwischen am 20.1. verfasster zweiter Kommentar hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-ein-zweiter-kommentar-das.html 
Ein dritter Kommentar vom 21.1.: http://museologien.blogspot.co.at/2014/01/ein-coup-eine-gravierende.html


Mittwoch, 24. Juli 2013

Das Haus der Natur in Salzburg reagiert auf Kritik und berichtet über sein Projekt zur Erforschung der Geschichte des Museums

Zum neuesten Stand der Erforschung, Diskussion und Aufarbeitung der Rolle von Eduard Paul Trat und des von ihm gegründeten naturmuseums durch das Haus der Natur selbst siehe den Post „Das Haus der Natur stellt sich zum ersten Mal seiner Gesichte. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/10/das-haus-der-natur-stellt-sich-zum.html  
 
Auf meine Kritik, daß das Haus der Natur in Salzburg sich noch immer nicht seiner Geschichte stellt (hier: http://museologien.blogspot.co.at/2013/06/selbstverordneter-gedachtnisschwund-das.html, einschließlich eines Kommentars von Direktor Windung zu meinen Ausführungen), obwohl doch mehrfach in Publikationen die Rolle des Museums und seines Gründers und langjährigen Leiters, Eduard Paul Tratz dargestellt worden war, hat der Leiter des Museums, Norbert Winding reagiert. Es gibt nun auf der Webseite eine wenn auch knappe so doch unmissverständliche Information (hier: http://www.hausdernatur.at/zeittafel.html) und einen ausführlichen Hinweis zum laufenden Forschungsprojekt und der vorstudie dazu (hier: http://www.hausdernatur.at/geschichtsprojekt.html).
Ich möchte die rasche Reaktion von Direktor Winding ausdrücklich anerkennen, auch als Indiz, daß sich das Museum nun langsam aus seiner Belastung emanzipiert und vielelicht aus einem kritischen Blick auf die Institutionsgeschichte auch Freiräume für neue Strategien gewinnen könnte.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Zlatorog oder wie ich beim Recherchieren auf Abwege gerate...

Als ich gemeinsam mit Freunden vor Jahren im Auftrag des Österreichischen Alpenvereins an der Ausstellung "Berge - Eine unverständliche Leidenschaft" arbeitete, beschäftigte uns ein merkwürdiges, ja sogar befremdendes Gemälde aus der Sammlung des AV. Es zeigte einen weißen, weinenden (sic!) Gemsbock vor einer Berglandschaft, aus dessen Wunde Blut fließt, das wiederum eine rote Pflanze emporwachsen läßt.

Martin Scharfe, der an der Ausstellung mitgearbeitet hat, widmet dem Zlatorogbild in seinem Buch "Bilder aus den Aplpen" eine knappe Analyse: 1877 hatte der Schriftsteller Rudolf Baumbach ein umfangreiches Gedicht "Zlatorog. Eine Alpensage" veröffentlicht. Darin ist von jenem "heiligen Tier" die Rede, das wir auf em von Karl Huck gemalten Bild von 1923 vor uns haben, das Tier, das bei Strafe des eigenen Todes nicht erlegt werden darf. Wer gegen das Tabu verstößt, stürzt in die Tiefe oder wird vom (was auf dem Gemälde "ungesagt" bleibt) Tier selbst getötet.

Gestern ist er mir wieder begegnet. Der Zlatorog. Beim Recherchieren zum Salzburger Haus der Natur. Und zwar in einer Publikation von 1930 "Das neue Museum für darstellende und angewandte Naturkunde in Salzburg", an der die vielen Fotografien bemerkenswert sind, die ein frühes Stadium der Entwicklung des heutigen Hauses der Natur dokumentieren.
Da war er wieder, der heilige weiße Gemsbock. Ausgestopft und umfangreich mit Texten kommentiert. Also als "historisches" und nicht legendhaftes Tier. Und: Vom Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand im Blühnbachtal (das man in Salzburg findet) am 27. August 1913 getötet. Ja, genau der Franz Ferdinand, der nicht einmal ein Jahr nach seinem Jagdfrevel tot war. Zunächst dachte ich, daß das Haus der Natur da Mythos und Geschichte vermengt hat, wie es das seit seiner Gründung in verschiedenen Abteilungen zur Jagd oder direkt zu Sage und Märchen ja getan hat. Aber der hstorische Schuß des Thronfolgers fiel wirklich

Den ultimativen und emprisch abgestützten Beweis für die Wirkmacht der legendhaften Überlieferung bietet uns das Schicksal eines Waid- und Staatsmannes, der die Jagdmordlust von Franz Ferdinand womöglich weit übertroffen hat: Nicolae Ceauşescu. Ich zitiere ausführlich aus der Zusammenfassunbg einer historischen Forschung zu Ceauşescu dem Jäger (Siebenbürgische Zeitung vom 7. Februar 2010):

"Es ist kaum anzunehmen, dass in der Geschichte der Menschheit je ein anderes Individuum innerhalb von 24 Jahren rund 3 900 Bären getötet hat, wie die rumänische Jagdzeitschrift „Diana“ (Nr. 1/1990) meldete. Der dringendste Wunsch Ceauşescus war indes, alle „Weltrekorde“ bei den Hochwildarten der Karpaten Rumäniens zu brechen. Dieses Vorhaben ist ihm beinahe gelungen. (...) Es sei erwähnt, dass Ceauşescu aus dem Drang heraus, den vom Kronstädter Weidmann Hessheimer 1934 erlegten weltstärksten Gamsbock zu überbieten, sogar die Autohochstraße „Transfăgărăşan“ bauen ließ, um in das hochgelegene Gämsenrevier „Cumpăna“ zu gelangen. Da der Weltrekord auf sich warten ließ, ersann er eine unweidmännische Jagdmethode: Dank dieser erlegte der Diktator im Januar 1989 in Gegenwart seiner Frau Elena aus der Gondel der Drahtseilbahn im Revier Buşteni (Butschetsch-Gebirge) 66 Stück Gamswild, darunter zwei Albinos. Die alten, erfahrenen Gebirgsjäger, die einst Könige und Kaiser auf Bär- und Gamswild in den Karpaten führten, prophezeiten das Ende des Jägers innerhalb eines Jahres. Und sie hatten Recht! Nach elf Monaten, am 25. Dezember 1989, wurde das Ehepaar Ceauşescu von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und danach erschossen.

In den uralten Märchen und Sagen Südost-Europas und des östlichen Alpenraumes rankt sich so manche Legende um den weißen Gamsbock. Der Aberglaube der Jäger und Hirten will es wissen: Wer es wagt, den weißen Bock zu erlegen, ist in Jahresfrist ein toter Mann. Dieser Aberglaube fand neue Nahrung, als Kronprinz Rudolf von Österreich, der eine weiße Gams schoss, innerhalb eines Jahres in Mayerling 1889 (genau 100 Jahre vor Ceauşescus Tod!) tragisch aus dem Leben schied.
Der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand erlegte am 27. August 1913 eine weiße Gämse und wurde innerhalb der in der Sage bekannten Frist am 28. Juni 1914 in Sarajevo ermordet. Der Anlass für den Ersten Weltkrieg war gegeben! Inzwischen wissen es die Karpatenjäger nun mit höchster Gewissheit: Die Sage stimmt, denn sie wurde durch den gewaltsamen Tod Ceauşescus bestätigt. Die rumänische Jägerschaft hätte dem „größten Jäger aller Zeiten“ (wie Ceauşescu sich gern selbst titulierte) dieses Weidmannsheil schon zu Beginn seiner „Polit-Ära“ gewünscht, wie einer rumänischen Jagdzeitschrift 1990 zu entnehmen ist. Der „Zlatorog“, wie der weiße Gamsbock im Aberglauben der Jäger Südosteuropas heißt, ist mit dem Palladion (Verleiher von Schutz in der griechischen Sage) des weißen Königsmantels gefeit, ist also ein Schützling der Berggeister und Bergfeen. Auch der Teufel zeigt sich bisweilen in der Gestalt des weißen Bockes mit goldenen Hörnern, ist also ein „Satanstier“."

Die Auflösung der Fotos im Salzburger Museumskatalog erlaubt nicht, den umfangreichen Text, der die Albino-Gemse (die sich ja vielleicht im Depot des Museums erhalten hat?) zu entziffern. Man kann nur so viel erkennen, daß dort auch der herrscherliche Jagdeifer mit dem Ausbruch des Weltkeiegs in Zusammenhang gebarcht wurde.
Jetzt verstehe ich, warum die Unterschrift zum bild lautet: "Der 'Zlatorog' der Weltgeschichte"...


Die Revision, die Enthmythologisierung vollzieht sich nicht im frontal artikulierten Widerspruch, nicht in der Anstrengung der rationalen Aufklärung. Sie vollzieht sich unauffällig als Unterminierung, als ironische Auflösung.
Zlatorog ist heute - ein slowenisches Bier...

Dienstag, 11. Juni 2013

Selbstverordneter Gedächtnisschwund: Das Haus der Natur in Salzburg

Zum neuesten Stand der Erforschung, Diskussion und Aufarbeitung der Rolle von Eduard Paul Trat und des von ihm gegründeten naturmuseums durch das Haus der Natur selbst siehe den Post „Das Haus der Natur stellt sich zum ersten Mal seiner Gesichte. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/10/das-haus-der-natur-stellt-sich-zum.html 

Durch einen Anruf bin ich an meine frühere Beschäftigung mit der Geschichte des Hauses der Natur in Salzburg erinnert worden. Anlaß damals war die Verleihung des Österreichischen Museumspreises an das Museum im Jahr 1991. In der Begründung wurde würdigend der Gründer des Museums, Eduard Paul Tratz einbezogen, der während der NS-Zeit als "Rassenforscher" höchst aktiv war und der dennoch das Haus bis 1976 leitete.

Da war Tratz 88 Jahre alt und konnte seinem Wunschnachfolger kurz vor seinem Tod noch brieflich seine Freude übermitteln. Dieser, Eberhard Stüber, war Zeit seiner Direktion enthusiastischer Apologet von Tratz, wenngleich er sich in späteren Jahren, als die Kritik lauter wurde und sich auch die Landespolitik mit Tratz und dem Haus der Natur beschäftigte (hier ein Link zum Antrag der Bürgerliste zur Aberkennung der Ehrenbürgerwürde Tratz. 2012 war Tratz noch immer Ehrenbürger. Ich denke, er ist es auch heute noch) kaum noch zur NS-Geschichte des Museums äußerte.

Eberhard Stüber, einen Schüler von Tratz und dessen Nachfolger als Museumsdirektor, arbeitete auch als Ausbilder von Lehrern und als Umweltanwalt der Landesregierung.

(Hier Dokumente, die das Biologiezentrum des Hauses der Natur auf seiner Webseite anbietet und die die (Ver)Ehrung durch die Landespolitik und durch Stüber belegen, die Tratz entgegengebracht wurde. Ich vermute, daß das Biologiezentrum diese Dokumente nicht in kritischer Absicht ins Internet gestellt hat. Viele Naturschutzorganisationen halten Tratz hoch in Ehren und vergeben nach ihm benannte Preise. Die Untersuchung der Kontinuität des Naturverständnisses seit den 1920er-Jahren, der NS-Zeit, der Zeit der 50er-Jahre bis hin zur Grünen Bewegung bedürften dringend einer Beleuchtung. Wenn man Texte etwa von Tratz aus den 20er-Jahren liest, vor allem solche, die er in pädagogischer Absicht verfasst hat, kommt man aus dem Staunen über die Affinität zur jüngeren Gegenwart kaum heruas.)

Inzwischen gibt es zeitgeschichtliche Forschungen, die die Tätigkeit Tratz sorgfältig dokumentieren (Robert Hoffmann, Ein Museum für Himmler. Eduard Paul Tratz und die Integration des Salzburger „Hauses der Natur“ in das „Ahnenerbe“ der SS. In: Zeitgeschichte, 35 (2008), H. 3, 154-175) und auch museologische Auftragsforschung. Eine Publikation zur Geschichte des Hauses soll angeblich noch in diesem Jahr erscheinen.

Darüber erfährt man aber nach wie vor nichts vom Museum. Die Politik, die betrieben wird, ist die des "Vergessenmachens". Weder Tratz wird auf der Webseite genannt noch wird die einschlägige Geschichte des Hauses referiert. Man findet auch nichts zu einem erhaltenen Kernstück der Tratzschen rassenpolitischen und musealen Betätigung: zu den Tibetdioramen. Nur wenn man den Orientierungsplan des Hauses genau ansieht, entdeckt man die "Tibetschau".

Nur drei kurze Absätze findet man untere der Überschrift "Über uns". Der erste lautet: "Das Naturkundemuseum Haus der Natur besteht seit dem Jahr 1924. Seit seinen Anfängen überrascht es seine BesucherInnen mit einer modernen, lebendigen Museumsdidaktik, die sich mit den Jahren konsequent weiterentwickelt hat." (Webseite des Hauses der Natur, abgerufen 11.Juni 2013)

Inzwischen schreiben wir 2013, ein neuer Direktor, der dem Nachfolger von Tratz, Eberhard Stüber gefolgt ist, ist längst im Amt, einschlägige Forschungen und Debatten sind öffentlich bekannt, aber dennoch, das Museum kann sich immer noch nicht durchringen, sich seiner Geschichte zu stellen.

Hier die Links zu meinen älteren Posts (die übrigens zu den meistgelesenen dieses Blogs überhaupt gehören, vermutlich deswegen, weil sie - noch immer - zu den ganz wenigen leicht zugänglichen Informationen zur NS-Geschichte des Hauses der Natur und zu Eduard Paul Tratz gehören).

"Blutgebundene Abhängigkeit". Das Haus der Natur in Salzburg wird sich wohl weiter nicht um die Aufarbeitung seiner NS-Geschichte kümmern 
Das Haus der Natur in Salzburg als Institut des SS-Ahnenerbes

Dienstag, 29. Mai 2012

Generationenwechsel, mozartbarock

"Man müsse sicherlich dem Barock gerade in Verbindung mit Mozart gesonderte Aufmerksamkeit widmen, das ist die einzige thematische Schwerpunktsetzung, die Hochleitner zum jetzigen Zeitpunkt zu entlocken ist."
Der Standard über den neuen Direktor des Salzburg Museum

Der Generationenwechsel an den Landesmuseen ist vielversprechend. Ein Kunst- und Kulturhistoriker, 42, entdeckt, daß Mozart ein Barockkomponist war.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Fundsache "Eventualexponat"

Ausstellung des rekonstrierten und sogenannten Mozart-Geburtshauses. Da alles erfunden ist, kommts auf Kleinigkeiten schon gar nicht an.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Letzte Chance hier auf Erden (Texte im Museum 69)



Jahreskalender einer Bäurin. Heimat bist Du starker Frauen. Sonderausstellung im Salzburger Landesskimuseum Werfenweng. Foto GF 2010

Montag, 19. April 2010

"Blutgebundene Abhängigkeit". Das Haus der Natur in Salzburg wird sich wohl weiter nicht um die Aufarbeitung seiner NS-Geschichte kümmern

Zum neuesten Stand der Erforschung, Diskussion und Aufarbeitung der Rolle von Eduard Paul Trat und des von ihm gegründeten naturmuseums durch das Haus der Natur selbst siehe den Post „Das Haus der Natur stellt sich zum ersten Mal seiner Gesichte. Hier: http://museologien.blogspot.co.at/2014/10/das-haus-der-natur-stellt-sich-zum.html 


Dieser Artikel erschien vor über acht Jahren in der Tageszeitung Der Standard. Die Reaktion seitens des Ministeriums und des Museums damals: keine. Das Museum behielt seinen Preis. Heute ist trotz mancher Anläufe und vor allem einer wissenschaftlichen Expertise weitgehend alles wie immer. Das Museum behelligt sich nicht mit seiner Altlast. Aus diesem Grund veröffentliche ich, sozusagen als Erinnerung, den Zeitungsartikel, der nicht veraltet ist, bis auf die Tatsache, daß man heute ein noch größeres und differenzierteres Wissen über Eduard Paul Tratz und das Haus der Natur in der NS-Zeit hat. GF

Sabine Schleiermacher, Gottfried Fliedl: "Blutgebundene Abhängigkeit" Museumspreis 1991: Eine späte Ehrung für nationalsozialistische Rassenforscher. In: Der Standard, Donnerstag 13. Februar 1992, S.23

Der vom Wissenschaftsministerium vergebene Österreichische Museumspreis ging heuer an das Haus der Natur in Salzburg, ein Museum, das in der NS-Zeit eine Forschungseinrichtung der SS war und dessen Schausammlung wesentlich zur Legitimation des nationalsozialistischen Herrschafts- und Unrechtssystems beigetragen sollte.Kritiklos würdigt das Preisgutachten das Museum einschließlich seiner Relikte aus der NS-Zeit. Besonders erwähnenswert fand man z. B. eine museologische Rarität,  nämlich die eindrucksvollen Tibet-Dioramen.

1938/39 wurde unter der Schirmherrschaft Himmlers eine SS-Expedition nach Tibet unternommen, um den Ursprung des als 'arisch' bezeichneten Menschen zu erforschen. Es wurden rassen- und völkerkundliche Arbeiten durchgeführt. Kopf-, Hand-, und Fußabformungen, Gesichtsmasken, sowie Körpervermessungen führte Bruno Beger durch, der später im KZ Auschwitz mit vergleichbaren Fragestellungen anatomische Forschungen betrieb.

Aus der Expeditionssammlung und mit Hilfe der anthropologischen Abformungen wurden große Dioramen, eine Tibetschau,  errichtet, um den innigen Zusammenhang zwischen dem Menschen und seiner Umwelt  optisch zu verdeutlichen. Initiiert und mitfinanziert wurden die Dioramen vom 'Ahnenerbe',  das auch den Ausbau des Museums unterstützte.  Bereits im Herbst 1938, bald nach dem 'Anschluß' Österreichs, war das Haus der Natur  der 1935 vom Reichsführer der SS Heinrich Himmler, gegründeten SS-Stiftung 'Forschungs- und Lehrgemeinschaft Ahnenerbe' angegliedert worden.

Die Stiftung sollte u.a. Raum, Geist und Tat des nordrassigen Indogermanentums  erforschen. Das 'Ahnenerbe' förderte seit Beginn des Weltkrieges auch medizinische und biologische Forschung - auch als wehrwissenschaftliche Zweckforschung:: Kampfstoff-, Seuchen- und wehrmedizinische Forschung, sowie die kriegswichtige Wehrgeologie, für die 1941 der Reichsbund für Karst- und Höhlenforschung  mit Sitz in Salzburg gegründet wurde und die Informationen zur Partisanenbekämpfung bereitstellte.

Bundesleiter dieses Reichsbundes  wurde der 1888 in Salzburg geborene Gründer und Direktor des Hauses der Natur,  Eduard Paul Tratz, SS-Hauptsturmführer, seit 1944 Träger des Totenkopfringes und Mitglied der Waffen-SS, seit 1939 Abteilungsleiter der neuen Forschungsstätte des Ahnenerbes für darstellende und angewandte Natur, Träger des Blutordens, Kulturpreisträger der Gauhauptstadt Salzburg im Jahre 1944.

In der gutachterlichen Begründung zur Preisverleihung von 1991 wird das Haus der Natur  als dynamisches Museum,  als ein mutiges  und weitblickendes Unternehmen  gewürdigt und die Auszeichnung mit der ausdrücklichen Berufung auf seine gesamte Geschichte sowie mit den Verdiensten seines Gründers legitimiert.

Tratz wollte eine Institution, die aus dem Volke herausgewachsen ist,  und in erster Linie für das Volk zu sein  hatte. 'Volkstümlichkeit' war auch die Funktion des Museums als Institut des 'Ahnenerbes', geleitet, wie Tratz 1939 schrieb, von der selbstverständliche(n)  Pflicht..., der Volksgemeinschaft zu dienen  und mitzuwirken an der naturwissenschaftlichen Unterbauung des großen und einmaligen Werkes unseres Führers.

Die didaktisch durchdachte Schausammlung sollte verständlich machen, wohin wir Menschen im Rahmen unserer naturgesetzlichen Stellung gehören, nämlich in die erb-, blut-, und bodengebundene Abhängigkeit der uns vom Geschick zugewiesenen Sendung.

Im Naturbegriff von Tratz waren Störungen im Zustand des Werdens und Wachsens eines Wesens,  wie er in einer Ahnenforschungs-Publikation 1943 schrieb, Behinderungen  der vollen Lebensbetätigung, [...] Krüppel oder Mißgeburten gehörten daher rücksichtslos ausgemerzt  

Tratz nahm an 'naturwissenschaftlichen Arbeitsbesprechungen' des 'Ahnenerbes' teil, bei denen der Anatom August Hirt auch über seine zahlreiche Versuche an Menschen, wie den Kampfstoffversuchen berichtete. Tratz besuchte Mitarbeiter des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung  des 'Ahnenerbes' -  auch in den Laboratorien, so im KZ Dachau und im KZ Natzweiler bei Straßburg.

Tratz und das Museum profitierten von nur durch den Krieg zugänglichen Exponaten. Sie reichten vom Mammut aus der Ukraine bis hin zu den Abformungen von Zigeunertypen aus Konzentrationslagern. Die Aufstellung von Abformungen von 'Rasseköpfen', also von 'nordischen, ostischen, dinarischen und jüdischen Köpfen' - einige davon waren bis vor wenigen Monaten noch als Teil der öffentlichen Schausammlung zu sehen - und die Begehrlichkeit von Tratz gerade nach 'Zigeunertypen', machen das durch nationalsozialistische Ideologie überformte darwinistische Konzept (dieses Teils) des Museums deutlich.

Heute unterliegt die Geschichte des Hauses der fast lückenlosen Tabuisierung. In den Museumspublikationen aus der Zeit nach 1945, in den seither erschienen vielen Festschriften für Tratz, der das Museum bis 1976 leitete, im aktuellen Museumsführer finden sich bis auf winzige Spurenelemente keinerlei Hinweise auf die Geschichte des Hauses. Der Zugang zum Archiv wurde, auch das ein Indiz einer die Wiederkehr des Verdrängten fürchtenden Tabuisierung, den Autoren dieses Beitrags verweigert.
Das Haus der Natur ist, wie Eduard Paul Tratz es 1954 einmal formuliert hat, wirklich ein Museum, das seine eigenen Wege ging und geht.

Zu diesem Weg gehört die manifeste Unfähigkeit des Hauses der Natur  sich kritisch mit den materiellen und ideologischen 'Erbstücken' der NS-Zeit auseinanderzusetzen.
Daß das Wissenschaftsministerium diesen 'Weg' mit einem 'Staatspreis' honoriert ist unakzeptabel.

Sabine Schleiermacher ist Wissenschafterin am Institut für Medizin-Soziologie des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf in Hamburg
Gottfried Fliedl arbeitet als freiberuflicher Museologe in Wien


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Zur Geschichte des Hauses der Natur in diesem Blog.

Kritik von Hans Katschthaler an Prof. Robert Hoffmann und seinem Gutachten zum Haus der Natur. Eine Reaktion des Gutachters zum Haus der Natur, Prof.Dr. Robert Hoffmann, auf diese politische Kritik an ihm und seiner Expertise. Ein Artikel von Gerald Lehner zur Kritik von Hans Katschthaler an Prof. Hoffmann und dessen Gutachten.


Webseite Haus der Natur. - Derzeit scheint das Museum eine Politik der Erinnerungslosigkeit zu betreiben. Ich konnte auf der Webseite weder Angaben zur Geschichte des Museums, noch zur Tibetschau noch zu Tratz finden. (April 2010)

Die Abbildung einer rassenkundlichen Sammlung stammt aus der 1963 erschienen Publikation "Wegweiser durch das Haus der Natur in Salzburg. Herausgegeben aus Anlass seines 4ojährigen Bestandes von Eduard Paul Tratz". Teile dieser Sammlung waren zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels von Sabine Schleiermacher und mir im Haus der Natur noch zu sehen. In der Publikation von Tratz fehlt jeder Hinweis auf die Geschichte des Museums in der NS-Zeit - bis auf zahlreiche Fotos von den Tibet-Dioramen.