Matthias Dusini
Heute gibt es einer erste eigenständige und substantielle Äußerung eines Kulturjournalisten, fünf Tage nach der Pressekonferenz, in der eine Zusammenarbeit der Generali Fundation unter der Bedingung ihrer Übersiedlung mit dem und Integration in das Museum der Moderne in Salzburg bekanntgegeben wurde.
Matthias Dusini trennt im heute erschienenen Falter strikt zwischen Bericht (ohne jede Wertung verfasst) und persönlich gefärbtem Kommentar.
Die Übereinkunft von Generali und Salzburger Politik nennt er in der Überschrift eine "eiskalte Übernahme", einen "Deal", eine "unfreundliche Übernahme" und, in Hinblick auf die Behandlung der Leiterin und der MirabeiterInnen "jemanden das Hackl ins Kreuz hauen."
Matthias Dusini bedauert, daß die Fundation mit ihrem "kompromisslosen Arbeitsethos" abwandert und "in einem Provinzmuseum" landet. Besser sei sie wohl im MUMOK im Museumsquartier aufgehoben.
Im Kommentar zerstreut er die Sorge, der Konzern könne das Museum in ein " Marketinginstrument" verwandeln. Die Angst davor sei deshalb "unbegründet", "denn die private Foundation (...) inhaltlich weiter links als das öffentliche Museum" stehe. Außerdem werde die Leiterin verhindern, daß "die Kunst einen schicken Hintergrund für glamouröse Festspielpartys abgeben wird".
"Eigentumsfragen werden sich erst dann stellen, wenn der - bisher nicht veröffentlichte - Leihvertrag ausläuft und das Unternehmen die dann deutlich wertvollere Sammlung verkaufen wollen sollte."
Matthias Dusini: Eiskalte Übernahme: Die Generali Foundation zieht nach Salzburg.Nummer 4, 2014
Martin Fritz
Im Facebook hat Martin Fritz einige Zeilen veröffentlicht, die ich interessant fand, weil er er seit langem fundierte Kritik am Museums- und Ausstellungswesen in der Kolumne "causeries du lundi" in artmagazine betreibt. Auf manche seine Artikel und die seines Kollegen Vitus H. Weh (der seit kurzem nicht mehr in der Kolumne schreibt) habe ich verlinkt, weil die "Hauserin" oft übersehene oder unterschätzte Themen aufgegriffen haben. Ich veröffentliche seine Äußerung mit meinen Repliken.
Martin Fritz: Da ich oft gefragt wurde, was ich zur MdM-Generali Kooperation sage: Seriöserweise kann ohne Kenntnis der Verträge nichts gesagt werden. Dauerleihgaben von Privaten können Fluch oder Segen gleichermaßen sein. Die entscheidenden Punkte wären der Mitteleinsatz des Leihgebers für die Laufzeit der Leihgabe, die Verfügungsrechte und – vor allem – die Optionen der Beteiligten bei Beendigung der Partnerschaft. Also grundsätzlich, ob und inwiefern ein fairer Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen gegeben ist. Sicher ist es (überall auf der Welt) eine der Aufgaben von MuseumsdirektorInnen, Wege zu suchen, interessante private Sammlungen (oder Teile davon) langfristig für das eigene Haus zu „bekommen“.
Gottfried Fliedl: Sehr geehrter Herr Fritz! Man kann sich auch ahnungslos stellen. Ohne daß der Vertrag offengelegt ist - warum wohl? Und glauben Sie, er wird es je? - reicht die Pressekonferenz, um sagen zu können, dass alle Vorteile bei Generali liegen. Sie spart sich Personal, sie hat keine Infrastrukturkosten und könnte z.B. Ihre wiener Immobilie veräußern, und die Mittel von Ankäufen könnten sich mit veritabler Rendite nach der Laufzeit der Dauerleihgabe veritabel verzinst haben. Oder glauben Sie im Ernst, Generali schenkt ohne Gegenleistung seine gesamte Sammlung der Republik? Die öffentliche Hand stellt Steuergelder zur Pflege einer privaten Sammlung zur Verfügung, zu deren Beforschung und partiellen Publikation. Sie macht 25 Jahre lang - auch aus Steuergeldern - Imagepflege für einen internationalen Großkonzern, also für eine jener im sogenannten Finanzsektor tätiges Unternehmen, das unglaubliche Gewinne aus Geschäftstätigkeiten lukriert über deren - nun sagen wir - Kollateralschäden wir von Tag zu Tag mehr lernen. Der Leiterin konzedieren sie Handlungsfreiheit, möglicherweise aber im Wissen, daß ihr das absolut Unmögliche des Deals selbst bewusst ist, wie ein älteres Interview im Vergleich zur heutigen Haltung und Praxis von ihr zeigt. Bemerkenswerterweise verlieren Sie kein Wort über den Umgang mit den Mitarbeiterinnen der ja noch existierenden Foundation, kein Wort über den Umgang mit der Leiterin, kein Wort über die komplette Abwesenheit auch nur einer kritischen Zeile in der Kulturberichterstattung und last but not least kein Wort über den immanent institutionenkritischen Charakter der Sammlung, deren Potential durch die aktuelle kulturpolitische und konzernstrategische Entscheidung bis zur Lächerlichkeit degradiert und denunziert wird. Wenn Sie der Meinung sind, man kann ohne Vertrag nichts sagen, dann bemühen Sie sich doch um die Veröffentlichung des Vertrags, wenden Sie sich an die politisch Verantwortlichen, hier geht's ja nicht um klandestine Kabinettspolitik, sondern um eine öffentliche Einrichtung für die der Eigentümer, wir alle, Transparenz einfordern kann. Und zum Strukturellen der ganzen Angelegenheit, zur schleichenden oder auch gar nicht mehr so schleichenden Privatisierung - da hätten gerade Sie sehr viel Kompetenz uns zu helfen zu verstehen, was vorgeht, was wünschbar ist und vor allem, was der Unterschied von privat und öffentlich ist und in Hinsicht auf diese Unterscheidung einfach ganz und gar nicht erwünscht ist und nicht passieren darf.
Martin Fritz: Sollte die Öffentlichkeit den Vertrag kennen? Die Museum der Moderne Rupertinum Betriebsgesellschaft mbH steht im 100% Eigentum des Landes Salzburg und unterliegt der Kontrolle des Landesrechnungshofs. Es ist anzunehmen, dass der Vertrag mit Zustimmung des Gesellschafters abgeschlossen wurde. Es wird allen Beteiligten wohl offen stehen, ihre Auskunfts- und Aufsichtsrechte wahrzunehmen. Der Ball – so einer ein Match will – liegt also jetzt eher in Salzburg.
Gottfried Fliedl: Lieber Herr Fritz! Das ist die formalrechtliche Seite, gut. Umgekehrt gefragt: warum soll jene Öffentlichkeit, die idealster Träger, Finanzier und Nutznießer ist, bestimmte - entscheidende - Vereinbarungen nicht kennen? Gilt sinngemäß etwa auch für Albertina/Batliner, Belvedere/Thyssen. Welche Interessen werden durch Nichtöffentlichkeit geschützt? Und: sollen wir ernstlich unsere Ansprüche an kulturelle Einrichtungen allein via Rechnungshöfe und Betriebsgesellschaften vertreten sehen?
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