Die nationale Rechte lässt die Bären tanzen, wo und wann sie will.
Was die Schweiz von Ländern wie Frankreich und Österreich unterscheidet,
sind die 3,6 Milliarden Privatvermögen, über die der Extremismus
hierzulande verfügt. Geld in den Händen eines chemischen Industriellen, Christoph Blocher,
der seit Jahr und Tag das Land mit seinen obskuren Ideen inspiriert.
Kunstsinnig wie immer, ist er auf seine alten Tage zudem großzügig
geworden. Der Mann besitzt nicht nur Milliarden, er scheint mehr und
mehr gewillt, sie auch auszugeben.
Zum Frühstück
spendiert er sich die erste öffentliche Ausstellung seiner privaten
Gemäldegalerie in einem respektablen Kunstmuseum, dem Oskar Reinhart
Museum in Winterthur, das des Industriellen Sammlung hiesiger Genremaler
ausstellen darf und ihn dafür mit dem Glanz des Gönners salbt. Und weil
ein rechtsnationaler Sammler mit Sendungsbewusstsein ein paar
Selbstporträts veröffentlicht sehen will, kauft sich der Mäzen gleich
die passende Publikation dazu. Das „Du“-Magazin, über Jahrzehnte das
Zentralorgan des honorablen, kunstbeflissenen Bürgertums, hat
praktischerweise sein Konzept gewechselt. Nun kann jeder, der
sechzigtausend Schweizer Franken zu zahlen bereit ist, das Blatt
komplett buchen, und niemand stört sich daran, dass eine Zeitung, die
einmal bekannt war für die Arbeiten von Werner Bischoff und Hugo
Lötscher, eine Woche vor den nationalen Wahlen den politischen
Extremismus mit den Weihen der Kunst bemäntelt und rechtfertigt.
Das
bunte Blatt im Hochformat reiht sich damit ein in die neue mediale
Front, die von der „Zürcher Weltwoche“ über die „Basler Zeitung“ alle
jene verbindet, die bereit sind, ihre journalistischen Standesregeln zu
verhökern...
Aus: Lukas Bärfuss, Die Schweiz ist des Wahnsinns, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2015 (online)
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