Freitag, 30. November 2012

Ein gutes Museum ist... (Zweite Fassung)

 
Ein gutes Museum...


...ist sich seiner politisch-gesellschaftlichen Aufgabe bewusst und nimmt diese verantwortlich und in seiner Arbeit wiedererkennbar wahr. Es hat eine Haltung und ein Programm. Es verhält sich unabhängig von politischem Einfluß, respektiert aber staatliche kulturpolitische Richtlinien als Ausdruck treuhänderisch verwalteter gesellschaftlicher Aufträge

...arbeitet auf der Grundlage eines reflektierten also auch historisch fundierten Begriffs vom Museum

...agiert aktiv als öffentlicher und sozialer Raum, in dem freie und ungezwungene Diskurse initiiert, ermöglicht und unterstützt werden

...macht die ‚klassischen’ Aufgaben des Museums, Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln nicht zum Selbstzweck, sondern versteht diese als Grundlage für die Schaffung eines sozialen, rituellen und zivilisierenden Raumes, in dem die Gemeinschaft der Besucher sie betreffende Fragen bearbeiten kann

...nimmt seine Zeitgenossenschaft aktiv wahr, indem es anerkennt, dass jede Beschäftigung mit Vergangenem, sei es Sammeln, Bewahren oder Deuten, immer von der Gegenwart aus in einem Zukunftshorizont vollzogen wird

...versteht seinen Auftrag nicht in der Deponierung, Bewahrung und Fetischisierung von Dingen, sondern in der Kommunikation von Bedeutung. Mit jenem Kanon an kulturellen Werten und mit Traditionen geht das Museum so respektvoll wie immer wieder prüfend und revidierend um. In der Museumsarbeit wird berücksichtigt, daß das Museum nicht nur ein technisches Gedächtnis ist, das der Verlebendigung in Kommunikation (Ausstellung, Vermittlung) bedarf, sondern daß auch das Vergessen und das Verabschieden zu seiner Zivilisierungsaufgabe gehören

...trifft Entscheidungen über Themen und Weisen der Darstellung im Rückgriff auf seine politisch-gesellschaftliche Verantwortung

...ist gegenüber seinem Publikum fordernd und rechnet mit einem Publikum, das seinerseits anspruchsvoll ist

...ist sich der Tatsache bewusst, dass es nicht nur ein durch soziale Schranken begrenztes Publikum anspricht, sondern selbst an der Schaffung sozialer Unterscheidung, an Ein- und Ausschluss beteiligt ist. Es ist sich bewußt, daß sein Publikum sich überwiegend aus hochgebildeten, bereits im Umgang mit vielen Formen von Kultur versierten Menschen rekrutiert und daß daher dem Ansprechen neuer Besucherschichten Grenzen gesetzt sind, die man auch mit manipulativen Sozialtechnologien nicht wesentlich überwinden kann

...ist in der Lage, mit hegemonialen, herrschenden, kanonisierten Vorstellungen, Erzählweisen, „Bildern“ reflektiert und kritisch umzugehen 

...ist sich seiner institutionellen Autorität bewusst und stellt sich reflexiv auf jeder Ebene seiner Arbeit dieser Tatsache

...meidet ausgetretene Pfade und such experimentell und auch mit Risiko neuartige Themen und Ausstellungsweisen sowie nach immer neuen Möglichkeiten der Kommunikation und Repräsentation

...reflektiert seine Geschichte und lässt erworbene Erfahrungen und Eigenschaften der Institution in seiner Arbeit wirksam bleiben   

...ist sich der Notwendigkeit professionellen Managements bewusst ohne dieses je über Zwecke des Museums selbst dominieren zu lassen

...zeichnet sich durch eine Organisationskultur aus, die allen MitarbeiterInnen Entfaltung und Anerkennung auf der Grundlage angemessener Arbeitsbedingungen bietet

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