Sonntag, 15. Mai 2011

Ein Palast der Projekte

Ein Palast der Projekte. Sechzig Vorschläge, die Welt und sich zu verbessern, zu heilen, zum Staunen zu bringen. Ilya und Emilia Kabakov haben dieses Eldorado der Projektmacherei gabeaut und seit ziemlich genau zehn Jahren steht der Palast in einer der riesigen Industriehallen der Kokerei Zollverein Essen - ein luzides, fragiles, weisses Schneckengebilde, das auch ein wenig an Tatlins Monument der III.Internationale erinnert.
60 Tische, 60 Sessel davor, 60 schriftliche Erläuterungen, 60 Skizzen und 60 Modelle. Hier habe ich Stunden verbracht, ja, von Projektmacherei verstehe ich was, vom Basteln, vom Probieren, vom Probehandeln, vom Erträumen, Erfinden und vom Scheitern.
Mit alledem arbeiten und spielen die Kabakovs, sie parodieren und ahmen nach die sowjetische Utopien, sie offerieren Lebnshilfe und heilende Selbstexperimente, sie spielen mit musealen Versatzstücken, sie pflegen einen behutsamen Umgang mit Dingen, sie rücken der Entfremdung mit Skurrilität zu Leibe. Von der Auferweckung der Toten (eine Philosophische Utopie des ausgehenden 19.Jahrhunderts in Russland) bis zur Begegnung mit Engeln (in etwa 1400 Metern Höhe), von der Lösung von Problemen mit einem eigenen Projekt mit Hilfe eines geliehenen Pferdes bis zur Anleitung zum Verfassen öffentlicher Erzählungen, von der Errichtung eines (Natur)Denkmals für sich selbst bis zur Anbringung rätselhafter Gegenstände in der Wohnung zur Stimulierung überraschender  Gespräche mit Gästen findet sich hier alles, was das Herz eines Projektemachers nur begehren kann.
Einen so wunderbaren Ort habe ich schon lange nicht mehr gesehen und ich dachte, es wäre auch eine Art von Initiationsraum für museale Projektemacher, ein Ort der Lockerungsübungen für Aus- und Darsteller.
Diesen wunderlichen Ort zu besuchen lohnt einen weiten Umweg!

Eines von sechzig: "Behandlung mit Erinnerungen"



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen