Mittwoch, 2. Juni 2010

Kleines Museumskrisenbeispiel - Kurz & schmerzlos

Ein Kunstverein in einer Kleinstadt. Eine bezahlte Leiterin, sonst nur Ehrenamt. Die Kommune streicht die Subvention. Ende.
Nicht ganz. Die Kommune streicht die Subvention nicht einfach nur des "Sparzwangs" wegen, sondern weil das Programm des Kunstvereins zu wenig populär ist, zu wenige Leute in die Ausstellungen lockt.
Das alles geschieht in Glückstadt.
Nachzulesen in der heutigen taz.

Mit diesem Foto wirbt das Palais für aktuelle Kunst für seine Rettung.

12. Internationale Sommerakademie Museologie - Ausschreibung und Programm

Museumstexturen
Lesarten des Museums





7. bis 14. August 2010
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)

Im Museum geht es um das Zeigen und nicht um das textliche Erklären („Was zu sehen ist“). Dennoch nähern wir uns dem Museum dieses Mal vom Text her, quasi hinterrücks.
Denn: Text wird gebraucht. Vor der Ausstellungs- und Museumspräsenz hilft er, durch Sprachbilder und Formulierungen die Ausstellungsräume vorab im Kopf entstehen zu lassen. Text wird in Raum übersetzt. Text wird üblicherweise gebraucht, um bei einer stehenden Ausstellung Evidenz zu erzeugen, um die Exponate und die Präsentation zu erklären, um Vorstellungen zu erzeugen, um die Ausstellung, das Museum zu vermitteln, zu verkaufen, interessant zu machen. Die Textebene ist v.a. der dokumentarischen Seite des Museums zugeordnet und dem Text haftet per se eine stärkere Glaubwürdigkeit und Objektivität an als den Objektarrangements.

Aber die Sommerakademie ist nicht als Schreibwerkstatt gedacht, sondern als Wahrnehmungsschule und Museumswerkstatt, in der wir den Fokus auf die Bedeutungsdimensionen und Konstellationen von Texten im Ausstellungs-KonText richten, auf die Texturen des Museums.

Das Museum, das der Verständigung über Geschichte, Identität, über Werte und Bedeutungen dient, betreibt eine Spurenlese und fordert gleichzeitig selbst verschiedene Lesarten seiner Struktur und Funktion heraus. Es ruft bestimmte Interpretationen hervor, kann sie geradezu erzwingen oder zu verhindern und zu blockieren versuchen.

Als Einstieg in die sommerliche Reflexion über das Museum werden wir uns damit beschäftigen, wie man ein Museum/eine Ausstellung ‚liest‘ – im Sinne der Analyse und Kritik. Wir fragen insbesondere nach der Funktion von Texten im Verhältnis zu Bildern und Objekten innerhalb des Narrativ Museum. Das Museum changiert zwischen Dokumentation und Fiktion. Über die Auseinandersetzung mit Texten (z. B. Literatur) als Ausstellungsgegenstand werden wir uns der Frage nach dem Museum als Ort der Illustration zuwenden. Illustrieren die Objekte/Bilder die erzählte(n) Geschichte(n) oder geben die Texte vor, was und wie etwas zu sehen ist? In der diesjährigen Sommerakademie werden wir uns zudem mit der Frage beschäftigen, wie eine Geschichte/Erzählung erzeugt, gefunden wird, die dann in der Ausstellung ‚aufgeführt‘‚ inszeniert‘ wird bzw. ob und welche Erzählungen von den Objekt-Raum-Konstellationen ausgehen können.

Schließlich wenden wir uns Texten/Literatur im Museum zu und werden auch literarische Texte über das Museum einbeziehen.

Während über das Museum oft unter organisatorischen Gesichtspunkten gesprochen und nachgedacht wird – inventarisieren, sammeln, konservieren, restaurieren, verleihen, schützen, deponieren –, werden wir uns in der Sommerakademie ganz auf die museologische Reflexion konzentrieren. Wie immer werden wir das mit unterschiedlichsten Arbeitsweisen tun, Arbeiten in Gruppen, Ausstellungsanalysen, der Erarbeitung einer Ausstellung, der Recherche auf Exkursionen, dem Vergleich von sachlichen und poetisch/künstlerischen Zugangsweisen zum Museum.

Die Internationale Sommerakademie Museologie ist seit 1999 ein anerkanntes Forum zum Erfahrungsaustausch über das Arbeitsfeld Museum und Ausstellung und will die Reflexion der musealen Praxis anregen, aktuelle museologische Inhalte vermitteln und in einem werkstattartigen Kontext zum Erproben der neu gewonnenen Einsichten ermutigen.











In einer konzentrierten einwöchigen Klausur in der wunderbaren Atmosphäre von Schloss Retzhof gelingt die Verknüpfung des Angenehmen mit dem Nützlichen. Die Diskussion der Museumspraxis auf der Grundlage aktueller museologischer Theorie mit den eingeladenen Referenten/innen und dem begleitenden Team sowie der Teilnehmer/-innen untereinander ermöglicht eine neue Stufe reflektierter Museumspraxis.

Mit
Renate Flagmeier, Leitung der Sommerakademie. Leitende Kuratorin Werkbundarchiv - Museum der Dinge Berlin (D)
Monika Flacke, Sammlungsleiterin Deutsches Historisches Museum Berlin (D)
Gottfried Fliedl, Museumsakademie Joanneum, Graz (A)
Heike Gfrereis, Leiterin Literaturmuseum der Moderne, Marbach (D)
Ursula Gillmann, Prof. für Ausstellungsdesign Hochschule Darmstadt (D)
Beat Gugger, freier Ausstellungskurator, Basel (CH)
Roswitha Muttenthaler, Kuratorin am Technisches Museum Wien und Museologin (A)
Thomas Thiemeyer, BMBF-Projekt wissen&museum, Marbach/Tübingen (D)
Till Velten, Künstler & Leiter des Masterstudiengangs Master of Arts in Fine Arts, Luzern (CH) (angefragt)

Organisation
Theresa Zifko, Museumsakademie Joanneum, Graz (A). Sie steht Ihnen unter sommerakademie@museum-joanneum.at für Ihre allfälligen Fragen zur Verfügung.

Kontakt
Museumsakademie Joanneum
Schloss Eggenberg, Eggenberger Allee 90, 8020 Graz
E-Mail: museumsakademie@museum-joanneum.at
Tel.: 0316 / 8017-9805
Fax: 0316 / 8017-9808

Veranstaltungsort
Schloss Retzhof, Leibnitz (A)

Zertifikat
Im Anschluss an die Teilnahme an der Sommerakademie 2010 wird ein Abschlusszertifikat verliehen.

Kosten
Teilnahmegebühr: € 900,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension, ermäßigt € 580,- plus € 270,- Unterkunft & Vollpension für Studierende und Arbeitssuchende.
Inklusivleistungen: 7 Tage Seminar, schriftliche Unterlagen und sonstige Materialien, Eintritte, Unterkunft und Vollpension in Schloss Retzhof an der Südsteirischen Weinstraße, Exkursion mit Busfahrt und Eintritt sowie Besuch einer steirischen Buschenschank.

Bewerbungsmodalitäten
Das Bewerbungsformular finden Sie hier.

Ihre Bewerbung richten Sie bitte an sommerakademie@museum-joanneum.at oder Fax +43-316/8017-9808 oder senden Sie per Post.
Teilnehmer/innen vorangegangener Sommerakademien sind herzlich willkommen.

Ende der Bewerbungsfrist
Dienstag, 15. Juni 2010


Programm

SA 7. August
ANKOMMEN


17:00 Vorstellungsrunde & Organisatorisches
Einführung: Museum in der Literatur
18:00 Abendessen
19:30 Vorstellung der „Wochenaufgabe“
Das Ausstellungsprojekt
Renate Flagmeier


SO 8. August
MUSEUM 3D/ IN ECHT/REAL > EXKURSION GRAZ

09:00 Abfahrt Retzhof nach Graz
10:00–12:00 Ausstellungsbesuch der Alten Galerie,
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Astrid Edlinger

12:00–14:00 Picknick im Garten der Museumsakademie
14:00–16:00 Ausstellungsbesuch des Archäologiemuseums
Schloss Eggenberg, Graz
Führung mit Barbara Porod

16:30 Abfahrt Eggenberg nach Leibnitz
18:00 Abendessen
19:30Ausstellungsprojekt


MO 9.August
EINFÜHRUNG IN DIE MUSEUMSANALYSE
R. MUTTENTHALER -SCHWERPUNKT NARRATIV

09:00–10:00 Resümee der Exkursion
10:00–12:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil1
12:00–14:00 Mittagspause
14:00–17:00 Roswitha Muttenthaler -Mit dem Auge denken Ausstellungsanalysen -Teil 2
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

DI 10. August
GESCHICHTE/N IM MUSEUM (DIE KURATORENPOSITION)

09:30–10:30 MonikaFlacke -Historisches Museum
10:30–12:00 Renate Flagmeier -Objekte und Text
12:00–14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Beat Gugger -Geschichten im Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

MI 11. August
TEXTE ÜBER DAS MUSEUM

09:00 -12.00 Gottfried Fliedl -Funktion und Ideologie von Museumstexten
12:00–14:00 Mittagessen
14:00–16:00 Zur freien Verfügung

17:30Abfahrt Buschenschank -Weingut Pichler-Schober
ca. 22:00 Rückkehr zum Schloss


DO 12. August
LITERATUR/TEXTE ALS AUSSTELLUNGSGEGENSTAND

09:00–12:00 Heike Gfrereis -Das Literaturmuseum der Moderne
12:00–14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Thomas Thiemeyer –Wissen und Museum
18:00 Abendessen
19:30 Ausstellungsprojekt

FR 13. August
GESTALTERISCHE & KÜNSTLERISCHE ARBEIT MIT TEXTEN

09:00–12:00 Ursula Gillmann -Text als Aufgabe der Ausstellungsgestaltung
12:00-14:00 Mittagessen

14:00–17:00 Till Velten -Das Gespräch als Forschungsmittel und Basis künstlerischer Arbeit
17:00 Vernissage der Ausstellungsprojekte
19:00 Abendessen

SA 14. August
ABSCHLUSSDISKUSSION

09:00–10:30 Schlusspunkt: Museumstexturen /
Lesearten des Museums
10:30 Brunch und Zertifikatsverteilung
12:00 Verabschiedung

Montag, 31. Mai 2010

Das wahre Museum. Le Corbusier (Das Museum lesen 12)

Stellen wir uns ein wahres Museum vor, in dem alles enthalten ist, in dem ein komplettes Bild dargestellt werden kann, nach dem Ablauf der Zeit, nach der Zerstörung der Zeit. (Und wie vollständig sie zu zerstören weiß! So gründlich und komplett, daß fast nichts übrigbleibt, nur die Objekte von großer Extravaganz, von großer Eitelkeit, die Katastrophen immer überdauern und somit die unzerstörbaren Kräfte der Eitelkeit bezeugen). Um unsere Vorstellung zu konkretisieren, sollten wir uns ein Museum der heutigen Zeit errichten, in dem Gegenstände der heutigen Zeit ausgestellt sind; zum Beispiel: eine einfache Jacke, eine Melone, ein gut gearbeiteter Schuh. Eine elektrische Glühbirne mit Bajonettverschluß; ein Heizkörper; ein Tischtuch aus weißem Leinen; unsere alltäglichen Trinkgläser und Flaschen verschiedener Form, in denen wir unsere Weine aufbewahren, vom edlen Mercurey über den Graves bis zum einfachen Tafelwein; eine Reihe von Kaffeehausstühlen mit Rattanauskleidung, wie die von Thonet aus Wien – und dann noch eine Waschschüssel, eine Uhr, ein Koffer, ein Aktenregal und ein Bild von einer Pfeife.

Le Corbusier 1924

Fundsache - "Bayrische Identität"



Alpines Museum München

Besser schlafen mit guten Texten... (Texte im Museum 58)



Ausstellung "Zimmer frei", Alpines Museum Bern (2010)

Freitag, 28. Mai 2010

Saurier und Forschung. Noch einmal: Wie sich der Direktor des Naturhistorischen Museums Wien die Aufgaben eines Museums erklärt

In zwei Dingen ist sich der designierte Direktor des Naturhistorischen Museum Wien, Christian Köberl, sicher: warum die Dinosaurier ausgestorben sind und was ein Museum ist. Nämlich eine "Bühne". Und zwar wofür? Für die Darstellung von Forschung. Denn: "Grundsätzlich ist das Museum ja vor allem auch eine Forschunginstitution, und nicht nur ein Ort, an dem man ausgestopfte Tiere zeigt." Heißt? "Ich möchte die Naturwissenschaften ausstellen, die an dem Museum betrieben werden - und dabei ihre hohe gesellschaftliche Relevanz vermitteln. Ein Beispiel wären etwa die Rohstoffe in der mineralogischen Sammlung: Da kann man Teile so reorganisieren, um zu zeigen, welche Rohstoffe für was nötig sind, vom Auto bis zum Handy." Diese - nicht ganz neue Einsicht (s. Post vom 9. Mai 2010) - vermittelt uns der Direktor in einem Interview, das Klaus Taschwer führte. Der Standard 25. Mai 2010. Und wenn er sich mit den Sauriern doch irrt? Würden wir daran zweifeln, daß das Museum ein Ort der Popularisierung von Forschung ist?
PS.: Bei meinem Handy interessiert mich eigentlich weniger, aus welchen Rohstoffen es besteht, als vielmehr die Frage, wie man dem verdammten Ding beibringen kann, die Tastatursperre völlig willkürlich außer Dienst zu stellen.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Sicher ist sicher (Texte im Museum 57)



Museum Meerseburg. Bildspende von Andreas Grünewald Steiger

Museumskrise? - Die Hamburger Kunsthalle schließt ihre Galerie der Gegenwart für ein halbes Jahr

Museumskrise? Das war hier schon öfter die Frage. Gibt's eine, oder gibt's keine?! Vielleicht ist das die Krise, daß sich keiner traut, die Frage energisch zu stellen, oder klar zu beantworten? Oder daß sich aus der Nähe die Symptome so mehrdeutig zeigen...
Da hätten wir nun die Hamburger Kunsthalle. Vor einiger Zeit kam sie in die Schlagzeilen, als - wahrscheinlich übereilt - behauptet wurde, die Kunsthalle würde ihre finanzielle Gesundung mit einem Verkauf eines ihrer Gemälde finanzieren.
Und jetzt schließt ein Teil des Museums. Zwar nur auf Zeit und aufgrund eines entdeckten Bauschadens. Sagt die Kulturbehörde.
Dem widerspricht der Direktor des Hauses aus dem Urlaub. Selbstverständlich - eine Teilschließung ist eine Kostenersparnis.

Niklas Maak reibt sich die Augen: wieso wird der Direktor bei einer solchen Entscheidung nicht zugezogen? Oder hat man seinen Urlaub abgewartet, um ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen?
Doch das ist die Nahsicht. Maak schreibt in der heutigen FAZ die Krise des Museums einer langfristigen Entwicklung zu, der Expansion dieses (und, kann man hinzufügen, vieler anderer Museen), die in besseren Zeiten begonnen wurde und die nun nicht mehr so ohne weiteres zu finanzieren sei.

"In den achtziger Jahren, als sich in den Kulturetats der Städte der geballte Wohlstand der alten Bundesrepublik spiegelte, wurden gigantische Neu- und Anbauten finanziert, die mit den geschrumpften Etats nicht mehr haltbar sind, und in einer Krise, in der Politiker allen Ernstes Krippenplätze und Schulausstattungen infrage stellen, wächst der Druck auf Kulturinstitutionen gewaltig."
Da klemmt es dann auch bei den Wechselausstellungen. Attraktive, überregional beachtete, die viele Besucher anziehen, könnten nicht mehr finanziert werden, Private Sammler und Museumsgründer wären inzwischen in einer besseren, 'konkurrenzfähigeren' Position.

Ein Teil der Probleme ist hausgemacht und die Überführung eines statalichen Instituts in eine Stiftung möglicherweise nicht geschickt gemanagt worden. Aber dass nun einfach das staatlich-öffentliche Museum wie ein Auslaufmodell behandelt würde, und auf kompensatorische private Alternativen verwiesen werde, das ist, so Maak, eine bedenkliche Entwicklung: "Gerade angesichts der Refeudalisierung der Kunstwelt ist, im Sinne der guten alten Res publica, ein Ort um so nötiger, an dem eine demokratische Gesellschaft sich ihrer selbst jenseits von Sponsoreninteressen und Privatgeschmack vergewissert und diskutiert."
Der Druck wird größer werden, es zeichnet sich ab, daß im Bildungsbereich, bei Schulen, Universitäten, Einrichtungen für Kinder uvam. mehr und mehr gespart werden wird.  


Der befragte Leiter der Kunsthalle, Hubertus Gaßner, rückt auch die Konkurrenz in den Mittelpunkt und ein zusätzliches Argument - den Zerfall burgerlichen Engagements, dem die Kunsthalle ihre Existenz verdankt. "Früher wollten Sammler ihre Kunst im Museum sehen, jetzt bauen sie sich die Häuser selbst. Die Kunsthalle wurde 1868 als bürgerliche Institution gegründet. Wenn sich jetzt die bürgerliche Gesellschaft auflöst, kann es durchaus sein, dass sich auch die Museen auflösen. Eine gedächtnislose Gesellschaft lässt auch ihre Museen verschwinden. Vielleicht bekommen wir dann wieder den alten Typus der Wunderkammer, die man besuchen darf."

Was auf dem Spiel steht, hat Hubertus Gaßner in einem schon früheren Interview (Hamburger Abendblatt) differenzierter und nachdrücklicher so beschrieben: "Im Wesentlichen sind Museen Gründungen bürgerlicher Nationalstaaten. Wenn man beobachtet, wie der Nationalstaat nach und nach verschwindet und sich das Bürgertum transformiert, dann kann man darüber spekulieren, ob das Museum in seiner ursprünglichen Funktion der Repräsentation bürgerlicher Kultur und Gesellschaft noch auf Dauer Bestand haben wird. Für mich wäre das ein höchst bedauerlicher Fall, ich begrüße das nicht, sondern kämpfe dagegen. Natürlich werden die Häuser und die Sammlungen bestehen bleiben, aber schon jetzt stellen wir ja fest, dass die Besucher nur zu 20 Prozent der Sammlungen wegen kommen und zu 80 Prozent, um sich Wechselausstellungen anzusehen. Wenn Museen sich zu reinen Ausstellungshallen entwickeln, verlieren sie ihren ursprünglichen Charakter."
 
Ich verstehe ihn so: was auf dem Spiel steht, nicht nur bei der Hamburger Kunsthalle, ist nicht in erster Linie eine Frage des Budgets oder der Konkurrenz mit anderen kulturellen und privaten Einrichtungen; es geht darum, ob einer bestimmten Idee des Museums noch Existenzberechtigung zugeschrieben wird oder nicht. Zur Lösung dieser Fragen wird kaum das Klein-Klein der punktuellen tagespolitischen Auseinandersetzungen beitragen, die schnellen und halben Kompromisse, die eine schwierige Situation überbrücken, sondern nur ein grundsätzliche Auseinandersetzung darüber, in welcher Form man das Museum noch wünscht oder auch nicht. Aber wer ist "man"?
Ich denke, "man" das sind alle, die ein interesse an der Existenz und der Arbeit der Museen haben, die Museumsleiter und Kuratoren, dann die Besucher und Nutzer, diejenige bürgerliche Öffentlichkeit an deren Standing nicht nur Hubertus Gaßner zu zweifeln beginnt, und Beamte und Politiker, die sich als Treuhänder eines Auftrags und einer Idee begreifen müssten, und nicht nur als Organe eines etatistischen Zwangsvollzugs.

Erinnerung... (Texte im Museum 56)













Jüdisches Museum der Stadt Wien

Mittwoch, 19. Mai 2010

Museumskrise? Schließt das Freilichtmuseum in Stübing?

In ihrer heutigen Ausgabe berichtet die "Kleine Zeitung", daß das Freilichtmuseum in Stübing 300.000.- Euro zur Finanzierung fehlen. Da das Museum von einer Stiftung getragen wird, würde das die Auflösung der Stiftung bedeuten, wenn das Geld nicht aufgetrieben würde. Die Zeitung nimmt dabei den Bund in die Pflicht, mit der Argumentation Stübing sei ein Bundesmuseum.
Da der Artikel einen Tag vor der Kuratoriumssitzung erscheint, darf man annehmen, daß er lanciert wird, um die Verhandlungsposition des Museums und der Stiftung zu stärken.
Andrerseits wird von einem Besucherschwund um fast 50% berichtet, ohne daß ein Anhaltspunkt für Gründe gegeben wird und von einem kostenintensiven raschen Wachstum des Museums. Also doch eine strukturelle Krise, in der ein Museum in "Sparzwangszeiten" an seine "Grenzen des Wachstums" kommt?
Stübing wurde 1962 gegründet und 1970 eröffnet, in einer einmaligen Konstruktion. In der Stiftung sind alle Bundesländer vertreten und der Bund. Das Museum widmet sich auch nicht nur der ländlichen Baukultur der Steiermark, sondern der ganz Österreichs - einschließlich Südtirols. In dieser Kombination von Konstruktion und Inhalt kann man Stübing als das einzige Nationalmuseum Österreichs bezeichnen - auch wenn das so niemand tut. Ein Nationalmuseum, das, bezeichnend für die konservative Kulturpolitik der 60er-Jahre (der damalige Unterrichtsminister Heinrich Drimmel war treibende Kraft bei dem Projekt), das ländlich-bäuerliche, vorindustrielle Bild Österreichs propagierte und bis heute pflegt. Also dann doch eher ein Gesamtheimatmuseum als ein Nationalmuseum...

Dienstag, 18. Mai 2010

"Lassen Sie doch was hier...!" (Texte im Museum 55)



















Und noch einmal Dank an Andreas Grünewald-Steiger!

"Frau Minister...??". Das Ringen des Matthias Dusini um eine Antwort der für die Museen zuständigen Ministerin Claudia Schmied auf seine ausgefuchsten Fragen



Der kleine Matthias Dusini - Claudia Schmied - Quiz. Wie hat die Ministerin geantwortet?

1.

Dusini: Werden öffentliche Einrichtungen dazu verwendet, das Image fragwürdiger Privatpersonen (D. nennt Herbert Batliner) aufzupolieren?

Schmied:

a) Da müssen Sie Herrn Batliner fragen?

b) Ich hoffe nicht. Institutionen sollten genau prüfen, mit wem sie kooperieren

c) Als Kunstminsterin freut es mich grundsätzlich, wenn die Museen gemeinsam mit Privaten Kunst für uns alle zugänglich machen.

2.

Dusini: Das Mumok und die Alberten werden derzeit mit Beständen des Daimler-Konzerns bespielt. hat man sich so die Zukunft der Bundesmuseen vorzustellen?

Schmied:

a) Diese Frage zielt ins Herz der Kulturpolitik

b) Kunst mit allen - die Wege zur Kunst müssen breiter werden. Dieses Bekenntnis müssen wir gegenüber neoliberalen Tendenzen immer wieder erneuern.

c) Nein. Man kann nicht öffentliche Einrichtungen die Verfügung über die Museums- und Kulturpolitik überlassen

Das gesamte Interview: "Ich bin nicht allein am Minoritenplatz". Claudia Schmied über die Reform der Museen, die Verantwortung des Staates und das Risiko in der Politik. Interview: Matthias Dusini, in: FALTER, 19/2010, S.34/35 (nicht online).

Richtig ist:

1a und 1c; 2 a und 2 b

Post scriptum:


"Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Glück ist ein Gut, das sich vervielfacht, wenn man es teilt.“
Die Übergabe der Sammlung von Rita und Herbert Batliner an die Albertina kann als Realisierung dieses weisen Spruchs gesehen werden.
Was zwei Menschen mit großer Liebe zur Bildenden Kunst gesammelt haben, wird hier zur Freude und Bereicherung für viele Menschen.
Picasso hat einmal gesagt: „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“
Reiner könnte die Seele nicht sein, als am Ende dieser Ausstellung".

Rede Bundesminister Claudia Schmied anläßlich der Eröffnung der Ausstellung der Sammlung Batliner in der Albertina. 28.5.2009. Webseite des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur.

"Wurde auch Zeit!" (Texte im Museum 54)



Museum für Deutsche Geschichte, 1990 - eine weitere hochherzige Spende von Andreas Grünewald-Steiger.