Samstag, 7. Juni 2014

Hallen für Neue Kunst Schaffhausen geschlossen

Falls es wahr wird, daß die Sammlung Essl verkauft wird, stehen die Chancen wenig günstig, daß der Museumsbetrieb weitergeführt wird. 
Und ich verliere ein Lieblingsmuseum.
Ein anderes habe ich schon verloren. Die Hallen für Neue Kunst in Schaffhausen.
Aufmerksam geworden auf diesen innovativen und ungewöhnlichen Kunstort bin ich durch ein schmales Buch von Nicholas Seroat, der Schaffhausen als einen der Orte diskutiert, der neue Wege der Museumspräsentation neuer Kunst vorgezeichnet hat.
Die Schließung ist einem schon lange schwelenden Zerwürfnis unter den Gründern der Hallen geschuldet, der nun schon zehn Jahre dauert und zu einem Urteil geführt hat, das den Betreiber veranlasst hat, die Hallen zu schliessen. Während der, Urs Raussmüller, überlegt, alles nach Basel zu verlegen, könnte der Rechtsstreit weitergehen, in dessen Zentrum ein Hauptwerk von Joseph Beuys steht, dessen Besitzverhältnisse auch durch den neuesten Richterspruch noch immer nicht geklärt sind.
Jetzt ist erst einmal alles zu. Und wie lange ist völlig unklar.

Freitag, 6. Juni 2014

Eben wird gemeldet: Verkauf der Sammlung Essl scheint fix zu sein

Wie der Standard eben meldet, soll darf Verkauf der Sammlung Essl beschlossene Sache sein. Teile der Schätzung sollen vorliegen, es werden auch schon Summen genannt. Zuletzt waren die Nachrichten über die wirtschaftliche Verfassung des Baumax-Konzerns sehr schlecht. Der worst case rückt näher. Offen bleibt die Frage, ob das Museum weitergeführt werden wird.

Hier zum Artikel: http://derstandard.at/2000001841973/Sammlung-Essl-wird-verkauft

Donnerstag, 5. Juni 2014

Schon wieder oder noch immer keine Museumskrise?

Schlechtes oder gutes oder gar kein Wetter?
Ein roter Faden (unter mehreren) in diesem Blog ist die Beschäftigung mit dem Phänomen "Museumskrise". Wo immer es nach Museumskrise ausschaut, riecht, anfühlt, wird zwar darüber geredet, aber eigentlich immer so, als ob es keine Krise gäbe. Meine Zeitzeugen waren Kuratoren, Direktoren, Funktionäre, überwiegend aus Deutschland, denn in Österreich äußern sich namhafte Museumsleute erst mal gar nicht in der Öffentlichkeit zu Grundsatzfragen.
Jetzt gibt es neuen Leiter des Deutschen Museumsbundes und da tritt der Deutschlandfunk in Gestalt von Frau Doris Schäfer-Noske auch schon an den obersten Museumsfunktionär heran, Hern Eckart Köhne.
Wir schreiben den 4.6.2014 und worüber reden die beiden?
Über die "Quote". Aha.
Ein kleiner Zuwachs Jahr für Jahr könnte ja beruhigen, der werde aber nur von Museen gefüttert, die "aktiv" sind, sich "um ihr Publikum" bemühen.
Die Rede ist hier, gleich ganz zu Beginn, von Sonderführungen, Workshops, Vorträgen und Festen. Also nicht von den klassischen Museumsaufgaben.
Hat an dem Punkt nicht die Krise schon begonnen, mitten im Gespräch und durch das Gespräch? In dieser Einigkeit von Journalistin und Museumsfachmann, sich zunächst mal über Quote und Quotenmanagement zu unterhalten?
Aber so ganz gut geht's den Museen ja nicht. Die "Leuchttürme" (eine Sprachregelung des Gesprächs), die seien ja noch gut dran, bei den kleineren wird's zusehends schwieriger. Es wird gespart. Und jetzt geht's an das "teure" wissenschaftliche Personal.
Wer gibt dem Herrn Präsidenten das Wort "teuer" ein. Teuer im Verhältnis wozu eigentlich? 
Und, fragt mutig und ausdrücklich "ketzerisch" Frau Schäfer-Noske, gibt's mit 6400 Musen nicht zu viele, kann man da nicht welche schließen?
Mit der Replik werden wir wieder Zeuge des geheimnisvollen Museumsrechtfertigungsrituals, das sich seit je her bewährt haben, und das jeder gestandene Museumsmensch in der Tasche mit sich führt und das auch noch immer gültig sein soll.a) "Museen sind größte kulturelle Bildungseinheit(en)" und b) "Museen bewahren das bewegliche kulturelle Erbe". (Der Museumspräsident).
Also was dann? Muß was geschehen? Und wenn ja, was?
Schwerpunkte zur Finanzierung der Kultur müssten her, und zwar klare.
Und die Museen, was müssten denn die machen? Nix?
In diesem Gespräch werden wir es nicht erfahren.
"Schäfer-Noske: Das war Eckart Köhne, der neue Präsident des Deutschen Museumsbundes, zum Internationalen Museumstag. Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen."
Wir bleiben am Ball...! Atemlos!

Eckart Köhne ist Direktor und Geschäftsführer des Historischen Museums der Pfalz in Speyer.

Objet trouvée "Partizipation"


Quart (Tiroler Kulturzeitschrft). Ich danke R.G. für die Spende!

Mittwoch, 4. Juni 2014

Die Debatte um das Grazer Kunsthaus ist beendet. Für den Intendanten des Joanneum

Joanneum-Newsletter Juni 2014



"Kunst der höchsten Qualität

Das Kunsthaus Graz erntete zuletzt lokale Kritik ebenso wie überwältigendes Lob aus der ganzen Welt. Beides markiert das Spannungsfeld eines Hauses, das sich der höchsten Qualität von Kunst verschrieben hat. Diese zieht nicht automatisch Massen an, aber sie festigt den weltweiten Ruf der Kunst-Stadt Graz.

Das Juni-Programm bildet dies vorzüglich ab: Die Retrospektive zu Karl Neubacher, einem großen Pionier aus Graz, zeigt, dass auch in der Peripherie Bedeutendes geschehen kann. Mit Katharina Grosse zeigen wir eine der meist diskutierten Positionen aktueller Malerei, und mit Werken des französischen Klassikers Eugène Leroy präsentieren wir in der Neuen Galerie Graz einen dazu kontrastierenden Hymnus auf die Farbe.

Über Sinn und Wert der Kunst lässt sich mit diesem Programm trefflich streiten. Jedenfalls ist es ein Plädoyer für einen Ort, der Kunst auf höchstem Niveau zeigt – und damit international punkten kann.

Peter Pakesch, Intendant"

Dienstag, 3. Juni 2014

Daniel Spera äußert sich zum Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel. Auf bemerkenswerte Art.

Daniel Spera ist nicht nur Direktorin des Wiener Jüdischen Museums, sie ist auch Präsidäntin von ICOm Österreich. Für alle, die ICOM nicht kennen - dies ist ein internationaler Museumsverband, mit Sitz in Paris und zahllosen nationalen Komtees in aller Welt.

Im neuesten österreichischen ICOM Newsletter schreibt Frau Spera:

Sehr geehrte ICOM Mitglieder!
Der Terroranschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel hinterlässt uns bestürzt und in Trauer. Das grausame Attentat traf ein Museum, das sich besonders für Toleranz, gegenseitiges Verständnis und interkulturellen Austausch einsetzt. Einen Ort des Erinnerns und Vermittelns von jüdischer Geschichte und Religion. Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt unseren Kolleginnen und Kollegen, den Besuchern und allen Angehörigen. Wir senden den Familien der Opfer unser tiefstes Mitgefühl.
Dr. Danielle Spera
Präsidentin ICOM Österreich

Daniel Spera macht aus dem Anschlag einen auf ein Museum und gebraucht das Schlüsselwort zu dem Anschlag nicht: Antisemitismus. Sicher, der Ort ist nicht arbiträr, aber es hätte der Anschlag jeder jüdischen Einrichtung gelten können. Er galt nicht einem Museum als Institution. Sie nennt die Opfer und zollt ihnen Anteilnahme, aber es scheint sie ihre Position als Vorstand einer Museumsvereinigung dazu zu verleiten, erst einmal "das Museum" attackiert zu sehen.

Pierre Mertens, ein belgischer Autor in Le Monde, dem andere, einschlägig 'vermeidende' Medienberichte aufgefallen waren: "Ein Wort hätte ausgesprochen werden müssen, gewiss, es ist nicht angenehm zu hören, denn es spricht von Sorglosigkeit und Voraussehbarkeit. Nichts war so wenig unerwartet... Spielen wir kein Ratespiel. Der Antisemitismus, die neue Judenfeindlichkeit breitet sich überall in Europa aus: Warum sollte Belgien davon verschont bleiben?"

 


Das Zinsou-Museum. Ein Museum moderner Kunst in Afrika. (Ein Museum)

Die NZZ berichtete unlängst über "das erste Museum für Gegenwartskunst in Afrika".  Das klingt selbstverständlich interessant. Freilich stolpert man schon im Artikel selbst über einige Relativierungen. Es gibt in Afrike mehrere Plätze, wo moderne Kunst ausgestellt wird, nur entsprechen die nicht immer dem gängigen Bild von Museen. Wie auch übrigens der Ort, von dem die Rede ist: Es ist eine Fondation, die Wechselausstellungen veranstaltet, die sich wiederum in erster Linie an (Schul)Kinder wenden. Man könnte es also genausogut als Kunsterziehungsprojekt bezeichnen.
Es wird afrikanische Gegenwartskunst ausgestellt. Im Artikel bleibt aber unklar, ob das ausschließlich für Museen, Ausstellungen oder den Kunsthandel angefertigte Objekte sind, die also dem durch westliche Produktionsbedingungen geprägten Werk- und Kunstbegriff folgen, oder ob es sich nicht auch um - wie es die Aussage der Direktorin nahelegt, es würde Kunst aus allen Regionen Afrikas gezeigt -,  Objekte mit ganz anderen Funktionen handelt, denen nachträglich das Etikett (Museums)Kunst verliehen wurde.
Die Idee zum Projekt hat durch ihre Erfinderin durchaus westliche Konnotationen. Marie-Cecile Zinsou kommt aus einer angesehenen Familie Benins, die in Paris erzogen wurde und finanziert wird es in Form einer Familienstiftung durch ihren Vater, der als Geschäftsmann in Paris lebt.

Markus H. Haefliger: Das Zinsou-Museum in Ouidah. In: Neue Zürcher Zeitung, 30.5.2014 (hier der Link)








Erfahrbarkeit der Existenz (Kuratiorensprech 01)

Alles fließt: Katharina Grosse lässt Böden in das Bild wachsen, Farbe legt sich unscharf über Leinwand-Landschaften, Räume und Funktionsobjekte erfahren eine skulpturale Kleidung. Durch minimale Perspektivwechsel wird groß zu klein. Der analytische Blick auf das Detail fließt in die metaphysische Erkenntnis des Gesamten. Das Publikum begreift das Bild als eigenständiges Wahrnehmungsereignis, der den Farbraum dynamisiert. Brutal, direkt, evolutionär und physisch festzumachen. Aus der Malerei kommend und sich auch als Malerin verstehend weitet Katharina Grosse ihre raumgreifenden Arbeiten seit den 1990er-Jahren als mächtige Farb-Vorstöße in den körperlich erfahrbaren Raum aus. Dabei schafft sie Situationen, die Farbe physisch spürbar machen. In ihren Arbeiten sind Grenzen dazu da, gefunden, betont und gleichzeitig gesprengt zu werden. Im Kunsthaus Graz beschäftigt sich die Künstlerin mit der Bedeutung der reduzierten Anspielung und des Theatralischen in der Farbe, indem sie einen Farbraum zum Bühnenraum ausbaut. Dabei stellen sich Fragen nach der Erfahrbarkeit von Materie und Existenz ebenso wie nach der ästhetischen Führung von Licht und Linearität.

AutorIn: unbekannt. Betroffene Künstlerin: Katharina Grosse. Jahr: 2014 Quelle: Webseite Universalmuseum Joanneum / Kunsthaus

Im Museum nach etwas Bestimmten suchen (Das Museum lesen 38)

Museen machen mehr Spaß, wenn man nach etwas Bestimmtem sucht. 
Ist man zum Beispiel in eine Zahnarzthelferin verliebt, kann man nach gar nicht seltenen Bildern fahnden, auf denen mit genüsslicher Boshaftigkeit das Zahnziehen dargestellt wird. Foto oder Postkarte von dem Motiv sind ein ideales Mitbringsel beim nächsten Zahnarzttermin.

Den (vergnüglichen) vollen Text von Joseph von Westphalen findet man in der Münchner Abendzeitung, online hier. Weiße Wäsche und faule Zähne

Sonntag, 1. Juni 2014

Gefährliche Kunst, ins Museum entsorgt

Ein deutscher Museumssziologe, der sich mit Kunst im öffentlichen Raum beschäftigte, hatte die These, daß Kunst dort ungleich konfliktträchtiger sei, als im Museum - ich denke, jedem fallen da rasch Beispiele. Einen kuriosen Fall gibt es jetzt um ein kurioses Denkmal des mit dem Kopf einen Gegener stoßenden Fußballspieler Zinedine Zidane, der darufhin ausgeschlossen wurde. Immerhin in einem WM-Finale.

Die Plastik, die den von einer Beleidigung Zidanes ausgelösten Kopfstoß verewigt, wurde vor dem Centre Pompidou in Paris aufgestellt und dann von der Museumsverwaltung Qatar gekauft und ebenfalls öffentlich aufgestellt. Und nun auf Grund von Protesten wieder entfernt. Gründe werden nicht genannt. Hat man die Botschaft des Künstlers, die er seinem Werk mitgegeben hat, es ginge um die Fehlerhaftigkeit auch heldenhafter Sportler (Männer?), nicht oder mißverstanden.
Die Lösung: die Plastik kommt ins Museum.
Womit wir wider sehen: Museen sind Orte der gefahrlosen Besichtigung - in vielerlei Hinsicht...

Donnerstag, 29. Mai 2014

In eigener Sache. Grenzüberschreitung und Verwunderung

Dieses Monat wird der Blog zum ersten Mal 10.000 Besuche haben.
Ich weiß nicht, ob das nun viel ist oder wenig, ich habe nur den Vergleich zu früheren Jahren, wo ich mir das nicht hätte vorstellen können. Wahrscheinlich werden es sogar 11.000 sein.
Erstaunlich ist etwas anderes, wofür ich keine Erklärung habe. Die Herkunft der Leser und Nutzer. Obwohl ich mit wenigen Ausnahmen auf Deutsch schreibe, sind es nicht die deutschsprachigen Länder, die die Statistik dominieren, abgesehen von Deutschland. Dieses Monat sieht das Landerranking die USA an zweiter Stelle, dann Norgwegen, dann erst Österreich und an fünfter Stelle - Indien. An zehnter kommt die - Ukraine. Belgien, Schweden, Frankreich, England, Italien, Russland, die Schweiz, die Niederlande, fast alles Länder, wo man stark wirkende Sprachbarrieren vermuten könnte, bilden mit den genannten Ländern den Grundstock der Leserschaft. Sicher, die - von mir gesuchte und forcierte - Bildlastigkeit erleichtert die polyglotte Nutzung, aber es gibt noch eine weitere Erfahrung, von Anfang des Bloggens an: es sind gerade schwierigere, längere und anspruchsvollere Texte, die am häufigsten gelesen werden und insofern am Nachhaltigsten wirken, als sie immer wieder und auch nach Jahren abgerufen werden.
Die gelegentlich geführte Debatte über die akademische Akzeptanz des Bloggens muß mich nicht interessieren, schon gar nicht, seit ich nach Beendigung meiner beruflichen Karriere keine einschlägigen Rücksichten wahrnehmen müsste (die ohnehin kaum je hatte). Es ist ja gerade mein Hauptvergnügen, mit einem Sschreiben zu experimentieren und mit einer Verbindung von Bild und Text, die sich an akademische Regeln nicht halten muß ohne sie ganz zu negieren.
In einem ist Bloggen klar dem akademischen Publizieren überlegen. Mit keiner deutschsprachigen Publikation würde ich (noch dazu extrem kurzfristig, also auch, wenn es mal wichtig ist, aktuell), derart international wahrnehmbar sein und - wie die genannten statistischen Daten zeigen -, auch wahrgenommen werden.
Regelmäßig, so etwa alle ein zwei Monate, freue ich mich über meinen Leser (oder sind es gar zwei?) auf Fiji...

Museumsszene: Afganisches Nationalmuseum Kabul

Museumsszene. Eremitage St. Petersburg

Mittwoch, 28. Mai 2014

O.T. (Texte im Museum 483)

Frequently asked, but never answered (Texte im Museum 482)

MAK Design Labor. Museum für Angewandte Kunst 2014 (Foto: GF) - Eine der simpelsten Fotmen der Beteilung des Publikums ist die Schaffung von Plätzen für Meinungsäußerungen, hier eine "Schultafel" mit einer vorgegebenen Frage. Vom Löschen der Kreideschrift macht das Personal Gebrauch, wenn das "Gepostete" gegen die guten Sitten verstößt. In diesem Fall waren die "Kontrollore" ganz zufrieden, und es törte sie nicht, daß so gut wie keine der "Antworten" etwas mit der Frage zu tun hatte. Partizipation? Alibi? Was auch immer.