Dienstag, 25. März 2014

"Zwei Rettungsaktionen" Karlheinz Essl im Wortlaut

„Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit bauMax und somit rd. 4.000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können. Wir haben über fünf Jahrzehnte diese Sammlung mit viel Herzblut aufgebaut. Heute wird die Sammlung Essl national und international als ein Musterbeispiel privater Initiative zur Darstellung, Erhaltung und Vermittlung von zeitgenössischer Kunst wahrgenommen. Nun sind wir an einem dramatischen Wendepunkt angelangt. Es geht nicht nur um die Kunstsammlung, deren Zerschlagung zu einem unwiederbringlichen Wertverlust in der österreichischen Kulturlandschaft führen würde, es geht um rd. 4.000 Arbeitsplätze, davon 160 Menschen mit Behinderung, allein in Österreich. Ich möchte daher die gesamte Kunstsammlung der Republik Österreich anbieten und damit zwei Rettungsaktionen einleiten: Zum einen könnte mit dem Erlös der Kunstsammlung und der Mithilfe der österreichischen Banken, bauMax in Österreich und in wesentlichen Ländern saniert und erhalten werden. Zum anderen muss es gelingen, die wichtigste Sammlung österreichischer Gegenwartskunst seit 1945 für unser Land und seine Menschen, für alle Zeiten zu erhalten. Mit etwas gutem Willen ist das sicher auch möglich.“

To big to fail? Die Sammlung Essl als "Sanierungsfall"?

Inzwischen sind alle Zeitungen voll mit Berichten und Kommentaren zum Angebot an den Staat die Sammlung des Ehepaares Essl zu kaufen. Die Berichte sind ambivalent, die Bedeutung der Sammlung steht meist außer Frage, aber die staatliche Intervention wird angesichts des anderen Museen strikt verordneten Sparkurses sehr skeptisch beurteilt.
Thomas Trenkler stellt im Standard die Bedeutung der Sammlung in Frage, hier ginge es im Unterschied zu den Sammlungen Ludwig und Leopold um Werke und Künstler, die ohnehin in anderen Museen vertreten seien.
An der überhitzten Argumentation Essls und seines Beraters läßt sich ablesen, wie verzweifelt die Situation sein muß. Hier wird einerseits mit der Sammlung als "nationalem Kulturgut" argumentiert, das unwiderbringlich verlorengehen zu drohe und mit dem auch Künstlerexistenzen gefährdenden Zusammenbruch des Kunstmarktes, der dann drohe, wenn die Sammlung aus der Konkursmasse heraus versteigert oder verkauft würde.
Andrerseits wird der staatliche Ankauf als Rettung der Firma "baumax" lanciert und als Erhaltung von 4000 Arbeitsplätzen. Ein Kunstankauf als Firmenrettung? Abgesehen davon, daß es angesichts exorbitanter Verschuldung der Baumarktkette nicht ganz nachvollziehbar ist, wieso der Verkauf der Sammlung die Sanierung sichern soll, warum sollte der Staat ausgerechnet bei diesem Konzern und nicht in anderen Fällen (auch) einspringen?
Das "to big to fail" soll der Argumentation von Essl zufolge, vor allem für die Sammlung gelten. Aber er hätte gerne eine Lösung, bei der das Museumsgebäude im Besitz der Familie bleibt und er das Haus weiter leitet. Nur: der Staat müsste zukünftig auch für den Betrieb des Museums, für Personalkosten - auch für Ankäufe? - aufkommen. Wie beim Leopold-Museum gäbe es dann ein staatlich alimentiertes Privatmuseum. Das ist dann doch schwer vorstellbar.

Montag, 24. März 2014

Alarmierende Vorgänge um die Sammlung Essl

Karlheinz und Agnes Essl haben die Baumarktkette "baumax" gegründet und einen Teil des Gewinns in ihre Sammeltätigkeit investiert. Daraus entstand eine veritable Sammlung moderner Kunst mit österreichischem Schwerpunkt und schließlich ein Museum in der Nähe der klosterneuburger Konzernzentrale.
Seit einigen Jahren kämpft die Baumarktkette mit Schwierigkeiten, ob die Sanierung angesichts stark wachsender Verschuldung möglich ist, scheint fraglich und der Grund, daß die Essls mit dem zuständigen Bundesminister in Gespräche über den Ankauf der Sammlung durch die Republik eingetreten sind.
Zwar wurde die Sammlung und das Museum als Stiftung aus dem Konzern herausgelöst, aber noch würde im Fall einer Insolvenz auch die Sammlung in die Insolvenz hineingezogen werden.
Es soll freundliche Signale von der Politik geben, aber der Widerspruch, in den sie gerät, ist eklatant. Angesichts der srikten Aufrechterhaltung der Deckelung der Budgets der sogenannten ausgegliederten kulturellen Einrichtungen des Bundes, wäre der Ankauf einer Kunstsammlung um kolportierte 86 Millionen eine schwer der Öffentlichkeit vermittelbare Intervention. Das nahezu insolvente Burgtheater, dessen Direktor fristlos entlassen wurde, benötigt angeblich 8 Millione Euro. Das mehr als zehnfache wäre nötig um die Sammlung Essl anzukaufen.
Was wäre die Alternative? Soll eine so lange aufgebaute und gepflegte Sammlung einfach untergehen?
Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich das Museum sehr schätze und viele Austellungen besucht habe und so lange es das Museum geht ein "guter Kunde" sein werde. Und das Sammlerehepaar hat für mich ein deutlich anderes Ethos verkörpert, als so mancher andere Privatsammler, der nun als Referenzbeispiel herhält. Es ist den Essls nicht zu wünschen, daß ihr Lebenswerk doppelt zugrundegeht - wirtschaftlich und sammlungspolitisch. Und ich wünsche mir ganz egoistisch einen wunderbaren Ausgang der Angelegenheit - ohne freilich zu wissen, wie das gehen könnte.

Donnerstag, 20. März 2014

Der "Coup" um die Generali Foundation. Sabine Folie tritt zurück

Ein weiterer Akt im Zuge der Übersiedlung der Sammlung der Generali-Foundation and das Museum der Modere Salzburg: Sabine Folie, Leiterin der Foundation, ist zurückgetreten. Hier die einschlägige Presseaussendung mit eingehender Würdigung ihrer Arbeit an der Foundation.
Überraschedn kommt dieser Rücktritt ganz und gar nicht. Brüskiert mit einem Deal, von dem sie erst durch die Pressekonferenz erfuhr, auf der Konzernvertreter und Landespolitiker die Übersiedlung öffentlich machten, war damit ihre Position auch strukturell unklar und unhaltbar - und ihr Rücktritt erwartbar.

Zur Sache selbst, dem "Coup", hier.

Freitag, 14. März 2014

Ding und Beschriftung



Hier ist Welterbe

Schloß Eggenberg, Graz. Eingang

Kärntner! Hütet Euch! (Texte im Museum 462)

Sonderausstellung Gift und Gabe, Kärntner Landesmuseum (Foto: GF 2014)

Buchstäblich letztklassig - Das Kärntner Landesmuseum

Auf der Rückfahrt von Villach nach Graz wollte ich dem Kärntner Landesmuseum, in dem ich schon viele Jahre nicht gewesen war, wieder mal einen Besuch abstatten. Ich hatte nicht erwartet, großartig Neues zu sehen, davon hätte ich gehört. Aber entweder hatte ich es veergessen oder übersehen - die Dauerausstellung war geschlossen. Die Nachrichten über den vernachlässigten Zustand vor allem des Gebäudes und des Depots waren ja 2012 durch die Zeitung gegangen. Nun hatte also die Sanierung begonnen.
Was ich zu sehen bekam war eine Sonderausstellung, über die ich hier nicht schreiben möchte, und eine merkwürdige Nippes-Ausstellung in der Vorhalle des Museums, die mir in einem Landesmuseum vollkommen deplatziert vorkam. Fünfzig Krampusse aus der Sammlung Botka (?)
Auch die Bibliothek war geschlossen, auf unbestimmte Zeit, wie ein unauffälliger mit Maschine getippeter Zettel mitteilte.
So, ohne andere Besucher, machte das Museum - trotz seiner beiden freundlichen Mitarbeiter - einen trostlos verlassenen Eindruck. Nichts wies darauf hin daß man während der für die Publikumsbindung heiklen Schließzeit irgendetwas anbot, was Besucher hätte bei Laune halten oder ihr Interesse wecken könnte.
Es gab auch keinerlei Information, wie es denn mit dem Museum weitergehen würde. Ich hatte in Erinnerung, daß nur Mittel für nötigste Sanierungsarbeiten zur Verfügung standen. Für die hatte man die Dauerausstellung, sagte man mir an der Kassa, abgebaut. Und dann?
Seinen 130. "Geburtstag" wird das Museum wohl versäumen. Halte ich mich an den Eindruck meines Besuchs müsste ich eher sagen "verschlafen". Denn eine Antwort, wie es nach den "Notmaßnahmen" weitergeht, gibt auch der Direktor des Museums nicht.
In einer ausliegenden Kulturzeitschrift schreibt er unterm Untertitel "Wir bauen an der Zukunft des Landesmuseums" über alles mögliche, zum Beispiel über die für die Interimsdeponierung nötigen 12,4 Kilometer Luftpolsterfolie, seinen Museumsbegriff - "Museum wird von Menschen für Menschen gemacht" -, die Verlagerung von Aktivitäten auf Außenstellen - die aber selbst mit Notmaßnahmen gerettet werden müssen, wie der Archäologische Park Mgdalensberg. Kein Wort aber zur Zukunft des Landesmuseums, zu einem Konzeot für eine neue Dauerausstellung, zum Termin einer Wiedereröffnung.
Inzwischen wird, wie man der heutigen Kleinen Zeitung entnehmen kann (hier), gegen vier Mitarbeiter ermittelt, vermutlich auf Grund einer Untersuchung des Landesrechnungshofes. Die Liste der Anschuldigen ist lang und enthält unter anderem Untreue, Veruntreuung, Beitragshinterziehung sowie Amtsmissbrauch. Das ist einzigarteig für ein österreichisaches Museum. Und da die Anzeigen vermutlich vom Direktor des Museums kommen, kann man von einem schwersten internen Konflikt ausgehen, der - je nach Dauer und Ausgang der Verfahren - das Museum lange lähmen könnte.
Zudem haben sich die politischen Rahmenbedingungen mehrfach geändert. Ein möglicherweise dem Landesmuseum gewogener, jedenfalls hoch kompetenter Kulturmanager ist als Landesrat abhanden gekommen (der ehemalige Leiter des Wiener Museumsquartiers) und selbst die möglicherweise für die Bestellung des derzeitigen Museumsdirektors nicht unwichtige politische Qualifikation (hier und hier - ich beziehe mich auf die Einschätzung wiederum der Kleinen Zeitung) ist durch den tiefgreifenden politischen Wechsel an der Landesspitze und in der Landesregierung vielleicht zur Hypothek geworden.
Im Vergeleich mit den anderen Landesmuseen ist das Kärntner Landesmuseum schon lange im Hintertreffen. Jetzt, wo auch das Vorarlberger Landesmuseum seine Zeit der Verschlafenheit wunderbar überwunden hat, ist das Museum in Klagenfurt buchstäblich letztklassig geworden. Und es gibt keine Anzeichen, daß sich daran so bald etwas ändern könnte.

Mittwoch, 5. März 2014

De-Extinction. Eine neue Vokabel im museologischen Glossar

Daß man aus DNA-Spuren ausgestorbene Tiere gleichsam wiederherstellen will, diese Idee gibt es schon länger. Aus welchen Gründen auch immer ist das in dem Zusammenhang meistegenannte Tier das Mammut. Jetzt will mans aber doch mal mit was Kleinerem versuchen, mit einer Taubenart, die von Menschenhand ausgerottet wurde und die man offenbar gerne wiederhaben möchte. Das Fachvokable für diese frankensteinsche Anstrengung lautet de-extinction, eigentlich unübersetzbar ins Deutsche. Ob das mehr an Motiven hergibt, als den Ehrgeiz, es mal zu versuchen? Und ob dann der bekannte Kanon der Museumsaufgaben, Sammlen, Bewahren, Erschließen und Vermitteln um Wiederherstellen erweitert werden wird?
National Geographic hat der Ressurektions-Forschung ein Sonderheft gewidmet: http://www.nationalgeographic.com/deextinction/

Dienstag, 4. März 2014

Schneewittchensärge

Aufbewahrung der Gebeine der im Juli 1918 hingerichteten Zarenfamilie, Jekaterinenburg. 1998 wurden die Überreste der Zarenfamilie beerdigt.

Montag, 3. März 2014

Privatsammlungen in Öffentlicher Hand? Podiumsdiskussion am 12. März


Privatsammlungen in Öffentlicher Hand?

Podiumsdiskussion am 12. März 2014 um 19.00 Uhr
Universität für angewandte Kunst
Lichthof
Oskar-Kokoschka-Platz 2
1010 Wien


Die Übernahme der Sammlung der Generali Foundation seitens des Museums der Moderne in Salzburg erfordert einmal mehr eine Diskussion über das Verhältnis von Privatsammlungen im öffentlichen Museum.

Gemeinsam mit der Akademie der bildenden Künste Wien veranstaltet die Universität für angewandte Kunst Wien am 12. März 2014 um 19.00 Uhr eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Private Sammlungen in Öffentlicher Hand?“ Am Podium werden Eva Blimlinger, Sabeth Buchmann, Dieter Bogner, Eva Kernbauer, Karola Kraus, Doris Krüger, Oswald Oberhuber und Eva Maria Stadler aus ihrem jeweiligen Tätigkeits- und Erfahrungsbereich die gegenwärtige Tendenz der privaten Inanspruchnahme des Öffentlichen erörtern.

Auf Grund seines spezifischen Sammlungsschwerpunktes - konzeptuelle und institutionskritische Arbeiten, die nicht zuletzt die Vereinnahmungen der Kunst durch korporative Interessen reflektieren – bildet der sog. „Coup“ der Generali Foundation sicherlich einen Sonderfall des Verhältnisses von Privatstiftungen zu öffentlichen Sammlungen. Insofern sich viele der in der Sammlung vertretenen Arbeiten der klassischen Werklogik verweigern, soll  u.a. die Frage diskutiert werden,  was es für ihre ästhetisch-politische Konzeption heißt, wenn sie genau nach den Mechanismen, die sie kritisieren, in Gestalt einer befristeten Leihgabe an ein Museum wertschöpfend für den Konzern wirken.

Wir haben bewusst nicht die Beteiligten des „Coups Generali“ eingeladen, weil uns nicht an seiner Verteidigung oder Verurteilung gelegen ist, sondern an einer Debatte über die Verantwortung, die der öffentlichen Hand in Bezug auf die Wahrung eines bildungs- und kulturpolitischen Auftrags auch gegenüber privatwirtschaftliche Repräsentation zukommt: Was, so die seit einigen Jahren auch hierzulande verstärkt gestellte Frage, legitimiert die Übernahme privater Sammlungen, die meist  eigenen Interessen folgen, über die Hoffnung auf eine erfolgreiche Mehrwertbildung hinaus durch ein öffentliches Museum? Bilden diese Interessen im Unterschied zu einer öffentlichen Sammlung, die nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebaut sein sollte, nicht eher einen marktkonformen oder subjektiv gesteuerten Kanon ab? Gerade weil sich die Generali Foundation solchen Fragen stets gestellt hat, scheint ihr Transfer von besonderer und zugleich exemplarischer Relevanz.

Eva Blimlinger – Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien
Sabeth Buchmann – Kunsthistorikerin und Kritikerin, Professorin für Kunst der Moderne und Nachmoderne an der Akademie der bildenden Künste Wien
Dieter Bogner - Kunsthistoriker, Universitätsdozent, Ausstellungskurator, Museumsplaner und Inhaber der Firma bogner.cc
Eva Kernbauer – Professorin für Kunstgeschichte an der Universität für angewandte Kunst Wien
Karola Kraus – Direktorin des Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
Doris Krüger (Krüger & Pardeller) – Künstlerin, Universitätsassistentin in der Klasse für Transmediale Kunst bei Brigitte Kowanz an der Universität für angewandte Kunst Wien
Oswald Oberhuber – Künstler und ehemaliger Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien
Eva Maria Stadler – Kuratorin, Professorin für Kunst und Wissenstransfer an der Universität für angewandte Kunst Wien