Mittwoch, 30. März 2011

Lieu de Mémoire

Der Begriff Erinnerungsort (frz.: un/le lieu de mémoire; Pierre Nora)) ist ein Ort, an dem sich das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe kristallisiert.

Dienstag, 29. März 2011

Kein Ende. Weitere Medienberichte zum Jüdischen Museum der Stadt Wien

Schon wollte ich mich entspannt zurücklehnen, und die Tage genießen, da die Diskussionen, Meldungen und Kontroversen um das Jüdische Museum der Stadt Wien abzuebben schienen. Wie angenehm, Tage des 'Normalbetriebs' des Blogs, ohne merkwürdige Äußerungen und ohne neue Hiobsbotschaften...
Jetzt entdeckt aber der KURIER (nach Wochen) das Thema, allerdings nicht ganz zufällig, denn am kommenden Freitag tritt wieder der Aufsichtsrat des Museums zusammen.
Und es sind viele Fragen weiter offen: was geschieht mit Felicitas Heimann-Jelinek, der mit Redeverbot und indirekter Kündigungsdrohung belegten Chefkuratorin? Welches Konzept wird Danielle Spera für die Wiederöffnung des Museums präsentieren? Wie reagiert sie auf die Tatsache, daß wichtige Mitarbeiter das Haus verlassen haben? Welche Strategie hat sie, um dem offensichtlichen Vertrauensverlust bei Museen entgegenzuwirken, die wichtige Partner beim Austausch von Ausstellungen und bei Kooperation in Projekten sind? Wie wird sie auf die Beschädigung des Images des Hauses reagieren?
Neu an der Berichterstattung des Kurier ist der dankenswerterweise mal sachliche Ton und die Korrektur einiger Legenden, etwa die alberne, Hanno Loewy habe sich als frustrierter abgewiesener Bewerber initiativ an der Kritik beteiligt. Nichts daran stimmt.
Man darf gespannt sein, was die Aufsichtsratssitzung ergibt.

Michael Huber: Streit im Jüdischen Museum wird heftiger. Der Eklat um zerstörte Hologramme war erst der Auftakt: Die Debatte um Wiens Jüdisches Museum zieht weitere Kreise. Spera genießt wenig Unterstützung. KURIER, 29.3.2011 (hier der Link)

Eine neue museologische "Austausch-Plattform"

Unter der Internetadresse http://www.ausstellungen-einstellungen.de gibt es neuerdings etwas, was sich "Austausch-Plattform" und "Wissensspeicher" nennt und mit der "Konzeption, Gestaltung
und Zukunftsvisionen musealer Wissensvermittlung" beschäftigt".
Angeboten wird die Plattform von der berliner Grafikerin und Ausstellungsmacherin Claudia Wagner, mit ähnlichen Zielen, wie ich sie in meinem Blog verfolge: die Diskussion über einschlägige Museumsfragen zu unterstützen.
Wer der Einladung der "Mitmachseite" folgen will, beginnt am besten hier: http://www.ausstellungen-einstellungen.de/zukunftsvisionen/

Freitag, 25. März 2011

Zinnfiguren im Krieg (Texte im Museum 192)

Kaiserjägermuseum / Tirol-Panorama. Bergisel/Innsbruck (2011)

Peter Menasse spricht. Noch immer


Nachdem Peter Menasse nach seinem Rücktritt Platz für die Darstellung seiner Sicht bekommen hat, räumt ihm nun auch der FALTER (Nr.12/11, 23.3.2011) Raum ein, um sich zu seinem Rücktritt zu äußern und vor allem auf die beiden Artikel des vorangegeangenen FALTER von Matthias Dusini zu reagieren.
Zur Sache Jüdisches Museum der Stadt Wien erfährt man nichts Neues, dafür darf Peter Menasse unter dem langen Titel "Macht braucht Selbstkontrolle. Der im Zuge der „Hologramm-Affäre“ zurückgetretene Prokurist des Jüdischen Museums antwortet dem Falter" auch die Medien in jenes "System" einbeziehen, das ihm persönlich so gar nicht wohl gesonnen erscheint.
Der Artikel ist nicht Online. Für alle eingefleischten Peter-Menasse-Fans hier eine Kostprobe:
„Ein Museumsdirektor – seinen Namen hätte ich dem Redakteur auf Anfrage gerne genannt – mobilisiert in einer Blitzaktion 25 Kollegen seiner Zunft und lässt sie eine Resolution gegen die Direktion des Jüdischen Museums Wien unterschreiben. Die Museumsleute aus nah und fern überprüfen den Inhalt nicht, sondern unterschreiben einfach. Wer ihr Freund ist, hat jedenfalls Recht. Wer außerhalb des Systems steht, ist zum Abschuss freigegeben.“

Montag, 21. März 2011

Danielle Spera äußert sich zum Rücktritt Peter Menasses

Nach sehr langer Pause äußert sich die Leiterin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Danielle Spera, zu den jüngsten Vorgängen und dem Rücktritt Peter Menasses.
Die Jüdische (link) hier läßt einen allerdings rätseln, was an dem Text redigiert ist und was authentische Äußerung. Außerdem erfährt man leider nicht, welche Fragen eigentlich gestellt wurden.

*

So, inzwischen habe ich auch die Fragen, per Mail zur Verfügung gestellt vom Herausgeber:

Gruss/ Samuel Laster

Sehr geehrter Herr Stalzer, ich ersuche nochmals höflich um eine Stellungnahme der
Direktorin des jüdischen Museums zu den letzten Ereignissen, zu den
Fragen die z.B im Profil-Artikel aufgeworfen werden.
Hat der im Profil genannte Glaserbetrieb die Leitung des
jüdischen Museums geklagt?
Gibt es einen Maulkorb für DienstnehmerInnen des Museums?
Wann wird die Direktorin Stellung nehmen?

Falls die Direktorin nicht Stellung mimmt, ist der Vorsitzende
der Wien-Holding die Ansprechperson oder gar Bürgermeister
Häupl?

Wie empfindet die Direktorin ihr "Krisenmanagement"?

Hochachtungsvoll-S. Laster


Der Antworttext stammt also nicht direkt von Frau Direktor Spera, sondern von "Dr. Alfred Stalzer
Mediensprecher Jüdisches Museum Wien".

Sonntag, 20. März 2011

Umsturz-Objekte (Texte im Museum 191)

Ausstellung "Grazgeflüster", derzeit im Stadtmuseum Graz. Hier ein Ausschnitt aus einem der Texte von Daniel Spoerri

Die Kunst des richtigen und zweckmäßigen Sitzen in Kunstmuseen

John-Michael-Kohlers Art Center
Das konnte ja nicht ausbleiben. Eine Webseite über - nun ja, sagen wir: rest rooms von Museen. Jetzt gibts die, enzyklopädisch, global, illustrativ. Seien wir uns ehrlich - wo hat sich das Museum sonst noch so rasant entwickelt, wie am locus? Wo bei studentischen Reisen in den 7oern manche Museen z.B. in Italien mit transsylvanischen Hockergräbern als Abtritte aufwarteten, findet sich jetzt die Nirosta-Longue mit dem Wickeltisch für den Herren! Also! Besuchen Sie The Art Museum Toilet!

...da scheint es eine spezielle Neigungsgruppe zu geben, denn innerhalb kürzester Zeit trudelten Dankschreiben ein. Und ein "weiterführender" Link, nicht nur Museumsnoträume betreffend: http://www.restroom-charts.com/portfolio.jsp?pf=1721
Und noch eins..."...damit wir bloß nicht das beherrschende Thema verlassen, gibt es in den restroom charts auch das:
http://www.restroom-charts.com/portfolio.jsp?filter=location%Wien&pf=931
Eine Arbeit von Eichinger oder Knechtl, die es auch nicht mehr gibt..." (B.P.)

Nur mit einer neuen Leitung hat das Jüdische Museum der Stadt Wien eine Zukunft. Ein weiterer Artikel von Marianne Enigl im Profil.

Im Profil, das am 21.3.2011 erschienen ist (Nr.12, 42.Jg.; hier der Link) fasst Marianne Enigl die jüngsten Ereignisse um und nach dem Rücktritt von Peter Menasse zusammen. Sie wiest darauf hin, daß sich Danielle Spera zu den Äußerungen ihres Prokuristen nicht geäußert hat und daß auch die verantwortlichen Politiker hartnäckig schweigen.
Sie geht noch einmal auf die Frage ein ob und wie die Hologramme hätten abgebaut und bewahrt werden können und berichtet, daß die Firma Frisch und Stiassny bereits zwei Mal Frau Spera aufgefordert habe, "die Falschinformationen" über die Konstruktion der Hologramme "öffentlich zu widerrufen".
Im profil Artikel ist, meiner Beobachtung nach zum ersten Mal gewissermaßen offiziell, der brain drain des Museums in der kurzen Amtszeit der neuen Leitung nachzulesen. Demnach verlor "das Haus innerhalb eines halben Jahrs vier seiner acht Ausstellungsgestalter."
Der Direktor des Jüdischen Museums München bezeichnet die Leitung als "Laienduo" und auch die Direktorin des Jüdischen Museum Berlin äußert sich deutlich: man müsse "sich nun ernsthaft mit der Führung des Hauses" befassen. Dazu steuert Bernhard Purin noch die Beobachtung eines weiteren strukturellen Mankos bei: die Führung des Museums als Teil der Wien-Holding, der Wirtschaftsbetriebe der Stadt.

Freitag, 18. März 2011

"Worum es selbst ernannten Glasexperten, erzkonservativen Bewahrern und den vielen Ihr-eigenes-Süppchen-Kochern wirklich geht." Peter Menasse über seinen Rücktritt als Prokurist des Jüdischen Museum der Stadt Wien

Die Tageszeitung die Presse, die kurz hintereinander drei Artikel dem Rücktritt von Peter Menasse als Prokurist des Jüdischen Museums gewidmet hat, gibt ihm nun selbst Raum, seine Sicht der Ereignisse um seinen Rücktritt darzustellen.

"Der Hologramm-Streit: Moral und Glas, wie leicht bricht das. Worum es selbst ernannten Glasexperten, erzkonservativen Bewahrern und den vielen Ihr-eigenes-Süppchen-Kochern wirklich geht."

Hier gehts zum Artikel.

Kommentare zum Rücktritt des Geschäftsführer des Jüdischen Museum der Stadt Wien

In die DIE PRESSE kommentiert Rainer Nowak gleich zwei Mal den Rücktritt des Prokuristen des Jüdischen Museum der Stadt Wien Peter Menasse. "Rücktritt nach SS-Zitierung" (17.3.) (hier) und: "Ein Erfolg für Speras Feinde" (Am sleben Tag, hier).
In der Wiener Zeitung glossiert C. Irrgeher (ebenfalls 17.3.) den Rücktritt unter dem Titel "Unheillvolle Vergleiche" (hier). Die Jüdische goutiert die Verteidigungslinie von Peter Menasse wenig, stellt eine verbindung her zur Anstehenden Wahl des Präsidenten der IKG und sieht die Position von Danielle Spera am Museum geschwächt (hier). In einem weiteren, heute veröffentlichten Kommentar wird die Kritik an Peter Menasse und Danielle Spera verschärft und erstmals die Wien-Holding angegriffen. (hier)
Auf ORF.at findet sich ebenfalls ein Kommentar, der mit einem Bild garniert ist, das die Hologrammreplik als Hologramm ausgibt (hier).
Kommentarlos, das heißt weitgehend nur in Form der Widergabe der APA Meldung, nimmt die Israelitische Kultusgemeinde Peter Menasses Schritt auf (hier).

Rücktritt des Geschäftsführers des Jüdischen Museums vom Dienstgeber "zur Kenntnis genommen"

Wien Holding nimmt Menasses Entscheidung zur Kenntnis

Utl.: Menasses Aufgaben werden vom Wien Holding-Controlling übernommen =


Wien (OTS) - Die Wien Holding nimmt Peter Menasses persönliche
Entscheidung, seine Tätigkeit als Prokurist und Abteilungsleiter für
Finanzen und Organisation im Jüdischen Museum Wien zu beenden, zur
Kenntnis. Seine Aufgaben sowie die Prokura werden von einem
Controller des Konzerns übernommen und zwar bis Ende 2011.

Donnerstag, 17. März 2011

Peter Menasse, der Prokurist des Jüdischen Museums der Stadt Wien, ist zurückgetreten

In einer Presseerklärung hat Peter Menasse, Prokurist des Jüdischen Museums Wien, seinen Rücktritt erklärt.

Der Standard (hier), Die Presse (hier), die Kleine Zeitung (hier), die TT (hier) und ORF.at (hier) berichten.

Auslöser für den Rücktritt ist eine auf seinem Facebook allgemein zugängliche Äußerung gegenüber den Unterzeichner eines Protesbriefes, der sich gegen Art und Weise und Konsequenezen eines Teilabbruchs der Dauerausstellung (Hologramme) wendete.

Diese Äußerung lautete (in der unverändert übernommenen Schreibweise von P.M.) "

"Es ist ganz einfach: der Glasermeister weiss, dass man die glasplatten nicht entfernen kann. Ich verwende für Glasermeister das Synonym "Volk" Museumsdirektoren wissen es besser als der Glasermeister. Sie wissen eben einfach alles besser. Sie haben das authentische Bescheidwissen Qua Studium mit dem Löffel gegessen. Da kann sich der Glaserer brausen gehen.
Und wenn einer aus der Gruppe Treue schreit, versammeln sich alle ungeprüft hinter ihm, auch wenn er aus der tiefsten österreichischen Provinz kommt. Denn unter Direktoren jüdischer Museen heißt es: Unsere Ehre heisst Treue."

Wegen dieser Äußerung haben sich inzwischen mehr als 30 Kuratoren, Museumsleiter, Wissenschafter etc. an die politisch Verantwortlichen gewandt (hier). Erst gestern hatten die Wiener Stadtzeitung FALTER (Matthias Dusini) und 'Die Jüdische) als bislang einzige Zeitungen darauf reagiert (hier).

Mittwoch, 16. März 2011

Wo bin Ich? (Das Museum lesen 16)

Neue mediale Reaktionen auf die Vorgänge im Jüdischen Museum Wien

Nachdem "Die Jüdische" als erste (Online)Zeitung den "Offenen Brief" veröffentlichte, der die verantwortlichen Politiker in der Causa "Peter Menasse" um Stellungnahme bittet und zum Handeln auffordert, reagiert im heutigen FALTER (nicht online) Mathias Dusini.

„'Meine Ehre heißt Treue' war in der NS-Zeit der Wahlspruch der Schutzstaffel (SS). Der Gebrauch dieses Spruchs fällt unter das NS-Verbotsgesetz. Der niederösterreichische FPÖ-Chef Ernest Windholz ehrte damit im Jahr 2000 langjährige Mitglieder der Freiheitlichen Partei; die Staatsanwaltschaft ermittelte. Warum aber nimmt jemand, der mit Neonazis nichts am Hut hat und sich jahrelang mit Public Relations beschäftigte, dann so giftige Wörter in den Mund?"

Er habe nicht gewußt, wie öffentlich das Medium Facebook sei, verteidigt sich laut FALTER Peter Menasse. Und "Ich war erregt", meint er, der zusammen mit Danielle Spera für die unsägliche Idee der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" verantwortlich zeichnet. Aber Peter Menasse hat schon öfter, z.B. in den Mails, die er an mich gerichtet hat, sein Gegenüber mit sich verwechselt und mir Formulierungen um die Ohren schlug, die er selbst in seinen Mails verwendet hatte.

Auch die Wien Holding scheint etwas zu verwechseln: "Eigentümerin des Jüdischen Museums ist die kommunale Wien Holding, die sich von Menasses Aussagen distanziert," schreibt Dusini, "'weil Reaktion und Wortwahl nicht angemessen waren'. Der Vorfall zeige aber auch, wie wichtig es sei, aus der Diskussion um die Hologramme die Emotionen herauszunehmen. Man möge zur Sachlichkeit zurückkehren. "

Bloß: wessen Emotionen? Und: Sachlich wurde die Kritik allemal geführt. Da muß niemand zu ihr zurückkehren. Wenn,m dann eher schon die Museumsleitung.

Dusini abschließend: "Dafür ist es freilich zu spät."

*

Stephan Templ, vermutet in der heutigen Neuen Zürcher Zeitung (Nach der Zerstörung. Misslungener Neuanfang beim jüdischen Museum Wien; nicht online), nicht nur einen Konflikt zwischen Kultur- und Finanzressort in der Gemeinde Wien, er meint auch, dass es sich nun zu bewahrheiten scheint, daß "ein in Museums-, Geschichts- und Judaistikfragen unkundige Leiterin (...) bald mit fachlichen und vor allem logistischen Anforderungen nicht zurechtkommen" könnte und steuert ein neues Detail bei (das ich nicht einschätzen nur widergeben kann): "Die tatsächlich ausführende (gemeint ist der Abbruch der Hologramme; GF) Glasfirma Briza griff zum Vorschlaghammer und hinterliess einen Scherbenhaufen. Auch das wird wohl in die neue Dauerausstellung zur Geschichte der Juden Wiens einzugehen haben, zumal diese Firma auch einen historischen Bezug zu bieten hat: 1939 hat die Familie Briza die Glaserei von Rudolf Munk zum Nulltarif «arisiert». Rudolf, Munk kam in der Shoah um, und sein Geschäft wurde nie restituiert."

Dienstag, 15. März 2011

Husten (Texte im Museum 190)

Ausstellung "Grazgeflüster" 2011(Seit 15.3.) Oben: Dokumente aus der Klage von C. Wabl, rechts: Originalhusten. Unten: Text