Mittwoch, 23. Februar 2011

"Blow up". Hätte man die Hologramme erhalten können?

Jetzt bin auch noch "investigativer Blogger" geworden, wer hätte das gedacht, und habe ein wenig zu der Frage der Erhaltbarkeit der Hologramme recherchiert. Ich teile nach bestem Wissen und Gewissen mit, was ich herausgefunden habe und stelle fest, daß es, wie so oft, bei offenen Fragen bleibt.
Einen Abtransport großer Bauteile könnte ich mir (siehe unten) - technisch aufwendig und wahrscheinlich teuer - schon vorstellen und ob Hologrammerzeuger und Glasermeister die ultimativen Experten im Umgang mit einem restistenten Klebstoff sind, kann man hinterfragen.
Die technische Erhaltbarkeit der Hologramme stand nie im Zentrum der Argumente der Kritiker des Vorgehens der Museumsleitung. Darauf zu insistieren, es sei einfach technisch unmöglich gewesen, war und ist noch immer ein entlastendes Argument. Wer auf der Frage der technischen (Un)Lösbarkeit beharrt, erspart sich alle museologischen, ausstellungspolitischen und historiografischen Fragen.
Ganz praktisch für die Defensive, aber - wie die Informationen unten zeigen - kaum tauglich, um die weitere Diskussion um den Umgang des Museums mit seinem 'technischen Gedächtnis' Ausstellung und um die Zukunft des 'lebendigen Gedächtnisses' seiner Ausstellungsproduktion und -politik abzublocken.



Über seinen Kommentar zu einem der Posts zum Jüdischen Museum der Stadt Wien bin ich mit Irmfried Wöber in Kontakt gekommen. Herr Weber hat in Niederösterreich eine Firma, die Hologramme herstellt und er war seinerzeit an der Produktion der Hologramme für das Jüdische Museum beteiligt. Auf der Grundlage von Plänen von Martin Kohlbauer und Felicitas Heimann Jelinek wurden von ihm jene Fotografien hergestellt (ein technisch und logistisch aufwendiges Verfahren), die in einer nicht mehr existierenden Firma in München (Holovision) in Hologramme 'verwandelt' wurden. Die Hologramm-Filme wurden nach Wien gebracht und hier zwischen Glasplatten (wegen der günstigeren Lichtbrechung wurde Sicherheitsglas und nicht billigeres Plexiglas verwendet) montiert.
In einem Mail schreibt er: "Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden, nur der holografische Film aus Stabilitätsgründen. Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen."
Im Gespräch wird deutlich, daß Herr Wöber diese spezielle Anfertigung und Montage der Hologramme als Installation als weltweit einmalig einschätzt: Ein Ensemble von frei im Raum stehenden Hologrammen, zwischen denen man sich bewegen konnte und die, die untereinander und mit dem Betrachter interagierten, und die um ihre Wirkung zu entfalten, ein äußerst ausgeklügeltes Belichtungssystem benötigten. Deshalb seien diese Hologramme unter Holografen weltweit bekannt gewesen und und auch - wegen ihrer technischen Eigentümlichkeit und Einzigartigkeit - von vielen Spezialisten besucht worden.
Das zweite Set der Hologramme, erwähnt Herr Wöber, wurde im Zuge der Produktion in München hergestellt - als sogenannte 'Testbelichtungen'. Qualitativ selbstverständlich weitaus schlechter als die unikalen Originale.
Da der schlechte Zustand der Hologramme selbst mehrmals als Rechtfertigung für deren Abbau genannt wurde, frage ich Herrn Wöber nach der Haltbarkeit von Hologrammen generell. Hologramme, wenn sie sorgfältig hergestellt wurden, hätten eine sehr lange Haltbarkeit. Nur wenn, ähnlich wie beim Entwickeln eines Films, nicht sorgfältig gearbeitet werde, könne es zum Nachdunkeln kommen. Herr Wöber führt als Argument die aus den 60er-Jahren stammenden, ältesten existierenden Hologramme an, die noch immer intakt seien. Wir sind uns einig (beide haben wir die Hologramme relativ kurz vor ihrer Demontage gesehen), daß wir keine Beeinträchtigung der Wirkung und Funktion der Hologramme bemerkt hätten.
Herr Wöber erwähnt gesprächsweise, er sei jetzt in der fraglichen Angelegenheit nicht vomMuseum kontaktiert worden und das sei seinem Wissen nach auch nicht mit ehemaligen Mitarbeitern der erwähnten (nicht mehr existierenden) münchner Firma geschehen.
Abschließend schreibt Herr Woeber in seinem Mail vom 22.2.2011: "Es existieren keine Fotosequenzen mehr und vor allem sind die Masterhologramme (zur Vergrößerung zum endgültigen Format) nicht mehr vorhanden. Ich meine damit, daß diese Installation endgültig in dieser Qualität verloren ist. Schade. Sollte man in einer Geschichte vollständig dokumentieren. Ein Meilenstein in der Geschichte der Holografie existiert leider nicht mehr. Es ist zum Heulen."
Da Herr Wöber bei der Montage der Holgramme im Raum nicht dabei war, wende ich mich telefonisch an die Firma Briza, die ja schön öfter genannt wurde. Sie war mit der Demontage von Vitrinen im Museum beauftragt und wurde - offenbar spontan - beigezogen, als sich die Schwierigkeiten bei der Hologramm-Demontage abzeichneten. Herr Briza betont, daß man diese Glasart nicht schneiden könne und daß wohl die Verschraubung (also die Hologramme vom Boden) bereits gelöst war, aber der Kleber nicht bearbeitbar war.
Das widerspricht teilweise der Erinnerung von Herrn Wöber: "Auch Rudi de Jongh (einer der an der Produktion der Hologramme Beteiligten GF) ist meiner Meinung einer lösbaren Demontage. Die ursprüngliche Montage wurde durch einen Bautrupp hergestellt. Die beiden Glasplatten sind nicht zueinander verklebt worden (…) Es wurde keine Verklebung in den Aluminiumprofilen vorgenommen. Die Aluminiumprofile sind mit dem Fußboden durch entsprechende Dübel angeschraubt worden. Das heißt, man konnte die gesamte Einheit demontieren und dann in einer Fachwerkstätte entsprechend zerlegen. Laser, Wasserstrahl und ähnliche technische Geräte."
Herr Briza hingegen sagt (in einem Telefonat vom 23.2.2011), daß die Hologramme zwar vom Boden bereits gelöst waren, allerdings waren die einzelnen Komponenten wegen der Verklebung nicht voneinander trennbar. Deshalb seien schwere, händisch nicht mehr transportierbare und große Teile entstanden, die man nicht durch das Haus hätte abtransportieren können. Er betont nochmal, die Gläser hätte man mit keiner Technik ab- oder zerschneiden können.
Das Museum sei am beschädigungsfreien Abbau der Hologramme und ihrer Erhaltung interessiert gewesen, aber es habe sich die Undurchführbarkeit während der Demontage herausgestellt.
Den veröffentlichten Brief seiner Firma nennt er eine Stellungnahme, das sei kein Gutachten, dazu sei er nicht befugt.


Ich danke Herrn Wöber und Herrn Briza für ihre Informationen.

Ein Museumsdirektor tritt zurück: Peter Noever

....eine Art Freigeistanarcho 
mit generations- und genderbedingtem 
Hang zu Kampfrhetorik...
 

Die Presserklärung Peter Noevers im Wortlaut:

„Im Zuge der Veranstaltungen im MAK rund um den Geburtstag meiner Mutter sind über Bereitstellung der Räumlichkeiten bzw. angefallenen Überstunden auch zusätzliche Aufwendungen entstanden, die vom MAK getragen wurden. Ich habe dies dem Vorsitzenden des Kuratoriums mitgeteilt und mich gleichzeitig verpflichtet, den gesamten, daraus resultierenden Betrag abzudecken.

In diesem Zusammenhang habe ich Fehler gemacht, für die ich alleine verantwortlich bin. Ich hätte retrospektiv die Veranstaltungen – auch wenn sie dem Museum genützt haben – der Privatsphäre zuordnen müssen. Ich bedaure diese Fehler und den Umstand, dass diese Veranstaltungen über Jahre so durchgeführt wurden. Um nun weiteren Schaden vom MAK durch die öffentliche Diskussion dieser Angelegenheit abzuhalten und die Angelegenheit auch von meiner Seite im Sinne einer vollständigen Bereinigung ohne Beeinträchtigung des von mir übernommenen Amtes rasch und vollständig zu Ende bringen zu können, habe ich dem Kuratorium und der zuständigen Bundesministerin heute mitgeteilt, dass ich mit sofortiger Wirkung von meiner Funktion als Geschäftsführer (Direktor) des MAK zurücktrete.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen, insbesondere den engagierten Mitarbeitern des Hauses, bedanken, die meinen künstlerischen Weg durch die vielen Jahre begleitet und unterstützt und zum Aufbau des MAK in seiner heutigen Bedeutung beigetragen haben. Gleichzeitig bitte ich all diese Mitarbeiter, Freunde und Unterstützer des Hauses um Entschuldigung für die Probleme, die mein Verhalten in der Angelegenheit der Veranstaltungen rund um den Geburtstag meiner Mutter ausgelöst hat und um Verständnis für meinen Schritt.“

*

Die Tageszeitung Die Presse ergänzt (hier der Link) die Nachricht vom Rücktritt unter anderem mit der Mitteilung: "Die Kulturministerin hat den Rücktritt angenommen." Und in  "...einer Stellungnahme von Claudia Schmied", wird hervorgehoben, "dass auf Wunsch des Kulturministeriums Sonderprüfungen des Wirtschaftsprüfers stattgefunden hätten. Diese hätten 'dazu beigetragen', 'Malversationen des Geschäftsführers Peter Noever rasch und kompromisslos aufzuzeigen'. Seitens des Kuratoriums werde Strafanzeige erstattet."

*

"Sag ich zu ihm: Aber Herr Noever, eine etwas bodenständige Frage, finden Sie das nicht ein bisschen problematisch?" -  (Nach)lesenswert aus aktuellem Anlass. Ein 'Nachruf zu Lebzeiten' von Nina Schedlmayer in artmagazine.

Oder: "Nun ist der stilbewusste Noever sicher kein Rechter, wohl eher eine Art Freigeistanarcho mit generations- und genderbedingtem Hang zu Kampfrhetorik, dem es gelingt, in seinen wechselnden kulturpolitischen Gegenübern die Sehnsucht nach dem wilden, ungestümen Künstler hervorzurufen." Nochmal artmagazine, aber diesmal Martin Fritz.

Ausgepreist? (Texte im Museum 182)

Wie Thomas Trenkler im Standard die Welt sieht...

Der Artikel von Thomas Trenkler im Standard (hier sein Beitrag) zur Aufsichtsratssitzung vom vergangenen Montag lohnt die Lektüre nur, wenn man nicht erwartet, sachlich informiert zu werden, sondern Einblicke in das Funktioneren des 'Standard'-Kulturjournalismus gewinnen möchte. Es ist bedauerlich, daß ein Redakteur, der sich derart verdienstvoll in Restitutionsfragen engagiert hat, sich auf ein solches Niveau begibt.

Dienstag, 22. Februar 2011

"Fehler" und Fehler. Die Israelitische Kultusgemeinde greift in die Debatte um das Jüdische Museum ein.

In der heutigen Presse (22.02.2011) berichtet Rainer Nowak von der extra einebrufenen Sitzung des Aufsichtsrates des Jüdischen Museum der Stadt Wien, in dem Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde und der Wien Holding vertreten sind.
Der Autor des Presse-Artikels, Rainer Novak greift zu Anführungszeichen, um bereits in der Überschift aus Fehlern "Fehler" zu machen und hat auch nur Proteste "in Kreisen jüdischer Gelehrter und Museumsangehöriger" registriert.
Aber die Kultusgemeinde hat eine Presserklärung verfasst aus der Novak zitiert. Nämlich daß die Umstände und die Notwendigkeit des Abbruchs nicht zu klären sind, daß es ein Fehler war, die Chefkuratorin Felicitas Heimann-Jelinek und den Architekten Martin Kohlbauer nicht einzubinden.
Neu (für mich) ist, daß die IKG vom (bereits erfolgten?) Abgang mehrerer Kuratoren spricht. Bis Ende März muß Frau Spera ein Konzept für die Dauerausstellung vorlegen und erläutern, mit welchen Mitarbeitern, sie dieses realisieren will. Frau Spera habe zugesagt, einen Beirat einzurichten.
Wen man bedenkt, daß sich Leiter und Kuratoren großer Jüdischer Museen ungewöhnlich deutlich zu den Vorgängen am Museum geäußert haben und ein Museum bereits eine Ausstellungskooperation abgesagt hat, ist das insgesamt eine schwierige Situation. Auch darauf nimmt die IKG bezug und fordert die dringliche Wiederherstellung der Beziehung zu den Jüdischen Museen.

Royal. (Entrée 16)

Da widmet eine der bedeutendsten britischen Kunstinstitutionen einem ihrer bedeutendensten Mitglieder eine große Ausstellung, eine ganz wunderbare dazu, informativ, nüchtern, wisschenschaftlich fundiert und seriös, sorgfältig, liebevoll...und dann gibt es solche Eintrittskarten! Es lebe das britische Understatement!

Was am Land noch alles so verboten wird... (Texte im Museum 181)

Die Eingangstür des Museum Absam (Foto: GF)

"Sokratisch deppert sein". Fundsache

Ausriss aus einem Interview des Filmregisseurs Peter Patzak mit der Stadtzeitung Falter (Nr.48/10) aus Anlaß des Starts eines "Kottan"-Kinofilms.

Mitnehmsel (Texte im Museum 180)

Mitnehmsel und Beschriftungen. Museum Absam (2011 Foto: GF)

ICOM Mitglieder antworten auf den ICOM-Präsidenten

An die
Mitglieder des Vorstandes von ICOM Österreich
c/o Leopold Museum Privatstiftung
Museumsplatz 1
1070 Wien


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage (hier) möchten wir Ihnen ein Schreiben von Herrn Prof. Dr. Wilfried Seipel in dessen Funktion als Präsident von ICOM Österreich an die Direktorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien, Frau Dr. Danielle Spera, zur Kenntnis bringen, in dem er zu der Kontroverse um die Entfernung der Hologramm-Installation im Jüdischen Museum Wien Stellung bezieht. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Kontroverse verfolgt haben. Ausführlich dokumentiert ist sie u.a. hier:

Dieses Schreiben wurde ab Mittwoch, 16.02.2011 im Rahmen der Präsentation eines "Ersatzhologramms" im Museum Judenplatz in fotokopierter Form an die Presse verteilt.

Als institutionelle bzw. individuelle Mitglieder von ICOM Österreich ergeben sich für uns aus diesem Vorgang einige Fragen an den Vorstand von ICOM Österreich:

1. Teilt der Vorstand von ICOM Österreich Inhalt und Form dieses Schreibens?

2. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich für zweckmäßig und sinnvoll,
dass der Präsident von ICOM Österreich bei einer inhaltlichen Kontroverse, in die auch Mitglieder von ICOM Österreich involviert sind,
einseitig und ohne Anhörung anderer Positionen Stellung bezieht?

3. Hält es der Vorstand von ICOM Österreich mit den Grundsätzen von ICOM
vereinbar, dass der Präsident von ICOM Österreich in einem Konflikt
zwischen Direktion und Chefkuratorin (die übrigens ebenfalls
langjähriges Mitglied von ICOM Österreich ist) eines Museums einseitig
Partei ergreift und der Chefkuratorin in - wie wir meinen -
diffamierender Weise niedere Motive unterstellt?

Ihrer Stellungnahme blicken wir mit Interesse entgegen.

Mit kollegialen Grüßen

Dr. Ilsebill Barta, Wien
Dr. Margit Berner, Wien
Dr. Gottfried Fliedl, Graz
Monika Gärtner, Inssbruck
Nike Glaser-Wieninger, Wien
Mag. Andreas Gugler, Wien
Mag. Christine Haupt-Stummer, Wien
Heiderose Hildebrand, Wien
Dr. Michaela Kronberger, Wien
Mag. Elisabeth Limbeck-Lilienau, Wien
Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems
Mag. Gerhard Milchram, Wien
Dr. Roswitha Muttenthaler, Wien
Dr. Andreas Nierhaus, Wien
Dr. Martina Nußbaumer, Wien
Dr. Herbert Posch, Wien
Mag. Bernhard Purin, München - Rosenburg am Kamp
Dr. Monika Sommer, Wien
Dr. Claudia Spring, Wien
Nora Sternfeld, M.A., Wien
Mag. Susanne Winkler, Wien
Annina Zwettler, Wien

Gesprächsangebot an Danielle Spera

Sehr geehrte Frau Dr. Spera, liebe Frau Kollegin,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unseren offenen Brief vom 9. Februar 2011 und das darin enthaltene Angebot, mit zwei der Unterzeichneten ein Gespräch zu führen.

Da wir weder ein Verein noch  eine Bürgerinitiative, sondern einfach nur ein ad-hoc gebildeter Kreis von Kolleginnen und Kollegen aus einschlägigen Museen, Hochschulen und Forschungsinstituten verschiedener europäischer Länder sind, die sich Sorge um die Zukunft des Jüdischen Museums Wien machen, sehen wir uns außer Stande, zwei „Delegierte“ zu entsenden, die ein Gespräch mit Ihnen in Vertretung aller Unterzeichner führen.

Unser Angebot am Ende unseres offenen Briefes, mit Ihnen in ein Gespräch zu treten, haben wir vielmehr als Angebot und Einladung zu einem kontinuierlichen Austausch verstanden. Selbstverständlich muss es dabei Ihnen überlassen sein, welche Formen des Dialogs Sie dafür als geeignet halten. Die Abhaltung von Kolloquien, die Einsetzung eines wissenschaftlichen Beirates oder Evaluationsprozesse haben sich, so ist unsere Erfahrung bei vielen Neustrukturierungsprozessen, immer wieder bewährt.

Wir können in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, dass die jüngsten Reaktionen aus Ihrem Haus wie etwas das Beharren darauf, die Ausstellungsinstallation hätte keinesfalls künstlerischen Charakter und sei eine „veraltete Technologie“ sowie der Versuch, diese im Rahmen einer viertägigen Präsentation unter dem Titel „Geschichte einer österreichischen Aufregung“ ins Lächerliche zu ziehen, unsere Sorge nicht kleiner gemacht haben.

Gerade auch deshalb stehen die Unterzeichneten für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.

Im Namen der Unterzeichner des ersten Briefes,
mit besten Grüßen,
Cilly Kugelmann

Montag, 21. Februar 2011

"Wir" (Texte im Museum 179)

"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Marianne Enigl im "profil". Und ich habe immer noch Fragen...

Unter dem Titel "Scherbenhaufen" schreibt im heute erscheinenden "profil" Marianne Enigl (der Artikel ist inzwischen hier online zugänglich) zur "Zerstörung der Dauerausstellung" im Wiener Jüdischen Museum.

"Die Zerstörung der Dauerausstellung im Jüdischen Museum der Stadt Wien hat die Avantgarderolle des Hauses nachhaltig beschädigt". Mit diesem Urteil der Direktorin des Berliner Jüdischen Museum, Cilly Kugelmann, stellt die Autorin schon im Untertitel des zentrale Problem heraus. Jenes Problem, das das Museum selbst hartnäckig als rein technisches Problem des Abbaues der Hologramme diskutiert sehen will.

Marianne Enigl im Profil: "Die Homepage des Museums zeigt Spera vor einem unansehnlichen Plexiglas-Duplikat der Hologramme. Dieses war allerdings verdreht montiert worden, sodass die darauf schillernden Flaggen Österreichs und Israels liegend wehten"
Marianne Enigl interpretiert die Zerstörung der Hologramme als Effekt eines zu raschen und ehrgeizigen Versuchs, so schnell wie möglich die Sanierung des Gebäudes und die Errichtung einer neuen Dauerausstellung zu realisieren. Und sie zitiert den ehemaligen Geschäftsführer des Museums, der die Erhaltung der Hologramme als wohl möglich gewesen einschätzt.

Die Chefkuratorin darf sich auch gegenüber "Profil" nicht äußern. Dies sei, "lässt Prokurist Peter Menasse verlauten", … "nur in meinem Beisein möglich". Aber auch der Direktorin attestiert Marianne Enigl, nicht sehr geschickt agiert zu haben. Die Einladung jener ExpertInnen, die das Vorgehen des Museums kritisiert haben, sei von ihr nur mit Auflagen angenommen worden, sodaß die Angesprochenen mit der Empfehlung reagiert hätten (wie bei derartigen Projekten, wie der Neukonzeption einer Dauerausstellung üblich. GF) einen Beirat einzurichten.

Auch den Titel und den Zweck der Kurzzeitschau "Geschichte einer österreichischen Aufregung" werteten die Unterzeichner des offenen Briefes als Versuch, die Angelegenheit "ins Lächerliche zu ziehen."

Einigl zitiert eine - die mir bislang einzig bekannte - Politikeräußerung. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny "bedauert, dass offenbar unabsichtlich Hologramme beschädigt wurden."

Mit dem Hinweis, daß sich die Politiker, die wesentlich für die Berufung verantwortlich sind, ein verstärktes öffentlichkeitswirksames Auftreten des Museums mit Danielle Spera als Garantin erwartet haben, legt Enigl ihren Finger auf einen der wundesten Punkte: reicht denn diese Vor- und Aufgabe zur Neu-Profilierung des Museums? Daß dabei Danielle Spera sich selbst als 'Botschafterin' der neuen Museumshaltung sieht, kommentiert Enigl nicht gerade wohlwollend:

Eine der Bildseiten in "First", die im Artikel erwähnt werden
"Spera kommt der Vorgabe (der Politik; GF) mit Elan nach – und macht sich auch selbst zum Exponat. Schulen dürfen sie zu „Director’s Visits“ laden. Um Lesern des Celebrity-Magazins „First“ das Jüdische Museum nahezubringen, ließ sie sich in beigestellter Designermode vor Artefakten ablichten, die der Zerstörung durch den Nationalsozialismus entgangen waren."

Auch nach diesem begrüßenswert klar argumentierenden und informierenden Artikel bleiben (für mich) zwei zentrale Fragen. Erstens: was geschieht jetzt mit der Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek, der das Museum Schuld und Verantwortung dort zuweist, wo sie weder Verantwortung haben konnte noch (schon gar nicht) Schuld. Das Vorgehen bei der Sanierung des Hauses, dem Abbruch der Hologramme und der anschließenden Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit liegt ausschließlich in der Leitungsverantwortung.

Zweitens: Wie sehen die Pläne der Museumsleitung aus? Wie wird eine künftige Dauerausstellung aussehen? Und wie wird diese den hohen Anspruch einlösen, die "Avantgarderolle des Museums" wenn schon nicht zu erweitern und auszubauen, so doch wenigstens wiederherzustellen?

Medieninformation des Wiener Jüdischen Museum aus Anlaß der Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"

Medieninformation, Februar 2011

Aufgrund des aktuellen großen Interesses an den Hologrammen des Jüdischen Museums wird das zweite Set der Hologramme an einem Beispiel der Öffentlichkeit präsentiert. Unter dem Titel "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung" ist ein ausgewähltes Hologramm von 16. Februar bis einschließlich Sonntag, den 20. Februar 2011 im Museum am Judenplatz zu sehen.

"Die Geschichte einer österreichischen Aufregung"
von 16.2.2011,10 Uhr bis 20.2.2011, 18 Uhr
Museum Judenplatz, Judenplatz 8,1010 Wien
Öffnungszeiten: So bis Do 10 bis 18 Uhr
Freitag 10 bis 14 Uhr, Samstag geschlossen

Zweiter Satz Hologramme geht in die USA
Alle Hologramme werden wir gleich nach Eröffnung unseres Haupthauses in der Dorotheergasse 11 in einigen Monaten für kurze Zeit der Öffentlichkeit zugänglich ausstellen, danach werden die Hologramme für ein halbes Jahr an ein Museum in den USA verliehen. Durch die Probleme beim Abtransport der Hologramme hat sich unser Zeitplan erheblich verzögert, die Wiedereröffnung wird sich daher vermutlich um zwei Monate verschieben. Im September werden wir Sie gerne wieder in der Dorotheergasse 11 begrüssen.

Stationen der Geschichte einer österreichischen Erregung

Die Fakten vorweg - Die Hologramme
Im 2. Stock des Jüdischen Museums Wien befanden sich 21 Hologramme. Jedes bestand aus zwei Glasplatten mit einer dazwischen fixierten Folie. Die Glasplatten waren rund 3,00 Meter hoch und 2,00 Meter breit. Das Gewicht dieser jeweils zwei Platten betrug rund 360 Kilogramm. Gefertigt waren die Platten aus einem Sicherheitsglas, das sich physikalisch nicht schneiden lässt. Es existiert laut vom Jüdischen Museum Wien hinzu gezogenen Glasexperten keine Methode, um diese Art von Glas zu bearbeiten. Wendet man mechanischen Druck an, zerbirst das Glas in kleinste Teile.
Beim Versuch des Abbaus Anfang Jänner 2011 zeigte sich, dass die Glasplatten nicht nur in die im Boden versenkten Stahl-Traversen verschraubt, sondern darüber hinaus auch verklebt waren. Dieser Umstand war vorher niemandem im Jüdischen Museum bekannt. Der Kleber war nach der langen Zeit von 15 Jahren so sehr ausgehärtet, dass man ihn nicht mehr lösen konnte.
Es gab also keine anwendbare Methode, um die Glasplatten von den Traversen zu lösen (Problem des Klebers) oder sie oberhalb der Traversen abzuschneiden (nicht bearbeitbares Sicherheitsglas).
Zu diesen Ausführungen liegt ein Fachgutachten der beauftragten Glasfirma Briza, Wien vor.

Genes der Aufregung

Juli 2010
Danielle Spera beginnt ihre Tätigkeit als Direktorin. Sehr rasch muss sie erkennen, dass sämtliche Anforderungen an den Schutz der Kunstgegenstände in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr gegeben waren.
Die Klima- und Befeuchtungsanlage, die noch aus den 1980er Jahren stammt, war nicht mehr geeignet, Bedingungen herzustellen, die für sensible Artefakte notwendig sind. Die Kunstwerke waren in Gefahr!
Die Chefkuratorin des Hauses, Felicitas Heimann-Jelinek befürchtete sogar, dass in naher Zukunft kein anderes Museum dem Haus mehr Leihgaben zur Verfügung stellen würde.

August 2010
Während der heißen Tage des Sommers brach die Klimaanlage nahezu täglich zusammen. Die Reparaturen beliefen sich rasch auf mehrere zehntausend Euro. Es stellte sich heraus, dass die Anlage mit einem Kühlmittel betrieben wurde, dass nach EU-Richtlinien nicht mehr zulässig ist und auch nicht mehr nachgekauft werden kann.
Beide Aufzüge, Personenlift und Lastenlift entsprachen nicht mehr den gesetzlichen Auflagen. Immer wieder kam es auch zu Defekten, die kostenaufwendig repariert werden mussten.
Die neue Leitung suchte daraufhin bei der Stadt Wien um eine Bausubvention an, die im Dezember 2010 gewährt wurde.
Herbst 2010
In Jour fixes mit dem wissenschaftlichen Team wurde mehrfach diskutiert, dass die Hologramme, die in der Mitte des größten Raums im 2. Stock des Museums aufgestellt waren, bei einem Umbau entfernt werden müssten.
Die Hologramme - eine Technologie zur Darstellung von Inhalten, die sich allerdings nicht
durchgesetzt hat - bestanden aus jeweils zwei Glasplatten, in deren Mitte eine Folie angebracht ist.
Durch Hintergrundbeleuchtung und einem Spiegelsystem entsteht für den Betrachter, der vor den Glasplatten steht, ein dreidimensionales Bild. Die Hologramme zeigten Bilder von Objekten und Gemälden, die sich zum Großteil im Besitz des Jüdischen Museums befinden.
Die Folien zwischen den Glasplatten waren aufgrund ihrer bereits 15jährigen Lebenszeit beschädigt und begannen sich abzulösen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Hologramme abgebaut hätten werden müssen, weil sie nicht mehr ausstellungstauglich waren. Dennoch wurde von der Direktion mit größter Sorgfalt nach einer Möglichkeit zur Aufbewahrung der Glastafeln gesucht.

Planung Herbst 2010
Nachdem die Hologramme auf Traversen unterhalb des Fußboden-Niveaus verankert waren, konnte optisch nicht erkannt werden, wie sie fixiert waren. Es wurden Fachbetriebe (Glaser, Stahlbau) eingeladen, ihre Offerte zu legen und schließlich aus diesem Kreis ein spezialisiertes Unternehmen ausgewählt.
Es ist ein Standard im Museumsbetrieb, dass Installationen so geplant werden, dass sie wieder entfernt werden können. So kommt es mitunter zu Situationen, wie etwa einem Wassereinbruch, bei denen Kunstwerke rasch aus dem Haus oder dem Stockwerk abtransportiert werden müssen. Das scheint - aus welchen Gründen auch immer - bei den Hologrammen nicht geschehen sein.
Vermutlich deswegen, weil die Glasplatten von der Chefkuratorin, die seinerzeit die Ausstellung geplant hatte, nicht als Kunstwerke, sondern als Instrumente zur Darstellung von Inhalten angesehen wurden, ähnlich heute üblicher Technologie, wie I-Pads, Bildschirme oder Vitrinen.

Die Suche nach einer neuen Heimat - Herbst/Winter 2010
Nachdem geklärt war, dass die Hologramme nach der Funktionssanierung nicht mehr aufgestellt werden würden, weil sie technisch ausgedient hatten, ging es darum, sie einzulagern, um sie als Stücke der Museumsgeschichte zu erhalten.

Die Direktorin Danielle Spera machte sich auf die Suche und konnte - nach vielen Absagen schließlich die Zusage des Technischen Museums erhalten, zwei der Tafeln zu übernehmen allerdings nicht für Ausstellungszwecke, da die Qualität dazu nicht mehr ausreichend war, sondern um sie in einem Depot des Technischen Museums aufzubewahren. Für die restlichen 19 Tafeln wurde das Lager einer Kunstspedition angemietet, in das die Glasplatten nach dem Abbau gebracht hätten werden sollen.

Abbauversuch Jänner 2011
Beim Versuch die Hologramme abzubauen und in das Depot zu bringen, stellte sich heraus, dass es keine Methode gab, sie abzumontieren oder abzusägen (siehe oben I/Die Fakten vorweg - die Hologramme).

Das zweite Set
Das Jüdische Museum Wien verfügt über ein zweites Set an kleineren Hologrammen aus Plexiglas.
Durch sie ist gewährleistet, dass dieses Instrument als Erinnerung an eine veraltete Technologie erhalten bleibt und damit ein wichtiger Teil der Geschichte des Jüdischen Museums Wien trotz der enormen Probleme um den Abbau der Originale in Erinnerung bleiben kann.
Diese so genannten Reisehologramme werden - nach heutigem Informationsstand - im Jahr 2012 für
sechs Monate in einem Museum in den USA ausgestellt werden.

Die neue Dauerausstellung
Das Jüdische Museum Wien wird die Erinnerung und die Zukunft weiterhin - mit anderen
Instrumenten als Hologrammen - zum Thema machen. Eines der Hologramme trug einen Satz von
Horkheimer und Adorno: "Nicht um die Konservierung der Vergangenheit, sondern um die
Einlösung der vergangenen Hoffnung ist es zu tun."

Rückfragehinweis:
Mag. Peter Menasse
Prokurist Jüdisches Museum Wien
Tel: 01 535 04 31134
E-Mail: peter.menasse@jmw.at
Dr. Alfred Stalzer
Presse & PR Jüdisches Museum Wien
Tel: 0664 506 4900
E-Mail: pr@stalzerundpartner.com

Sonntag, 20. Februar 2011

"Offensichtlich weitgehend persönliche und damit sachfremde Argumente". Wilfried Seipel spricht als ICOM Präsident zu den Vorgängen am Jüdischen Museum Wien.

Vorbemerkung: Das folgende Schreiben zirkulierte seit einigen Tagen, ohne daß die Herkunft der Veröffentlichung klar gewesen wäre. Ich habe deshalb den Text nicht in den Blog gestellt, obwohl der Stil des Briefes offensichtlich auf eine breite Öffentlichkeit - und nicht nur für Frau Spera - berechnet war und ist.
Inzwischen wurde das Schreiben tatsächlich öffentlich gemacht. Und zwar vom Jüdischen Museum in Form einer Art von Presseunterlage (zusammen mit einer 'Mitteilung' des Museums - sie Post oberhalb) der nur wenige Tage geöffneten Ausstellung "Die Geschichte einer österreichischen Aufregung", wo ein Exemplar der Serie verkleinerter, vereinfachter Hologramme ausgestellt worden war.

Ich verzichte auf jede Kommentierung des Schreibens - bis auf einen Aspekt: Das Jüdische Museum erneuert mit der Publizierung des Schreibens erneut die Unterstellung, die Kritik am Vorgehen des Museums habe mit dem Umstand zu tun, daß die Chefkuratorin des Hauses nicht Direktorin geworden sei. Es ist nicht nur die Unhaltbarkeit dieses Vorwurfs bemerkenswert, sondern auch die Tatsache,  daß das Museum sich nicht selbst deklariert, sondern dieses Schreiben benutzt, um den Vorwurf zu erneuern. Unerträglich finde ich dieses Vorgehen, weil Felicitas Heimann-Jelinek vom Museum aus untersagt ist, sich zu Museumsangelegnheiten zu äußern und daher nicht die geringste Chance hat, sich gegen diese und andere Vorwürfe und Unterstellungen zu wehren.

In einer APA-Aussendung vom 17.2. teilen DORDA  BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte
"Im Namen ihrer Mandantin Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Chefkuratorin des Jüdischen Museums der Stadt Wien", mit, daß teilen DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte, Wien, mit: daß "Aufgrund der zahlreichen Anfragen von Medien sehen wir uns
veranlasst zu informieren, dass unserer Mandantin von ihrem Arbeitgeber, dem Jüdischen Museum der Stadt Wien GmbH, mit Wirkung vom 4.2.2011 jedwede öffentliche Äußerung zu Angelegenheiten, die das Museum betreffen, untersagt wurden. Um nachteilige Rechtsfolgen zu vermeiden, kann Frau Dr. Heimann-Jelinek daher zu den aktuellen Diskussionen keine Erläuterungen oder Stellungnahmen abgeben. Wir
danken für Ihr Verständnis." 


 ***


E-Mail von Prof. Dr. Wilfried Seipel, Präsident ICOM Österreich, an Dr. Danielle Spera, 14. 02. 2011:

Sehr geehrte Frau Kollegin!

Mit Erstaunen, ja Betroffenheit habe ich die gegen Sie gerichteten Stellungnahmen, offenen Briefe und medialen Verurteilungen zur Kenntnis genommen. Ein uninformierter, fachfremder Leser muss den Eindruck gewinnen, dass Sie mit der Beseitigung der Hologramme aus dem Jüdischen Museum Wien ein nicht wieder gut zu machendes Vergehen gegen die Welt der jüdischen Museen insgesamt begangen haben, dass Sie sich an dem Kulturerbe dieses Museums vergangen und somit der Entwicklungsgeschichte dieses Hauses schweren, ja nicht wieder gut zu machenden Schaden zugefügt hätten.

In einem in der Museumsgeschichte zumindest der jüdischen Museen, aber wie ich meine weit darüber hinaus einzigartig dastehenden Fall ist es zu einem Schulterschluss von Kollegen und Direktoren der jüdischen Museen Österreichs, Deutschlands und zuletzt sogar des AEJM gekommen, die in offenen Briefen unisono mit zum Teil apokalyptischen Formulierungen ("Mentekel") bzw. die Schamgrenze überschreitenden Hinweisen (Shoa) eine Hinrichtung Ihrer Person vorzunehmen versuchen, ohne sich auch nur im Geringsten mit Ihren Argumenten, die von jedem vernünftigen Museumsmann unterschrieben werden können, sachlich auseinander zu setzen. Dabei kann man wohl davon ausgehen, dass keineswegs alle schreibenden und unterschreibenden Kollegen die Corpora Delicti jemals zu Gesicht bekommen haben.

Der in verschiedenen Stellungnahmen mehrfach gegebene kritische Verweis auf die ethischen Richtlinien von ICOM bzw. deren in den Raum gestellte Missachtung durch Ihre Vorgangsweise veranlassen mich freilich mit aller Entschiedenheit der Instrumentalisierung durchdachter und sinnvoller Richtlinien, die von der internationalen Museumsgemeinschaft zum Nutzen und zur Qualitätssicherung der Museen formuliert wurden, zu Gunsten offensichtlich weitgehend persönlicher und damit sachfremder Argumente entgegen zu treten. Den notwendigen und ethisch selbstverständlich begründbaren Erhalt des Sammlungsguts eines Museums, wie es bei ICOM gefordert wird, in Beziehung zu setzen mit einem schon zum Zeitpunkt seiner Verwendung im JMW (1996 ) veralteten museumsdidaktisch und technisch keineswegs befriedigenden optischen Anschauungsmaterial ist nicht nur unverständlich sondern grenzt an Fahrlässigkeit der argumentierenden Personen. Es fällt mir schwer hier nicht schärfere Worte zu verwenden.

Wer immer diese Hologramme von Anbeginn betrachtet hat, wird vor allem in den letzten Jahren eine schleichende Verschlechterung des Fotomaterials beobachtet haben, wie auch der vernachlässigte Gesamtzustand der Dauerausstellung jedem Besucher als mehr als sanierungsbedürftig erschienen sein dürfte. Hologramme waren seit ihrer Erfindung oder Entdeckung 1947 in den 60er und 70er Jahren gern verwendete Anschauungsmittel vor allem in kleineren Museen, die als Ausgleich für fehlende spektakuläre Sammlungsobjekte zu optischen Tricks, also zu Hologrammen gegriffen haben-ohne Zweifel in dieser Zeit ein legitimes Anschauungsmaterial. Aber eben nur als Anschauungsmaterial, nicht mehr und nicht weniger.

Ganz abgesehen, dass der notwendig sich einstellende und schon eingetretene Verfall der optischen Qualität des zwischen zwei Glasplatten eingebrachten Films (s. dazu die Stellungnahme des Technischen Museums Wien!) alles andere als ein befriedigendes Anschauungsmaterial darstellte bzw. darstellt (es gibt bekanntlich eine zweite kleinere Serie von Hologrammen mit denselben Darstellungen) sind alle in den Hologrammen gezeigten Objekte vorhanden und können als Original betrachtet werde. Oder will jemand von einer abhanden gekommenen Aura des Hologramms sprechen?

Und wer kann nicht verstehen, dass die in einem an Platzmangel leidenden Museum mehr als Raum greifende Installation der Hologramme, die zuletzt einen erbärmlichen, weil ungepflegten und verstaubten Eindruck bei wohl den meisten Besuchern hinterlassen haben, jetzt durch eine durchgreifende Neugestaltung ersetzt werden? Zu behaupten, dass mit dem Ersatz der Hologramme durch eine Neugestaltung das "wichtigste Medium (des JMW), die Dauerausstellung" vernichtet würde, scheint nicht nur weit hergeholt sondern auf eine ganz andere Begründungsebene zu verweisen, die einfach in der Ablehnung der neuen Direktorin -vor allem durch ihre eigen Chefkuratorin und die von dieser instrumentalisierten Kollegenschaft ihre Antwort finden dürfte. Und wenn einmal unsachliche, weil persönlich begründete Argumente in Stellung gebracht werden, zu einer nicht immer ganz ohne Druck erzielten SolidaritätskampagneAnwürfen an die neue Direktorin verbundenen Eulogien für jene Kuratorin des JMW, die zwar nicht Direktorin geworden ist aber weiterhin als Chefkuratorin im Hause tätig ist, sollte zu denken geben.

Nicht unwichtig in diesem Zusammenhang erscheint mir der Umstand, dass auch der für die Erstaufstellung zur Eröffnung des JMW verantwortliche Architekt keinerlei Einwände gegen die so ruchlose Beseitigung der Hologramme geäußert hat und diese auch keineswegs für eine Nachnutzung innerhalb der Neuaufstellung in Betracht gezogen hat-Immerhin war er der Gestalter des Hologrammraums!

Es ist zu hoffen, dass diese unselige Diskussion und Diffamierung Ihrer Person allmählich ein Ende findet und Sie sich ganz der erforderlichen Neugestaltung widmen werden können!

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wilfried Seipel Präsident ICOM Österreich

Das Museum als Festung (Entrée 15)