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Mittwoch, 28. Oktober 2015

Privatisierung, Politik und Ideologie an einem Beispiel aus der Schweiz

Die nationale Rechte lässt die Bären tanzen, wo und wann sie will. Was die Schweiz von Ländern wie Frankreich und Österreich unterscheidet, sind die 3,6 Milliarden Privatvermögen, über die der Extremismus hierzulande verfügt. Geld in den Händen eines chemischen Industriellen, Christoph Blocher, der seit Jahr und Tag das Land mit seinen obskuren Ideen inspiriert. Kunstsinnig wie immer, ist er auf seine alten Tage zudem großzügig geworden. Der Mann besitzt nicht nur Milliarden, er scheint mehr und mehr gewillt, sie auch auszugeben.
Zum Frühstück spendiert er sich die erste öffentliche Ausstellung seiner privaten Gemäldegalerie in einem respektablen Kunstmuseum, dem Oskar Reinhart Museum in Winterthur, das des Industriellen Sammlung hiesiger Genremaler ausstellen darf und ihn dafür mit dem Glanz des Gönners salbt. Und weil ein rechtsnationaler Sammler mit Sendungsbewusstsein ein paar Selbstporträts veröffentlicht sehen will, kauft sich der Mäzen gleich die passende Publikation dazu. Das „Du“-Magazin, über Jahrzehnte das Zentralorgan des honorablen, kunstbeflissenen Bürgertums, hat praktischerweise sein Konzept gewechselt. Nun kann jeder, der sechzigtausend Schweizer Franken zu zahlen bereit ist, das Blatt komplett buchen, und niemand stört sich daran, dass eine Zeitung, die einmal bekannt war für die Arbeiten von Werner Bischoff und Hugo Lötscher, eine Woche vor den nationalen Wahlen den politischen Extremismus mit den Weihen der Kunst bemäntelt und rechtfertigt.
Das bunte Blatt im Hochformat reiht sich damit ein in die neue mediale Front, die von der „Zürcher Weltwoche“ über die „Basler Zeitung“ alle jene verbindet, die bereit sind, ihre journalistischen Standesregeln zu verhökern...
Aus: Lukas Bärfuss, Die Schweiz ist des Wahnsinns, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2015 (online)

Dienstag, 20. Oktober 2015

Staat oder Privat? Auch eine Museumsfrage

Chris Dercon hat kürzlich in DIE ZEIT die Eröffnung eines der größten Privatmuseen der Welt, des Broad-Museum in Los Angeles, zum Anlass genommen über das Verhältnis von staatlichen und privaten Museen nachzudenken (Chris Dercon: Strukturwandel des Kunstbetriebs. Viele Sammler träumen vom eigenen Museum, manche bauen es sogar. Wie das die Kunstwelt verändert. In: DIE ZEIT, 24. September 2015, online).
Auch an der österreichischen Entwicklung kann man beobachten, daß private Sammler in immer stärkere Konkurrenz zu den staatlichen Museen treten, laut Dercon „Zeichen eines globalen Strukturwandels des Kunstbetriebs.“ Zwar hat der spektakuläre Konkurs des Baumarktkonzerns von Karlheinz Essl das bedeutendste Projekt eines Privatmuseums in Österreich in große Schwierigkeiten gebracht, aber die Ursache der Krise liegt im Missmanagement des Konzerns, nicht in der Entwicklung der Sammlung und des Museums. Die Umstände der Rettung durch den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und dessen Konsequenzen für einen weiteren prominenten Kunstplatz zeigen indes annähernd was sich in Zukunft entwickeln könnte: Haselsteinen tauschte die Übernahme der Sanierungskosten des Künstlerhauses in Wien mit dem Recht ein, dort seine eigene Sammlung, die Sammlung Essl zu zeigen und Ausstellungen in Kooperation mit staatlichen Einrichtungen wie der Albertina. Es sind genau diese Facetten, die Dercon in seinem Essay diskutiert.

Doch steht hinter der Frage Staat oder Privat eine ganz grundsätzliche Frage. Denn seit es ab dem späten 14.Jahrhundert Sammlungen kultureller Artefakte überhaupt gibt, sind sie strikt und mit raren Ausnahmen immer privat gewesen bis gegen Ende des 18.Jahrhunderts das Modell des (national)staatlichen, öffentlichen (das heißt staatlich unterhaltenen) Museum entstand. Und das als gesellschaftliches Instrument, bei dem das allgemeine Eigentum am Sammlungsgut, Sammeln im öffentlichen Auftrag und Interesse, unbegrenzter und rechtlich verbriefter Zugang Bedingungen einer gesellschaftlichen Zwecksetzung waren: dem Wohl der Gesellschaft zu dienen. Es blieben dabei immer parallel dazu private Sammlungen und Museen oder etwa Vereinswesen alternative Konzepte, aber erst unter den Bedingungen einer globalisierten und ökonomisierten Kultur erhalten private Sammlungen und Museumsgründungen einen neuen Status.

Die Newport Street Gallery in London. Das jüngst eröffnete Privatmuseum von Damian Hurst. Seine Sammlung junger britischer Kunst könnte, so meinen Kunstkritiker, kein britisches Museum je aufbringen. Hurst, "teuerster" zeitgenössischer Künstler, agiert sowohl auf dem Kunstmarkt - auf dem er selbst präsent ist -, als auch innerhalb der Museumsszene, als Künstler, Kunsthändler, Museumsleiter und Ausstellungskurator. Eine neue Entwicklung.

Private Museen beginnen in Konkurrenz zu staatlichen zu treten und gefährden deren Daseinsberechtigung z.B. durch Übermacht am Kunstmarkt. Wenn kürzlich das Rijksmuseum und die National Gallery gemeinsam eine Gemälde erworben haben, dann ist der bislang einzigartige Fall einer geteilten Erwerbung (die ein geteiltes Ausstellen an zwei Orten nach sich zieht) dieser Entwicklung geschuldet. Museen können - selbst diese beiden Flaggschiffe der Museumslandschaft nicht -, die Preise nicht mehr bezahlen, die zur Weiterentwicklung der Sammlung nötig wären. Das ist nur eine Facette der Entwicklung, die andere, bei Museen zeitgenössischer Kunst, daß Künstler eher mit finanziell potenten Privaten zusammenarbeiten, als mit staatlichen Museen.

Dercon unterstellt Privaten durchaus aggressive Strategien, nämlich Kontrolle über den Kunstmarkt und indirekt damit über staatliche Museen zu bekommen. Und: „Manche Privatmuseen müssen zudem als Manifestationen eines Projekts des Spektakels betrachtet werden. Ihre Betreiber haben begriffen, dass weder jahrelange Erfahrung noch die historische Rekonstruktion, noch das Gedächtnis in Zukunft als Bestandteile der kulturellen Praxis nötig sein werden. Außerdem haben sie die Tauglichkeit der Kunst als Mittel zur Konsumdifferenzierung und Produktivitätssteigerung erkannt.“ Was die Privatisierung mit sich bringt sind „…uferlose Akkumulation von Kunst und die Expansion einer orientierungslosen Vielfalt; die Verschwiegenheit im Hinblick auf Organisation, Vermögen, Kosten und Gehälter; eine geschäftsmäßige Auswahl und von Beratern gesteuerte Ankäufe; Insiderhandel und andere aggressive Geschäftsbeziehungen.“

Worin unterscheiden sich staatliche Institution von diesen Strategien und Ambitionen? „Die Daseinsberechtigung staatlicher Museen“ schreibt Dercon, „besteht darin, die Verfügbarkeit und Sichtbarkeit von Kunstwerken auf lange Zeit zu gewährleisten. Ihr zentraler Auftrag ist es, ein möglichst breites Publikum zu bilden. Das bedeutet heutzutage auch, Urteilsfähigkeit zu vermitteln: einerseits über das ungeheuer weite Feld der zeitgenössischen Kunstproduktion, die immer deutlichere Parallelen zur Produktion von Luxusgütern offenbart, und andererseits über jene Werke, die wirklich eine Kultur formen. (…) Anders als die privaten Sammlungen dürfen wir uns auch nicht erlauben, die Kunst als mögliches Renditeobjekt zu betrachten. Wir produzieren Gedächtnis, das ist unsere Aufgabe. Die staatlichen Museen sind in dieser Sicht das Heilmittel – und nicht eine Ergänzung zum Privatmuseum.“

Was läßt sich gegen die Entwicklung aufbieten? Dercons Rezept ist kurz und prägnant: „Wir (müssen) ganz neue Regeln für die Kooperation zwischen Privatsammlern und staatlichen Museen aufstellen. Diese Kooperation kann nicht nur auf Dankbarkeit und gutem Glauben beruhen. Der Privatsammler, der mit einem staatlichen Museum kooperiert, muss es als einen Hort für einen auf lange Zeit angelegten symbolischen, nicht ökonomischen Wert akzeptieren. Die Museen ihrerseits sollten nur solche Privatsammler ansprechen, die diese Überzeugung teilen. Das staatliche Museum soll den Privatsammler pflegen, der nicht nur die Künste und die Künstler unterstützt, sondern auch die Kultur des staatlichen Museums stärkt. Kultur nämlich entsteht erst durch vereinte Anstrengungen.“

Dercon appelliert somit an zwei strukturelle Elemente des staatlichen Museums, seiner Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber (vereinte Anstrengung) und dem Freihalten eines Raumes vor der Durchdringung rein ökonomischer Rationalität (symbolischer Wert).


Dercon bezieht seine Erfahrungen aus der Tätigkeit an Kunstmuseen (zuletzt an der Tate Modern London). Man kann seine Beobachtungen erweitern, vor allem, wenn man einräumt, daß das Modell des staatlichen Museums nicht nur von außen, sondern auch von innen her bedroht ist. Der Einzug eines Managementdenkens, das die Institution von der Spitze her verstärkt einer wirtschaftlichen Rentabilität unterwirft, massiver Ausbau des Marketing, um sich in Konkurrenz zu anderen Institutionen auf dem „Markt der Aufmerksamkeit“ zu behaupten, die Sorglosigkeit wenn nicht Willfährigkeit bei Kooperationen mit Sponsoren und anderes mehr sind Indizien dieser Entwicklung. Das manische Berufen auf die Besucherzahlen kommt überwiegend aus den Museen selbst bzw. wird als ultimative Rechtfertigung ihrer Existenzberechtigung verheerenderweise allgemein akzeptiert.

Hinter der Maximierung der „Quote“ steht aber auch Rentabilität als Maß: denn damit soll nachgewiesen sein, daß die staatlichen Gelder (Steuergelder) insofern gerechtfertigt nur dann sinnvoll eingesetzt worden sind, wenn das „Produkt“ Museum sich über die Quote als angemessen wertvoll erweist. Gerade das aber ist bei steuerlicher Finanzierung kultureller Einrichtungen unmöglich. Es gibt keinen Geldwert, sondern nur einen symbolischen, und der erweist sich als resistent, in einen ökonomischen umgedeutet zu werden.

Daher: Ob es es „uns“ (einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft, die ein Museum betreibt) Wert ist, dieses oder jenes Museum zu erhalten, hinge von einer gesellschaftlich vermittelten Entscheidung ab, welches Museum wir bräuchten und welches nicht, und von nichts anderem.
Insofern Museen genau diese Diskussion verweigern, aus Unvermögen oder Angst, daß diese Debatte sich gegen sie wenden könnte, aus Blindheit oder aus dem Fehlen jeglichen Verantwortungsgefühls gegenüber der Öffentlichkeit, und insofern kaum eine fachliche und kaum eine zivilgesellschaftliche Debatte dazu existieren, sieht es für eine widerständige, innovative Museumspolitik nicht gut aus.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Die Sammlung Essl ist definitiv gerettet. Oder doch noch nicht so ganz?

Nachdem der Versuch des Sammlerehepaares Essl gescheitert war, ihre Sammlung und das Museum dem Staat anzubieten, sah es eine Zeit lang so aus als könnte die Sammlung unter dem Druck der kritischen wirtschaftlichen lage des "baumax-Konzerns" die Sammlung untergehen.
Dann kam es aber zu einer Kooperation mit dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner, der selbst eine Sammlung besitzt und der Gründung einer gemeinsamen Trägergesellschaft, die nun das Museum weiterbetreibt und Eigner der Sammlung ist. Damit ist vorerst einmal die gefahr gebannt, daß die Sammlung in der Sanierung des Konzerns gewissermaßen verschwinden, zerstreut, aufgelöst werden kölnnte. Die Verbindlichkeiten, die an Banken bestand, wurden getilgt und die Finanzierung dieser Tilgung durch die neue Trägergesellschaft durch Versteigerung von 44 Objekten aus der Sammlung refinanziert. Das ist - bei der Versteigerung, die gestern stattfand, noch nicht vollständig gelungen, aber der Bestand und Betrieb des Museums und der Sammlung dürften nun definitiv gesichert sein. Allerdings ist ein Teil der Refinanzierung noch zu leisten und sowohl der Betrieb des Museums als auch eine allfällige Erweiterung der Sammlung müssen - unklar wie - finanziert werden.

In einem aufschlussreichen Interview, das Karl-Heinz Essl gestern der Tageszeitung KURIER gegeben hat, erfährt man einiges über diese Fragen, kann viele Details der Regelung nachlesen, die zwischen ihm und H.P. Haselsteiner getroffen wurden und wird ansatzweise über die Zukunft des Museums und der Sammlung informiert.

Hier der Link zum Interview: http://kurier.at/kultur/kunst/karlheinz-essl-jedes-einzelne-bild-teil-unseres-lebens/91.149.029 und hier der Satz aus dem Gespräch, der K.H. Essl offenbar am meisten von Herzen kam: "Ich bin heute froh, dass es nicht dazu gekommen ist (zum staatlichen Ankauf - GF) , muss ich ehrlich sagen. Mit Haselsteiner das Museum und die Sammlung weiter zu betreiben, ist mir viel angenehmer als mit dem Staat und all den Problemen, die das mit sich bringt -  den politischen Einflüssen, den Querschüssen von allen Seiten. Ich glaube, das ist die beste aller möglichen Lösungen, und darüber bin ich mehr als  glücklich."

Dienstag, 30. September 2014

Das Musée Jay-Cognac in Paris und eine Frage von Bertold Brecht

Wird man in 120 Jahren die Sammlungen aserbaidschanischer Oligarchen, liechtensteinischer Steuerberater oder hongkonger Tycoone in städtischen oder staatlichen Museen besichtigen und bestaunen, wie man das heute in Museen mit Sammlungen von Stahlbaronen, Kurfürsten oder Großbürgern tun kann? Gut möglich. Und wird die wunderbare museale Transformation auch das Gedächtnis an diese Personen so verwandeln, daß nur ein ehrendes Gedenken an ihr kulturelles Engagement übrigbleibt, die schiere humane Geste ihr Erbe an die Nachwelt? Wahrscheinlich. Um diesen erwünschten sozialen Sublimierungsprozess geht es ja in erster Linie dabei, oder?

Das kleine Musée Jay-Cognac in Paris ist so eine Sublimations- und Transformationsmaschine. Wenngleich das Ausmaß der wirtschaftlichen Tätigkeit, aus deren Erträgen kaum kriminell oder korrupt gewesen sein dürfte und außerdem vergleichsweise bescheiden. Eine Ehepaar, das grade mal ein Grosskaufhaus (Samaritaine) besitzt, aber keine Kinder hat und nicht vererben wird, sammelt barocke Kunst. Zwischen 1900 und 1925. Beziehungsweise läßt Sammeln, weil es die einschlägige Kompetenz nicht hat und auch nicht erwerben will.

Immerhin führt dieses Sammeln-Lassen im überschaubaren und - wiederum - bescheidenen Ausmaß dazu, daß sich in der Sammlung von Gemälden und Plastiken zusammenfinden, die auch heute noch als qualitätvoll eingeschätzt werden und für Besucher als interessante Kunstwerke gelten. Gemälde gibt es da etwa von Fragonard, Boucher, Robert, Corot, Canaletto, Tiepolo usw. und sogar eins von Rembrandt und Plastiken, Büsten, Möbeln und Geschirre, zusammengestellt so wie sie möglicherweise das Wohnambiente des Paares gebildet haben mögen, die nicht nur „Barock“ sammelten, sondern es ganz gerne „barock“ um sich haben wollten - es gibt auch einen authentischen und voll eingerichteten barocken Salon, heute nur noch Schaustück, vor dem Betreten mit Kordeln geschützt. Kurzum, man bewegt sich sowohl in einem Museum, aber in einem, dessen period style auch ein Dokument der Wohnkultur des begüterten Paares ist.

Das Testat der erbenlosen Kaufhausbesitzer hat die Stadt Paris 1928 angenommen, die Sammlung zusammengehalten und, nachdem man es 1990 übersiedelte, in einem beachtlichen Renaissancebau, dem Hôtel Donon von circa 1575 ausgestellt. Eine andere Rezpetion, als die der kunstkennerschaftlichen, des ästhetischen Flanierend, ist kaum möglich. Die Räume sind als ein Stück Testamentskultur auf ihrem Überlieferungsdatum festgefroren, kaum etwas durchbricht die historisierende Atmosphäre mit der Dokumentation der Geschichte der Sammlung.

Mit meiner Frage, die ich mir auch vor den Schätzen des Dresdners Kurfürsten stelle oder den Zimelien der sogenannten Kunstkammer im Wiener Kunsthistorischen Museum (ich könnte hier mehr Orte aufzählen), bin ich auch im Musée Jay-Cognac allein. Die lautet sinngemäß wie die Bertold Brechts: Hatten die nicht auch einen Koch dabei?

Freitag, 6. Juni 2014

Eben wird gemeldet: Verkauf der Sammlung Essl scheint fix zu sein

Wie der Standard eben meldet, soll darf Verkauf der Sammlung Essl beschlossene Sache sein. Teile der Schätzung sollen vorliegen, es werden auch schon Summen genannt. Zuletzt waren die Nachrichten über die wirtschaftliche Verfassung des Baumax-Konzerns sehr schlecht. Der worst case rückt näher. Offen bleibt die Frage, ob das Museum weitergeführt werden wird.

Hier zum Artikel: http://derstandard.at/2000001841973/Sammlung-Essl-wird-verkauft

Samstag, 10. Mai 2014

Die Sammlung Essl scheint gefährdeter denn je

Nachdem Karl-Heinz Essl mit seinem Bemühen, die Kunstsammlung vom Staat erwerben zu lassen, gescheitert ist, ist die Berichterstattung darüber in den Wirtschaftsteil der Zeitungen gerutscht. vor dem Hintergrund eher negativer gewordener Meldungen zum Zustand des Baumax-Konzerns würde bekannt, daß die Sammlung auf Wunsch von Gläubigern nun geschätzt werden soll. Das heißt, daß man sehr wohl den Wert der Sammlung in die Sanierung einbeziehen will. Gleichzeitig wird mitgeteilt, daß es mehrere Interessenten für einen Kauf der Sammlung gibt. Ob das nun nicht mehr heißt, als daß eine seriöse Bewertung bloß rechnerisch in ein Sanierungskonzeot einfließt oder ob damit der erste konkrete Schritt für eine Veräußerung der Sammlung gemacht ist, ist nicht so klar. Die Möglichkeit, daß das Museum "verschwindet" scheint größer denn je.

Freitag, 4. April 2014

Die Essl-Häme. Oder: vorher/nachher

Agnes Essl hat in ihrem KURIER-Interview darauf hingewiesen - daß so manche(r), der sich gegen die Sammlung äußerte, aus Anlass des 15-jährigem Bestandes des Museums (die Sammlung ist mehr als doppelt so alt) sich sehr positiv geäußert hat.
Unter den aus 800 Gratulationen ausgewählten, im Museum angeschlagenen, fische ich eine der bemerkenswertest später "vergessenen" heraus.


Mittwoch, 2. April 2014

Sammlung Essl. Was nicht alles eine Rettung ist...

Nach dem Treffen von Politik, Banken und Sammler wurde der Fortbestand von Sammlung und Museum verkündet. Wie das nun gesichtet sein soll, darüber gibt es keine Auskunft, auch die ersten zeitungsberivhte geben ben dazu keine Auskunft. Es sieht fast so aus, als habe Essl keinerlei staatliche Unterstützung bekommen sondern sei auf den Weg der ohnehin anstehenden und ungewissen Sanierung seines Konzerns verwiesen worden. Essl kann natürlich, was man aus dem Wenigen herauslesen könnte, was veröffentlicht würde, auf die Sammlung selbst zurückgreifen, um mit Verkäufen aus der Sammlung den Betrieb zu sichern. Aber woher plötzlich die Sicherheit, daß die Sanierung gelingt?

Sonntag, 30. März 2014

Sammlung Essl - Pressestimmen (aktualisiert am 30.3.)

Die Sammlung von Artikeln, Interviews, Statements, Glossen etc. zum Angebot Karlheinz Essls, der Staat möge zur Rettung der Sammlung und Sanierung der Firma seine Kunstsammlung ankaufen, ist umfangreich aber nicht lückenlos. Ich habe versucht, alle die Informationen zu filtern, in denen originelle und neue Informationen und Argumente enthalten sind.

Es kann sein, daß aus technischen Gründen die Links zu den Originalartikeln nicht hervorgehoben dargestellt werden. Sie liegen jeweils auf den Zeitungs-Namen.
Die Nachrichten sind chronologisch gereiht, die aktuellsten finden sich am Schluß des Posts.


"Rasch, rasch. Innerhalb einer Woche müsste etwas passieren." So antwortet Karlheinz Essl auf die Frage nach der Dringlichkeit einer Lösung im APA-Interview, das die Kleine Zeitung wiedergibt. Hier spricht sich Essla auch strikt gegen die Eingliederung der Sammlung in ein Bundesmuseum aus.

"7000 Kunstwerke gegen 4000 Jobs" lautet ein Kernsatz in der Berichterstattung des Kurier. Der zuständige Minister wird so zitiert, als wäre auch für ihn die Rettung der Jobs, das heißt der Baumarktkette, das eigentliche Ziel.
In einem kurzen historischen Exkurs untermauert der Kurier seine These, daß öffentliche Museen ja meist aus privaten Sammlungen entstanden seien. Die Schlußfolgerung, daß daher der aktuellle Vorgang "Essl-Sammlung" nicht so ungewöhnlich sei mündet im Resümee: "Da die öffentlichen Stellen für den Aufbau großer Kunstsammlungen zuletzt immer weniger Geld übrig hatten, sind Kooperationen mit Privatsammlern zum Muss geworden." Was den Kurier nicht so sehr interessiert ist, unter welchen Bedingungen früher Sammlungen staatlich wurden und unter welchen heute. Aktuell zeigt etwa der Deal des Generali-Konzerns mit dem Land Salzburg, daß private Interessen gewahrt bleiben ja sogar von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt werden - zum Nachteil der öffentlichen Institutionen. Ist das bei einer Stiftungslösung nach Ankauf der Sammlung Essl durch den Staat nicht auch zu  erwarten?

Die Presse übernimmt in ihrem Bericht von Judith Hecht weitgehend die Argumentation Karlheinz Essls und hält sich mit eigenem Kommentar zurück. Schon am 23.3. berichtete die Zeitung (hier) über den Hintergrund - die Situation der Baumrktkette "baumax", in deren Insolvenz die Sammlung hineingezogen würde.

Im Standard zeigt sich Thomas Trenkler gegenüber dem Status der Sammlung skeptisch, so einzigartig sei sie nicht und ihr Wert könne nicht über eine Schätzung der einzelnen Werte ermittelt werden, wenn sie en bloc verkauft würde. Er beruft sich auf Museumsleiter, die dem staatlichen Ankauf sehr skeptisch gegebüberstünden, vieles sei ohnehin in Bundesmuseen vorhanden oder könnte vorhanden sein, wenn man ein Ankaufsbudget gehabt hätte.

Die Tiroler Tageszeitung fasst ausführlich die Sammlertätigkeit des Ehepaares Essl zusammen und macht darauf aufmerksam, daß sich das Essl-Museum nicht nur im Feld der bildenden Kunst profiliert hat: "Von Beginn an ist die Pflege der zeitgenössischen, elektronischen und experimentellen Musik durch Konzerte, Performances und Klanginstallationen in den Ausstellungsräumen integraler Bestandteil des Museumsprogramms. Damit hat sich ein international renommiertes und in Österreich einzigartiges Forum Neuer Musik im musealen Kontext etabliert. Seit 2011 bildet das Essl Museum auch eine Plattform für neue Literatur. In Lesereihen und Publikationen wird das Zusammenspiel von Literatur und zeitgenössischer Kunst ausgelotet."

Noch vor der aktuellen Krise der Sammlung brachte das profil (27.2.2014) einen Bericht, der interessant ist, weil er sich mit der Haltung der Essls und ihrem Verständnis ihrer Sammeltätigkeit beschäftigt. Daran schließt sich ein längeres Interview mit dem Ehepaar Essl an.

Olga Kronsteiner geht am 27.3. im Standard der Frage nach dem Wert der Sammlung nach. Dabei müsse man zwischen dem "internationalen" Teil der Sammlung - der kleiner aber wertvoller sei -, und dem "österreichischen Teil unterscheiden. Klar wird bei ihren Ausführungen daß alle bislang genannten Zahlen ziemlich unbrauchbar sind und zum Beispiel zeischen einem Teilverkauf (was Essl vehement ablehnt) und dem Verkauf der ganzen Sammlung ein erheblicher Unterschied bestünde. Sie berichtet, daß nun auch von Seiten der Banken ein Gutachten zum Wert der Sammlung in Auftrag gegeben worden sei.  

Hier berichtet die Kleine Zeitung über die ersten Gegenstimmen gegen den staatlichen Ankauf und hier gibt sie ein weiteres Interview mit Karlheinz Essl wieder, in dem er auf erste Gegenstimmen bereits reagiert.  

Auch der Kurier (25.3.) listet die ersten überwirgend skeptischen Reaktionen auf. Bestritten wird, daß die gesamte Sammlung von Wert sei, daß ein Ankauf eine Sammlungspolitik per Zufall sei oder daß eine Sanierung wohl kaum mit ausschließlich dem Sammlungsverkauf denkbar sein werde. Immerhin gibt es eine Glosse, in der entschieden zum Ankauf geraten wird.

Von überwiegend skeptischen Reaktionen berichtet auch die Presse (25.3.), wobei sie sich unter Galerien umgehört hat. Die nutzen die Gunst der Stunde um für eine Gesetzesänderung zu werben, die es den Museen erlauben würde, Kunstwerke auch wieder zu verkaufen. Damit wäre auch das Problem Essl-Ankauf gelöst, denn dann könnte man die Sammlung erwerben und weniger wertvolle oder für Museen nicht attraktive Teile der Sammlung loswerden.

Ebenfalls in der Presse wird über die wirtschaftliche Situation der "baumax"-Kette und den wirtschaftlichen Hintergrund des Verkaufsangebots der Essl-Kuntsammlung berichtet. 

In einem Beitrag im Standard widmet sich Eric Frey (26.3.) einem sonst unbeachteten Aspekt: dem Ethos des Firmengründers Karlheinz Essl, seiner hohen gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber. Seinen Ausführungen, die sich auf die Führung des Konzerns beziehen, müsste man die analoge Haltung bei der Sammeltätigkeit, der Museumsgründung und -führung und der am Konzernstandort gelebten Verbindung von Firmenführung und ästhetischem Engangement gegenüberstellen. Wie auch Eric Frey einräumt, kann dies aber leider kein wirkliches Argument in der laufenden Debatte um den Ankauf der Sammlung sein.

In der Online-Ausgabe des Kurier, abgerufen am 28.3., finden sich gleich mehrere kurze Artikel, die unter anderem die zahlreichen Gegenstimmen gegen den Ankauf referieren, die ablehnende Haltung des Niederösterreichischen Landeshauptmannes (den Essl eigenem Bekunden nach nicht angesprochen hat) und die offenbar etwas vorsichtiger werdende Haltung von Minister Ostermeyer. Mit einer Bildergalerie "Die Preziosen der Sammlung Essl" wird aber ein Plädoyer für das Gewicht der Sammlung gehalten. 

Die Presse zeigt sich angesichts des Gegenwindes gegen Essls Angebot skeptisch und stellt ebnfalls fest, daß aus dem Minsterium vagere Töne zu hören sind: „Der Minister" zitiert sie einen Sprecher,  "hat angeregt, dass sich alle an einen Tisch setzen. Wenn sich keine Lösung finden lässt, dann gibt es eben keine.“ Unter den scharfen Gegenstimmen, die durch das Aufrechnen eigener Sparvorgaben gegen vermutetes Ankaufsbudget motiviert sind, fallen zwei durch ihre Aggressivität auf, das der Secession und das des Rektors der Universität für Angewandte Kunst: „Die Bundesmuseen haben zwar das ,Sammeln‘ als gesetzlichen Auftrag bekommen, aber seit Jahren praktisch kein Budget für Kunstankäufe.“ Kunst und Wissenschaft seien „am Kommunikationsradar der Politik offenbar nicht existent. 0,7% des Staatszuschusses an die Hypo-Alpe-Adria-Bank oder 58% des Buchwertes der Sammlung Essl reichen aus, um den österreichischen Kunstuniversitäten die Inflation in den drei Jahren von 2016–2018 auszugleichen!“

Eben in einem Artikel in der Presse sieht Rainer Nowak die Angelegenheit "Essl-Ankauf" schon erledigt. Vor allem angesichts des Neins aus Niederösterreich, zur Unterstützung einer staatlichen Lösung und wegen des Hypo-Desasters, das das Budget massiv und langfristig belasten wird, gibt es keinen Spielraum mehr.
Tatsächlich spiegelt sich in den ungewöhnlich vielen Reaktion in den Leserforen der diversen Zeitungen, von denen sich viele auf die Hypo-Pleite und die Burgtheater-Krise beziehen, eine große Frustration angesichts einer neuerlichen Belastung der Steuerzahler.

In einem Artikel vom 25.3. listen die Salzburger Nachrichten stattliche Namen - Galeristen und Museumsleiter - auf, die sich mit wenigen Ausnahme mehr oder weniger strikt gegen den Ankauf wenden und sich allenfalls eine Filetierung der Sammlung vorstellen können. Einen bislang überhaupt noch nicht aufgetauchten zentralen Punkt nennt Edelbert Köb: der Staat habe kein Museumskonzept, keine Museumspolitik, was bei einer derartigen Situation eine Entscheidungshilfe wäre.

Am 26.3. argumentierte der Künstler Richard Kriesche für eine strikte Trennung öffentlich-institutionellen Engagements und wandte sich in diesem Sinn selbst gegen eine Schenkung und verwies Essl auf den Kunstkarkt. (Im Standard, hier) Damit sind wir bereits in der Steiermark gelandet, ein anderes Indiz neben den zahllosen, in die hunderte gehenden Leser-Posts in den hier genannten Zeitungen, welche Kreise die Causa Essl zieht. MIt dem Kulturlandesrat und dem Intendanten des Universal-Museum Joanneum meldeten sich aus der Stiermark gleich zwei gewichtige Stimmen, und beide ablehend. (ORF.at, hier)

Martina Salomon steuert im Kurier originellerweise die Auffassung bei, daß es in Österreich zu wenig Reiche gäbe. Und zwar weil "exorbitante Einkommensbesteuerung und hohe Umverteilung in Österreich" den "Spitzenverdienern das Gefühl geben, sie müssten der Allgemeinheit nichts mehr freiwillig zurückgeben." (Kurier) Na, das wird schon noch - bei der rasch wachsenden Einkommenskluft! Frau Salomon, ein bissl Geduld!

Im "Kommentar des Anderen" bietet der Standard am 28.3. gleich vier AutorInnen auf, um die Vorgänge um den Kauf der Sammlung Essl zu kommentieren. Der angesehene Kuartor Rudi Fuchs zeigt sich voll Verständnis für das Ehepaar Essl, Ihre Sammlungspolitik und ihre Persönliche Haltung (hier). "Wenn sie (die Sammlung GF), was der Himmel verhüten möge, zerstreut wird, welches andere österreichische Museum könnte diese Kunst in solcher Vielfalt zeigen."

Auch die Kunsthistorikerin Brigitte Groihofer plädiert für die Sammlung und stellt zu Recht die Frage, welche andere und museale Sammlung denn je einer Sammlungspolitik geolgt und lückenlos gewesen sei? "Das Sammlerpaar Essl hat immerhin eigenes Vermögen investiert, eigenes Herzblut und dazu noch einen professionellen Beraterstab eingesetzt. Denken Sie nur an die kritischen Stimmen zur zweifelhaften "Sammlung Batliner" in der Albertina , zum "eigenwilligen" Geschmack von Karola Kraus, an die Kritik an den Ankäufen Lóránd Hegyis seinerzeit, an die umstrittene Sammlung Ludwig usw." (hier)

Edgar Honetschläger polemisiert wüst gegen Essl - "Herr Essl ist hauptverantwortlich für die Verschandelung dieses Landes und des gesamten Ostens - hier eine abscheuliche Säule, dort ein gräulicher Plastikzaun, den seine Baumärkte unters Volk brachten", den Ankauf und die Sammlung, die er zu 805 "Schrott" nennt. (hier)

Angelika Stief, ehemals Kuratorin an der Wiener Kunsthalle, befragt die Kooperation zwischen Privaten und öffentlichen Institutionen und kommt zur Schlußfolgerung: "Aktuell verdichtet sich der Eindruck, dass es nicht mehr Zeiten der Not und der großen Umwälzungen braucht, um zu erkennen, dass in unserer Kultur und in den kulturellen Angelegenheiten des Landes private Interessen stets den Vorrang vor denen der Allgemeinheit haben, was dem propagierten gesellschaftlichen Anspruch der Kunst diametral entgegensteht." Und weiter: "Was wir uns von den Verwaltern der öffentlichen Gelder erwarten müssen, ist Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz im Umgang mit unserem Kulturgut, Transparenz und Kontrolle von denjenigen Direktoren, denen hohe Summen überantwortet werden und die in den letzten Jahren, wie die Fälle Seipel, Noever, Matt und Hartmann drastisch zeigten, Misswirtschaft in einem unverträglich hohen Maße betrieben." (hier)

am 28.3. hat Olga Kronsteiner (ebenfalls im Standard, hier) dem "Filetieren" alles abgewinnen können. In ihrem argumentativ klaren und mit vien recherchierten Details untermauerten Artikel zieht sich den unter allen bislang mir zu Gesicht gekommenen Artikeln den "neoliberalsten Schluß". Verkauf über den Kunstmarkt. Der zweite Teil ihres Essays liest sich denn auch wie ein ekonkrete Handlungsanweisung: "Genau genommen ist die Zerschlagung der Kollektion und ihr schrittweiser Verkauf über Auktionshäuser in London und Wien die ideale, weil marktkonforme Vorgehensweise. Zeitlich wäre derlei sogar innert 18 Monaten abwickelbar, beginnend mit einem Single-Owner-Sale bei den Londoner Juni-Auktionen, gefolgt von weiteren Tranchen, vielleicht auch in Paris, in New York und natürlich in Österreich." Ideal ist, was marktkonform ist. Alle Überlegungen zu einem nichtmateriellen Wert werden strikt ausgeschlossen, oder wo sie auftauchen, dann nur als erwänschtes Nebenproduktion der spekulativen Verwertung. "Mit etwas Fantasie könnte die Demontage des Essl'schen Lebenswerks - die Mechanismen des internationalen Kunstmarktes beherzigend - insofern sogar einen Prestigegewinn für Österreich und eine Vielzahl seiner Künstler bringen." Filetierung, Demonatge, na dann! Der Artikel ist denn auch unter der Rubrik "Kunstmarkt" erschienen.

Im Kurier vom 30.3. reagiert Karlheinz Essl im Interview unter anderem auf die Ablehung durch die Museumsdirektoren und verteidigt die Sammlung: "Die Direktoren jammern alle, dass sie seit Jahren kein Budget für Ankäufe bekommen. Das finde ich auch nicht gut. Nur eines ist sicher: Ob unser Museum übernommen wird oder nicht, hat nichts mit den Museumsdirektoren zu tun. Ihr Budget wird deswegen nicht mehr oder weniger werden. So gesehen betrifft sie der Ankauf der Sammlung kaum. Das Problem ist, dass die Museen in den letzten 50 Jahren nur peripher zeitgenössische Kunst ankaufen konnten. Da wurde ein Mal ein Mikl, ein Rainer und dort ein Staudacher gekauft. Aber das sind ja keine Dokumentationen eines Künstlers, der doch mehrere Schaffensperioden hat. Wir haben alle Entwicklungen von allen wichtigen österreichischen Künstlern seit 1945 in unserem Museum. Meine Frau und ich haben immer versucht, in die Tiefe zu sammeln, wir haben Künstler 40 Jahre lang begleitet. Die Lücke, die in den Museen entstanden ist,wäre mit unserer Sammlung geschlossen. Das ist unbestritten."

Nicht gerade freundlich kommentiert die Welt am Sonntag Karlheinz Essls angebot und spricht von "Erpressung nach Gutsherrenart".

Am 29.3. bittet die Kleine Zeitung eine Reihe Prominenter um ihre Meinung, ob man die Sammlung Essl ankaufen soll und listet die Antworten nach "pro" (3) und "contra" (5) auf.

In der Kronen-Zeitung vom 29.3. kommt erstmals Agnes Essl zu Wort, in einem wie eine Homestory gerahmten und geführten Interview. Darin deutet sie an, daß man sich auch einen anderen Käufer als den Staat vorstellen kann und die ERhaltung des Museums auch ohne Sammlung.

Im Kurier vom 31.3. springen Künstler und Museumsleiter dem Sammlerehepaar Essl bei. Dieter Ronte, Erster Direktor des Museums Moderner Kunst / Museum Ludwig in Wien: "Nirgendwo ist die österreichische Kunstszene so international verankert wie in Klosterneuburg." Das Museum ist ein "Ort der Erinnerung und des Gedächtnisses der Kultur des Landes seit 1945. (...) Das Essl Museum ist aus der museologischen Karte des Landes nicht mehr wegzudenken."

Dienstag, 25. März 2014

"Zwei Rettungsaktionen" Karlheinz Essl im Wortlaut

„Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit bauMax und somit rd. 4.000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können. Wir haben über fünf Jahrzehnte diese Sammlung mit viel Herzblut aufgebaut. Heute wird die Sammlung Essl national und international als ein Musterbeispiel privater Initiative zur Darstellung, Erhaltung und Vermittlung von zeitgenössischer Kunst wahrgenommen. Nun sind wir an einem dramatischen Wendepunkt angelangt. Es geht nicht nur um die Kunstsammlung, deren Zerschlagung zu einem unwiederbringlichen Wertverlust in der österreichischen Kulturlandschaft führen würde, es geht um rd. 4.000 Arbeitsplätze, davon 160 Menschen mit Behinderung, allein in Österreich. Ich möchte daher die gesamte Kunstsammlung der Republik Österreich anbieten und damit zwei Rettungsaktionen einleiten: Zum einen könnte mit dem Erlös der Kunstsammlung und der Mithilfe der österreichischen Banken, bauMax in Österreich und in wesentlichen Ländern saniert und erhalten werden. Zum anderen muss es gelingen, die wichtigste Sammlung österreichischer Gegenwartskunst seit 1945 für unser Land und seine Menschen, für alle Zeiten zu erhalten. Mit etwas gutem Willen ist das sicher auch möglich.“

To big to fail? Die Sammlung Essl als "Sanierungsfall"?

Inzwischen sind alle Zeitungen voll mit Berichten und Kommentaren zum Angebot an den Staat die Sammlung des Ehepaares Essl zu kaufen. Die Berichte sind ambivalent, die Bedeutung der Sammlung steht meist außer Frage, aber die staatliche Intervention wird angesichts des anderen Museen strikt verordneten Sparkurses sehr skeptisch beurteilt.
Thomas Trenkler stellt im Standard die Bedeutung der Sammlung in Frage, hier ginge es im Unterschied zu den Sammlungen Ludwig und Leopold um Werke und Künstler, die ohnehin in anderen Museen vertreten seien.
An der überhitzten Argumentation Essls und seines Beraters läßt sich ablesen, wie verzweifelt die Situation sein muß. Hier wird einerseits mit der Sammlung als "nationalem Kulturgut" argumentiert, das unwiderbringlich verlorengehen zu drohe und mit dem auch Künstlerexistenzen gefährdenden Zusammenbruch des Kunstmarktes, der dann drohe, wenn die Sammlung aus der Konkursmasse heraus versteigert oder verkauft würde.
Andrerseits wird der staatliche Ankauf als Rettung der Firma "baumax" lanciert und als Erhaltung von 4000 Arbeitsplätzen. Ein Kunstankauf als Firmenrettung? Abgesehen davon, daß es angesichts exorbitanter Verschuldung der Baumarktkette nicht ganz nachvollziehbar ist, wieso der Verkauf der Sammlung die Sanierung sichern soll, warum sollte der Staat ausgerechnet bei diesem Konzern und nicht in anderen Fällen (auch) einspringen?
Das "to big to fail" soll der Argumentation von Essl zufolge, vor allem für die Sammlung gelten. Aber er hätte gerne eine Lösung, bei der das Museumsgebäude im Besitz der Familie bleibt und er das Haus weiter leitet. Nur: der Staat müsste zukünftig auch für den Betrieb des Museums, für Personalkosten - auch für Ankäufe? - aufkommen. Wie beim Leopold-Museum gäbe es dann ein staatlich alimentiertes Privatmuseum. Das ist dann doch schwer vorstellbar.

Freitag, 21. Februar 2014

Eine mögliche Zukunft des Museums...?

Alexander Nikolajewitsch Iwanow, Jahrgang 1962 in Ostrow, russischer Unternehmer, Kunstsammler, ist Gründer eines privaten Fabergé Museums in Baden-Baden. Iwanow sammelt außer Fabergé-Kunsthandwerk auch auch Fossilien von Dinosauriern, antike griechische und römische Kunst, präkolumbisches Gold, Gemälde alter Meister, impressionistische Gemälde, orthodoxe Ikonen und Oldtimer. Er malt selbst und erzielt beim Verkauf seiner Werke hohe Preise. Aufmerksam auf ihn geworden bin ich durch die Berichterstattung über die Fabergé-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum in Wien, wo erwähnt wurde, daß er die zweitgrößte Sammlung von Fabergé-Eiern nach dem Kreml-Museum besitzt. Eines davon, das 1902 als Verlobungsgeschenk von Béatrice Ephrussi de Rothschild an die Verlobte ihres Bruders angefertigtes, ersteigerte er um 12,5 Mio Euro bei Christies.
Die Gründung eines Museums in Deutschland und nicht in seiner Heimat begründete er (ich zitiere Wikipedia): „Es ist sehr schwierig [in Russland] wegen der vielen administrativen Hürden […] Man muss immer jemanden danken, und man kann nie das Gefühl haben, dass seine Sammlung sicher ist: nicht vor dem Staat, nicht vor Banditen - vor niemandem. Natürlich, in Deutschland […] wissen wir, dass der Staat selbst nichts wird tun.“ Geplant ist eine Erweiterung seines Museums in Baden-Baden, um andere Teile seiner Sammlung zeigen zu können, etwa die Oldtimer, und die Gründung eines weiteren Fabergé-Museum, diesmal in in Dubrovnik.
Ach ja, woher das Geld für das alles? Wikipedia, das ihn in einer Fußnote "Tycoon" nennen lässt, dazu: "In den späten 1980er-Jahren, als die Sowjetunion den Weg des Kapitalismus beschritt, war Alexander Iwanow einer der ersten russischen Unternehmern im Computerhandel. Schnell baute er ein erfolgreiches und lukratives Geschäft auf."

Donnerstag, 23. Januar 2014

Koch-Kunst. Privatisierung (1)

Albertina, Wien. Museumsshop. - Herbert und Rita Batliner haben mit der Stiftung von Teilen ihrer Gemäldesammlung Klaus Albrecht Schröder ermöglicht, aus einer grafischen Sammlung ein Museum mit Gemäldebesitz und -ausstellungen zu machen. Hier ein Schnappschuss aus dem Museumsshop der Albertina (Foto GF)

Freitag, 6. Dezember 2013

Gurlitt und die Folgen (2) "Der gute Erbe"

In der Frage der Restitution von in der NS-Zeit geraubtem Eigentum spielt das Verhältnis von privat und öffentlich eine mehrdeutige Rolle. So auch im aktuellen Fall Gurlitt. Die rechtsbrüchige Beschlagnahme von Kunstwerken etwa für das in Linz geplante Führermuseum beendet das private Verfügungsrecht in gewisser Weise im Namen der Allgemeinheit, die Sammlungsobjekte werden in Museen ja zu Staatsbesitz. Also Besitz der Allgemeinheit.
Das ist im Kern kein so großer Unterschied zu anderen rechtsbrüchigen Annexionen, etwa in der Französischen Revolution, wo diese "Veröffentlichung" den Raub legitimierte, oder im Zuge kolonialer Politik.
Restitution bedeutet, das wieder rückgängig zu machen und daher u.U. Kunstwerke der interessierten Öffentlichkeit wieder zu entziehen. Wann etwa je Gustav Klimts Gemälde "Wasserschlangen", das bei der derzeit reichsten Sammlerin der Welt in einem arabischen Emirat gelandet sein dürfte (aus wiener Privatbesitz und mithilfe einer eben erst gegründeten Privatstiftung sowie über ein namhaftes Auktionshaus), je wieder öffentlich zu sehen sein wird, steht in den Sternen.
Im gegenständlichen Fall, ist es offen und umstritten, ob nicht der gesamte von der bayrischen Justiz beschlagnahmete Fundus legitimer Besitz Gurlitts ist und sofort ihm zurückgegeben müsste, oder ob das nur für bestimmte Werke mit bestimmten, u.U. sehr kompliziert zu bewertenden Herkunftsgeschichten gilt.
Einen originellen Beitrag zu diesem Aspekt und zur Privatheit als Merkmal des Sammlers hat Isolde Charim kürzlich in der taz veröffentlicht. Das kleine Psychogramm des Sammelns und der Sammlerpersönlichkeit allgemein entlastet in ihren Augen Gurlitt freilich nicht, der sich zur kultivierten Person stilisiert, sondern lädt ihm Verpflichtungen auf.
"Cornelius Gurlitt ist der Inbegriff des guten Erben. Demgegenüber erscheinen die anderen Erben, jene ohne Rechtstitel, umso leichter als „raffgierig“. Vielleicht gibt es ja kein Rechtsmittel für die Restitution – aber der Blick des einsamen Herrn Gurlitt in seiner Schwabinger cella, dieser Blick ist in seiner ganzen Kunstsinnigkeit ein gestohlener Blick."

Isolde Charim: Gurlitt, der gute Erbe, in: taz (online), 26.11.2013
http://www.taz.de/!128146/ 

Dienstag, 22. Oktober 2013

Hilfe! Uns gehen die Klimte aus!

Da gingen eben die Meldungen durch die Presse, die von einem privaten und geheimen Verkauf eines der Öffentlichkeit seit langem entzogenen Werkes Gustav Klimts raunten, dem Gemälde "Wasserschlangen", da kommt schon die nächste "Verlustmeldung", diesmal für den Beethovenfries.

Im ersten Fall hat eine hochbetagte Sammlerin das Werk zur Versteigerung gegeben und andere in eine Stiftung eingebracht, deren obskure Konstruktion Kopfschütteln hervorgerufen - der auf Lebenszeit bestellte Vorsitzende der Stiftung ist gleichzeitig Geschäftsführer des Leopold-Museums. Im zweiten Fall beanspruchen die Erben der Familie Lederer den Fries Klimts aufgrund merkwürdiger Erwerbsumstände (vgl. den Artikel in der taz vom 22.10.2013 - hier der Link) durch die Republik Österreich.

 Die Österreichische Galerie fürchtet nun um das leihweise überlassene, nun zum Bestand der Stiftung gehörende Gemälde "Die Braut". Und nun auch noch um den eigentlich nur als ephemere Dekoration gedachten, heute wie ein von den Medien wie ein Nationalkunstwerk betrachteten Beethoven-Fries.

Der Deal um den Fries fand seinerzeit noch unter Umständen statt, die heute angesichts gesetzlicher Regelungen und eines relativ unabhängigen Prüfungs- und Beratungsgremiums als überwunden gelten können. Über den Klimt-Fries wird also verhandelt werden. Die Wasserschlangen sind sicher pfutsch, wie der Standard glaubt zu wissen, in Richtung Emirat - als Käuferin gilt Sheikha Al-Mayassas, die Tochter des Emirs von Katar.

Ähnlich wie bei der "Federkrone" des Völkerkundlichen Museums, pardon, Weltmuseums, das zeitweilig, als dessen Rückgabe an Mexiko andiskutiert wurde, zum unverzichtbaren österreichische Identität verbürgenden Kulturgut stilisiert wurde, mutiert auch jetzt der Beethoven-Fries zum unverzichtbaren kulturellen Erbe des Landes.

Ungeachtet aller rechtlichen und ethischen Fragen könnte man sich ja auch mal von der possesitischen Obsession verabschieden, derzufolge der (materielle und örtliche Unverrückbarkeit heischende) Besitz einer Sache die Quintessenz der Kultiviertheit einer Nation ist. Verabschiedete man sich mal von dieser relativ primitiven Vorstellung von "besitzen" und erweiterte die Möglichkeiten um offenere, zeitlich begrenzte, sich wandelnde Umgangsweisen mit dem klulturellen Erbe, in der auch mal unbefangen über die künstlerische und historische Qualität eines Werkes wie des in der Sezession gezeigten Frieses befunden werden könnte, dann müssten nicht immer wieder Abendlands-Untergangs-Szenarien herbefantasiert werden. Und man könnte gelassener und moralisch unverfänglicher dafür Sorge tragen, daß sich der Kunstmarkt, wo es um öffentliche Interessen geht, nicht ganz nach den Logiken des globalisierten Kapitals folgenden Privatisierungsstrategien richtet.

Mittwoch, 26. Juni 2013

Sammelwut (Texte im Museum 417)

Franziskanermuseum Villingen


Das Franziskanermuseum Villingen








Im Jahr 1876 gründeten ein Villinger Buchhändler und Zeitungsherausgeber sowie ein Pfarrer eine Altertümersammlung, zu deren Erstellung sie auch die Bevölkerung zur Mitarbeit aufriefen. Die Sammlung wurde im alten Rathaus untergebracht. 



Zu den bemerkenswertesten Objekten zählen die der 1929 erworbenen Sammlung des Uhrenfabrikanten und Sammlers Oskar Spiegelhalder. Dieser hatte insgesamt drei Sammlungen volkskundlicher Objekte, Uhren, Handwerksgerät, Trachten, Gläser ua. zusammengetragen. Seine Recherchen, Dokumentationen und Überlegungen zur musealen Präsentation, die er in enger Verbindung mit den ältesten einschlägigen Museen im deutschsprachigen Raum, den volkskundlichen Museen in Wien und Berlin, entwickelten, inspirierten die frühe Volkskunde. 



Ungeachtet seines Interesses, diese Sammlungen mit Gewinn zu veräußern, gilt er als ein wichtiger Moderator des Interesses an der ländlichen Kultur des Scharzwaldes und ihrer Musealisierung.
Das aufgelassene Franziskanerkloster war als Museum vorgesehen, aber Wirtschaftskrise und Weltkrieg erlaubten dies nicht. Ausstellungen gab es deshalb in einem Kaufhaus und im ehemaligen Waisenhaus. Erst eine Ausgrabung keltischer Funde löste den alten Plan ein, das Franziskanerkloster wurde Museum sowie Kulturzentrum und 1999 noch einmal modernisiert.