Mittwoch, 19. Oktober 2022

Zwei Landesmuseumsdirektoren - eine Abwahl, ein Rücktritt

Gleich zwei Landesmuseen ist innerhalb weniger Stunden der Leiter abhanden gekommen. Wolfgang Muchitsch wurde als Leiter des Landesmuseums Josnneum nicht mehr weiterbestellt und Peter Assmann ist von der Leitung des Ferdinandeum in Innsbruck zurückgetreten. Ein Zusammenhang ist nicht erkennbar, die Hintergründe sind in beiden Fällen nicht wirklich erkennbar.

In Innsbruck stand die bauliche Sanierung an, bei der es zu Unstimmigkeiten gekommen sein soll. Unüberprüfbare Vorwürfe an Assmann galten seinem Umgang mit Teilen der Mitarbeiterschaft. Und eine kritische Diskussionsreihe hat die Tiroler Tageszeitung auf den Plan gerufen. Kann das alles gewesen sein?


Wolfgang Muchitsch und Peter Pakesch wurden 2003 zu Leitern des Landesmuseums Joanneum (wie es damals noch hieß) berufen und Muchitsch leitete nach der freiwilligen Demission von Pakesch das Museum bis zur Bestellung einer Geschäftsführerin alleine. Mein Eindruck war stets der einer mit der Politik akkordierten und einvernehmlichen Führung des Museums und so hat es mich sehr überrascht, als ich hörte, daß nun eine andere Leitung bestellt wurde, der Leiter der Archäologie-Abteilung.


Guten Willens kann man annehmen, daß das Bessere der Feind des Guten ist und daß die Politik sachlich und vernünftig eine Wahl getroffen hat, die dem Museum neue Ziele setzt und neue Perspektiven verleiht.


Der designierte neue Leiter, Marko Mele wird sowohl von Mitgliedern der Findungskommission gelobt (Ich stütze mich auf Berichte der Kleinen Zeitung), als auch seinem Umfeld als überaus fähig überaus wohlwollend als neuer Direktor begrüßt. Was (wiederum nur aus Medien) von seinen Ideen bekannt ist, klingt interessant, aber vorerst sind das Bruchstücke, die noch kein Bild ergeben.


In beiden Fällen, Innsbruck und Graz, spielt die (Landes)Politik eine wichtige, wenn auch schwer durchschaubare Rolle. In Innsbruck läßt sich vor allem die Kulturlandesrätin als Gegenspielerin schon des Vorgängers von Assmann, der das Museum unfreiwillig verlassen musste, ausmachen. In Graz wurde das Museum zur Chefsache des zunächst als Kulturlandesrat dann als Landeshauptmann tätigen Christopher Drexler, der den Altlandeshauptmann zum Kuratoriumsvorsitzenden machte und der damit auch der Bestellungskommission angehörte.


Christopher Drexler hatte vor Jahren einerseits für die Weiterbestellung von Muchitsch gesorgt, ihm aber eine Geschäftsführerin in einem „Postenschacher“ (Kleine Zeitung) zur Seite gestellt. Sie wird nun aller Voraussicht nach auch abgelöst werden. Alexia Getzinger wird im Haus massiv kritisiert. Beide, Muchitsch und Alexia Getzinger, die Museumsleiterin wurde, während sie als designierte Landesschulrätin plötzlich einer „schwarzen“ Kandidatin im Wege stand, standen der SP nahe. Darf man also vermuten, daß die nach dem glatten Landeshauptmann-Wechsel (im Land) konsolidierte ÖVP eine Art parteipolitischer Flurbereinigung vorgenommen hat? 


Über das Verhältnis von Politik und (Landes)Museen möchte ich gesondert schreiben. Museen sind, vor allem im Bund und in den Ländern, „ideologische Staatsapparate“, bei denen der Politik die Kontrolle keineswegs nur über Finanzen und Personal wichtig ist, sondern auch über die „Botschaften“. In Tirol wurde das Landesmuseum mit seiner vielfach problematischen Erweiterung am Bergisel expressis verbis zur „Mitte des Landes“, zu einem politisch-ideologischen Zentrum. Und die im Vorjahr gestartete sogenannte „Steiermark-Schau“ (die fortgesetzt werden soll) war überwiegend nichts weniger als eine affirmative „Leistungsschau“ der steirischen Landespolitik.


Auch an anderen Landesmuseen läßt sich unschwer der Einfluss der Politik nachweisen. Die Abhängigkeit der Museen von der Politik steigt. Denn Corona, Inflation, Sparbudgets, Folgen des Klimawandels usw. setzen den Museen zu und zwingen zu verstärkter finanzieller Unterstützung.


So besehen könnten die beiden direktorialen Abgänge mehr als nur lokale Ereignisse mit lokalen Ursachen sein, sondern Symptome eines Umbruchs im Museumswesen mit ungewisser Zukunft.


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