"Das "Haus der Geschichte" kann kein Museum im traditionellen Sinn sein,
es muss ein Ort des öffentlichen Diskurses, der öffentlichen Debatten
werden und als wichtiger Vermittler von politischer Bildung fungieren.
Dazu braucht es auch geeignete Räume - die müssten sich in der Hofburg
auch finden lassen - mit der Möglichkeit von Filmvorführungen, neu
produzierten Videos zu Sonderausstellungen und Installationen."
Wegen solcher Sätze ist mir schon lange die Lust vergangen, etwas zum Haus der Geschichte zu schreiben, mich damit weiter zu beschäftigen. Er stammt von Traudl Brandstaller, steht im Standard vom 17. April dieses Jahres und ist inhaltlich dreißig oder vierzig Jahre alt.
Frau Brandstaller hat 1996 mit Peter Diem, mit dem sie eine Internetseite "Pro Austria" betreibt, die wiederum ihr Projekt protegiert aber auch viele Informationen zur Geschichte der Debatte bietet, ein Konzept für ein Haus der Geschichte vorgelegt, unverlangt, wie mir scheint.
Thomas Winkelbauer, Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, macht in seinem Standard-Kommentar (13.4.2015) klar, was auf das Projekt noch alles zukommen wird, wenn erste Grundzüge des Konszepts vorgelegt werden. Winkelbauer, der davon ausgeht, daß die Studie von Claudia Haas die Grundlage dafür bilden wird, listet Frage nach Frage auf, die dort offen bzw. problematisch ist und rät ab, dieses Projekt Haus der Geschichte zu nennen und länger den Anspruch zu erheben, daß es die österreichische Geschichte (etwa im Vergleich zu deutschen Institutionen) repräsentieren werde.
Martin Fritz hat sich kürzlich (24.1.2015) in NZZ.at (der digitalen Österreich-Version der Neuen Zürcher Zeitung) vor allem gegen die kleinliche und klandestine Planung gewendet und versäumte Chancen beklagt. Er ist einer der nachdrücklichsten Befürworter eines Hauses der Geschichte in der Hofburg. Er beklagt den Kollateralschaden, den das Projekt am "Weltmuseum" angerichtet hat, aber er hält immer noch die Neue Burg für den idealen Ort für die Verwirklichung eines Hauses der Geschichte (abgesehen von einem Neubau). "Es ist also zu befürworten, daß die Geschichte und ihre republikanische Vermittlung in ein Haus zurückkehrt, in dem sie geschrieben wurde." In der Neuen Burg wurde "(die) Geschichte" geschrieben? Und ihr ein Haus (zurück)zugeben wäre "republikanische Vermittlung"? Ganz schön viel Pathos.
Wenn man ein wenig mehr Grundsätzliches und "Hintergründiges" zum Haus der Geschichte finden will, sollte man zur ZEIT vom 12.3.2015 greifen, wo Stefan Müller und Maria Sterkl das Projekt erst einmal gleich eingangs als "Luftschloß" bezeichnen. Was man so anderswo noch nicht gelesen hat, hier werden einige der Akteure des Projektes auf die Bühne geholt: Johanna Rachinger, die Leiterin der Nationalbibliothek, also eine der beiden Institutionen, in die das künftige Museum organisatorisch eingebaut werden soll, Oliver Rathkolb, der Im Kuratorium der Nationalbibliothek sitzt und nun Leiter der Projektgruppe ist, die die Realsierung des Geschichtsmuseums vorbereitet, sowie Günter Geyer, Präsident der Freunde der ÖNB und Aufsichtsratschef der Wiener Städtischen Versicherung.
Zum Weltmuseum vertreten die Autoren des Artikels die Meinung, daß seit der durch die Finanznot des Kunsthistorischen Museums erfolgten Eingliederung des ehemaligen Völkerkundemuseums (heute: Weltmuseum) dieses kaputtgespart wurde, weil Gelder aus dessen Budget in das KHM umgeleitet wurden.
Eine Pointe dazu kennen die ZEIT-Autoren nicht. Wilfried Seipel, der diese Eingliederung betrieb, war Ratgeber der ehemaligen Minsterin Gehrer und bei der stufenweisen sogenannten "Ausgliederung", in der die Bundesmuseen Spielraum in der Verwendung ihrer Budgets erhielten. Das wurde aber parktisch sofort mit einer Deckelung der staatlichen Zuwendungen gekoppelt, so daß die Museen nach und nach und bis heute unter Druck stehen. Das KHM offenbar so sehr, daß die brachiale Eingliederung des Völkerkundemuseums erfolgte, um mit dessen Budget dem KLHM auszuhelfen. Behaupten die ZEIT-Autoren. Der damalige Direktor des Völkerkundemuseums soll zum Rücktritt gezwungen worden sein, als er sich dagegen stellte. Ich glaube mich nicht falsch zu erinnern, daß Wilfried Seipel, ausgerechnet er, der erste Leiter eines Bundesmuseums war, der öffentlich die Form der "Ausgliederung" kritisierte.
Nicht nur in der ZEIT fragt man sich, wie das Haus der Geschiche finanzierbar sein wird. Die in einem Standard-Artikel (6.5.2015) "bis zu 120 Millionen" (der Standard zitiert einen "hochrangigen Museumsexperten" kommen nur unter abenteuerlichen Berechnungsbedingungen zustande, aber daß der Betrieb eines Museums - auch ohne Sammlung - etwas etwas mehr als bislang geplant kosten wird, kommt jetzt erst zur Sprache. Die wie atemlos vorgetragene "Sensation" einer (erwartbaren) Kostenexplosion wird auch deshalb zum Thema, weil offenbar in der kleinen Museumsberaterszene ein Familienkrach ausgebrochen ist.
Das Überraschendste am Beitrag der ZEIT ist die Wortspende von Oliver Rathkolb zur Finanzierung: "Nach dem Sommer muss die Regierung sagen: es gibt den Betrag X - oder der Beirat löst sich im Herbst unter internationalem Gelächter wieder auf." Galgenhumor? Kalkül?
Das ist mein Informationsstand. Und der enthält noch eine Beobachtung. Nirgendwo wird über den Zweck, den Sinn, das Ziel dieses Hauses der Geschichte gesprochen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen