Freitag, 22. Oktober 2010

Edutainment

Schon im dem Museum benachbarten Cafe mehr Kinder als Erwachsene. Aber das Maritim Museum Rotterdam ist kein Kindermuseum. Im Foyer des Museums dann fast nur Kinder. An langen Tischen basteln und malen sie. Die Orientierung ist leicht. Eine Rampe erschließt die Stockwerke. Das erste ist dem Hafen gewidmet der mit einem saalgroßen Modell und die Wände bespielenden Filmprojektionen vorgestellt wird. Dann ein wenig Geschichte der Schiffahrt, mit den üblichen Verdächtigen bestritten: Modelle, Fragmente, Werkzeuge, Gemälde, Dokumente, Bücher. Der offene Raum ist mit Stellwänden unterteilt, die ein wenig wie Staffeleien gestaltet sind. Hier eine echte Prinzessin im Tonfilm, dort eine kleine Vitrine zur Sklaverei, 1 Text, 1 Objekt.
Noch ein Stock höher eine extra Abteilung nur für Kinder, eine Mode-Ausstellung, die um 'maritime' Bekleidung kreist, aber weder historisch plausibel ist noch als 'Modenschau'. Daneben eine zweite Wechselausstellung zur Organisation der Handelsschiffahrt, so langweilig, wie man eine solche Ausstellung nur machen kann. Bild-Text-Dokument-Bild-Text-Dokument…
So, da waren wir also schon im Maritimen Museum gewesen. - Nicht ganz. Denn vorm Museum gibt es einen Leuchtturm, Leuchtbojen und vor Anker liegende, betretbare Schiffe.
In den Niederlanden gibt es eine lange Tradition solcher explizit didaktischer Museen, die eher für ein jugendliches (schulisches) Publikum gedacht sind. Ich erinnere mich an den lange zurückliegenden Besuch des Museon in den Haag, das ja als Schulmuseum gegründet wurde, und daß mich ob der Naivität seines pädagogischen Anspruch schon damals perplex gemacht hat.
In Rotterdam war ich eher frustriert, fühlte mich getäuscht. Ein Museum wie ein Kinderbuch, hier ein nettes Objekt, dort was zum Klappen, Drehen, Schauen, hier ein bisschen echte Prinzessin.

Im Museumsladen bin ich in die Falle getappt. Ich frage nach einer Publikation zum Museum. Gibt es nicht. Der Ladenbesitzer erklärt mir wortreich, es gibt Ausstellungen und Kataloge dazu, das Museum zeige halt nicht alles was es hat usw. Wir kommen auf keinen grünen Zweig. Doch, ja, vor zwei Jahren sei ein kleines Büchlein erschienen. Man bringt mir das Heft strahlend und überreicht es mir. "Ist gratis". Und handelt von einem der Museumsschiffe vor der Tür.
Solche Museen müssen keine historische Identität ausbilden, wahrscheinlich brauchen sie überhaupt keine, es sind bestenfalls Orte des Edutainments, die ab und zu in ihrem Design und mit neuesten Medien aufgefrischt werden müssen, um ihre Funktion der unterhaltenden und zerstreuenden Belehrung gerecht zu werden.
Ich hätte besser auch malen sollen.

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