Sonntag, 19. Februar 2023

Zukunft: Kontroversen. Der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums deklarieret sich

Stefan Weiss, Der Standard, interviewt den neuen Leiter des HGM

Einige Zitate

Hoffmann: Als Reaktion auf die beiden Expertenkommissionen und den Rechnungshof-Bericht haben wir (...) klare Regeln festgelegt: Der eingesetzte wissenschaftliche Beirat mit Präsidium wird ein Garant dafür sein, dass es völlig freie Entfaltung gibt. Der Handlungsspielraum für eine Weiterentwicklung des HGM wird groß sein. Das war für mich auch Grundvoraussetzung, um das Amt anzutreten. (…) 

Museen haben abseits der Verwaltung und Zurschaustellung von Objekten heute noch viele weitere Aufgaben: Sie müssen diskutieren, gehen stark in den digitalen Raum, werden internationaler, haben viel mehr Wechselausstellungen … Wir müssen auf gesellschaftliche Themen, die aktuell sind, reagieren. Nur mit Wechselausstellungen kann man einen diskursiven Charakter entwickeln. ...Gegenüber Rechtsextremismus gibt es eine Null-Toleranz-Politik, das ist klar. 

STANDARD: Die Initiative "HGM neu denken" wurde bisher vom Haus offiziell gemieden. Wollen Sie auf die Kritikerinnen und Kritiker zugehen?

Hoffmann: Im wissenschaftlichen Beirat ist die Initiative bereits jetzt repräsentiert. Natürlich möchte ich auf "HGM neu denken" zugehen und mit ihr gemeinsam an konstruktiven Lösungen arbeiten. Die Diskussion muss von vielen Seiten geführt werden.

Quelle: Stefan Weiss: Neuer Chef des Heeresgeschichtlichen Museums: "Kontroversen bringen uns nach vorne". Mit dem neuen Direktor Georg Hoffmann schlägt das Heeresgeschichtliche Museum einen Pfad der Modernisierung ein. Ein Gespräch über zeitgemäße Militärgeschichte und kaputte Fußböden. In: Der Standard: 18. Februar 2023


Nun mal ausschließlich optimistisch gedacht: Der neue Leiter ist offen dafür, beraten zu werden, Kontakt zu anderen Museen aber auch zur zivilgesellschaftlichen Initiative #hgmneudenken zu suchen. Er bedient sich der in den Veranstaltungen von #hgmneudenken akkumulierten Ideen. Er ist willens, auch konflikthafte Positionen zu beziehen, sowohl in der Planung als auch in der Konzeption von Ausstellungen. Er erhält die Rückendeckung für eine umfassende Neukonzeption der Dauerausstellung und ausrechend Geld, um das Museum zu sanieren.

Ich denke, es wird sich relativ rasch zeigen, ob so viel Optimismus berechtigt ist. Ein kritisches historisches Museum kann Österreich gut brauchen.


Donnerstag, 16. Februar 2023

Diskussion im Architekturzentrum Wien zur Ausstellung Hot Questions – Cold Storage

Diskussionsveranstaltung

Das Buch zur neuen Schausammlung Hot Questions – Cold Storage

Mi 22.02.2023, 19:00-21:00

Das AzW begreift sich als Change Maker und hat mit der neuen Schausammlung einen Ort geschaffen, an dem brennende Fragen entlang von Sammlungsobjekten verhandelt werden. Jetzt auch in Buchform.

Das Buch zur Schausammlung wirft einen multiperspektivischen und transnationalen Blick auf 150 Jahre österreichische Architekturgeschichte. Im Gespräch mit namhaften Kritiker*innen, Architekt*innen und Museolog*innen diskutieren wir unterschiedliche Ansätze der Sichtbarmachung von Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Gemeinsam stellen wir die Frage nach der Bedeutung von musealen Sammlungen und deren Bezug zu aktuellen Themen wie Klimakrise, Verteilungsgerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, Identität und Erinnerung.

Ablauf

19:00 Begrüßung: Elke Krasny, Professorin für Kunst und Bildung, Akademie der bildenden Künste Wien

Einführung: Angelika Fitz und Monika Platzer, Az W Herausgeberinnen

Podiumsdiskussion mit:

Angelika Fitz, Direktorin Az W

Gottfried Fliedl, Museologe

Alexander Hagner, Ulrike Schartner (gaupenraub +/-) 

Christian Kühn, Architekturstiftung Österreich, Publizist 

Monika Platzer, Sammlungsleitung und Kuratorin, AzW

Moderation: Elke Krasny


Architekturzentrum Wien

1070 Wien

Museumsplatz 1

Und hier das nächste bizarre Kapitel in der unendlichen Geschichte Heeresgeschichtliches Museum

Unklare Gefechtslage, aber schwere Geschütze

Wie erinnerlich war vorgesehen gewesen, den abgelösten Direktor des HGM, Christian Ortner, als – wie es nun plötzlich heißt – bloß interimistischen Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) einzusetzen. (Hier der Bericht dazu) Nachdem es massiven Widerstand des Instituts gegen Ortner gegeben hat, der den Posten ohne Ausschreibung bekommen sollte, scheint sich die Vorgangsweise der Ministerin zu ändern. Das Institut werde derzeit evaluiert, erklärte sie auf der Pressekonferenz, auf der der neue Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums vorgestellt wurde. (Bericht dazu hier) Zitat Tanner: "Wenn das Institut in seiner jetzigen Form bestehen bleibt, wird natürlich ausgeschrieben." Tanner erklärte allerdings, auch die Auflösung des Instituts sei denkbar. 

Dazu die Wiener Zeitung: „Die Aussage Tanners wird wohl kaum zu einer Beruhigung der Lage in der LVAk führen. Mitarbeiter erwähnten in einem Brief an die Ministerin subtile Drohungen, eine Auflösung des Instituts sei in den Raum gestellt worden, sollte man sich lautstark gegen Ortner stellen.“

Tanner dementierte die Vermutung, das HGM könne dem Institut angegliedert werden. Zitat Wiener Zeitung: „Gerüchten über Pläne einer Umstrukturierung des Instituts inklusive Angliederung des HGMs erteilte Tanner (...) eine Absage. Sie schrieb die Gerüchte einem FPÖ-nahen Personalvertreter zu. Nach Informationen der "Wiener Zeitung" kamen sie allerdings aus dem Kabinett der Ministerin. Ihr Büro ließ Fragen darüber unbeantwortet.“ 

Also, sowohl die Drohungen, das Institut aufzulösen, kamen aus dem Kabinett der Ministerin, als auch das Gerücht von der Zusammenlegung von Museum und Forschungsinstituts. Wenn man im Zuge des lange dauernden Ausschreibungs- und Berufungsverfahrens etwas näher mit dem inneren Kreis der Entscheidungsträger vertraut werden durfte, dann ist es naheliegend, von einem veritablen Konflikt zwischen Kabinettsmitgliedern einerseits und einer nicht immer völlig informierten Ministerin andrerseits zu sprechen. Es gibt, kann man sich mit mehreren Anhaltspunkten, zurechtlegen, vermutlich weit rechts denkende und agierende Personen, die gerne an Ortner festhielten und die von der weiteren Entwicklung des HGM noch immer andere Vorstellungen haben, als die Ministerin, die Kommissionen, die das Museum evaluiert haben und der eingesetzte Beirat. 

Diese Konstellation ist eine der massiven Hypotheken des neuen Leiters des Museums, der ja nicht nur auf ziemlich anders gestrickte und noch dazu vorgesetzte Kabinettsmitarbeiter treffen wird, sondern auf ihm ideologisch nahe stehende Ortner-Fans in der Mitarbeiterschaft des Museums.

Quelle:

Auflösung eines Instituts nach Kritik möglich. In: Wiener Zeitung, 16.2.2023

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2178433-Aufloesung-eines-Instituts-nach-Kritik-moeglich.html


Goldfreunde

 


Nah am Wasser

 


Mittwoch, 15. Februar 2023

Der neue Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums tritt sein Amt an

In einer Pressekonferenz hat Ministerin Tanner eben den neuen Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums vorgestellt. Hier der Stream der Pressekonferenz.

Georg Hoffmann stellte drei Ziele dar: "Modernisierung, Öffnung und Diskussion". Dabei werde er an  geäußerter Kritik ansetzen. Er möchte künftig die "Verbindung zwischen Gesellschaft und Militär in den Vordergrund rücken und auch den Menschen als Akteur einbinden". 

Leitbilder seien weiters "Erinnerungskultur, Multiperspektivität und Diversität". „Für Hoffmann ist das HGM sowohl ein historisches Museum als auch ein Museum für Militärgeschichte. Neben baulichen Maßnahmen, neuen Displays und zeitgemäßen Darstellungsformen möchte er das Haus vermehrt als Diskussionsort, aber auch als „Anker innerhalb des Bundesheeres als Ort der Selbstreflexion für Soldatinnen und Soldaten“ etablieren. Letzteres bezeichnete er als „Beitrag zur geistigen Landesverteidigung“. 

„Man muss das HGM im gesamtgesellschaftlichen Rahmen sehen, eingebettet in den museumstheoretischen Diskurs.“ Sein Zeil sei es, dem Museum „wieder die Bedeutung zu geben, die ihm Kraft seiner Sammlung zusteht“. Der erste Schritt sei es, das Team kennenlernen, das "Sicherheit und Handlungsräume bekommen soll, um kreativ arbeiten zu können". Hier sei besonders die Professionalisierung "ganz wichtig".

Ministerin Tanner räumte "viele Versäumnisse in den letzten Jahrzehnten ein, die teils bis ins Jahr 1955 zurückgehen". "Wichtig ist, dass die künftige Führung auf diesen Beirat hört und mit ihm zusammenarbeitet", unterstrich Tanner.“ "Ein Drittel der Empfehlungen des Rechnungshofs sei bereits umgesetzt, die anderen zwei Drittel werden vor allem auch im Zuständigkeitsbereich jener zweiten neuen Personalie liegen, die ins HGM einzieht: Die Juristin und Magistratsbeamte Stephanie Prachtersdorfer-Prigl wird als Stellvertreterin Hoffmanns über die wirtschaftlichen Belange wachen.

Das Gerücht, wonach Christian Ortner auf einen Posten versetzt worden sei, der ihm nach einer angeblich geplanten Strukturreform erneut Befugnisse über das HGM bringen könnte, wies Tanner klar als falsch zurück. (vgl. meinen Post dazu)


Quellen

Wien orf.at

APA 15.2.2023

Stefan Weiss: Führungswechsel im Heeresgeschichtlichen: Tanner kürt Hoffmann. Der Grazer Zeit- und Militärhistoriker übernimmt das in die Krise geratene HGM und will es modernisiert auf Kurs bringen. In: Der Standard 15.2.2023

Neuer HGM-Direktor Hoffmann: "Modernisierung, Öffnung und Diskussion", in: Kurier 15.2.2023




 



Klappsessel (Sitzen im Museum)

 


Sonntag, 12. Februar 2023

Heeresgeschichtliches Museum - Kein Ende der Farce

Allen größeren Tageszeitungen, dem ORF Rundfunk und TV war es eine Meldung wert: Der nach massiven und vielfachen Vorwürfen nicht weiterbestellte frühere Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums, Christian Ortner, wird Leiter des Institut für Strategie und Sicherheitspolitik (ISS) an der Landesverteidigungsakademie. 

Ohne Ausschreibung, und, wie die Medien betonen, und ohne die fachliche Qualifikation dafür zu haben. Ortner sei nämlich Experte für den Ersten Weltkrieg und davor, das Institut befasse sich aber mit Fragen der aktuellen Sicherheitspolitik

Die Kritik kommt diesmal aber nicht bloß "von aussen", sondern aus dem Heer selbst, aus der Personalvertretung. Und diese Kritik ist heftig. Ein Personalvertreter der Dienststelle, Herwig Jedlaucnik spricht von „Postenkorruption“ und der KURIEr zitiert: "Die Belegschaft des Instituts sieht in der Bestellung "Korruption und Rechtsbruch".

Die Verfehlungen Ortner, die der Rechnungshof festgestellt hat, die Vorwürfe den zustand des Museums betreffend, der von eigens eingesetzten Untersuchungskommissionen festgestellt wurden, scheine keinerlei Bedenken ausgelöst zu haben, Ortner mit dem Posten des ISS-Chefs zu betrauen. Auch die massiven Vorwürfe des Mobbing gegen etwa ein Dutzend MitarbeiterInnen wurde zurückgewiesen. Diese seien aufgeklärt und hätten sich als nicht stichhaltig erwiesen. Andrerseits wurde bekannt, daß mit keinem einzigen der MitarbeiterInnen, die den Vorwurf des Mobbings erhoben hätten, befragt worden sei. 

Die meisten Zeitungen behandeln die Bestellung unter dem Stichwort Postenschacher. Nur die Wiener Zeitung berichtet über einen bemerkenswerten Aspekt, der Ortners Berufung in einem noch mal anderen Zusammenhang bemerkenswert erscheinen läßt. In einem Brief, auf den sich die "Wiener Zeitung" beruft und der an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gerichtet ist, heißt es, dass eine Auflösung des Instituts in den Raum gestellt worden sein soll.

Die Wiener Zeitung: "Das ist noch nicht alles: Seit Monaten habe es schon Gerüchte gegeben, dass Ortner vom Heeresgeschichtlichen Museum zum Institut für Strategie und Sicherheitspolitik gelotst werden sollte. Laut Personen aus der Landesverteidigungsakademie gebe es außerdem Pläne, das Heeresgeschichtliche Museum bei dem Institut anzugliedern und den Institutsschwerpunkt auf Historisches zu ändern. Das hätten Kabinettsmitarbeiter von Tanner intern schon kundgetan. Analysen aktueller sicherheitspolitischer Fragen würden dann nur noch bei externen Vereinen liegen, befürchtet die LVAk."

Das würde bedeuten, daß Ortner auf diesem Umweg zum Vorgesetzten des eben berufenen neuen Leiters des Heeresgeschichtlichen Museums würde und damit gewissermaßen Direktor des Museums bliebe.




Samstag, 4. Februar 2023

Roswitha Muttenthaler zu Methode und Praxis der Ausstellungskritik

Roswitha Muttenthaler,. Lange Jahre Kuratorin am Technischen Museum Wien, hat sich intensiv mit Ausstellungskritik beschäftigt.

Nun gibt es zwei Texte von ihr, einen zur theoretischen Grundlegung und einen, wo sie ihre Analysemethode an einem Beispiel vorstellt - dem Themenbereich "Migration" der früheren Dauerausstellung des Schweizer Landesmuseum Zürich

Semantische Ausstellungsanalyse des Themenbereichs „Migration“ im Schweizer Landesmuseum Zürich 2016

https://museumdenken.webflow.io/post/aussetllungsanalyse-des-themenbereichs-migration-im-schweizer-landesmuseum-zurich-2016-vor

Methode und Zweck von Ausstellungsanalyse und Zweck

https://museumdenken.webflow.io/post/methode-und-zweck-von-ausstellungsanalyse-und-kritik

Roswitha Muttenthaler wird auch Referentin und Moderatorin der kommenden Veranstaltung von museumdenken sein, die in Stuttgart vom 17. bis 19.März 2023 zum Thema Ausstellungsanalyse stattfinden wird. Hier das Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung:

https://museumdenken.webflow.io/aktuelles 

Das Publikum ist nicht blöd. Die Kampagne gegen die Ausstellung "100 Missverständnisse" im Jüdischen Museum der Stadt Wien

Die Ausstellung "100 Missverständnisse über und unter Juden" des Jüdischen Museum der Stadt Wien hat heftige Diskussionen ausgelöst und polemische Kommentare in Medien und von Prominenten.

Da ich die Ausstellung nicht gesehen habe, kann ich und will ich mich zu ihr nicht äußern. 

Sondern mit einer Beobachtung begnügen, die ermutigend ist. Die - eher wohlwollende - Berichterstattung in der Tageszeitung Der Standard wird von vielen Postings begleitet. An ihnen zeigt sich, wie viele Zustimmung die Ausstellung erfährt und auch die, z.T. völlig unqualifiziert persönlich attackierte Museumsleiterin, Barbara Staudinger.

Es zeigt sich, daß es ein Museumspublikum gibt, das eine durch ihre Methode nicht einfach rezipierbare Ausstellung gerade deswegen schätzt und der Reflexivität der Schau und der Komplexität des Themas nicht nur gewachsen, sondern auch gewogen ist.


Hier die Links zu dreien der Artikel des Standard:

David N. Myers: Umstrittene Schau im Jüdischen Museum: Wenn nicht hier in Wien, wo dann? Die Ausstellung "100 Missverständnisse über und unter Juden" sieht kontroversen Themen direkt in die Augen. 

https://www.derstandard.at/story/2000142956910/umstrittene-schau-im-juedischen-museum-wenn-nicht-hier-in-wien

Ronald Pohl: "100 MISSVERSTÄNDNISSE". Streit ums Jüdische Museum: Ein Bettvorleger namens Adolf Hitler. An der aktuellen Themenausstellung im Jüdischen Museum Wien scheiden sich die Geister: Hat es Sinn, Klischees satirisch zu überhöhen?

https://www.derstandard.at/story/2000142951758/100-missverstaendnisse-ein-bettvorleger-namens-adolf-hitler

Barbara Staudinger im Interview mit Stephan Hilpold: Direktorin des Jüdischen Museums Wien: "Skandal wurde vorbereitet". Barbara Staudinger löste mit ihrer ersten Ausstellung eine Kontroverse über Erinnerungskultur und jüdische Identität aus. https://www.derstandard.at/story/2000143121154/direktorin-juedisches-museum-wien-skandal-wurde-vorbereitet

Museum der verlorenen Generation (Ein Museum)

Vor fünf Jahren wurden am 6. Oktober 2017 die erste Ausstellung „Wir haben uns lange nicht gesehen. Die Sammlung Böhme“ und damit das derzeit jüngste Privatmuseum - Museum der verlorenen Generation - in Salzburg feierlich eröffnet. Mit seiner außergewöhnlichen Sammlung abseits des Kanons hat der Museumsgründer Prof. Dr. Heinz R. Böhme Impulse gesetzt, sich mit aus dem Blick geratener Kunst zu beschäftigen. Als einziges auf diese Thematik spezialisierte Museum im deutschsprachigen Raum erfüllt es die Aufgabe, lange Zeit verkannte, verhöhnte oder verbotene Kunst und Ihre Künstler aufzuarbeiten sowie zu präsentieren. Mit seiner inzwischen auf 600 Werke gewachsenen Sammlung betreibt das Museum bei vielen Namen Pionierforschung. Träger ist seit März 2020 die gemeinnützige Stiftung des Museumsgründers. (Quelle: Die Salzburgerin)


Anliegen

Meine über die Jahre gewachsene Sammlung von Kunstwerken der Verlorenen Generation sollte nicht länger nur im eigenen Wohnzimmer einigen wenigen Gästen vorbehalten bleiben. Mit dem Wachsen meiner Sammlung mache ich mir Gedanken: „Wohin mit den Bildern?“

Die Idee, meine Privatsammlung in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen wird von mehreren Gründen getragen. Ich möchte die bewegende Geschichte der Menschen hinter diesen Bildern erzählen. Im Vordergrund stehen daher die Biografien der Künstler. Diese Künstler der Verlorenen Generation, die „Entarteten“ und „Verfemten“ sollen die Anerkennung erhalten, die ihnen zu Lebzeiten verwehrt wurde. Außerdem soll auch deren hohe künstlerische Qualität Beachtung finden. Mit diesem Museum möchte ich einen Raum schaffen, der zum Wohlfühlen einlädt, sowohl für die verloren gegangenen Künstler als auch für die Besucher. Das Museum soll nicht nur ein Ort der Erinnerung sein und zum Nachdenken anregen. Es soll ein Museum sein, das von Leben erfüllt wird, ein Raum für Zusammentreffen, Lesungen, Veranstaltungen, und Diskussionen.

Darüber hinaus soll der private Charakter der Sammlung und des Museums erhalten und weitergeführt werden. Schrittweise und in eigenen Ausstellungen werden in etwa einjährigem Abstand die Gemälde aus dem Bestand der Sammlung der Öffentlichkeit vorgestellt. Damit wird die Thematik der Verlorenen Generation über längere Zeit erhalten und in eine Dauerausstellung eingebunden. Die meisten Gemälde wurden noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt.

Sowohl in der Kunstgeschichte als auch in der zeitgenössischen Geschichte finden die Künstler der Verlorenen Generation bisher noch wenig Beachtung. Erst in den letzten Jahren beginnen Historiker und Kunsthistoriker, sich mit dieser Generation von Künstlern als Kollektiv zu beschäftigen. Diese Lücke in der Kunstgeschichte zu schließen, die Biographien im kunsthistorischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhang aufzuzeigen und wissenschaftlich einzuordnen gehört zu den Aufgaben meines Museums.

Die Lebensgeschichte dieser Menschen soll im Gedächtnis der Gesellschaft auch für die Zukunft erhalten bleiben. Diese Geschichte zu kennen, damit respektvoll umzugehen und im Bewusstsein zu tragen, schafft erst die Grundlage für eine unbeschwerte Betrachtung der Zukunft. Es geht mir vor allem darum, zu erreichen, dass die Form des damaligen Umgangs der Menschen miteinander keine Wiederholung findet. Wenn Zeitzeugen nicht mehr sprechen und ihre Erlebnisse nicht mehr weitergegeben werden können, braucht es eine Brücke zur Gegenwart und in die Zukunft. Diese Brücke sind die Biographien der Verlorenen Generation. Prof. Dr. Heinz R. Böhme (Quelle: Webseite des Museums)

Beschreibung

Das Museum Kunst der Verlorenen Generation ist ein gemeinnütziges Privatmuseum in der Altstadt Salzburgs. Träger ist die Prof. Dr. Heinz R. Böhme gemeinnützige Stiftung Salzburg.

Das Privatmuseum von Prof. Dr. Heinz Böhme zeigt eine außergewöhnliche Sammlung von Künstlern der Verlorenen Generation. Es befindet sich im ersten Stock der Sigmund-Haffner-Gasse 12. Die Sammlung Böhme erzählt Geschichten über Künstler, die durch die historischen Umstände zweier Weltkriege geprägt wurden und heute neue Aufmerksamkeit finden. Die Ablehnung ihrer Kunst als „entartet“ zeigt, dass ihre Kunst nicht der Norm der Akademien und später des Nationalsozialismus entsprachen. Die meisten der wiederentdeckten Werke entstanden zwischen 1920 und 1945. Die Künstlerinnen und Künstlern lernten unter anderem bei Max Beckmann, Henri Matisse, Lovis Corinth, Paul Klee oder Oskar Kokoschka und waren Mitglieder avantgardistischer Künstlervereinigungen. Diesen spannende Stilpluralismus trägt die Sammlung Böhme zusammen und stellt die neu aufgefundenen Werke in den großzügigen historischen Räumlichkeiten der Salzburg Altstadt vor.

Wenn das Museum geöffnet hat, ist der Museumsgründer Prof. Dr. Heinz R. Böhme meist vor Ort und begleitet Kunstinteressierte auf Wunsch durch die Ausstellung. Der Stil der präsentierten Künstler ist so vielfältig wie auch ihre Lebensgeschichten und der Kontext der Entstehung.

Im Juli 2020 ist der erste Sammlungskatalog "Wir haben uns lange nicht gesehen. Kunst der Verlorenen Generation. Sammlung Böhme" im Hirmer Verlag erschienen. Dieser kann im Museumsshop vor Ort und im Online Shop[1] des Museums erworben werden. (Quelle: Salzburg-Wiki)


Zur Person

Prof. Dr. Heinz Böhme ist Gründer des Museums Kunst der Verlorenen Generation in der Stadt Salzburg

Ein Beitrag von Sigrid Scharf in den Flachgauer Nachrichten vom 14. November 2019

Prof. Dr. Heinz R. Böhme ist pensionierter Mediziner mit sächsischem Vater und Wiener Mutter und lebt heute in der Stadt Salzburg. Er sammelt seit Jahrzehnten Gemälden von Künstlern, deren Leben von zwei Weltkriegen geprägt wurde und unter dem nationalsozialistischen Regime als „entartet“ galten. Sie wurden im Dritten Reich verfolgt, erhielten Berufsverbot, wurden ermordet oder ins Exil getrieben.

Er möchte dieser Lücke in der Kunstgeschichte neue Aufmerksamkeit zukommen lassen: „Die Künstler und ihre Werke sollen die verdiente Wertschätzung erhalten, die ihnen so lange verwehrt geblieben ist“, formuliert es Böhme. (Quelle: Salzburg-Wiki)


Webseite: https://verlorene-generation.com/museum/


Das Einzigartige des Museums (Sokratische Fragen)


Der Roman, schreibt der Schriftsteller Karl Ove Knausgård "sieht die Welt von innen, und er lässt sie offen. Der Roman gibt dieser Erfahrung eine Sprache, wodurch sie ihren Ort bekommt. Diesen Ort gibt es nirgendwo sonst. Er existiert nicht im Film, nicht im Journalismus, nicht im Sachbuch, nicht in Philosophie oder Psychologie, nicht in Biologie oder Chemie, auch nicht in der Religion. Dieser Ort - die Welt von innen betrachtet, offengehalten - existiert nur im Roman."

Was wäre, im Sinne der Ausführungen Knausgårds, das Einzigartige des Museums?